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In Fords Fabrik.

Bon Friedrich Dessauer  .

In Detroit   borgte sich ein Ingenieur vor einiger Zeit von zögernden Leuten Geld zusammen, um das Modell zu bauen für ein fleines billiges Volksautomobil. Sein Gedanke ist der typisch amerikanische: das ganze Problem auf eine einfachste Formel zu bringen und dieser Forme alles unterzuordnen. Das heißt: ein einziges Automobil zu konstruieren, aber jedem Glied diefer ein­zigen Konstruktion die höchste Sorgfalt zuzuwenden, es einfach, gleichmäßig, automatisch herzustellen, nie abzuändern und dadurch die Kosten der Herstellung auf das äußerste herabzusehen.

Heute steht in Detroit   ein Ungeheuer von einer Automobil fabrit. Es spuckt mit seinen Zweigfabriken tagtäglich dreitaufent. fünfhundert Automobile in die Welt. Ford, der arme Ingenieur von neulich, gilt in Detroit   als der United Staates reichster Mann.

Durch seine Fabrik bin ich stundenlang gewandert. Ein Transportband läuft entlang dem Boden in einer großen Halle. Zu beiden Seiten stehen Arbeiter mit Geräten und hinter ihnen oder an ihrer Seite Gestelle mit Teilen, die automatisch nachgelie­fert werden. Am Anfang des Bandes wird ein Rahmen aufgelegt. Wir gehen langsam mit und sehen: ein Arbeiter fügt dem Rahmen ein Stück zu, der nächste, indem er zwei Schritte mitgeht, zieht ein Gewinde fest; auf der anderen Seite geschieht gleiches. Der Rah­men wächst im Gleiten. Kleine Teile werden mit der Hand, andere durch Hebezeuge daraufgefeßt; jeder Arbeiter faßt immer wieder an der gleichen Stelle an, immer das gleiche Teil, denselben Griff, den er geschickt, richtig und schnell machen kann. Jedes Tell, das fommt, muß natürlich auf Bruchteile eines Millimeters genau passen d. h. alle Teile einer Art müssen durchaus gleichmäßig und präzis gearbeitet sein, sonst stockt das Ganze. Jetzt wird der Motor aufgefeßt. Zehn oder fünfzehn Arbeitspläge weiter ist er fertig verbunden und verschraubt. Federn, Räder, Sündmagnet, Getriebekasten, Steuerung und Triebwerk alles wurde auf diese Weise montiert. Zuletzt hebt ein Kran den Wagenaufbau auf die Maschine, er wird festgemacht, Polster, Laternen befestigt; ein Chauffeur springt auf, der Motor läuft an, und der fertige Wagen fährt mit eigener Kraft vom Ende des Transportbandes in den Fabrikhof, wo die Eisenbahnwagen bereitstehen.

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So Stück um Stück hintereinander. Von diesem Band fünf­hundert im Tag. Im ganzen dreitausendfünfhundert täglich, das ist rund eine Million Automobile im Jahr. Sie sind flein, einfach, fehr gut im Material, zuverlässig. Gegen fünf Millionen Ford­Automobile laufen oder liefen auf der Erde.

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Ihr Preis entspricht etwa einem Friedenswerte von 1500 bis 2000 m. Jezt allerdings, bei einer Baluta von 300 M. für den Dollar, würde man 90 000 M. ausgeben müssen. Aber das ist kein Maßstab. Ford hat ein Bolksauto gemacht eine Idee, eine Forme durchgeführt mit ungeheurer Konsequenz. Denn mit dem Montagewunder ist es nicht getan. Das weit Schwerere ist die Durd, arbeitung jedes einzelnen Teiles bis zur letzten Einheit. Eine ganze Fülle neuer Werkzeugmaschinen mußten erst erdacht und erbaut werden; denn alles Fabritatorische macht hier die Maschine, der Arbeiter lenkt sie bloß. Es fizzen irgendwo in einem Ring 16 Schrauben. Eine Schraubenziehermaschine- die natürlich nur für dieses einzige Teil in der Welt verwertbar ist zieht diese Schrauben auf einmal an. Natürlich geht dies nur, wenn das Material gleichmäßig ist, wenn automatische Kontrollen eingeschaltet find. Riesige eigene Werkzeugmaschinenfabriken bauen diesem Werte die Geräte. Alles Material wird in eigenen Werkstätten hergestellt, damit es sicher pünktlich gleichmäßig eintrifft.

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Die Menschen und die Milliarden, die er in den Dienst des Gedankens in einigen Jahren hineinzwang, sind phantastisch. Wie gering ist die Aussicht, selbst so etwas durchzusetzen. Ein Bunft fonnte fcheitern: Die Aufnahmefähigkeit des Marktes, eine fon­struktive Klippe; eine fabrikatorische. Bersagt irgend etwas, alles ist verloren. Bei uns erlebt man, daß eine Idee nach Jahr und Tag doch siegt, nachdem sie ihrem Schöpfer und vielen nachher zum Berhängnis wurde. Der letzte profitiert dann von der Vor­arbeit der Pioniere. Hier ist alles Einem gelungen.

Nun spielt das Auto hier eine ganz andere Rolle mie bei uns. Es ist ein Volksfahrzeug. Die Waschfrau kommt mit ihrem Ford angefahren und der Arbeiter. In einer dreitägigen Tour durch die Adirondal- Berge sah ich drei mit Pferden bespannte Wagen - aber wie viele Tausende von Automobilen ich sah, vermag ich nicht zu fagen. Sie fahren in Prozessionen; am Heuschuppen des Bauern steht ein Auto, damit fährt er feine Erzeugnisse zur Stadt. Man hat natürlich keinen Chauffeur; der Arbeiter oder Doktor oder Geschäftsmann fährt zur Arbeitsstätte und läßt seinen Bagen, mit einem Sicherheitsschloß gesperrt, außen im Freien auf der Straße stehen. Nach der Arbeit oder nach dem Theater steigt man wieder ein. Ueberall in den Städten sieht man Tausende von

Autos leer herumstehen. Natürlich gibt es Autodiebstähle als Spezialität. 300 Autos täglich werden in New York   gestohlen. Das macht nichts. Es gibt da 300 000-400 000 Autos. Fährt man täglich, so hat man Chance, alle drei bis vier Jahre einma: an die Reihe zu kommen.

Aus des Verfaffers Reisewert: Auslandsrätsel", das im Berlag von Sof. Kösel u. Friedr. Pustet in Kempten   erschienen ist. Deffauer, der Letter eines physikalisch- medizinischen Universitätsinstituts, läßt darin in Briefform feine Reifen nach Nordamerika   und Spanien   miterleben. Als einer der ersten offiziellen deutschen Persönlichkeiten besuchte er nach dem Kriege die Ber­einigten Staaten, sprach den Präsidenten Harding und sammelte an den 8en­tren des amerikanischen   Lebens eigene Beobachtungen und Informationen. Er führt den Lefer nicht nur in die amerikanischen   Kliniken und Ganatorien, in Riesenwerke und in das Laboratorium des berühmten Erfinders Coolidge  , er fängt das ganze breite amerikanische   Leben in feinem Spiegel. Bon spant scher Gastfreundschaft und spanischen Sympathien für die deutsche Wissenschaft erzählen die Briefe aus Spanien  . Eine Reise durch Südspanien im Auto führt nach Toledo  , Sevilla  , Cordoba  , Granada  .

In Sachen kontra Adam und Eva.

Von Ernst Grau.

Biele unter uns erinnern sich wohl noch aus der Religionsstunde her an die Geschichte von Adam und Eva, die aus dem Paradiese ausziehen mußten, weil sie en dem bewußten Apfel gelutscht und darauf die überaus dringende Anschaffung von Feigenblättern ein­gesehen hatten.

Nun, so einfach, wie man uns damals die Sache hinstellte, war fie in Wirklichkeit doch nicht.

Als nämlich der liebe Gott fein Paradies an das Ehepaar Adam und Eva vermietete, setzte er sie gleichzeitig als Verwalter und Bortier ein und gewährte ihnen dafür freie Station und mietefreie Wohnung. Nur den bewußten Apfelbaum sollten sie nicht anrühren.

Das taten die beiden nun leider doch. Teils aus Neugier, teils aus Langeweile probierten sie auch von den verbotenen Aepfeln, meil ja befanntlich verbotene Früchte am süßesten schmecken. Wer die Sache dann verpeßt hatte, fam nie recht heraus, jedoch erhielten sie vom lieben Gott die Aufforderung, das Paradies binnen vierund­zwanzig Stunden zu räumen.

Das taten die beiden nun aber nicht, worauf der Erzengel Gabriel   im Auftrage des lieben Gottes die Räumungsflage ein leitete. Adam und Eva erhoben prompt Widerspruch, und so mußte denn die Angelegenheit vor dem Mieteinigungsamte zur Verhandlung tommen.

Adam, der sich die Schlange als Rechtsbeistand mitgebracht hatte, beantragte auf dem erften Termin Bertagung. Seine Frau, fo führte er aus, hätte unterwegs ihr Feigenblatt verloren und müsse sich nun erst ein neues anfertigen lassen. Diesem Antrage wurde ftattgegeben, trotzdem der Erzengel Gabriel   schärfsten Protest ein­legte. Ein zweiter Termin sollte in vier Wochen stattfinden. Im nächsten Termin erklärte sich das Mieteinigungsamt für nicht zuständig und verwies die Parteien an das ordentliche Gericht. Endlich, im dritten Termin, fonnte verhandelt werden. Der Erzengel Gabriel   bestand auf Erfüllung der festgesetzten Baragraphen des Mietfontraktes, worauf die Schlange unter großem Beifall der Tribüne entgegnete, daß der Genuß der bewußten Aepfel geradezu eine Naturnotwendigkeit gewesen sei. Hätten die beiden nicht vom Baume der Erkenntnis gegessen, die Folgen wären gar nicht aus­zudenten. Gar nicht davon zu reden, daß die Feigenblattindustrie dadurch einen ganz ungeheuren Aufschwung genommen habe.

Ein Urteil wurde aber wieder nicht gefällt. Denn der Gerichts, hof war zu dem Beschluß gekommen, vorerst Sachverständige für Alepfelbäume und Feigenblätter zu hören.

Sechs Wochen später. Der vierte Termin. Trotz stundenlanger Referate der Sachverständigen war das Gericht noch immer schwan tend. Denn einerseits war ja der liebe Gott nicht so ganz im Un­recht. Andererseits aber mußte man auch Adam Recht geben, der ausführte, er würde um des lieben Friedens willen gern ausziehen, wenn ihm der liebe Gott eine andere Wohnung zur Verfügung stelle. Außerdem behalte er sich noch eine besondere Klage auf Körperver­legung vor, da der liebe Gott ihm ohne seine Zustimmung auf ope rativem Wege eine Rippe herausgenommen habe. Daraus habe der liebe Gott dann Eva, feine beffere Hälfte, zurechtgezimmert, die ihm nun überhaupt die ganze Sache eingebrockt habe.

Die Verhandlungen zogen fich auf diese Weise bis spät in die Nacht hinein, wofür die Sachverständigen doppelte Gebühren berech neten. Und schließlich kam dann ein Bergleich zustande, worin fich die Beklagten Adam und Eva bereit erklärten, das Paradies zu räumen, während sich der liebe Gott verpflichten mußte, ihnen die übrigen fünf Erdteile dafür zur Verfügung zu stellen.

Und so geschah es denn auch.

Und wir, die wir zu den Nachkommen der beklagten Bartet gehören, wir haben nun schon so oft ein Wiederaufnahmeverfahren dieser alten Streitfache beantragt.

Aber wir haben kein Glück damit.

Das Paradies blieb uns bis heute verschlossen...