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Wissen und Schauen

BER  

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Wie man Schweine und Ratten dressiert. Der Dressuraft ist heute noch auf dem Varieté und im Zirkus so beliebt wie in frühes ren Zeiten. Alles, was da freucht und fleucht, muß seine Kunste zeigen, und es find heute bei den teuren Zeiten und der schlechten Valuta weniger die exotischen wilden Tiere, als die unserer heimi, schen Fauna, aus der nicht nur die Vierfüßer, sondern sogar die Sechsfüßer nian denke an den ewigen Reiz des Flohtheaters! auftreten. Hunde und Pferde sind als die Tiere bekannt, die am häufigsten vorgeführt werden, aber auf der Suche nach neuen Tricks hat man sich auch ganz anderen erga zugewendet, Eseln und Schweinen, Gänsen und Enten, Katzen, Ratten und Mäusen. Bei der Dreffur der Haustiere und anderer Kreaturen, die man nicht zu den Raubtieren" rechnen tann, ist mit Gewalt oder Einschüchterung nichts auszurichten, sondern der Dresseur muß sich in das Wesen und in den Charakter der betreffenden Tiergattung vertiefen, die feinsten Eigentümlichkeiten beobachten und aus dieser besonderen Beranlagung Mittel und Wege finden, um geschickt auf das Tier einzuwirken. Aus der Verwertung fleiner Angewohnheiten oder Unarten, aus dem Ausnüßen von Zufälligkeiten im Verhalten des einzelnen Tieres entstehen die besten Tricks, die dann als unbegreif liche" Dressurstüde bewundert werden. Einer der hervorragendsten Dresseure, die sich je in der Artistenwelt durch die Originalität der verwendeten Tiere hervorgetan haben, war der russische Clown Anatol Durow, der im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts einen großen Ruf besaß. Er war ursprünglich Lehrer an einer höheren Knabenschule in Rußland   gewesen, hatte sich dann aber ganz dem Unterricht seiner vierfüßigen Zöglinge zugewandt. Er führte z. B. ein ganz gewöhnliches Hausschwein vor, das über Barrieren und durch Reifen sprang, Volten und Pirouetten schlug usw.; eine Gans hatte er dahin gebracht, daß sie wie ein Hund apportierte. Sodann zeigte er sich mit einem Haushahn, der auf Kommando frähte, und ritt auf einem wilden Schwein in die Ma­nege, wobei dieses feltsame Reittier die Musit des Reiters mit Heulen und Grunzen begleitete. Sein berühmtester Trid aber war fein Auftreten als Rattenfänger von Hameln". Durow hatte eine größere Anzahl von Ratten und Mäusen so dressiert, daß sie den Tönen einer fleinen Flöte folgten, mit der er voranschritt. Er ge­wöhnte sie daran, beim quietenden Laut des kleinen Blechinstruments aus ihrer Riste herauszukommen und hinter ihm her zu marschieren, wobei er sie fütterte. Er brachte es so weit, daß feins der mehr als dreißig Tiere fortfief; blieb er stehen, so kletterten die Ratten und Mäuse an seinen Beinen empor und im Nu war er bis zu den Schultern von ihnen bedeckt, worauf er dann die eine oder andere Rotte an ihrem langen Schwanz ergriff, in die Luft warf und wieder auffing. Irgendwelche Strafmittel wandte er bei der Aus übung dieses Tricks nicht an, sondern nur unendliche Geduld und große Mühe. Trotzdem war ihm der Unterricht der Bierfüßer lieber als der feiner früheren Schüler. Wie er dem bekannten Zirkus schriftsteller Signor Domino" verriet, wollte er lieber ein Schwein unterrichten, als ein Kind". Ich will fogar lieber unterrichten zehn Schweine, als ein Kind," sagte er in seinem gebrochenen Deutsch, oder zehn Gänse eine Gans lernt sehr gut! Und da nicht so viel Mühe, nicht so viel Werger! Ein Tier fann ich leicht dahin bringen, zu tun, was es foll; cin Tier nicht unartig, nicht lärmen, nicht wieder vergessen, was haben gelernt, aber Kinder? Oh, Kinder alles das -und, oh, begreifen schrecklich schwer! Man immer nicht weiß, wie anfangen, daß begreifen, und dann morgen- bums! alles wieder vergessen! Nein, ich mir loben, Tiere unterrichten, das leicht, das ein Vergnügen und nicht viel Mühe! Aber Kinder unterrichten das schwer oh, sehr viel mehr schwer, als Tiere dressieren!"

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Naturwissenschaft

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stammende großblütige Kazenminze und andere Unfräuter. Das südrussische Backenschötchen war bis 1860 bei Paris   völlig heimisch geworden. Während des deutsch  - französischen Krieges brachten die nordafrikanischen Hilfsvölker neue Gewächse nach Frankreich  . so daß man um Paris   geradezu von einer Belagerungsflora" sprach, die zumeist aus algerischen und südfranzösischen Futterpflanzen bestand. Durch den Uebertritt der französischen   Truppen in die Schweiz   wurde auch deren Pflanzenbestand bereichert; so zeigten sich im Tal von Der Delemont   im Jura nach dem Kriege etwa 30 neue Pflanzen. Weltkrieg hat zweifellos fehr bedeutende Pflanzenwanderungen zur Folge gehabt; nach Deutschland   wurden besonders die neuen Ge­wächse durch die Gefangenen gebracht, die in den großen Lagern an­gefiedelt waren. Verschiedene Beobachtungen sind darüber bereits ge macht worden, doch wird erst eine genauere Erforschung dieser inter effanten Borgänge den Einfluß des Krieges auf die Pflanzenver breitung feststellen können.

Unsterbliche Bäume. Nicht allein in der Welt der niedrigeren Organismen begegnet man bisweilen Fällen einer Langlebigkeit, die die biologische Theorie, der an sich unbegrenzten Dauer des organi schen Lebens zu stüßen scheinen. So gibt es beispielsweise noch heute in Indien   einen der Familie der Feigen angehörenden Baum, dessen weit ausladende Aefte schon vor 23 Jahrhunderten dem Heere Alexanders des Großen Schatten gespendet haben sollen. Auch die Affenbrotbäume des Senegal   erreichen ein phantastisch hohes Alter und zeigen ein unbegrenztes Wachstum. Ein anderer, die Jahr. hunderte überdauernder Baum ist der Mammutbaum, eine Konifere, die in den Wäldern Kaliforniens   heimisch ist und die bis 5000 Jahre alt zu werden scheint. Der Methusalem   dieser Mammutbäume ist Er hat einen Umfang von der sogenannte General Sherman". 32 Meter und mißt in der Höhe 92 Meter; sein Alter will man auf 10000 Jahre schäßen. Solche über die ganze Erde verstreute Baum­riesen scheinen feines natürlichen Todes zu sterben und nur durch elementare Ereignisse, wie Bliz, Feuer, Orfane, in ihrer Lebens­existenz bedroht zu sein.

Technik

Die erste Petroleumlampe. In alten Zeiten schon und in den verschiedensten Gegenden hat man Erdöl zu Leuchtzwecken ver­wendet. Die Konstruktion der ersten eigentlichen Betroleumlampe aber wird allgemein einem Nordamerikaner namens Silliman zu­geschrieben und in das Jahr 1855 verlegt. Wenn allerdings ein Geschichtchen recht hat, das aus der Zeit stammt, da man die Erd­ölvorkommen in Galizien   entdeckte, so gebührte die Priorität nicht dem Amerikaner, sondern einem armen galizischen Juden, namens Abraham Schreiner. In Bryslaw, dem durch seine Betroleumquellen und Erdwachsgruben zu einem ſtattlichen Ort an gewachsenen Dorf bei Drohobycz   in Galizien  , drang von jeher, so wird erzählt, das Erdöl   bis zu den obersten Erbschichten durch. Es trat auch in fleinen offenen Sprudeln zutage und wurde von der Bevölkerung als Heilmittel gegen Magenleiden und als Wagen­Schmiere verwendet. Eine solche Quelle war auch im Keller des Hauses entdeckt worden, das Abraham Schreiner gehörte, und dieser stellte aus dem Erdöl   ein Schuhputzmittel her und vertrieb es an die Nachbarn. In einer Oktobernacht des Jahres 1853 nun fiel so dichter Schnee, daß er das Haus fast vollständig begrub und jede Berbindung mit der Außenwelt abschnitt. Obwohl Schreiner fich um seine und der Seinigen Ernährung feine Sorgen zu machen brauchte, weil er für längere Zeit genügend Proviant im Haufe hatte, so störte ihn doch die lange dauernde Finsternis. Schließlich verfiel er auf den Gedanken, Erdöl   zur Beleuchtung zu verwenden. Er riß aus einem Kleidungsstück ein paar Fäden heraus, tauchte fie in einen mit Erdöl   gefüllten Behälter und zündete die impro visierte Lampe   an. Es gelang, die erste Petroleumlampe war er funden. Schreiner   erkannte übrigens feineswegs die Tragweite feiner Entdeckung. Ihm genügte es, die Beleuchtungskosten zu er sparen. Immerhin bemühte er sich schließlich, das Erdöl   zu reinigen, Da er in den nahen Schnapsbrennereien den Destillationsprozeß beobachten fonnte, entlieh er sich einen Apparat und stellte Ber suche an, die ihm gelangen. So wäre er auch der Erfinder des raffinierten Petroleums. Die ersten Bestellungen auf sein Er. zeugnis befam Schreiner vom Apotheter eines nahen Städtchens. Spätere größere Aufträge tamen von einem Lemberger Magister, der dann eine. Petroleumraffinerie anlegte. Die erste ausgedehntere Verwendung fand das Petroleum im Lemberger Spital, von wo die Kunde von der neuen Beleuchtung sich verbreitete. Schreiner   ver­suchte jetzt die Ausbeutung seines Kellerschazes durch Bohren eines 15 Meter tiefen Brunnens, aber dies Unternehmen mißlang, und nachdem er sein ganzes Vermögen verloren hatte, starb er als

Pflanzenwanderungen im Kriege. Kriege gehen auch an der Natur nicht spurios vorüber, sondern rufen in der Pflanzenwelt wichtige Veränderungen hervor. Bon diesem eingenartigen Einfluß des Krieges auf die Pflanzenwelt spricht E. Schalow in einem Auffah der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift". Schon während der Römerzeit haben augenscheinlich die vordringenden Legionen füdliche Pflanzen nach Deutschland   gebracht, und mit Einbruch der Hunnen in Mitteleuropa   ist die Einschleppung zahlreicher asiatischer Steppen­pflanzen verknüpft. Ganz genaue Angaben aber lassen sich erst aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges machen. Vor dieser Zeit werden 3. B. in den genauen Pflanzenaufzählungen aus dem Harzgebiet verschiedene Unkräuter nicht erwähnt, die nach dem Dreißigjährigen Kriege im Harz   allgemein bekannt sind. Das syrische Schnabel  - Bettler. Schötchen ist zweifellos während der Belagerung Wiens durch die Türfen 1683 im Brater angesiedelt worden. Die Pflanzenwanderun gen, die die napoleonischen Kriege mit sich brachten, laffen sich genau Derfolgen. In Westdeutschland erinnerte noch nach Jahrzehnten das Ruchgras an die einstige französische   Besayung, und ebenso wurde das Knopffraut durch die französischen   Truppen verbreitet. Diese aus Südamerika   stammende Pflanze, die heute noch hier und da den Namen Franzosenfraut führt, wird 1807 von den Franzosen bis nach Ostpreußen   gebracht. Die steil zum Himmel aufragenden Pyramiden­pappeln unserer Chauffeen mahnen noch an jene Franzosenzeit vor 100 Jahren, da Napoleon I.   an den neuangelegten Heerstraßen diese Bäume anpflanzen ließ. Die russischen Truppen, die 1812/13 den fliehenden Franzosen folgten, schleppten mit dem Pferdefutter süd­russische Pflanzen weit nach Westen, so die aus dem Rautafus

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Es werde,

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Es werde!

die freie, die heilige Erde,

im fegnenden Strahle des Sonnenlichts, Uns ewiger Segen!

Es werde,

der staubgeborene Mensch,

im Wechsel der Zeiten durch rastloses Regen, durch ewige Wandlung,

den Göttern gleich

Friz Muche, Metallarbeiter.