Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 17 O O O O O O O O

。。。 Beilage zur Gleichheit

Inhaltsverzeichnis: Auf Posten. Von, May Barthel.- Walter Crane  . Von H. S. Der Seelenglaube. Von B. Sommer.( Forts.) Sternenlicht. Von Adalbert Stifter  . Feuilleton: Brand. Ein dramatisches Gedicht von Henrik Ibsen  . Die törichten Bauern.

Zwei Schwänte aus alter Zeit. Von Friz Elsner.

Auf Posten.

Nun ist der Morgen nicht mehr fern, Schon rauschen Quellen, rauschen Bäume. Am Himmel sinkt nun Stern auf Stern, Im Herz verfunkeln Glanz und Träume. Der kühle, kühle Wind erwacht, In dem die jungen Gräser beben; Schlag deine Tore auf, du Nacht,

Wir schreien fief nach Luft und Leben!

Nun komm, du purpurn Sonnenrot, Und feile deine Strahlenflügel

Nun ist das Land von Glut durchloht!

- Bald springt der Tod von jenem Hüge!, Der scharf und klar

Sich zeichnet von dem Feuerstreifen,

In dem zwei Birken wunderbar

Nach den verglühten Sternen greifen.

Ein letzter Traum wird in mir wach

Und trägt mich wie auf leichten Schwingen Mit Rosen überbuscht ein Dach,

Auf dem die lieben Vögel fingen.

Die Abendsonne glänzt im Land,

Uralfe Rätsel sich entsiegeln,

Die Häuser glühn im goldnen Brand Und lassen ihre Fenster spiegeln.

Wir halten unser kleines Glück Behutsam in den harten Händen

Was rufft du, Traum, in mir zurück? Die Nächte sind noch rot von Bränden, Die wüteten um manches Haus,

In denen auch ein Glück geborgen.

Der erste Schuß löscht alles aus.

O Glanz! O Glück! O kühler Morgen...

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Walter Crane  .

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Mar Barthel, im Feld.

Am 14. März hat unser englischer Genosse Walter Crane   nach einem langen, arbeitsreichen Leben seine freundlichen, lichtfrohen Augen für immer geschlossen. Ein hochherziger, guter Mensch, ein bedeutender Künstler ist mit ihm dahingegangen, dazu einer, der sich offen zum Sozialismus bekannte und in vielen seiner Werke dem Sehnen und Hoffen des fämpfenden Proletariats künstlerischen Aus­druck gab.

Cranes Leben verlief ohne äußerlich bedeutende Ereignisse und spielte sich, von einigen Reisen nach Italien  , Griechenland   und den Vereinigten Staaten   abgesehen, in seinem Vaterland ab. Rastloses und vielseitiges fünstlerisches und literarisches Schaffen ist der her­vorstechendste Zug seines Lebens, und eine übersicht dessen, was er auf den verschiedensten Gebieten der bildenden Kunst und der Literatur geleistet hat, ist darum auch die umfassendste Biographie des Künstlers. Im Jahre 1845 als zweiter Sohn des Porträtmalers Thomas Crane in Liverpool   geboren, verlebte er seine Kindheit in einer seine Talente und Neigungen fördernden künstlerischen Umgebung, und ein langjähriger Aufenthalt seiner Familie in Torquay  , der altertümlichen Hafenstadt des landschaftlich reichen Devonshire  , öffnen dem Knaben Herz und Auge für die Romantik und die Schönheiten der Natur, die sein ganzes Lebenswerk bestimmen. Er zeichnet und malt schon sehr früh mit großem Eifer und wird in seinen jugend­lichen Versuchen von John Ruskin  , dem berühmten Ethiker und Reformer der englischen Kunst, ermutigt. Mit 14 Jahren kommt Crane   zum Holzschneider W. J. Linton in die Lehre, von dem er in die Graphit eingeführt wird und vor allem die Zeichnung für den Holzschnitt gründlich erlernt, was ihm später als Illustrator von großem Nuzen war. Er hat aber in jener Zeit noch etwas

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O O O O O O O O 1915

mehr gelernt. Linton   war nicht nur ein hervorragender Holzschneider, sondern auch ein genialer und freisinniger Mensch, Schriftsteller und Politiker, der regen Anteil an der Chartistenbewegung nahm und mit Mazzini   und Garibaldi   in freundschaftlichem Verkehr stand. Cranes Lehrer war zudem der Mann der geistvollen Lynn Linton  , die wir aus ihrer Wahren Geschichte Josua Davidsons" kennen, diesem tapferen Angriff auf eine verrottete Gesellschaft und ein ent­artetes Christentum. Der Geist des Lintonschen Hauses war sicher nicht ohne Einfluß auf den jungen empfänglichen Crane  , dessen Ent­widlung zum Sozialismus deshalb auch nicht ausschließlich aus seiner späteren Freundschaft mit William Morris   erwächst, son­dern zum Teil auf Rechnung seines Lehrmeisters zu setzen ist, von dem der Künstler gern bis in seine späten Tage mit Liebe und Dankbarkeit sprach.

Mit vollendeter Lehrzeit, also schon mit 17 Jahren, hatte Crane  für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Er begann neben eifrigen Malversuchen mit Illustrationen für verschiedene Zeitschriften, denen bald die Entwürfe zu den farbigen Kinderbüchern folgten, die nach und nach seinen Weltruf begründeten. Seine ersten Arbeiten dieser Art wie sein Sing ein Lied um Sixpence" oder Das kleine Schwein, das auf den Markt ging" waren im Vergleich mit seinen späteren vollendeten Büchern, wie Babys Oper", Babys Asop", das Fest der Blumen"," Pans Flöte" und unzähligen anderen, noch ziemlich primitiv in Farbe und Linienführung, aber doch von so durchschlagendem und nachhaltigem Erfolg, daß sie eine Wiederauflage in neuerer Zeit rechtfertigten. Dieser Erfolg lag vor allem in der Fähigkeit des Künstlers, sich wie kaum ein anderer in die Kinderseele zu versenken, in seiner schrankenlosen und bezaubern­den Phantasie und seiner naiven Schalthaftigkeit, die das Entzücken und die Freude zweier Kindergenerationen waren. Künstlerisch sind die reiferen Arbeiten Cranes auf diesem Gebiet geradezu meisterhaft. Zusammen mit den feinen Bilderbüchern von Randolph Caldecott  und Kate Greenaway   wirkten sie auf den Buchhandel in hohem Maße anregend. Namentlich übten sie einen wohltätigen Einfluß in Deutschland  , wo man bis in die neuere Zeit, die endlich die außer= ordentliche Wichtigkeit der künstlerischen Erziehung des Kindes er­kannt hat, in farbigen Bilderbüchern meist konventionelles, ivenn nicht geradezu schlechtes Zeug auf den Markt gebracht hatte.

Auch als Illustrator war Crane   außerordentlich reich und viel­seitig; feine Arbeit, die den Schmuck eines Buches bildete, war ihm zu gering, fein Gegenstand zu hoch oder zu schwierig für seinen Griffel. Von den einfachsten Randleisten und Initialen, von schlichten Vorsagpapieren bis zu den Illustrationen klassischer Werke hat er tatsächlich alles gemacht, oder doch entworfen, was zum Schmucke des modernen Buches gehört. Unter den vielen Werken, die Crane illustriert hat, sollen hier nur Spencer und Shakespeare   sowie Grimms Hausmärchen genannt werden, die er durch seine Zeich­nungen den Engländern näher gebracht hat. Auch an den prächtigen Büchern der Kelmstott- Breß hat er mitgearbeitet. Die figürlichen Vollbilder zu Morris Heldengedicht Die glänzende Ebene" find von seiner Hand, während der Dichter die ornamentalen Rahmen dazu selber zeichnete. Wie alle Arbeiten Cranes stehen auch seine Illustrationen unter dem Einfluß der Antike, der italienischen Re­naissance und der japanischen Kunst, haben aber trotzdem durchweg eine ausgesprochene persönliche Note. Sie sind alle reich an geistigem Gehalt, fein abgewogen in der Komposition und Raumverteilung, frei und leicht in der Linienführung und was sehr wichtig ist bilden fast immer eine organische Einheit mit dem Schriftsaz. Aber nicht bloß in der Buchkunst leistet Crane außerordentliches, seine Kunst ist angewandte dekorative Kunst im weitesten Sinne des Wortes. Am meisten beschäftigt ihn die Decken- und Wanddekoration, bei der er in der Art, nicht selten auch im Stil, der italienischen Spätrenaissance sehr geschickt die Farbe mit der Plastit, die Malerei mit Auftragarbeit in Stuck   verbindet. Daneben schafft er zahllose Entwürfe für Tapeten, Gobelins, Webereien, Zeug­druck, Glasmalereien, Gefäße, Fließen, mit einem Wort: für alles, was zum Schmuck des Lebens gehört. Er ist von seiner dekorativen Mission überzeugt und spricht und schreibt über all diese Dinge. Und wenn ihm auch als Dichter, als der er sich auch versucht hat, teine besondere Bedeutung zukommt, als Schriftsteller über dekorative Kunst hat er in hohem Grade und weit über sein Vaterland hinaus fruchtbringend gewirkt. Seine Forderungen der dekorativen Kunst"," Linie und Form", Über den deko­

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