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Für unsere Mütter und Hausfrauen
die Mutter auch das Kind verlieren, wenn sie auf den Zahndurchbruch wartet und wartet und Babys Zustand immer halt= und hoffnungsloser wird. Was hat das Durchbrechen des Zähnchens mit dem Magen oder dem Darm zu tun? Möchten die Mütter doch nur einmal ernstlich darüber nachdenken! ( Schluß folgt.)
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Vom Würzen der Speisen.
III.
Die Blüten- und Fruchtgewürze sind mit wenigen Ausnahmen Ausländer. Zu ihnen zählen die Pfefferarten, die Kardamome, die Gewürznelken, Muskatblüte und Muskatnuß, die Zitrone, die Kapern sowie die Vanille. Einheimische Blüten- und Fruchtgewürze sind Paprika, Koriander, Anis, Kümmel, Dill, Senf und Wacholder. Sie gestatten weitgehende' Abwechslung.
Die wichtigsten sind wohl die Pfefferarten. Der schwarze und der weiße Pfeffer entstammen beide derselben Pflanze, dem rebenartig Kletternden Schwarzpfefferstrauch Ostindiens und anderer tropischer Länder. Der schwarze Pfeffer ist die vor der Reife gepflückte und schnell getrocknete Frucht. Er ist schärfer als der weiße Pfeffer. Diesen liefern die reifen, von der roten Fruchtschale befreiten Samen. Er ist nicht so beißend im Geschmack wie der erstere und deshalb zu allen Küchenzwecken vorzuziehen. Geschmackgebend ist das in den Samen enthaltene balsamische Pfefferöl. Schon früh wurde der Pfeffer zu einem Handelsartikel. Seine Bedeutung für die heutige Küche geht daraus hervor, daß Deutschland im letzten Jahre vor dem Kriege nicht weniger als 5 281 000 Kilogramm im Werte von 6 389 000 Mark einführte. Der Nelkenpfeffer, Englischgewürz, auch Piment oder Neugewürz genannt, wurde erst mit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts in Mitteleuropa bekannt. Es wird gewonnen aus den vor der Reife gesammelten Samen der immergrünen Pfeffer= myrrhe, die an der Sonne getrocknet werden. Die Pfeffermyrrhe ist auf den Antillen heimisch und wird von den Engländern seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts auf Jamaika angebaut. Die Kardamomen sind die Kapselfrüchte einiger südasiatischer und afrikanischer Schilfpflanzen. Die Früchte werden in der Wärme getrocknet, ehe daß sie in den Handel kommen. Wie so viele Gewürze, wurde auch der Kardamom durch die Araber aus dem Orient nach Europa gebracht. Früher wurden die fein gewürzhaften Kardamomen zu allen möglichen Küchenzwecken gebraucht. Heute sind sie nur noch Zutat zum Kuchen, besonders zum weihnachtlichen Lebkuchen.
Die Gewürznelfen, wegen ihres nagelähnlichen Aussehens auch Nägelein genannt, duften stark nach Nelken. Sie sind die nicht ganz reifen Früchte eines myrrhenähnlichen Baumes der Moluften. Um kaum ein anderes Kolonialerzeugnis sind so viele Ränke gesponnen worden, kaum eines hat in früheren Zeiten so viel Blutvergießen und Gaunerei, die allerschlimmsten Niederträchtigkeiten blindwütiger Profitwut entfesselt, wie die unſcheinbare Gewürznelke. Als die Holländer das Monopol des Nelkenhandels hatten, erzielten sie damit Gewinne in der märchenhaften Höhe von 5800 Prozent, Grund genug, daß die Franzosen mit allen Mitteln das Monopol zu durchbrechen versuchten, was ihnen schließlich auch gelang. Der Träger des Aromas ist bei diesem Gewürz das Nelkenöl, ein zähes Ol von brennendem Geschmack, das auch in der Likördestillation benutzt wird.
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Dieselbe Heimat und dieselbe Geschichte wie die Gewürzneffen haben Muskatnuß und Muskatblüte, nur hatten die Franzosen mit der Verpflanzung dieses Gewürzes nach ihren tropischen Kolonien diesmal kein Glück. Muskatnüsse kommen also noch immer nur von den Molukken zu uns. Die Muskatnuß ist die unreif geerntete, eiförmige, harte Frucht des Muskatnußbaumes. Ihre weißliche Farbe rührt daher, daß sie zum Schußze gegen Ungeziefer mehrmals in Kalkwasser getaucht wird. Ihr mildes Aroma, das sie auch für Gebäck, feine Saucen und Suppen geeignet macht, entstammt dem Muskatöl. Die Benutzung dieses Gewürzes wurde erst durch die Araber in Europa verbreitet. Die Muskatblüte, auch Macisblüte genannt, ist nichts anderes als die zerschlitte getrocknete Samenhülle der reifen Frucht.
Es ist sehr bequem für die Hausfrau, wenn sie sich stets eine fertige Gewürzmischung bereit hält, bestehend aus weißem Pfeffer, englisch Gewürz, Nelken, Muskatnuß und-blüte, Lorbeerblatt, Thymian und Basilikum, nach Belieben auch, Ingwer. Die Gewürze und die getrockneten Kräuter werden ganz fein gestoßen und zu ungefähr gleichen Teilen miteinander gemischt, nur von Pfeffer und Muskatnuß nimmt man etwas mehr. Die Gewürzmischung muß gut verschlossen aufbewahrt werden. Sie
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ist vorzüglich zu allen Gerichten aus Hackfleisch, zu pikanten Saucen, Ragouts und dergleichen.
Die Zitrone ist die Frucht des immergrünen Zitronen- oder Limonenbaumes, der zu einer alten, hochangesehenen Pflanzenfamilie gehört, die uns auch die Apfelsine und das Zitronat liefert. Der Verbrauch von Zitronen ist bei den Kulturvölkern ein ganz ungeheurer geworden, besonders seit man ihren gesundheitsfördernden Wert bei der Herstellung von kalten und warmen Ge= tränken schätzen gelernt hat. Denn die Fruchtsäuren, an denen die Zitrone reich ist, sind erfahrungsgemäß Vernichter einer Menge von Bakterien im menschlichen Körper. Wer Essig als Zusatz zu Salaten nicht verträgt, wird gut fahren, wenn er statt dessen Zitronensaft verwendet. Eine Menge von Fleisch-, Fisch-, Gemüse-, Mehlspeisen, Gebäcken und Kompots find ohne die Würze einiger Tropfen Zitronensaft kaum zu denken. Um harte Zitronen saft= reich zu machen, lasse man sie einige Zeit an einem dunklen Orte nachreifen. Die krystallisierte Zitronenwürze, ein aus dem Saft der Zitronen hergestelltes chemisches Produkt, ist in zweckmäßiger Verdünnung gelegentlich ein brauchbarer Ersatz für frische Früchte. Es fehlt ihm nur das aus der Schale stammende Aroma der Zitrone, das man durch Zutat einiger Tropfen Zitronenöl erzielen kann oder bei süßen Speisen durch einige Stückchen Würfelzucker, an dem man in zitronenreichen Tagen die Schale der Frucht ab= gerieben hat. Die so gewonnene Würze der Schale ist viel feiner, als die der auf die übliche Art am Reibeisen abgeriebenen Frucht. In verschlossenen Gläsern lassen sich Zitronenzuckerstückchen ziemlich lange aufbewahren. Die Heimat des Zitronenbaumes ist Ostindien. Von dort kam er über Persien nach Europa , wo er längs des Mittelmeeres überall angebaut wird.
Kapern sind die Blütenknospen des in allen Mittelmeerländern wachsenden Kapernstrauches. Um als Würze für Frikassees, Ragouts, Saucen, Fisch- und Fleischsalate zu dienen, werden sie in Essig eingelegt verkauft. Je kleiner und fester die Kaper ist, um so feiner ist sie. Ein Surrogat der echten Kapern sind die ebenso behandelten grünen Samen der einheimischen Kapuzinerkresse. Die Vanille ist die reife, schotenförmige Fruchtkapsel einer Orchideenart in Mexiko . Ihr wundervolles Aroma wurde schon von den Azteken, den Ureinwohnern des Landes, zur Verfeinerung des Kakaos benützt. Von den Spaniern nach der Entdeckung Amerikas nach Europa gebracht, wurde die Vanille hier ebenso verwendet, aber auch zur Parfümierung des Schnupftabats. Noch lange Zeit war sie ein selten gebrauchtes und sündhaft teures Gewürz. Erst nachdem der Vanillestrauch auch auf den tropischen Kolonien der Franzosen , besonders auf der Insel Bourbon, an= gebaut worden war, sank der Preis, so daß dies köstliche Gewürz allgemeiner gebraucht werden konnte. Den Duftstoff liefert das in der Frucht enthaltene Vanillin, das in feinen, nadelförmigen, weißlichen Kristallen aus der Schote ausschwitzt. Als Surrogat wird das aus dem Saft von Nadelhölzern oder aus dem Steinfohlenteer gewonnene künstliche Vanillin in der Form von Vanillezucker oder-täfelchen viel benüßt, weil es billiger ist. Über die Verwendung der Vanille ist hier nichts weiter zu sagen. Wenn wir nur Eier, Milch, Sahne, feines Mehl und Zucker reichlich zur Verfügung haben, dann wollen wir mit Hilfe der Vanille oder ihres fünstlichen Ersatzes die leckersten Süßspeisen, kalte, warme, ge= fottene, gebadene und gefrorene, daraus herstellen und genießen. Doch das ist Zukunftsmusik für die Zeit nach dem Kriege....
Von den verlockenden Ausländern wenden wir uns den soliden einheimischen Blüten- und Fruchtgewürzen zu, unter denen wir einen sehr brauchbaren Ersatz für den ausländischen Pfeffer im Paprika haben. Paprika ist der ungarische Name des Gewürzes, das aus den Früchten der Beißbeere, einer Nachtschattenart, gewonnen wird. In Westindien heimisch, wird die Beißbeere jetzt in allen warmen Ländern Europas angebaut. Verwendet wird die ganze schotenähnliche Frucht, und zwar im unreifen grünen wie im reifen leuchtend roten Zustand. Der Pfeffergeschmack ist brennend scharf; bei dem handelsüblichen Paprika ist er gemildert durch einen Zusatz von Mehl zu der fein zerriebenen Frucht. So ist er als Rosenpaprika ungarisches Nationalgewürz. Roter Paprika, rote Zwiebeln und rote Tomaten, diesen drei verdanken die ungarischen Speisen das Gulasch, von dem es einige achtzig Bereitungsarten geben soll, das ungarische Sauerkraut, das Paprikahuhn, der Paprikakarpfen und wie sie alle heißen ihren berühmten Wohlgeschmack. Wenn bei längerer Dauer des Krieges, mit der wir leider rechnen müssen, die exotischen Pfefferarten knapp und teuer werden, können wir an ihrer Stelle ebenso gut den ungarischen Paprika benützen. Bei mäßigem Gebrauch ist er dem ausländischen Pfeffer vorzuziehen, weil er der Verdauung zuträglicher ist.
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