Wissen und SchauenDer Kampf mit dem Nebet. Die Schiffstatastrophe bei Quosfantist in erster Linie auf den furchtbaren Nebel zurückzuführen, der amTa�e des Unglücks auf der Streck« vom Aermelkanal nach deinAtlantischen Ozean herrschte. Der Nebel ist ja auch sonst schon zahlreichen Schiffen zum Verhängnis geworden, und der Seemann fürchtet sich vor keinem noch so schlimmen Sturm auf hoher See bei klaremWeiter in demselben Maße wie vor dem Nebel in der Nähe derKüste. Man hat berechnet, daß etwa neun Zehntel aller Unfällezur See auf den Nebel zurückzuführen sind. Immer von neuemhaben sich die Schiffstechniker aller Nationen den Kopf zerbrochen,wie diesem schrecklichen Feinde der Schiffahrt beizutommen sei. Besonderen Anlaß zur Erörterung dieser Frag« bot der Untergang derim Jahre 1898 gesunkenen„Bourgogne*. Die Erben eines mitdiesem Schiffe ums Leben gekommenen amerikanischen Millionäresetzten damals 100 000 Franken aus für denjenigen, der eine brauch-bare Erfindung zur Abwehr der Nebelgefahr schaffe. Leider ist bisjetzt der Preis nicht ausbezahlt worden, was beweist, daß die Auf'gäbe noch nicht �u wirklicher Zufriedenheit gelöst worden ist. Es hatzwar genug Erstnder gegeben, die sich mit dem schwierigen Problembeschäftigten, und vor dem Krieg verging kaum ein Jahr, wo nichtein« neue angeblich erfolgreiche Erfindung gemeldet wurde. Vielerörtert wurde eine Zeitlang eine Art Hörbrille, da» sogen„E o p h o n", durch welches die Richtung, aus der eine Sirene einesin Fahrt befindlichen Schiffes erklang, angezeigt wurde. Diese Erfindung stützte sich auf die Beobachtung, daß die Fledermäuse niemols im Dunkeln an einen Baum oder an eine Mauer stoßen, wasdarauf zurückgeführt wird, daß diese Tiere mit einer Fähigkeit begabt!ind, aus dem Echo ihres Flügelschlags die Entfernung der Gegen-tände genau abzuschätzen. Einen wirklichen Erfolg hat aber dieseErfindung nicht gehabt, ebensowenig die zahlreichen Einrichtungender englischen Marine, die van Ingenieuren der britischen Flottewährend des deutschen Unterseebootkrieges geschaffen wurchen,»mihre Schisse vor der Annäherung ihres Feindes zu warnen. Inletzter Zeit sind wiederholt Versuchs in der Scheldemündung ang«stellt worden mit einem Apparat, den der Engländer Loth gebauthat. Dieser Apparat steht mit einer Kabelleitung in Verbindung,so daß man erkennen kann, ob sich das Schiff von diesem Kabelentfernt oder sich ihm nähert. Ein praktiscker Erfolg dieser Neue-rung bleibt abzuwarten. Ehe sich die auf den neuen Apparat ae-setzten Hoffnungen erfüllen werden, bleibt der Kapitän eines imNebel fahrenden Schiffe, allein auf das Nebelhorn und vorsichtigeFührung angewiesen.Das ZiWjährig«.Zrauenzlmmer". Im Jahre 1022 hat derDichter Opitz zum erstennial da» Wort„Frauenzimmer"' für eineeinzelne weibliche Person gebraucht. Damals hatte das Wort nochdurchaus nicht die verächtlich« Bedeutung, die es später erhalten hat.Es wurde vielmehr lange Zeit nur auf Frauen„von Stande' aufDamen angewandt, während man das weibliche Geschlecht über-Haupt als„Weibsbilder' bezeichnete, womit übrigens auch keineGeringschätzung verbunden war. Ursprünglich bedeutete das WortFrauenzimmer natürlich das Frauengemach. Noch im 10. Jahr'hundert vereinigten sich an den Höfen und in den Burgen die ledigenjungen Domen in dem Frauenzimmer, wo sie unter der Aufsichteiner Hofmeisterin standen. Man bezeichnete deshalb die Gesamtheitder in dem abgesonderten Gemach wohnenden Frauen mit demWorte Frauenzimmer, und zwar von Anfang des 10. bis gegen Endede» 18. Jahrhunderts. So ging der Name auf die jungen Damenselbst über. Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts wurde mit demWorte Frauenzimmer auch schon ein« einzelne weibliche Personvon Stande bezeichnet. In dieser Bedeutung hat es dann Opitz indie Literatur eingeführt. Als Goethe in Straßburg studierte, wurdeer in eine vornebme Familie eingeladen. Er redete die Damedes Hauses und ihre Schwester„meine Frauenzimmer' an(Dich-tung und Wahrheit, 2. Teil. 9. Buch). Auch später noch redete erjunge Mädchen g«rn mit„Frauenzimmerchen" an. Sophie Becker,die Elise von der Recke auf ihren Reisen durch Deutschland(1784bis 1780) begleitete, gebraucht in ihrem Tagebuch den Ausdruck„wir Frauenzimmer' und sagt ebendort:„Ich muß doch denWeibern in Deutschland die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daßsie allgemein kultivierter sind als die Kurländerinnen.' Auch diesesWort hat später im Sprachgebrauch einen etwas verächtlichen Sinnbekommen, den es ursprünglich nicht gehabt hat.NaturwissensthafiPfingstrosen. Sie find der schönste Pfingstschmuck unsererGärten, die prachtvollen, tiefroten Riesenblüten, die wie Feuer-kugeln aus dem kräftigen Buschwert ihrer schräggesormten Blätterherausleuchten. Und fast immer find sie auch pünktlich und öffnenihre prallgefüllten Knospen gerade tn den Tagen de, Pfingstfestes.— Die Stammform der Pfingstrose sieht ganz anders aus als dieherrliche, dichtgefüllte Blume, die wir als Pfingstrose kenne». Es isteine ganz bescheidene, ungefüllte Blüte, die in ihrer Form unseremHahnenfuß— zu dessen Familie sie auch gehört— ähnelt und sicheigentlich nur durch ihre rot« Farbe auszeichnet. Sie ist übrigensbeute sehr selten geworden und wildwachsend nur mehr tn derGegend zwischen Bilin und Brüx, also in Böhmen, anzutreffen. ImLauf der Zeit hat man nun aus dieser ungefüllten Blüte eine ganzeFülle der prächtigsten Pfingstrosen-Spielarten in verschiedenem Rotund inehr oder minder dichter Füllung gezogen: daneben gibt esindes auch weiße und gelbe Pfingstrosen, wie auch eine in Chinaeinheimische Art, die in Baumform wächst und Blüten trägt, dienoch einmal so groß werden wie unsere Pfingstrosen-— IhrenNamen..Päonie' trägt die Pfingstrose angeblich nach dem grie»chifchen Arzt Päon, der ihre Heilkraft entdeckt haben soll. Als heil»kräftig gilt die Pfingstrose nämlich schon seit alter Zeit, besonders inihren Wurzeln und ihrem Samen, den sogenannten„Gicht-k ö r n e r n, die gegen Gicht. Epilepsie und Zahnleiden wirksam seinsollen. Der.Pfingstrosenhonig" wurde früher ebenfall»hoch geschätzt und zur Linderung von Hals- und Lungenleideu vieloerwendet. Der wichtigste Teil der Pfingstrose war aber die Wurzel,denn sie galt als„S p r i n g w u r z e l", und wer sie um Mitternachtausgrub, konnte mit ihr verborgen« Schätze finden. Wenig bekanntdürfte fein, daß die Pfingstrose sowohl in ihren Blüten wie auch inihren Samen tn geringen Mengen einen G t f t st o f f enthält, dessenchemische Zusammensetzung noch nicht erforscht ist. In einer g«»wisien Konzentration genosien, soll dieses Bist Darmftörungen her-vorrufen.VölkerkundeDie Pfiugstbraul. Das Pfingstfest spielt von altersher als Ber-lobungsfest eine große Rolle. In Rußland findet am zweitenPfingsttage geradezu die Broutfchau statt. Die unverehelichtenMänner und Mädchen treffen sich in einem Gartenlokal, um einanderkennenzulernen: durch Vermittlerinnen, die über ihre materiellenVerhältnisse Bescheid wissen, werden sie einander zugeführt. Das istaber nicht in kleinen Orten so, sondern viel mehr noch in Groß-städten, wo ja die Leute weniger voneinander wissen, in Moskau,Kiew usw. Freilich ist durch den Krieg und seine Folgen dieserBrauch ins Hintertreffen geraten. In Holland besteht eine Sitte,die nicht direkt den Zweck einer Brautschau verfolgt, aber diesendoch oft erreicht. Ein Mädchen wird, aus einem kleinen Wagensitzend, mit Blumen und Bändern reich geschmückt, von einer Frauumher geführt, um für diese von den vorübergehenden MännernGeld lind andere Gaben zu erbitten. Das Mädchen aber wird nachder Psingstlilie, mit der man sich zumeist zu schmücken pflegt,„Pinrter-Bloem' genannt. Dies Amt der Gabenheischenden übtdas Mädchen so lange au», bis sie ein Bursche durch eine besondersreiche Gab« erlöst, wofür er dann das Recht erwirbt, die Schön«zum Pfingfitanz zu führen, aus dem natürlich meist ein Tanz für»Leben wird, da meistens ein Jüngling in der Regel diejenigePinxter-Bloem auslösen wird, nach der sein Herz begehrt. Auch tnmanchen Gegenden Deutschland» wurde ehedem, wie es Brentanoin seinem Märchen„Gockel, Hinckel und Gackeleia' schildert, ähnlichwie in Holland, eine mit Laub und Blumen verhüllte Maid, die man„Pfingstbraut' nannte, umhergeführt. Sie sah wie ein großerBlumenstrauß aus: da» Gesicht war mit einem Schleier des sieben-farbigen Regenbogens bedeckt.Himmelskunöe|saWiZl!l�HiWDle Sichtbarkeil de« Merkur». Unser sonnennächster Planet, derMerkur, steht in dem Ruf, daß man ihn schwer zu Gesicht bekommt.Nur kurz nach Sonnenaufgang oder kurz vor Sonnenaufgang, jenach der Stellung, ist er zu sehen, und dann hebt er sich vom hellenHimmel nur wenig ab. Selbst der große Kepler soll beklagt haben,daß er den Merkur nie gesehen habe: man wird aber diese Angabebezweifeln müssen. Die volkstümlichen Bücher über Astronomie be-haupten sämtlich, daß man den Merkur nur mit den feinsten Fern-röhren, die ganz genaue Gradeinteilungen besitzen, mühsam entdeckenkann. Da» kommt für den Laien fast einer Warnung gleich, seineMühe zu verschwenden. Da wird es für den Liebhaber der Gestirn«eine Erleichterung fein, zu hören, daß der Lehrer Karl Korn inLichtenau jetzt in der„Astronomischen Zeitschrift' sich ganz ander»ausspricht. Korn hat den Merkur seit 1903 mit gewöhnlichen Feld-stechern beobachtet und ihn dann, wenn der Ort erst festgestellt war,auch oftmals mit bloßem Auge erbficken können. Er meint, daßeine allgemeine Ephewerid«, wie sie in den meisten Kalendern zu/finden ist. schon genüge. Genau« Wwkelmessungen sind für den'Zweck nicht nötig. Wenn man weiß, daß der Merkur an diesemoder jenem Tage am Morgenhimmel oder am Abendhimmel, vorAufgang oder nach Untergang der Sonne, zu sehen ist, und wielange ober kurze Zeit vor oder nach der Sonne der Planet aufgehtoder untergeht, so findet man den Ort schon heraus. Korn hat denPlaneten in den Jahren 190Z bis 1906 dreißigmal und in den Iahrm1919 bis 1920 noch öfter bequem feststellen können, und das einzigeHindernis, das die Bemühungen vereitelte, war Bewölkung desHimmels. Ein handliches Iagdgla» oder ein Prismenfernrohr mitacht- bis zwölffacher Bergrößerung reicht vollkommen aus.Nicht wer viele Ideen, sondern wer ein« Ueberzeugung hat, derkann ein großer Mann werden.Ein« Nation, welche nur durch einen einzigen Mann gerettetwerden kann und soll, verdient Pettschenschläge.Wenn die Staaten ursprünglich mit mehr Bctnunft undGerechtigkeit eingerichtet wären, würden weniger gewaltsam«Empörungen zu fürchten sein.S e>> m?.