ten. Jetzt hob er den Fuß zum ersten Schritt, nun zum zweiten, zum dritten, zum vierten. Beim sechsten Schritt mußte er ihn treffen, ihn niederstoßen. Es dauerte so lange, lange. Eine Ewigkeit war jeder Schritt. Aber jetzt, jetzt! Der
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Und der Maler zwang sich zu einem gräßlichen Schret.„ Ich bin gestorben, Menschen, Menschen!!!!"- Richtige Schatten wantten die Wände und Dinge durcheinander. Er fonnte nichts mehr erblicken. Nur eine wogende Wolfe floß in einem Abstande vor ihm auf und nieder.
Roll und einen Schuhmann auftauchen und uns beobachten, ein 3eichen, daß die Polizei schon Witterung bekommen hatte, und be. gnügten uns mit gemütlichen Biergesprächen.
An den folgenden Tagen war in den Parteifreisen viel von der lette Schritt Mensch gegen Mensch! Erbarmung, ihr himm- Kurgarten- Versammlung die Rede. Das geheime Komitee trat in lischen Mächte!! Es schritt der Freund mitten durch Tätigkeit, und fast schien es, als wolle das Breslauer Parteileben ihn hindurch!!! einen neuen großen Aufschwung nehmen. Da trat eine unerwartete Störung ein. Im Anfang August erhielten ich und viele andere Borladungen, wonach mir als Zeugen in der Strafsache gegen Jlgner und Genossen" wegen Bergehens gegen das Sozialistengesetz auf dem Amtsgericht vernommen werden sollten. Wir alle fannten feinen Ilgner und wußten nicht, um was es sichshandelte. Durch Zufall erfuhr ich, Ilgner heiße der Wirt im Kurgarten, begab mich daher schleunigst nach Kleinburg und befragte ihn über die Sache. Er sagte mir, er sei unlängst vernommen worden, weil er angeblich am Himmelfahrtstage im Kurgarten eine geheime fozialdemokratische Versammlung geduldet habe, fühle fich aber völlig unschuldig und vermute, irgendein Gastwirt der Nachbarschaft habe ihn aus Konkurrenzneid fälschlich denunziert. Ich fehrte nach Breslau zurück, betrat Kräders 3 garrenladen und berichtete den hier zahlreich versammelten Genossen das Gehörte. Wir glaubten anfangs
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Der Freund aber blieb stehen. Er hatte einen starren Blick bekommen. Er lauschte. Er hörte, daß es dreimal gegen die Tür flopfte. Er lächelte dachte:„ Er ist da!"... Und dann sah er, wie ein riesengroßes filbernes Spinnengewebe quer durch die Wand nach dem Hofe zu sich entfernte. Und der Hund in ter Küche heulte dreimal ganz furz und schauerlich..
Ein denkwürdiger Himmelfahrtstag. noch, die Sache sei mehr durch Rederei herausgekommen und so
Erinnerungen aus der Zeit des Sozialistengefeges.
Bon Mar Schütte.
Bierzig Jahre find vergangen seit einem Ereignisse, das einst in unferer Parteibewegung von Bedeutung wurde. Heute werden wohl noch wenige alte Genoffen sich der Vorgänge erinnern, ihnen wird aber die Auffrischung sicher willkommen sein.
Schauplah war Breslau , dessen Parteileben in der ersten Zeit des Sozialistengefehes, trop mancher äußerlichen Erfolge, ein mattes, träges und fleinliches war und in dem sich namentlich der Mangel an Organisation geltend machte. Viele drängten auf Befferung, und so wurde im Frühjahr 1882 angeregt, es sollten Hafen= clever oder andere bewährte Parteiführer nach Breslau fommen und die Sache in die Hand nehmen. Bald hieß es, der Himmel fahrtstag, welcher auf den 18. Mai fiel, fei dazu in Aussicht
genommen.
Ich brachte damals meine letzte Studienzeit in Breslau zu und beteiligte mich mit Begeisterung an der Bewegung, unbekümmert darum, daß ich dadurch meine Karriere hochgradig gefährdete. Am Bormittag des 18. Mai begab ich mich in unsere Stammkneipe, den altberühmten Schweidniger Keller, und traf Dorn im Bürgersaale mehrere Genoffen, darunter Rudolf Schumacher, der vor dem Sozialistengefeß zu den populärsten Agitatoren Schle fiens gehört hatte. Er gab uns zu verstehen, es sei etwas im Berte, machte einen Gang durch die anderen Räume und fehrte mit der frohen Botschaft zurück:„ Grillenberger ist dal" Wir begaben uns sofort in den angrenzenden Saal. Hier meilte eine Anzahl Genoffen, darunter Rart Grillenberger, feit 1881 Reichstagsabgeord neter für Nürnberg ; ein großer, starter, blondbärtiger Mann von echt germanischem Aussehen, der stark bayerischen Dialekt sprach. Bald famen auch Hafenclever und andere bekannte Genoffen und hielten mit uns einen gemütlichen Frühschoppen ab. Grillenberger, der zum erstenmal in Breslau weilte, äußerte den Wunsch, jezi Laffalles Grab zu besuchen, und mehrere brachen mit ihm dorthin auf. Wir andern wurden aufgefordert, am Nachmittag in den Rurgarten von Kleinburg zu fommen; es wurde auch schon au perstehen gegeben, daß hier eine bedeutfame Zusammenkunft stattfinden solle.
auch zu den Ohren der Polizei gelangt, wurden aber durch die gerichtliche Vernehmung eines anderen belehrt. Der Untersuchungsrichter stellte an uns Fragen über zahlreiche Einzelheiten vom Himmelfahrtstage und ließ uns erkennen, daß fie schon förmliche stenographische Berichte über die im Kurgarten gehaltenen Reden besaßen. Da wurde es klar, daß die niederträchtigste Spionage vorlag. Zweifellos war in unserer Mitte ein Mann gewesen, dem wir unser volles Vertrauen schentten, der aber von vornherein verräterisch gehandelt hatte. Wir stellten natürlich die ganze Bersamm ung als eine recht harmlose und mehr zufällige Zusammenkunft hin, und eine Zeitlang schien es, als wolle die Staatsanwaltschaft von einem Sozialistenprozesse Abstand nehmen.
Jahr und Tag leng galt die Kurgarten- Affäre in unserem Kreise ir abgetan. Da lam die Aera der großen Geheim bundprozesse, und auch Breslau wurde mit einem solchen gegen Kräder und Genossen bedacht, der im November 1887 zur Berhandlung gelangte. Mich, der ich damals in meiner Heimat im Gym nafialamt tätig war, zitierte man als Zeuge nach Breslau , und ich mußte vor der Straffammer Aussagen über die berühmte", schon fünf Jahre zurückliegende„ Kurgarten- Versammlung" machen. Diese Bersammlung bildete dann eine der wichtigsten Grundlagen des umfangreichen Prozesses, der eine große Anzahl guter Genossen ins Gefängnis brachte.
Daß an jenem Himmelfahrtstage in unserer Mitte ein Spion tätig gewesen war, wurde im Laufe der Verhandlungen von behörd licher Seite offen zugegeben. Wer es aber gewesen ist, das haben wir bis heute nicht mit Sicherheit ermitteln können.
Fälscher und Fälscherstückchen.
Zu der Angelegenheit des„ Doktors" Erich Anspach. Nach dem, was bisher darüber bekannt geworden ist, scheinen fich die Taten des Fälschers Erich Anspach würdig den Glanzftüden in der Geschichte der internationalen Fälschungen anzureihen. Die Franzosen , die mit den unter ihrer geistigen Bormundschaft stehen den Bolen bei dieser Affäre die hauptsächlich Blamierten darstellen, So machte ich mich denn am Nachmittag nach dem schönen Klein- fpielen in der Geschichte der Fälschungen überhaupt eine große Rolle, burg auf und betrat erwartungsvoll den Kurgarten. Auf einem als Urheber fowohl wie als Opfer. Aus der langen Reihe der freien, durch Gebüsche abgeschiedenen Blaze waren in feinem politischen Fälscherstücke, die der Geschichte angehören, und von denen hintern Teile mehrere Tische zusammengerückt, und hier faß eine auch so manche noch Geheimnis der Archive find, braucht nur an große Anzahl Genoffen und Genoffinnen, in der Mitte Hafenclever den berüchtigten Doffier" der Dreyfus- Affäre erinnert zu werden. und Grillenberger, bei anscheinend recht harmloser Unterhaltung. Auch Clemenceau selbst, der Typus des heutigen nationalisti Roch trafen Kräder, der Reichstagsabgeordnete für den Breslauer( chen Frankreich , wäre einmal nahezu einem solchen Fälscherftück zum Westfreis, und viele andere ein, und so waren denn bald die be- Opfer gefallen. Es war in der Frühzeit der neuen französischen fannten Breslauer Genossen ziemlich vollzählig versammelt. Hafen: Republik , als sich gegen ihn, der den Reaktionären damals ein Dorn clever gab das Zeichen zum Beginn und erklärte, jetzt fei es an der im Auge war, eine Kampagne richtete, die unter Führung der Zeit, Parteifragen zu diskutieren. Er und Grillenberger hielten nun nationalistischen Deputierten Paul Déroulède und Lucien Millevoye eingehende Reden. Dabei mußten wir manches Unliebfame hin- mit einem angeblich authentischen Brief des englischen Geschäfts nehmen, so, daß die Breslauer Genossen zu wenig für die Verbreitung trägers arbeitete, der eine Liste der von England bestochenen Bera des„ Sozialdemokrat" und anderer verbotener Blätter taten, zu spar- fonen enthalten sollte, und aus dem hervorzugehen schien, daß fam Parteigeld sammelten und ablieferten, daß bei ihnen zuviel per- Clemenceau mit einer Monatssubvention von 3000 Frant von fönliche Reibereien und Berdächtigungen herrschten und dergl. Hafenclever empfahl gegen folche Mißstände die Schaffung einer neuen England bestochen worden sei. Dem Angegriffenen wurde es aller Organisation und hierzu die Einsetzung eines geheimen Kodings nicht schwer, die Grundlosigkeit der Beschuldigung nachzu mitees von fünf Mann. Darüber gab es eine lebhafte Disfuffion. weifen, und es stellte sich heraus, daß die Fälschung von einem Neger Schließlich wurde Hafenclevers Antrag mit starker Majorität ange- namens Norton herrührte, der als Schreiber bei der englischen Bot nommen, ebenso Anträge auf Unterstügung von Berurteilten, Bil- fchaft angestellt war. dung von Zirkeln, Verbreitung von Druckschriften u. a. Im engeren Kreise schritt man zur Wahl des Komitees, dessen Mitglieder vorläufig den übrigen Genossen noch nicht namhaft gemacht werden follten.
Gegen Abend brachen wir. um fein Aufsehen zu erregen, einzeln oder truppweise nach Breslau auf. Dabei fagte ich zu Schumacher, diefer Tag sei sicher bedeutungsvoll für die Breslauer Sozialdemofratie. Er aber äußerte Zweifel mit Hinweis auf die Spießbürgerlichkeit der dortigen Genossen. Und doch sollte ich Recht behalten, wenn auch in anderem Sinne, als ich meinte.
Mit Hasenclever und Grillenberger fanden wir uns im Stadt. hausteller wieder zufammen, fahen hier aber at h den Kommiffarius
In Frankreich spielte sich auch der haarfträubende Schwindel des Fürsten der Fälscher" Brain- Denis- Lucas ab, der, wie Anspach und Norton, mit nachgemachten Papieren arbeitete, nur daß es sich dabei nicht um Aftenstücke der hohen Politik handelte, sondern um gefälschte Briefe aus allen Ländern und Zeiten. Bon folchen ver faufte er dem berühmten Mathematiker Michel Chasles nach und nach während mehrerer Jahre 27 320 Stück und erhielt dafür die Summe von 140 000 Frant. Wie sich der Gelehrte die Handschreiben Kleopatras, des Pompejus und des Cäsar, die amtlichen Berichte des Pilatus an den Kaiser Tiberius , die Bettelbriefe des armen Lazarus an den heiligen Petrus und, von Briefen des Plinius, des Plato, des Seneca und anderer Größen aus grauer Borzeit ganz