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ein Heer von Arbeitern wäre nicht imftande, Ihre Arbelt so gut und gleichmäßig zu verrichten, wie wir sie von der Maschine fordern.

Vom Theater in Laughstädt.

Eine Goethe Erinnerung.

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Wohl liegen in der nimmermüden, raftlos wirbelnden Maschine Gefahren für den Arbeiter, wenn man ihn zwingt, ebenso raftlos zu fein wie fie, ohne ihm eine Atempause zu gönnen. Eine nur von In diesen Tagen find 130 Jahre verrichen, feit Goethe und Gewinnfucht beherrschte Wirtschaftsweise wird auch im Menschen nur seine Schauspieler zum ersten Male nach Bauchstädt tamen, um dort eine Arbeitsmaschine sehen, ohne auf seine Seele zu achten. Es muß die so berühmt gewordenen Sommergastspiele des Weimarer Hof= verhütet werden, daß die Maschine Herr über den Menschen werbe theaters zu beginnen. Es war am 10. Juni 1791, als Goethe in und ihn zu ihrer Arbeitsweise zwinge. Es gibt auch für die Maschine dem kleinen Badeort bei Halle eintro, und au seiner peinlichen eine Betriebsart, die sie vorzeitig zugrunde gehen läßt. Jeder Unter- Ueberraschung als Theatersaal etme notdürftig hergerichtete nehmer würde einen solchen forcierten Betrieb bei seinen Maschinen Scheune vorfand. Man war in jenen Tagen noch überaus be­verdammen, weil er fein Eigentum gefährdet. Der Ausbeutung der scheiden; das zeigt fchon die Wahl deles Theaterfaales", obwohl menschlichen Arbeitsträfte muß aber erst durch Gesetze Einhalt ge- damals in Lauchstädt   besonders der fächsische Adel und die reiche boten werden, die die Menschenötenomie zum Ziele haben. Leipziger Bürgerschaft gern die Sommermonate verbrachten. Durch Es wäre aber falsch, für eine solche Ausbeutung der menschlichen ble wenig geeigneten Räumlichkeiten hieß sich Goethe aber nicht ent­Kräfte die Maschine verantwortlich zu machen; es wäre Wahnsinn, mutigen. Man beschloß, sobald wie möglich ein richtiges Theater etwa die Maschinen zerstören zu wollen, weil sie bisher zum Miß zu erbauen; die Beschaffung der nötigen Gelder fiel aber so schwer, brauch der menschlichen Arbeitskraft geführt haben. In der Ent- baß bas eigentliche Lauchstädter   Theater erf im Jahre 1802 einge­wicklungslinie der Menschhelt ist die Maschine teine Feindin des Ar- weiht werden konnte.

beiters, tein Moloch, der seine Kräfte verzehrt, fondern seine Freundin Bon ber ersten Spielzeit im neuen Hause hat uns der Weimarer  und Befreierin. Sie wird und muß es werden, wenn sie nicht mehr Schauspieler Genast eine hübsche Beschreibung hinterlassen, aus der im Dienste einer bevorrechteten Klasse von Einzelnen steht, wenn man recht deutlich sehen kann, in welch bescheidenem Milieu sich die ihre Kräfte der Gesellschaft dienstbar gemacht werden, dann tünstlerischen Ereignisse unserer affifchen Seit abgespielt haben. werden die drohenden Gefahren der Arbeitslosigkeit und des Arbeits- Es heißt barin: tempos zu beseitigen sein, dann wird die Maschine dasjenige foziale Instrument fein, das den Aufstieg zur inneren Kultur gewährleistet.

Das älteste Kochbuch.

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Die

Am 20. Juni ging die Gesellschaft nach Lauchstädt  , wo das neu erbaute Theater am 26. Juni mit dem Vorspiel Was wir bringen" und der Oper Titus" eröffnet wurde. Den 23. folgte uns Goethe nach, um die Proben felbst zu leiten. Von Leipzig  , Halle, aus der ganzen Umgebung strömte man herbei, um dieser Borstellung beizu­wohnen, Leider fonnte das Haus die große Zahl der Zuschauer nicht faffen, und die Türen nach den Korridoren, ja felbft die äußeren Das älteste und berühmtefte Kochbuch der Weltliteratur, bas. Türen mußten geöffnet werden, so fart war der Andrang; die jenige, das für diesen ausgebreiteten und der Hausfrau fo wichtigen armen Leute, ble feinen Platz gewonnen, tonnien freilich nichts sehen, Schriftzweig Borbild und Mufter abgegeben hat, ist das Werk des aber alles hören, denn die Wände des Theaters waren so dünn, daß Römers Caelius, der sich den Namen eines der bekanntesten Fein fchmecker und Schwelger, des Apicius  , noch beilegte, um dadurch an jedes Wort, das auf der Bühne gesprochen wurde, auch außer fein Buch befonders zu empfehlen. Im barbarischsten Latein, einem bem Haufe verstehen fonnte. Damit ein Unberufener fich zu jenen wahrhaften Küchenlatein", verfaßt, befibt es nicht nur für die Kultur- Außenstehenden gesellen konnte, hatte man zwanzig Mann sächsischer gefchichte einen außerordentlichen Wert, sondern es fagt uns auch Dragoner aus dem nahegelegenen Schafftädt von der Behörde er­mancherlei aus über die alte Medizin- und Apothekerfunft. Am wich- beten, die mit gezogenem Säbel das Theater umstellten. Der ganze tigften ist es aber für die Geschichte des Rochens, und eine große An- Zuschauerraum bestand eigentlich nur in einem großen Saal, ber in zahl noch heute üblicher Ausdrücke stammt aus des Caelius Apicius brei Abschnitte geteilt war; den ersten, größeren, der an das Orchester Rezepten. Eine Hausfrau, die es heute versuchen wollte, nach biefen stieß, nannte man Parkett, den zweiten Barterre und den dritten faft 2000 jährigen Angaben ein Mahl zu bereiten, müßte freilich ver­aweifeln und würde jedenfalls mit dem, was sie zustande bringt, bas lebten Plag". Ueber diesem lehten Blah erhob sich ein halbrunder Entfezzen der Essenden hervorrufen. Balton, auf dem ungefähr sechzig Personen figen konnten. Die Rochweise diefer römischen Spätzeit, in der das Verfalls. Breifen waren: 16, 12, 8 und 4 gute Grofhen. Die höchste Ein­moment bereits fo start überwog, fah nämlich darin die höchste Kunst, nahme, die dabei erzielt werden fonnte, war gegen 300 Taler; an den besonderen Geschmack jeder Speise durch Mischung und Ber  - diesem Abend hatte fich dieselbe aber auf 350 Tater gesteigert. Goethe arbeitung mit anderen aufzuheben, und so werden Dinge miteinander batbe seinen Platz auf dem Balkon genommen. Nach dem Vorspiel zufammengebracht, die selbst unseren fühnsten Gefchmadsphantasien brachte das Publikum Goethe   ein dreimaliges Hoch, indem es sich unverträglich erscheinen, Süßes und Saures, Gutes und Widriges erhob und seine Blicke nach ihm richtete. Er trat vor und sprach: wird vermengt, und es dürfte auch schwer halten, all die seltenen Mäge das, was wir bringen, einem kunfthebenden Publikum stets Kräuter und Reizmittel aufzutreiben, mit denen dieser Vater der genügen." Nach diesen Worten 30g er fich zurück und kam auf die Rochkunst wie etwas Selbstverständlichem fchaliete und waltete. Es blieb dem zähen Eifer und der vor nichts zurückschredenden Kühn- Bühne, um dem Bersonal seine Zufriedenheit mitzuteilen. heit der Gelehrten vorbehalten, fich nicht nur in den Irrgarten dieser so erzählt der Schiberer weiter bis Ende schwer verständlichen Säge zu wagen, sondern auch die mühsam er- August und gingen dann noch vier Wochen zum Vogelschießen nach sungenen Deutungen in die Braris zu übertragen. Die berühmte Rudolstadt  , wo eine große Masse von Fremden fich alljährlich zu Philologin des 18. Jahrhunderts Madame Dacier  , die als Frau sich diesem Hauptvergnügen des Thüringer Volkes verfammelte. aur Lösung diefer Sprach- und Kochaufgaben besonders berufen glaubte, jetzte ihrem ebenfalls der Altertumswissenschaft ergebenen Wir hatten sowohl in Lauchstädt   wie in Rudolstadt   brillante Bemahl ein genau nach dem Caelius gefochtes Mittageljen vor, und Geschäfte gemacht. Als ich nach Weimar   aurüdtam und meinem der Märtyrer der Wissenschaft schlang es mit Todesverachtung Gönner und Freund, dem Geheimen Hofrat Kirns, als Chef des herunter, hätte aber die gelehrte Leiftung seiner Frau beinahe mit Rassenwesens unser Resultat mitteilte, schmunzelte er mit dem ganzen dem Leben gebüßt, so schlecht wurde ihm! Zwei deutsche Philologen Gesicht. Der Ueberschuß, eine hübsche Summe, wurde beiseite gelegt." aber haben schließlich auch diefes Problem bewältigt. Brofeffor Schuch vertiefte sich so leidenschaftlich in die Schwierigkeiten bes ältesten Rochbuches, daß er ein ganzes Jahr lang in der Küche lebte" und über dem Studium des Apicius   selbst zum Roch wurde. Mit einem anderen Altphilologen Büftemann hat er die erste einwand­freie Textgestaltung des Werkes geschaffen und dadurch erst das Ber­ständnis für diese gastronomischen Hieroglyphen eröffnet.

Wir blieben

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Wie man sieht, waren damals in der guten aften klassischen Zeit nicht nur die Theaterbesucher, sondern auch die Theater­birettoren von einer rührenden Genügsamleit. Dreihundert Taler höchste Tageseinnahme nannien fie brillante Geschäfte" und wußten davon noch eine hübsche Summe als Ueberschuß zurückzulegen. Was würden die Leiter unferer Berliner   Bühnen zu einem solchen Etat fagen? Sie rechnen mit Millionen. Aber ein Goethe ist nicht unter

Eine Softprobe" aus diesem antifen Küchenbuch wollen wir unseren Leserinnen aber doch nicht vorenthalten, obgleich fie sie ihnen. hoffentlich nicht in der Praris erproben und ihren unglüdlichen Ehe­männern vorfehen werden. Es ist ein Rezept für Fleischflößchen und fautet also: Nimm aus einem Schwanzstück die Knochen heraus, balle sie zufammen, schiebe fie in den Backofen und brate fie an; hebe sie dann heraus und befreie fie auf einem Rost bei langfamem Feuer von ihrer Feuchtigkeit. Stoße Pfeffer, Kümmel und Fischlake und mildere sie mit Rosinensaft. Mit dieser Brühe tue die Klöße in den Kochtopf. Sind sie gekocht, so hebe sie weg und trockne fie. Man tann folche Klöße auch von Schweinsenter machen."

Schweinseuter, Fischlake und Rosinensaft! Die alten römischen Feinschmecker müssen gottbegnadete Bungen gehabt haben. Schabe, daß sie den berühmten Berliner   Kohlrüben- Winter 1916/17 nicht mehr erleben fonnten, sie würden vielleicht imftande gewesen sein, felbft aus den damals uns gebotenen Delifateffen Honig zu faugen.

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s ift nicht ein bloßer frommer unfch für die Menichheit, fondern es ift die unerläßliche forderung ihres Rechts und ihrer Beftimmung, daß fie fo leicht, fo frei, fo ge­bietend über die Natur, fo echt menfchlich auf der Erde lebe, als es die Natur nur irgend verftattet. Der Menfch foll arbeiten; aber nicht wie ein Lafttier, das unter feiner Bürde in den Schlaf finkt und nach der not dürftigften Erholung der erschöpften Kraft zum Cragen derfelben Bürde wieder aufgeltört wird. Er foll angitles, mit Luft und mit freudigkeit arbeiten und Zeit übrig behalten, feinen Gefft und lein Huge zum Bimmel zu erheben, zu deffen Anblich er gebildet ift. Fichte.