mehr haben, nicht mehr zu solchen Männern aufblicken darf. Hier fleht man Umficht, flares Erfaffen der Sachlage, fühle Sicherheit in den Handlungen. Wo ist der Würdenträger in der Republik , der selbst im Bett für das Wohl des Volkes sorgt?
Im Kampf um das Berliner Stadtparlament geht es zwar nicht um die Monarchie, aber die Wahl ist auch nicht unwichtig. Was sollen wir wählen? Im„ Deutschen Wochenblatt" von Richard Kunze , in der Nummer vom 12. Gilbhard, lesen wir das Programm der Deutschsozialen Partei.
Punkt 4: Die sofortige Enteignung des brachliegenden Baugeländes im Weichbilde Groß- Berlins zum Friedenspreise und die beschleunigte Herstellung von Kleinwohnungen.
Bunft 13: Die weitere Belastung der arbeitenden Maffen durch indirekte Kommunalsteuern ist unter allen Umständen zu vermeiden. Punkt 16: Ausreichende Besoldung der städtischen Arbeiter, Angestellten, Beamten und Lehrer; den aus anderen Orten Zugezogenen ift, wenn sie verheiratet find, Familienwohnung zu beschaffen. Vielleicht überlegt sich Herr Kunze, ob er nicht noch folgende Programmpunkte hinzufügen und bei seiner Wahl durchführen will: Punkt 17: Einführung der Friedensvaluta innerhalb 48 Stunden.
Punkt 18: Amtsentsetzung von Briand und Lloyd George . In der Geschäftsstelle des„ Deutschen Wochenblattes" werden Handtücher mit wundervollem eingewirkten Hakenkreuzmufter, laut Anzeige in derselben Nummer, verkauft. Wenn Herr Kunze seinen Wählern noch Gratislieferung von Klosettpapier mit prächtigem Hakenkreuzwasserzeichen durch die Stadt verspricht pro Woche eine Rolle, in der Zwetschgenzeit zwei-, dann kann es nicht fehlen. Dann geht Berlin herrlichen Zeiten entgegen.
Der große nordische Meer- und Eisbezwinger, der seine her. vorragenden organisatorischen Gaben jegt für das hungernde Ruß land einfegt, erfreut seine große Leferwelt durch ein neues Buch: Spizbergen. Er schildert darin feine im Jahre 1912 unter nommene Expedition mit der ihm eigenen Frische und Anschaulichkeit und gibt daneben reiches wissenschaftliches Material über Meeresströmungen und die geologische Bergangenheit des heute todeserstarrten Landes, das wertvolle Rohlenschäze birgt. deutsche Uebersehung des reich illustrierten Berkes ist bei F. A. Brock haus erschienen, mit dessen Genehmigung wir einen Abschnitt unseren Lesern bieten.
Die
Am Abend des 8. Juli verließen wir den letzten norwegischen Hafen. Liv( Nanfens Tochter) begleitete uns zum Abschied. Als wir um die letzte Landspite drehten, ging sie von Bord.
Im Hintergrund lag Hammerfest und der große russische Dreimaster, der eben eingefahren war, um Fische zu kaufen.
Bor uns lagen das Meer und die Eiswelt. Das graugrämliche Wetter hatte sich etwas aufgehellt, aber noch hing der Nebel über den Bergen im Land. Die Meeresfläche wölbte sich unter dem Nebelbach weit hinaus. Eine leichte Brise von Nordost, die Segel wurden gesetzt und die Bäreninsel gerade angesteuert.
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Wache um Wache, Horizont um Horizont ging es vorwärts über die immer gleiche Wasserfläche- die ganze Nacht, der nächsten Tag und wieder die Nacht- immer der gleiche Kurs unter Segel und unter dem einförmigen Buff- Buff des Motors. Nur der Eissturmvogel, der ein Stück vom Lande ab zu uns stieß, war von nun an unser beständiger schweigender Begleiter, dieses ewige graue fchwebende Rätsel.
So manche Wache habe ich am Ruder gesessen und habe über den Flug dieses Vogels nachgesonnen, wenn er auf steifen Schwingen lautlos über die wogende Fläche schwebte, hinauf über die Rämme, hinab in die Wellentäler, und wieder hinauf über den nächsten Ramm, ohne einen Flügelschlag, immer gleich fern, immer geich teilnahmslos ohne Seele. Hier liegt ein Problem, das wir noch nicht gelöst haben. Es scheint, als habe er die Schwerkraft aufgehoben.
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Als ich am Mittag des nächsten Tages( 10. Juli) an Ded tam, um meine Wache zu übernehmen, fragte ich im Scherz Olaves und Jakobsen, die die andere Wache hatten:
,, Nun, seht ihr Land?"
Ja, das haben wir schon seit 10 Uhr gesehen."
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Ich lachte und fah mich um. Aber wahrhaftig! Dort war Land! Zwei blaue Berge über dem blauen Meeresrand in weiter Ferne. Bis dahin sollten wir noch 50 Seemeilen haben.
Wie merkwürdig lockend alles Land wird, selbst hier im Norden, wenn es in der blauen Ferne aus dem Meer emporsteigt!
Erwartungsvoll näherten wir uns dieser Eismeerinsel, der Bäreninsel, die feiner von uns fannte. Ein einsamer Vorposten der Eiswelt, der nach Süden gegen den Golfstrom" vorgeschoben ist, wo sich das Wasser des Eismeers zwischen die wärmeren Wassermassen aus dem Süden einkeilt.
Aber wir waren nicht weit gekommen, als sich ein dichter, grauweißer Nebelschleier langsam über den westlichen Gipfel legte. In
einem wagerechten schmalen Band breitete er sich nach Osten aus, Er verschwand und fam wieder. Aber dann wälzte sich, getrieben vom Westwind, der sich oben erhoben hatte, der eigentliche Eismeer nebel langsam heran. Bald war das Land völlig verschwunden und wir segelten gerade in die graue Maffe hinein. Aber mun mußten wir bald nahe heran sein. Aller Augen starrten gespannt in die Nebelmasse, die Ohren lauschten dem fernen Lärm der Brandung. Endlich, ein dunkler Schatten in dem Grau und der erste Ruf: Dort ist Land!"
Bald tauchte weiter nördlich noch mehr auf. Es war zu erw warten, daß die Ostseite der Insel im Windschutz nebelfrei sein würde, Wir schlugen diese Richtung ein und segelten in ein gutfichtiges Fahrwasser hinein; flar lag die Küste vor unseren Augen.
Gerade vor uns ein fleiner Steinholm, südwestlich davon eine hohe Landspite, aber weiter in dieser Richtung nur Nebel. Es mußte das Südende der Insel sein.
Wir hielten füdlich herum und in den Südhafen hinein. Unter hohen Felswänden ging es vorwärts; ihre Vorsprünge waren bis zur Höhe hinauf mit Taufenden von Alfen besetzt, die wie Wolfen auf uns herabfielen.
Wir glitten weiter nach dem inneren Ende der Bucht. Es wurde gelotet sechs Faden, fünf Faden, vier Faden.
" Fallen Anker!"
Raffelnd fuhr der Anter in den Grund, und da lag„ Beslemön", eine weißgestrichene Nußschale zwischen den hohen grauen nadien Felswänden, die die Bucht auf drei Seiten umschließen, während fie nach Süden sich nach dem Meer öffnet.
unter diesem Nebelbach. Die Dünung rollte vom Meer da draußen
Nicht ein grünes Fledchen, nicht der Gedante eines Lächelng
herein, brach sich an dem schmalen Stand am Fuß der Felswände und donnerte weißschäumend in die schwarzen Höhlen hinein. herein, brach sich an dem schmalen Strand am Fuß der Felswände herab, aber er wurde zu Staub, ehe er die See erreichte.
Welch ein ödes, verlassenes Nebelland! Eine tote Welt h Ruinen.
Die verwitterten Wände steigen mit Spalten, Kanten und Aba fäßen aus der Brandung mehrere hundert Meter senkrecht empor bis zum Rand der alten Landfläche hoch oben, in die das Meer fich hineingearbeitet hat. Davor liegt die lange schmale Möweninsel mit den gleichen senkrechten Wänden auch dort oben die alte ebene Landfläche eine Ruine des früheren Landes, mit dem das Meer und die Zeit noch nicht ganz fertig geworden sind.
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Das Leben hier sind die Taufende von Vögeln, die bis obend hinauf an den Wänden hausen, auf Borfprüngen und in den Rizen die lärmenden, schwarzrüdigen Alte mit der weißen Brust, die da sigen wie Flaschen in Reihen, und die schweigenden grauen Eisa sturmvögel. Zu oberst sitzt die große Mantelmöwe, der Bürgers meister", würdig und ruhig.
Schwärme von Vögeln freisen um die Kämme da oben wie dunkle Wolken, in ihrer unaufhörlichen Jagd von und nach dent Brutplätzen.
Das Geschrei der Alke wetteifert mit dem Donnern der Brandung am Fuß der Wände.
Aber auch dieses verlassene Land hat mildere Zeiten gesehen. Bor vielen Millionen Jahren wuchsen hier unter der lebenspendenden Sonne eines warmen Klimas mächtige Wälder von unbekannten Bäumen entschwundener Zeiten. Wir finden die Reste davon als Rohlenschichten in den Tiefen der Berge und fördern fie ans Tagesa licht, um die aufgeftapelte Wärme freizumachen als Ersatz für die, die uns die Sonne hier im Norden nicht mehr geben will.
Herbstmorgengedanken.
Die Morgengloden schütten die Tropfen vom fahlen Baum, und mit den fallenden Blättern 3erfließt ein Sommertraum. Er breitet bleiche Gedanken nebelnd um Dach und Aft, und hängt daran der Tränen frühe, fröstelnde Cast. Das letzte Sonnenscheinchen fing ich mit zitternder Not und webte daraus meines Lebens
stilleuchtendes Abendrot.
Nun mag der Winter tommen: ich hab aus blühender Zeit mir Duft und Leuchten gerettet in meine Ewigkeit.
Paul Bourfeind.
Der Arzt ist der natürliche Anwalt des Armen. Rud. Birch om 1848.|