Robsrt Peutz.Tin Gedenkblatt. Don Max Schütte.Der 21. Jmu ist der fünfzigste Todestag eines deutschen Schrift-stellers, dessen Name uns die revolutionäre Bewegung der vier-ziger Jahre in die Erinnerung bringt, Robert Prutz. Jene Be-' wegung hat in Deutschland wahrhaft große Freiheitsdichter erstehenlassen, Männer wie Hoffmann von Fallersleben, FerdinandFreiligrath, Georg Herwegh, Adolf Glaßbrenner, Franz Dingelstedt,Ludwig Pfau. Reben ihnen nimmt Prutz einen würdigen Rang ein.Als Sohn eines Kaufmanns wurde Robert Eduard Prutz am3l). Mai 1816 in Stettin geboren. Er besuchte in Stettin dasGymnasium und studierte in Berlin, Breslau und Halle Philosophieum dem Wunsche, sich der akademischen Laufbghn zu widmen. Anden freiheitlichen und nationalen Bestrebung der deutschen Stu-deutenschaft jener Tage nahm er lebhasten Anteil, ließ auch schonzeitig literarische Arbeiten erscheinen. An Arnold Ruges HalleschenJahrbüchern, dem führenden Organ der Jungen, arbeitete Prutz mitund trat mit Herwegh und anderen Freiheitsmännern in Verbin-dung, lenkte damit aber auch die Blicke der Reaktion auf sich. Be-sondere? Aufsehen erregte seine Dichtung„Der Rhein', womiter Nikolaus Beckers klägliches, damals aber sehr populäres Rheinliedbeantwortete. Bald sah sich Prutz oeranlaßt, nach Jena zu über-siedeln. Große Hoffnungen setzte er auf seine Schrift über denGöttingor Dichterbund und sah hier einer schönen Zukunft entgegen.Die Reaktion ruhte aber auch im Großherzogtum Weimar nicht.Prutz' ganzes Austreten stempelte ihn in ihren Augen zum gesähr-lichen Revolutionär. Ein Tischlied für den Göttinger gemaßregeltenProfessor Dahlmann entzog er der Zensur, doch fiel es i?b in dieHände und gab den unmittelbaren Anlaß zu seiner Ausweisungsl8-i3). Er wechselte mehrmals den Wohnort, bis er sich in Berlinniederließ. Schriftstellerisch war er in hervorragendem Maße tätig,erwies sich namentlich als Literarhistoriker und Dichter sehr frucht-bar. Um der preußischen Zensur aus dem Wege zu gehen, ließ erseine Werk« meist in Zürich drucken, äußerte daher auch In seinerDichtung„An meine Lieder":Run. so schwebt denn, meine Lieder,Aus der Heimat ihr verbannt,Schwebt auf tönendem GefiederIn das freie Schweizerland:Frei trotz Pfaffenlist und Fehde,Frei trotz Dämmerung und Nacht,Dennoch frei!«eil uns're RedeDort kein Zensor überwacht!In der Schweiz erschien auch sein Lustspiel.Politische Woch ftjn-st u b e", die im Sinne des Komödiendichters Aristophane« mitscharfer Eative die Zeitverhältnisse geißelte. Sein Bestes aber schufer als Lyriker, so schon in der Liebeslyrik, besonders aber auf poti-tischem Gebiet. Oft sind seine Schöpfungen satirisch gehalten, so„Rechtfertigung" und gar erst„Der Herr M i n isst e r", der derreligiösen Heuchelei am Hofe schärf zu Leib« geht. Doch noch weitmehr packen un» die ernsten Dichtungen echt demokratischen Geistesmit ihrem tfefen Gefühl und ihrer Formenschönheit.Es konnte nicht ausbleiben, daß Prutz' freiheitliches Wirken ihmVerfolgungen zuzog. So wurde bald ein Prozeß wegen Majestät»-beleidigung gegen ihn eingeleitet, doch, vermutlich durch Alexandero. Humboldts Vermittlung, niedergeschlagen. Wahrscheinlich war esauch Humboldt, der hier Prutz die Erlaubnis, in Berlin literar-historische Vorlesungen zu halten, auswirkte. Prutz ging mit Begierdaran, mußte sie aber schon nach dem ersten Abend auf polizeilichesGeheiß abbrechen. Zu entschädigen suchte er sich durch Vorlesungenüber die Entwicklung des deutschen Theaters. Er folgte dann einemRufe nach Humburg als Dramaturg, legte dies« Stelle aber schon nachwenigen Monaten nieder und erkor Dresden zum Wohnsitze.In sein Leben wie in das der meisten Politiker jener Zeitgriffen die Ereignisse des Jahres 1848 mächtig ein. Die Nachrichtvon der Pariser Februar-Revolution rief in ihm die weitestgehendenHoffnungen auf den Sieg der freiheitlichen Ideen auch in Deutschlandwoch. Noch in Dresden hielt er Reden über die Zeitereignisse, eiltedann nach Berlin und mar hier im demokratifch-konstitutionellenKlub mit Begeisterung tätig. Nur zu bald aber sollten die frohenErwartungen der Freiheitskämpfer enttäuscht werden. Schon imHerbst regt« sich, hauptsächlich infolge der Feigheit und Unent-schlossenheit der bürgerlichen Demokratie, In Oesterreich und Preußendie Reaktion und begann die Errungenschaften der Märzkämpferückgängig zu machen. Prutz verließ Berlin und suchte seine Vater-stadt Stettin auf. Noch aber herrschten die liberalen Tendenzen inden akademischen Kreisen und verhalfen dazu, daß er 1849 als außer-ordentlicher Professor an die llniversttät Halle berufen wurde. Hier,an seiner alten lieben Stätte, wirkte er mit regem Eifer, gründetedas„Deutsche Museum", versuchte sich auch auf dem Gebiet desRomans:„Das E n g e! ch e n" ist als der erste deutsche Roman zubetrachten, der sich des Proletariats annahm.Auf die Dauer hatte Prutz wieder stark unter der wachsendenMacht der Reaktion zu leiden. Beförderung wurde ihm versagt,und sein Gehalt blieb dürftig. Die Kollegen sahen m ihm einen ge-föhrlichen Revolutionsmann und suchten ihm durch sortgesetzte Schi-kanen und Denunziationen die Berufstätigkeit zu verleiden. Dazubefielen ihn körperliche Leiden, und so nahm er zuerst einen längerenUrlaub, legte dann 1859 seine Professur nieder, verließ Halle undkehrte noch Stettin zurück. Hier und an vielen anderen Städtenhielt er fortan Porlesungen. Als pokitifchsr Dichter trat er zuletzt1866 auf, zuerst im Mai mit geharnischten Terzinen.die die preußische Blut- und Eisenpolitik scharf bekämpften Dafürwurde er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, sollte diese Straf«aber nicht verbüßen. Denn als Bismarcks Diplomatie und die preu»ßischen W Äffen die schnellen und unerwarteten Triumphe erfoihten,widerrief Prutz das Gesagte gewissermaßen in seiner Dichtung„Juli 1866" und sollte nun der Amnestie teilhaftig werden. Da»sieht ja nicht gerade sehr mannhaft aus. Wenn wir aber annehmenwollten, Prutz habe geflissentlich seine Haltung gewechselt und heuch»lerisch den Bekehrten gespielt, würden wir ihm entschieden Unrechttun. Dielmehr ließ er sich nur von der herrschenden Strömung mitfortreißen.Prutz hielt sich fortan von der politischen Dichtung fern undsuchte hauptsächlich durch Vorträge auf literarischem und ästhetischemGebiete sein Brot zu verdiene«. Am 21.-Juni 1872 erlag er inStettin einem Schlaganfall im Alter von 56 Jahren. Damals wurdeseiner in vielen Zeitungen sehr ebrend gedacht, heute beschäftigt mansich nur noch wenig mit ihm. Wir aber ehren ihn als einen de»ersten Freiheitsdichter Deutschlands.Kölner Humor.Köln hat seit dam Ausbruch des Krieges keinen Karnevalmehr, aber lhren Humor haben die Kölner behalten. Auch gegendie Besatzung behauptet er sich. Der„kölsche" Humor Ist unbesiegt,Hier einige Pröbchen:Der britische Geßlcrhut.Als die Briten einrückten, ordneten sie an, daß alle ihre Offizier«von allen Kölnern gegrüßt werden müßten. Die hutlose Mod«nahm trotz der Dezemberstürme innerhalb weniger Tage eine ver»bläffende Ausdehnung, und die Sieger der Welt waren um ihrenTriumph geprellt.— Eine der belebtesten Straßen Deutschlandsi stdie Hohe Straße zu Köln. Die gingen in den Tagen des Grußsaebotes drei Kölsche Fensterputzer, die Leiter auf der Schulter, hinab.Bor jedem britischen Offizier, also alle zehn Schritte, machten sie wi»auf Kommando strammes Halt, knallten die Leitern auf die Straßeund fuhren mit der Hand an den Mützenrand. Die deutschenPassanten„grienten", die britischen Offiziere— hoben das Gruß-gebot auf. Seitdem leben sie mit den Kölnern ausgezeichnet.Der überbsteae Amerikaner.Ein Dollarkönig läßt sich von einem Kölschen DroschkenkutscherKölns größte Sehenswürdigkeiten zeigen. Die Fahrt geht zur neuengroßen Straßenbrücke.„Uie lange hat man gebaut an dieses?"— i„Drei Johr', antwortet der Kölsche wahrheitsgemäß.—„Bei unsman baut dies in einem Jahr!"— Verstimmt gondelt der Kutschermit seinem Gast zum Ovcrnhmis.„Ute lange hat man gebaut andieses?"— Der Kölsche denkt„Waat Männche" und lügt:„En halvJoyr."— Bei uns man baut dies in drei Monat."— Nun ist derKölsche wütend. Man kommt zum Dom.„Me lange hat man gebautan dieses?"— Der Kutscher zuckt gleichgültig die Achseln, sieht sichden Riesenbau an und knurrt:„Dat weiß ich nit: dat stundgestern not nit do."— Der Amerikaner fragte nichts mehr,Kölnisch-britische entcnte coräiaie.Nicht ganz vereinzelte„Kölsche Mädchcr" haben einen britischenReiter als Schatz, wie einst die jungen Kölnerinnen einen demschenArtilleristen oder Pionier am Herzen hielten. Sie küssen und werdenacküßt, ohne daß sie sich Sorgen machen, ob„die deutsche Würde"dabei gewahrt bleibt. Manchmal passiert Schlimmeres. Ettt„Weeck"— was nicht englisch ist. sondern Kölsch Platt: ein lockere»Mädel— macht ihren Eltern heulend ein Geständnis. Der Vaterflucht, die Mutter weint, die T och! er schluchzt in die Schürze. Kaumhat sie sich etwas beruhigt, als ihr ein gräßlicher Gedanke kommt,und sie unter ein»™ neuen Tränenstrom jammernd gluckst:„Nja,Mamm'— un wat dat Allerschlemmste es— wenn dat arm englischKind auf die Welt kütt— un will jet bubbele(was sagen)— dannkann ich et nit ens verstonn I(nicht einmal verstehen.)"Ein echter Kölnerwar der im vorigen Sommer verstorbene Zentrums-Reichstags-abgeordnete Carl Triinborn. Obwohl Rechtsanwalt, Justizrat,Staatssekretär und Exzellenz, hat er ein reines Hochdeutsch niegelernt. Kurz vor seinem Tode fuhr er in sein Landhaus am Rhein.Zwei Amerikaner in seinem Abteil wurden auf die Schornsteineei»er großen Zementfabrik am Ufer aufmerksam. Sie fragten denbiederen Trimborn, was das fei. Der alte Schelm, schon den Tod'im Leibe, hielt den Gästen aus dem Lcmoe der unbegrenzten Mög«lichkeiten«inen längeren Vortrag über die Leistungen der deutschenTechnik und erzählte ihnen treuherzig— diese großen Anlagen seiendie— Heizung für die rheinischen Weinberge, damit die Rebenin den kalten Nächten nicht erfrören. Er behauptete fest, die Ameri»kaner hätten es ihm geglaubt.Krebsgang und Komödie.Die unfreiwilligen Witze find die besten, auch in Köln. Auffallendhäufig passiert es dort, daß die ernstesten und würdigsten Ding? durchreinen Zufall die Lachmuskeln in Bewegung setzen. Vor 30 Jahrenbrauchte man einen neuen Justiz palast. Wo baute man ihn hin?jNatürlich, in die— Komödien straße. Dort wird noch heut«täglich rechtgesprochen. Später wurde Raum für ein neue»Polizeipräsidium gesucht. Wo fiedelt man die preußisch«Polizei an? Natürlich in der Krcbsgasse. Dort ist sie noch heut«am rechten Platze.