Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 19

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O O O O O O O O Beilage zur Gleichheit

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Inhaltsverzeichnis: Prometheus. Gedicht von Peter Hille  . Mesopotamien  . Von Gg. Engelbert Graf. Der Mütter Bitt­gang. Ein antikes Tendenzdrama für den Frieden.( Schluß.) Die Mutter als Erzieherin.- Feuilleton: Luch Stone.( Forts.)

Prometheus.

Entgegengeschmiedet Auf schroffem Fels Den Pfeilen der Sonne, Dem Hagelgeprassel, Tro' ich, Olympier, dir. Der wiederwachsenden Leber Juckende Fibern

Hackt mir des Geiers Biß Aus klaffender Wunde.

Ein Wimmern, glaubteft, Olympier, du,

Ins hochaufhorchende

Ohr dir tragen?

nicht reut mich der Mensch, Der Leben und Feuer mir dankt, Nicht fleh' ich Entfeßlung von dir.

Jahrhunderte will ich Felsentrozzig durchdauern, Jahrtausende,

Wenn dir die Luft nicht schwindet, Wenn der Trotzende nicht

Würden die rauschenden Winde 3u glücklich dir scheint. Peter Hille  .

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Mesopotamien  .

Von Gg. Engelbert Graf.

Das Vorrücken russischer Truppen von Armenien   aus nach Süden und von Mittelpersien gegen Westen in die östlichen Gebiete des türkischen   Reiches, mehr noch die Kämpfe zwischen Türken und Engländern am Tigris   und die Kapitulation des englischen Heeres unter General Townshend   in Kut   el Amara haben wohl manchen veranlaßt, seinen Atlas aufzuschlagen, um sich über die Lage dieses seit dem Fall von Kiautschou   östlichsten Kriegsschauplatzes zu unterrichten. Eigentlich wäre das ja schon früher nötig gewesen. Denn die mesopotamische Frage. um die handelt es sich hier spielt schon längere Zeit, und Mesopotamien   bezeichnet einen Biel­punkt der derzeitigen deutschen imperialistischen Politit. Eines der wichtigsten Biele sogar. Gerade im Laufe des letzten Jahrzehnts ist immer mehr die koloniale überlandpolitik zum Ausdruck ge­kommen, die in südöstlicher Richtung das Meer zu gewinnen und zwischen diesem und dem Reich eine wirtschaftliche Interessen­sphäre von Berlin   bis Bagdad  " zu schaffen sucht. Industrielle Unternehmungen, Eisenbahnbauten und-projekte, Börsenspeku­lationen und Propagandaartikel in der Presse der beteiligten Kreise zeigten schon längere Zeit, wohin der Kurs geht.

Mesopotamien  ( das heißt: das Land zwischen den beiden Flüssen, im weiteren Sinne das Land im Bereich der beiden Ströme Euphrat   und Tigris  ) ist kulturgeschichtlich für uns vielleicht das bedeutungsvollste Land. Ein gut Teil der Kulturerrungenschaften der vorgeschichtlichen und frühgeschichtlichen Zeit stammt daher, und die ältesten geschichtlichen Überlieferungen lassen sich hier um so viel Jahrtausende zurückverfolgen, wie im östlichsten Deutsch­ land   um Jahrhunderte. Schon die biblischen überlieferungen über die angeblich ersten Menschen und die Sintflutkatastrophe weisen auf Mesopotamien  . Vor über sechs Jahrtausenden lebten hier die Sumerer; was der Spaten an Kulturresten dieses Volkes zutage fördert, weckt immer von neuem das Staunen und die Bewunde­rung der Forscher. Zwei Jahrtausende später treffen wir auf dem­selben Boden die Reiche Assyrien   und Babylonien  , Weltreiche ihrer Zeit, die bis zum Mittelländischen Meer sich erstreckten. Später war das Gebiet ein Teil des Alexander- und dann des Römer­reiches. Vor etwa einem Jahrtausend wurde es dann durch seine Lage als wichtiges Handelsdurchgangs- und Produktionsland unter dem Herrschergeschlecht der Sassaniden mit ihrer Residenz Bagdad  . zu neuer Blüte erwedt, bis es, etwa von der Zeit der Kreuzzüge ab, den Stürmen der Türkenwanderungen erlag. Da von nun ab der Weltverkehr andere Bahnen einschlug, verwahrloste es mehr und mehr und versant wieder in Unkultur. Eigentlich erst seit der Projektierung und Erbauung des Suezkanals hat sich die Auf­merksamkeit der europäischen   Großmächte wieder auf den nahen Orient, auf Borderasien, gelenkt. Damit hat unter anderem auch Mesopotamien   seine Bedeutung wieder erlangt als Durchgangs­gebiet für den überlandverkehr von Europa   nach Indien   und Ost­

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afien, in zweiter Linie sodann als mögliches Produktionsgebiet wichtiger Rohstoffe.

Mesopotamien   zerfällt in geographischer und kultureller Hinsicht in zwei scharf voneinander zu sondernde Gebiete. Kommt man vom Westen, vom syrischen   Gebirge, oder vom Norden, vom armenischen Hochland, so betritt man da, wo Euphrat   und Tigris   noch in großem Abstand voneinander fließen, zunächst das obere Mesopo­ tamien  . Es ist das ein Landstrich, der ungefähr zwischen dem 34. und 37. Grad südlicher Breite liegt, das Gebiet des alten Assyriens, heute mit der Landschaft El Dschesireh zusammenfallend. Wir be­finden uns hier auf einer Art Hochebene, die durchschnittlich in einer Meereshöhe von 400 bis 500 Metern verläuft, und in die Euphrat   und Tigris   sowohl wie ihre Nebenflüsse ihr Bett in tiefen, meist recht engen Schluchten eingeschnitten haben. Im ganzen ist es heute eine weite Steppe; Weideland und Gersten­felder wechseln mit Ödland ab. Eine oft mehrere Meter mächtige Erdkrume bedeckt den kalkigen Untergrund; nur hier und da finden sich Reste vorzeitlicher Lavaströme und Tuffsteinlagerungen. Das Klima ist gemäßigt, die Bewässerung, vor allem in der Nähe des Gebirgsrandes, ausreichend, aber lange nicht genügend ausgenutzt. Einen durchaus anderen Charakter trägt das südliche Mesopo­ tamien  , das Babylonien   des Altertums, das Irak   Arabi der Türken. Es hat sich auch im Vergleich zu den Verhältnissen des Altertums am meisten geändert. Schon rein geographisch. Heute vereinigen sich Euphrat   und Tigris   oberhalb Korna zum Schatt el Arab  , der nach etwa 150 Kilometer langem Lauf unterhalb Mo­Hammera in den Persischen Meerbusen mündet. Der Persische Meerbusen erstreckte sich aber selbst in historischer Zeit noch über die heutige Vereinigungsstelle der beiden Flüsse hinaus landein­wärts. Das untere Mesopotamien   ist von Euphrat   und Tigris   auf­geschüttet worden, die auch heute noch mit ihren Schutt- und Ge­röllmassen das Mündungsdelta immer weiter nach Südosten vor­schieben. Die chaldäische Stadt Suripat lag vor 4000 Jahren noch an der Küste, heute befinden sich ihre Ruinen 210 Kilometer von der Schatt- el- Arab- Mündung entfernt. Noch im siebten vorchrist­lichen Jahrhundert gab es keinen Schatt el Arab  , und Euphrat   und Tigris   mündeten getrennt ins Meer. Das deutet auf ein jährliches Wachstum des Deltarandes ins Meer hinaus von durchschnittlich 500 Metern, das Wachstum beträgt aber bei der heutigen Wasser­armut der Flüsse gegenwärtig nur noch etwa 50 Meter. Der Boden dieses Gebietes von Bagdad   an abwärts ist ein schwarz­grauer Aufschwemmungsboden, der außerordentlich fruchtbar ist, vorausgesetzt, daß er entsprechend bewässert wird. Daran aber Hapert es heute.

Das untere Mesopotamien   hat im Gegensatz zum oberen ein sub­tropisches Klima, das etwa mit dem des Niltals zu vergleichen ist; die Verdunstung und Austrocknung des Bodens ist daher außer­ordentlich stark. Im Altertum hatten sich Sumerer und Babylonier ein ausgedehntes Kanalne geschaffen, das dieser Ungunst abhalf. Vor allem wurden die Gewässer des Tigrisgebiets zur Bewässe­rung benutzt. Der heute noch bei Kut el Amara   abzweigende, allerdings verwilderte Kanal Schatt el Hai war noch zur Zeit Alexanders des Großen einer der Hauptzuleitungskanäle, der sich etwa 170 Kilometer weiter abwärts mit dem Euphrat   vereinigte und unter Harun al Raschid   das Bett des unteren Tigris selbst war. Jedenfalls waren die Wasserbauten Mesopotamiens   eines der Wunderwerke des Altertums. Ihre Bedeutung erhellt schon allein daraus, daß das Land zur Zeit der Sassaniden, also noch bor etwa einem Jahrtausend, gegen 25 Millionen Einwohner zählte, heute sind es nur noch anderthalb Millionen. Sdland und weite Flächen überziehende, unzugängliche Sümpfe, dazwischen vereinzelte Kulturoasen, das ist alles, was von der ehemaligen Blütezeit übriggeblieben ist. ( Schluß folgt.)

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Der Mütter Bittgang.

Ein antikes Tendenzdrama für den Frieden.

( Schluß.)

Sehr lehrreich ist die Stellung des Dichters zur Frage der Ver­fassung. Athen   war demokratische Republik, ursprünglich auf stän­discher Grundlage. Mit der Entwicklung einer mehr kapitalistischen  Wirtschaftsweise hatte sich die Verfassung immer mehr einer reinen Demokratie genähert. Nur durch den Fortfall aller ständi­