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Wissen und Schauen Aus dem Reiche des Sankt Bureaukratius. Ms Frucht zehn- jährigen Sammeln« legt Friedrich Wörnde! eine Blutenlese von Glanzleistungen der Bureaukratie vor: köstliche Stückchen aus allen Bezirken(S ankt Bureaukratius, wie er lebt und wirkt", Verlag St Ad. Emil Müller, Stuttgart ). Da diese Gewächse im monarchistischen Deutschland besonders üppig gediehen und auch heute noch nicht ausgestorben sind, ist dies Büchlein allen guten Republikanern bestens zu empfehlen. Einige Stückchen setzen wir zu Nutz und Frommen unserer Leser her. Einunvergeßlicher Augenblick". Den preußischen Lokomotivführern und Zugführern wurden im Beginn des Jahre» 1S11 zu ihrer Uniform Achselstück« verliehen.Die deutsche Eisen- bahnzeitung" feierte diese Erlaubnis zum Tragen der Achselstück« als ein geradezu historisches Geschehnis ersten Ranges. Sie schrieb unter der SpitzmarkeDie Achselstucke verliehen!": Wie mir soeben der cherr Eisenbahnpräsident Rüdlia tele- phonisch mitgeteilt hat, ist heute eine allerhöchste Entscheidung ein- gegangen, wonach den Lokomotivführern und Zugführern die Achselstücke der Eisenbahnassistenten verliehen worden sind. Die Meldung stammt aus erster Quelle und bringe ich Ihnm deshalb meinen herzlichsten, allerherzlichsten Glückwunsch dar." Diese inhalt- schwere Nachricht wurde in einer Versammlung der Angestellten der Staatsbahnen mitgeteilt und erweckte unbeschreibliche» Jubel. Dieser unvergeßliche Augenblick wurde durch treffliche Worte des Vorsitzenden, durch ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Seine Exzellenz den Herrn Minister und durch Anstimmen der National- Hymne gekennzeichnet." Sozlalistenreines Klosettpapier. In einer Königsberger Zeitung fand sich Anfang Februar 1912 nachstehende Anzeige: Makulaturpapier aus deutsche Zeitungen, frei von sozialdemo- kratischem Inhalt, zu Klosettzwecken geeignet, wird in Mengen von Sl> Kilogramm aufwärts freihändig aufgekauft. Angebote sind möglichst umgehend einzusenden. Garnispnoerwaitung Königsberg i. Pr. Ecükunüe Die Tiefen des Meltmeeres. Es ist schon mehrfach der Versuch gemacht worden, auf Grund der bisherigen Messungen die mittlere Tiefe des Weltmeeres zu berechnen. Während Krümmel dabei auf SW1 Meter kam, hat neuerdings C. Kossinna 3795 Meter, also rund 3899, herausgerechnet. Der Unterschied rührt daher, daß große Teile der Weltmeere tatsächlich tiefer sind als man bisher angenommen hatte. Sieht man von den Randmeeren ab, so erhöht sich die mitt- lere Tiefe der eigentlichen Weltmeer« auf 4117 Meter; für die Nord- halbkugel allein steigt sie auf 4322 Meter; für die Südhalbkuget sinkt sie auf 4999 Meter. An mittlerer Tiefe übertrifft aber das ameri- kanische Randmeer mit 2214 Meter die übrigen bei weitem. In- dischec und Atlantischer Ozean haben nahezu die gleiche nüttlere Tiefe(3959 Meter), der Pazifische Ozean ist durchschnittlich 359 Meter tiefer als sie. Von den« Gelamtareal der Ozeane(3öl Millionen Quadratkilometer) treffen 27�5 auf den Kontinentalschelf(9 290 Meter), 38,7 auf den Kontinentalabhnng(200 2440 Meter); 283,7 aus den Tiesteeboden(2440 5758 Meter)(das sind mehr als%), endlich 11,2 Millionen auf das Tiefseegesenke(unter 5750 Meter). Ein Viertel des Ozeans, also mehr als Asien und beide Amerika zu- sammengcnomnien liegt unter 5990 Meter; das Arsenal der Tiefen von mehr als 6990 Meter ist nahezu so groß wie halb Europa und selbst unter 7990 Meter liegen»och fast 590 990 Quadratkilometer, also mehr als Deutschland nach dem Vertrag von Versailles umfaßt. Aon besonders bekannten und vielgenannten Mittelmccren hat die Ostsee (einschließlich Kattegatt ) eine mittlere Tiefe von nur 55 Meter, das ist erheblich weniger als z. B. der Bodensee ; auch der irische und englische Kanal stehen in mittlerer Tiefe diesem Binnensee nach, der es ungefähr mit der Nordsee (94 Meter) aufnimmt. £3 I EI3 Gesunüheitsvflege F*3 Warum gähnt der Mensch? Das Gähnen ist offenbar ein Vor- gang, welcher der Willkür des Menschen entzogen ist. Es stellt sich von selbst ein bei Ermüdung oder Langeweile. Freilich kann man es im Notfall« unterdrücken, aber nicht leicht. Hauptmann in Frei- bürg, Mayer in Innsbruck und neuerdings Valentin Dumpert in Berlin haben das Gähnen«visienschaftlich zu erforschen gesucht. Danach gähnt und reckt sich der Mensch, wenn eine Blutleere oder «ine besondere Durchblutung des Gehirns besteht, die sich mit dem wachen Beivußtseln oder mit der Aufmerksamkeit nicht verträgt, und wenn der Organismus gegen diese Beeinträchtigung des Be- wußtseins reagiert. Es ist also ein großer Reflex gegen einen Zu- stand, der als unbehaglich empfunden wird. Der Reflex bewirkt «Ine Umlagerung des Blutes aus dem venösen in den arteriellen Kreislauf und damit eine bessere Durchblutung des Gehirns, sowie des ganzen Körpers. Dazu kommt eine gleichzeitige Einwirkung auf die Gehirnzentrcn und Beeinflussung der Ganglienzellen des Gehirns. Auch die init der starken Einatmung und der Reckung der Arme, die oft das Gähnen begleitet, verbundene bessere Durchlüftung der Lungen ist wichtig. Sie befördert die Oxidation des Blutes und dient damit demselben Zwecke, der auf ein« Belebung des gesamten erschlafften Organismus hinausläuft. Nach dieser Erklärung war« es also eigentlich falsch, ein austteigendes Gähnbedürfnls aus Höflichkeit zu unterdrücken. Man oerettett dadurch das wohltätig« Streben der Natur nach Selbsthilf« und der andere merkt es doch. Ohnmächten. Di« heiße Jahreszeit naht, und in ihr treten auch häufiger als im Winter jene Fälle von Bewußtseinsstörung auf, di« man als Ohnmacht bezeichnet. Nur ausnahmsweise ist zufällig einmal ein Arzt zugegen. Es ist Pflicht eines jeden, der benicrkt, wie ein anderer plötzlich bewußtlos wird, ihm zu helfen. Um das aber richtig ausführen zu können, muß man wissen, daß die Ohn- macht auf zweierlei Weise Zustandekommen kann, einmal nämlich durch eine Blutleere des Gehirns, das andere Mal durch einen Blut- andrang zum Kopf. Je nachdem sind auch die Begleiterscheinungen der Ohnmacht verschieden: die Blutleere des Gehirns findet ihren Ausdruck in einer ausgeprägten Blässe des Gesichts, die Blutüber- füllunq durch eine Rötting des Kopfes. In beiden Fällen muß man versuchen, durch Lagerung den normalen Blutgchalt wieder herzu- stellen: ist das Gesicht blaß, dann lasse man den Kopf nach unten hängen, damit da» Blut wieder au» dem Körper in ihn hinein- fließen kann, ist es rot, dann hebe man den Kopf so. daß das Blut ans ihm dem Körper zuströmen kann. Zufächeln frische? Luft, vor- sichtiges Besprengen mit Wasser, Befreiung des Halses von ein« engendem Kragen trägt ebenfalls dazu bei, das Bewußtsein wieder eintreten zu lassen. Kehrt das Bewußlsein nicht zurück, dann liegt zweifellos ein ernsteres Leiden vor, das ärztlicher Hilf« bedarf. Technik Der dünnste �den.Wie dünn kann wohl ein Faden sein, damit er noch zusammenhält?" undWie dünne Fäden kann man gerade noch sehen?" diese Fragen mag sich wohl mancher schon vorgelegt haben. Ihre Beantwortung hat aber erst jetzt der Leidener Professor Einihoven unternommen, über dessen interessante Versuche inReclams Universum" berichtet wird. Für optische und galvanische Instrumente werden häufig äußerst dünne Fäden benötigt, und man ist daher in dieser Hinsicht schon sehr weit gekommen. Einthoven stellte nun seine Fäden au» Quarz her und verdünnte sie durch elek- irische Kathodenspaltung bis zu unglaublicher Feinheit. Man kann einen dünnen Faden schon mit dem bloßen Auge sehr viel leichter erkennen als ein Pünktchen. Zwei benachbarte Punkte, z. B. Sterne, kann man kaum noch bei 5060 Bogensetunden Abstand nebenein­ander unterscheiden: dunkle Fäden, die V-««» mm dünn sind, lassen sich aber auf Hellem Hintergrund aus 6 10 m Entfernung noch bei 23 Bogensetunden erkennen. Mit f)ilfe des Ultramikrostops hat man Staubteilchen von 4 7 Millionstel im Durchmesser berechnet. Einthoven fand, daß jeder existierbare Faden, wie dünn er auch sein mag, ultromikroskopisch sichtbar gemacht werden kann. Der Durchmesser eine» Wasserstoffmoleküls ist ungefähr eine Million mal größer als diese dünnsten Fäden. Es ist also Einthoven gelungen, so fabelhaft dünne Gebilde herzustellen, wie man früher für unmög- lich hielt. Daß er aber diese allerdünnsten Fäden noch befesttgen und frei ausspannen konnte, bedeutet wahrlich eine Großtat in der Wttt des Kleinen. Naturwissenschaft Das Absterben der Pyramidenpappel. Die Pyramidenpappe'. PypuUiz pyramidalis, jetzt meist Populus itaiica genannt, war einst ein charakteristischer Begleiter unserer Chausseen. Sie ist aber mehr und mehr verschwunden. Vielfach hat man sie abgehackt, weil ihre weitgreifenden Wurzeln das Erdreich in großem Umkreise aus- saugen. Aber auch die von der Axt verschonten Bäume verschwinden mehr und mehr. Schon vor zwanzig Iahren haben PrafeO.'r Landois in Münster und Dr. Focke in Bremen auf das Aussterben der Pyramidenpappel hingewiesen. Der Grund ist«igemr-lig. Sämtliche in Deutschland wachsenden Pappeln scheinen von eine? einzigen abzustammen, die vor dem Jahre 1800 aus Italien herüre:- kam und im Park von Wörlitz bei Dessau angepflanzt wurde. Die Vermehrung erfolgte nicht durch Samen, fondern durch Steckling. :. So sind also alle diese Pappeln eigentlich Zweige eines einzigen Baumes, der nun seine Altersgrenze erreicht zu haben scheint und allmählich eingeht. Es wäre interessant zu erfahren, ob sich irgendwo Nachrichten finden, daß außer dieser Wörlitzer Pappel noch eine andere aus Italien nach Deutschland eingeführt worden wäre. Wie viel Vorgeladen gibt es auf der Welt? Auf Grund des Vogelkatalogs des Brittschen Museums, der eine annähernd sichere Schätzung der Zahl der lebenden Voge laden ermöglichst, darf man etwa 11600 verschiedene Arten von Vögeln annehmen, die sich aus 2255 Gattungen verteilen. Wenn auch diese Zahlen, betonen die Mitteilungen über die Vogelwelt", dem lausenden Stande nicht völlig gerecht werden dürften, man auch annehmen muß, daß eine Reihe von Arten noch unentdeckt geblieben ist, so werden sie doch auf kaum mehr als auf 1400 zu veranschlagen sein, so daß die Ge- samtfumme der lebenden Arten sich schwerlich auf mehr als 13 000 Arten beziffern wird.