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Zukunft. Wir geh» jahrlausendlang in dumpfen Ketten Und lächeln doch und atmen in die Lenze Und glauben an das endliche Erretten. Wir find so groh in Nacht und dunklem Glanz, Und leuchtender find unsre Dornenkränze Als euer wimpelbunter Zubelkranz. Einst kommt der Tag: ihr schleicht mit müdem Schritt; wir aber blühn, wir gehn im jungen Tanz. Und goldne Aaller tanzen gaukelnd mit. Einst kommt der Tag: Gericht wird sein und Recht. Von ollem, was die dunkle Erde litt, Erlöst sie ganz ein arbeitsroh Geschlecht. S. W. A» n r« d lB«rn). Serliner Sorgen. Von Hans Klabautermann. Brasilianische Plantagenbesttzer haben den Deutschen Kaffee gespendet. Die Verteilung der Liebesgabe hat in ebenso groß» zügiger wie einfacher Weise eine Berliner Zeitung organisiert. Jeder Bedürftige erhielt ein halbes Pfund Kaffee. Er hatte dazu weiter nichts nötig, als eine Eingabe an einen Wohltätigkeitsverein zu machen und seine Bedürftigkeit nachzuweisen. Welche Vereine das waren, fand er, wenn er sich eine Nummer der Zeitung kaufte. Es wurden nur SO OOO Menschen berücksichtigt. Man hätte das noch großzügiger einrichten können. Ein Pfund Kaffee hat ungefähr SOOO Bohnen. Das ganze deutsche Volk wäre beglückt worden, wenn man nicht wenigen Auserwählten ganze 250 Gramm überreichen würde, eine Menge, die sie ja ohnedies kaum jemals aufbrauchen können, sondern wenn man die Cpuide in Pakete zu je 2 Kaffee- bahnen eingeteilt hätte. Es wären 52 500 000 Pakete geworden. Diese Auscrwählten hätten sich gefreut, die Gutscheine für den Kaffee erwerben zu können, ohne erhöhte Aahrpreis« auf der Elek- irischen zu bezahlen. Die Erhöhung auf ILO M.' ir eine Fahrt wäre durchaus berechtigt gewesen. Bessere Ware verlangt besseres Geld. Die Berliner Straßenbahnen entwickeln sich sowieso zu einem mustergültigen Institut. Früher verkehrten die Wagen in einem Abstand von 7/4 Minuten. Dadutch entstand ein ekelhafter Lärm. Jetzt fahren viele Linien alle 20 Minuten. Dankenswerter- weife Hot man eine Reihe von Linien gekürzt. Das ist nur eine der vielen Verbesserungen. Sie sind so zahlreich, daß ich nur einige wenige herausgreifen kann. Z. B. wird man auf manchen Linien mitten auf der Strecke plötzlich aufgefordert, den Beiwagen zu ver- lassen und im Triebwagen Platz zu nehmen. Die Schaffner sollten sich angewöhnen zu sagen, Stehplatz zu nehmen; denn diese freund- liche Maßnahme wird getroffen, wenn beide Wagen voll sind. Fast jeder Wagen ist ein Antiquitätenkabinett. Die Halteriemen an der Decke sind derartig beliebt, daß sie oft heimlich mitgenommen werden. E» sind Immer nur noch drei Stück vorhanden. Und ein leiser Zug mit dem kleinen Finger genügt und man hat den Riemen in der Hand. Früher waren außen große Schilder angebracht, auf denen die Straßen verzeichnet waren, durch die die Bahn fährt. Jetzt sind sie erfreulicherweise so verkleinert worden, daß man sie nicht mehr lesen kann. Dafür sieht man aber an der alten Stelle farbenprächtige Mitteilungen, deren Kenntnis für jeden Gebildeten nötig ist, wie etwa:Einds die Füße, geh zum Schusterl" 1 So werden allenthalben Derbesserungen eingeführt. Da« CharlottenburgerWohnungsamthataml. August dem Publikum seine Türen verschlossen. Nachdem es zahllosen Likör» stuben Unterkunft gewährt und demnach den dringendsten Bedürf- nissen Rechnung getragen hat, wäre ihm auch etwas Ruhe zu gönnen. Das Verfahren hat sich gut bewährt. Denn die Wohnung. suchenden, die in ungebührlicher Hast am 1. September ihre lächer- lichen Anliegen vorbringen wollten, bemerkten, daß sich das Amt auch für September hinter seinen Akten und Türen verschanzt hat. Dadurch ist der Betrieb wesentlich vereinfacht. Wünscht man einen Beamten zu sprechen, so braucht man nur eine schriftliche Eingabe mit der diesbezüglichen Eingabe zu machen. Nach eingehender Prüfung gewährt einem dann der Beamte die Audienz oder lehnt sie ab. Trotz der Schnelligkeit, mit der das Amt arbeitet, treten manche Bewerber von ihren Ansprüchen zurück, wenn sie zwei Jahre ge- «artet haben. Herr v. Kohr hat noch weniger Geduld bewiesen und ist schon nach einigen Tagen zurückgetreten. Man hätte in Berlin nicht so unduldsam sein dürfen. Bayern hat schwer genug daran zu tragen, daß es keine eigenen Briefmarken und kein eigene», Defizit aus Post und Eisenbahnen mehr hat. Außerdem können es viele nicht verwinden, daß nun kein frischer fröhlicher Krieg mehr. ist. Da kann man ihnen doch wenigstens den Belagerungszustand lasten. Jedes Land will eben feine besonderen Vorrechte haben. Leutschösterreich z. B. ist zwar»ine Republik . Aber di« Republikaner »ermisten den Glanz früherer Tage, der das wahr« Glück bedingt. Und so werden dann alle Monate einige hervorragend« Professoren zu Hofräten ernannt. Ihr Gehalt ist allerdings f» gering, daß sie hungern müsten, wenn sie kein Vermögen haben. Di« Kalamität ist sofort behoben, indem man ihnen einen Titel verleiht. Ein Hofrat hungert nicht. In Berlin lebt ein Universttätsprofestor, der den Titel Geheimer Medizinalrat hat. Redet man ihn aber mit Herr Geheimrat an, so verbittet er sich da» energisch und sagt:An mir ist nichts geheim." Die österreichischen Professoren werden schon wissen, an welchem Hof sie Räte sind. Bei dieser Gelegenheit will ich gleich ein Geheimnis lüften. Ich weiß, wer Erzberger in Wahrheit ermordet hat. Es sind na» türlich die Juden. Nicht etwa ein bestimmter Jude, nein, schlechtweg die Juden. Dekannllich haben die Juden, kurz nachdem sie die infame Idee des Pazifismus aufgebracht hatten, den Krieg gemacht. Die Juden haben an dem faulen Frieden schuld und zudem den Kapp-Putsch inszeniert. Wem wäre es nicht klar, wer den Brei mit Oberschlesien angerührt hat. Alle Unannehmlichkeiten sind aus di« Juden zurückzuführen. Nach dem Analogieschluß ist also bewiesen, wer im Grunde den jüngsten politischen Mord auf dem Kerbholz hat. Es ist nur wunderbar, warum ich erst diese Selbstverständlichkeit aufdecken muß. Vielleicht werden die deutschen Universitäten der ganzen Frag« einmal nähertreten. Die Japaner hoben ihnen kürzlich �50 000 M. gestiftet. Man könnte endlich einmal einen Teil der Summe dazu oerwenden, die Sache wissenschaftlich zu beleuchten. Bei dem schnellen Blick der Fakultäten für das, was dem Volke augenblicklich am meisten am Herzen liegt, kann man erwarten, daß mit dem Rest syste» matisch die Männer zusammengesucht werden, die den Ehrendoktor verdienen und noch nicht haben. Köhn und Klant« haben Tausende davor bewahrt, ihr Geld In Börsenspekulationen zu verlieren und somit den wirtschaftlichen Wiederaufbau gefördert. Sie verdienen daher den Dr. ing. honoris causa.» Nach meinen weittragenden Entdeckungen erwarte ich bestimmt, zum Dr. rer. pol. honoris causa ernannt zu werden. Es macht sich auch besser: Dr. Klabautermann. Völker, öie nicht bis örei zählen können. Wenn man bei uns von jemanden sagt:Er kann nicht bi» drei zählen," so will man ihn damit als besonders dumm charakteri» sieren. Es gibt aber eine ganze Anzahl von Naturvölkern in Austra» lien, Südamerika und anderwärts, die nicht bis drei zählen können, d. h. die nur für die Zahlen 1, 2 und manchmal 3 Namen besitzen. darüber hinaus aber nicht zählen, sondern z. B. statt der Zahl S sagenzwei, eins", für 4zwei, zwei" oder eine größere Anzahl als 2 überhaupt mitviele, Wne Menge" bezeichnen. Es ist nun aber falsch, daraus, daß diese Menschen nicht bis drei zählen können, auf eine besonders große geistige Beschränktheit oder Trägheit zu schließen. Der Naturmensch kann deshalb doch zählen; er zählt nur, ja er rechnet sogar auf eine andere Weise als wir. In diese eigen» artigen Denkformen des primitiven Menschen führt ein Werk de» Pariser Profestors L. Leoy-Brühl,Das Denken der Naturvölker", »in, das jetzt von dem Wiener Profestor W. Jerusalem im Verlag von Wilhelm Braumüller zu Wien in einer guten deutschen Ueber» tragung herausgezogen worden ist. Schon bei Tieren hat man ein gewisses Bewußtsein für die Zahl festgestellt. Ein Hund, Asfe«der Elefant bemerkt das Ver- schwi»den eines Gegenstandes aus einer größeren, ihm vertrauten Anzahl heraus. Bei manchen Tieren beweist die Mutter durch un» zweideutige Zeichen, daß sie genau weiß, ob ihr eines oder mehrere ihrer Kleinen weggenommen worden sind. So hat auch der primi- live Mensch ein Zahlenbewußtsein: ja, er vermag sogar mit Zahlen sehr gut umzugehen, nur ist sein Verhältnis zu der Zahl kein ab» straktes wie bei dem Kulturmenschen, sondern ein konkretes. Er ersetzt durch ein manchmalan Wunder grenzendes" Gedächtnis den Mangel an logischem Denken. In seiner Borstellung ist die Zahl der Gegenstände oder Wesen so fest eingeprägt, daß er sogleich weiß, wenn aus einer größeren Menge eins fehlt. Die Abiponen z. B., ein amerikanischer Jndianerstamm am unteren Paraguay , waren durchaus nicht dazu zu bringen, mittels der Z�hlworte zu zählen. Sie haben gegen jedes Rechnen einen ausgesprochenen Widerwillen, und wenn eine Zahl über drei hinausgeht, so sagen sie nurviele", unzählige". Nichtsdestoweniger haben sie ihre Methode, um sich von den Zahlen Rechenschaft zu geben. Kehren sie z. B. von der Jagd auf wilde Pferde zurück, so fragt sie niemand:Wieviel Pferde hobt Ihr mitgebracht?" Aber sie misten ganz genau, wieviel Plätze für di« neuen Tiere eingerichtet«erden müssen. Wenn sie zur Jag!»