Lebensüberdrüßige Völker.
Bon Rivers aufgezeichnete Stammbäume von der EddystoneInfel und von Bella Lavella bringen fiar zum Ausdruck, daß neben der vermehrten Sterblichkeit auch die verringerte Geburtenhäufigkeit an dem Aussterben der Melanesier die Schuld trägt. Auf beiden Inseln bestehen keine der Einflüsse, denen gewöhnlich das Aussterben der Naturvölker zugeschrieben wird. Aber niemand könnte lange auf Eddystone sein, ohne zu merken, wie sehr dem Volk das Lebensintereffe mangelt und wie jedes Streben geschwunden ist. Dieser jägerei seitens der britischen Regierung zurückzuführen. Diefer Interessenmangel ist größtenteils auf die Unterdrückung der KopfBrauch bildete den Mittelpunkt einer sozialen und religiösen Einrichtung, die das ganze Leben des Volkes beherrschte", nämlich des Ahnentults. Auch mit der wirtschaftlichen Tätigkeit ftand die KopfVor dem Eindringen der Europäer herrschte bei den Melanefiern jägerei in mancherlei Beziehung. Se wie sie beseitigt war, waren wahrscheinlich kein Bevölkerungsrüdgang, wenn auch ihre Bolkszahl auch die Antriebe zu diesen Tätigkeiten gefchwunden. Die Unluft Durch Kämpfe, Kindermord, Kindersterblichkeit, Vernachlässigung der am Leben veranlaßt die Infelbewohner zu freiwilliger Kinderlosigkeit, Alten und Invaliden, Ausmerzung von Leuten, die gegen die Sitten oft auch zur Ehelosigkeit. Rivers macht Borschläge, die bezwecken, gesetze verstießen, und andere Einflüsse verhältnismäßig niedrig ge- die traditionellen Einrichtungen und Bräuche der Naturvölker, die halten wurde. Mit der Ankunft der Europ ier begann die Abnahme mit unseren Auffassungen von Menschlichkeit oder Sittlichkeit nicht ber Bevölkerung, zunächst durch die Berbreitung bis dahin unbe- vereinbar find, fo zu modifizieren, daß das Anstößige ausgemerzt fannter Krankheiten, unter denen besonders Lungenleiden ver- wird, ohne damit die religiösen und sozialen Grundlagen des Lebens heerend gewirkt haben. Nach der Berührung mit Europäern, welche der Völker febft zu zerstören. Ob folche Abänderungen praktisch bie Keime von Erfältungsfrankheiten mitbringen, treten, wie in möglich sind, darüber hegt H. Fehlinger, der in der„ Naturwisseneinem der Auffäße betont wird, vielfach schwere Bronchitis und schaftlichen Wochenschrift" über das Buch von Rivers berichtet, allerPneumonie auf, die zahlreiche Sterbefälle zur Folge haben. Andere dings mit Recht starke Zweifel.
mit der Zivilisation auf die Naturvölter ausübt, hat man, wo sie Die Ursachen des unheilvollen Einflusses, den die Berührung nicht in der Gewaltpolitik der Eindringlinge lagen, vor allem in den eingeschleppten Krankheiten und Lastern gesucht, denen der darauf noch nicht eingestellte Organismus der Wilden widerstandslos erliegt. Daß dabei noch andere, vor allem psychische Faktoren eine sehr wesentliche Rolle spielen, darauf weist der englische Forscher B. H. R. Rivers in einer von thin herausgegebenen Sammlung von Auffäßen über die Entvölkerung Melanesien s*) hin, die zur Klärung des Problems, wie das Aussterben der Naturvölker vor fich geht, wertvolles Material beibringen.
europäische Krankheiten scheinen weniger um sich gegriffen haben. Weitere Nachteile bringt die Einführung fremder Lebensgewohn helten mit sich. Unter ihnen ist nach der Ansicht mehrerer Mitarbeiter des Werkes das Tragen von Kleidern fast die schlimmste. Europäische Kleldung ist nicht nur des Ritmas wegen ungeeignet; es fommt auch dazu, daß die Eingeborenen die Kleider nie wechseln und fie auch nicht zu reinigen verstehen, so daß die sonst im allgemeinen reinlichen Leute mit Schmuk bedeckt und mit Hautfrant heiten behaftet sind. Eine üble Wirkung auf die Gefundheit der Eingeborenen wird auch dem Uebergang von der früher üblichen Pflanzenfoft zu einer in ihren Hauptbestandteilen aus Reis und Fleisch bestehenden Nahrung beigemessen, ferner dem Alkohol und dem Aufkommen folider gebauter Wohnhäuser, in denen die Lüftung erschwert ist.
All diesen Einflüssen gegenüber darf jedoch der psychologische Faftor nicht unterschätzt werden. Er wirkt sich vor allem durch die Arbelteranwerbungen aus. Ein großer Teil der Angeworbenen fehrt überhaupt nicht zurück, und die Zurückkehrenden bilden einen Fremdkörper unter den daheimgebliebenen Stammesgenossen; fie fragen dazu bei, die Auflösung der bestehenden sozialen Organisation und die Beseitigung der überlieferten Lebensgewohnheiten zu befchleunigen. Da in der Regel feine neuen geistigen und sozialen Lebensinhalte an die Stelle der alten treten, wird das Dafeln unter diefen primitiven Menschen inhaltsleer, womit wieder der ohnehin herrschende Fatalismus gesteigert und die geringe Willenstraft noch mehr herabcesezt wird. Die Zerstörung der althergebrachten gefell fchaftlichen Einrichtung und der Religion, die europäischen Bermal tungsbeamten und Miffionaren gewöhnlich unverständlich sind, hat vielleicht mehr zum Untergang der Melanefier beigetragen, als Irgendeine andere Ursache, weil dadurch das Intereffe am Leben und ber Wille zum Dasein schwanden. Rivers schreibt u a.:„ Auf den ersten Blid maq die Annahme übertrieben erscheinen, daß ein Faktor, wie der Berlust des Interesses am Leben, jemals zum Aussterben eines Bolles führen fönnte, aber meine Beobachtungen brachten mich zu der Folgerung, daß dieser Einfluß so groß ist, daß er faum überfchäzt werden fann Man hört oft davon sprechen, wie leicht bie Eingeborenen sterben. Immer wieder wird erzählt, daß ein Eingeborener, der gefund und wohlauf zu fein schien, nach einem Lag oder zwei Tagen augenscheinlich leichter Erkrankung feinen Geist aufgab, ohne daß Anzelchen wahrnehmbar geworden wären, die bel uns gewöhnlich das Naben des Todes anzelaen. Ein franter Eingeborener verliert den Mut sofort. Er hat keinen Munich zu leben und erklärt, daß er nun sterben werde, ohne daß der Brobachter einen Anlaß dazu bemerken farn. Die Sache wird leichter verständlich, wenn man ermäet, mit welcher Leichtlakelt die Leute durch Zauberei oder infolge Berstoßes genen religiöse oder gefellfchaftliche Berbote( Tabus) sterben. Es ift Bemeismaterial dafür porhanden, daß Menschen wie die Melanefier infolge des Glaubens, das Opfer feindlichen Zaubers au fein oder bewußt oder unbemußt gegen ein religiöfes Berbot verftoßen zu baben, erkranten und in wenigen Stunden oder Tagen sterben. Wenn Leute, die Intereffe am Leben haben, und nicht zu sterben wünschen, in furzer Zeit bloß Infolge eines Glaubens getötet werden können, wieviel leichter ist es bann, zu begreifen, daß sie das Opfer eines frankhaften Einflusses werden können, der auf den Körper, wie auch auf den Geist wirft. Die weitgehende Beeinflußbarkeit des Körpers durch den Gelft bet Melanefiern und anderen tieffstehenden Bölfern führt dazu, den Berlust des Lebensinteresses als vornehmlichste Ursache thres Aus fterbens aufzufaffen."
Wie ein Trickfilm entsteht.
Nicht die Millionen- Filme mit ihrer gewaltigen Ausstattungspracht und ihren riesigen Maffenaufgeboten sind die mühsamsten und am fchmerften herzustellenden Lichtbilder, sondern derjenige Film, der im Verhältnis zur Zeit feiner Vorführung die größte Arbeit er fordert, ist der äußerlich so unscheinbare Trickfilm, der bei uns befonders für Reflomezwecke benugt wird, aber auch vielfach das ge eignetste Mittel für humoristisch croteste und phantastisch märchen. hafte Wirkungen ist. Die Tridfilms erhalten dadurch ihre Eigenart, dah fe non fünftlern az etchnet merden. Im Gegerink zu den gewöhnlichen Film.aufnahmen, in denen eine schnelle Abfolge der Aufnahmen jede Bewegung des Schauspielers im fortlaufenden Fluß festzuhalten gestattet, ist für die Herstellung eines Trickfilms eine be fondere Aufnahme für jedes Stadium jeder Bewegung notwendig, die die von dem Künstler gezeichnete Figur macht. Es muß also für jede Bhotographie eine einene Zeichnung vorhanden sein. Eine Ge ftalt alfo, die einen Schritt vorwärts macht, erfordert ein Dugend oder mehr Zeichnungen, indem die einzelnen Stadien, in denen der Fuß fortschreitet, zeichnerisch festgehalten werden und alle diese Zeich nungen zusammen den einen Schritt ergeben.
Handelt es fich beim Trickfilm um eine größere Handlung, fo müssen zunächst einmal von Zeichnern die verschiedenen Borlagen für den Film entworfen werden, manchmal mehrere Tausend an der 3ahl. 3u diefem med merden von Firmen, die fich mit der Her stellung von Trickfilms beschäftigen, befondere Künstler angestellt, von benen jeder eine bestimmte Zahl der Zeichnungen zu liefern hat. Der Rechner furht nun bei der Anfertigung einer Bisher noch Mönlichkeit zu sparen. Wenn z. B. der szenische Hintergrund einer ganzen Reihe von Bildern derselbe ist, so wird dieser durch den Druck vervielfältigt, und in diefen Rahmen werden dann mir die Fiquren in ihren ver. schiebenen Stellungen eingezeichnet. Der Berfertiger des Trickfilms ift auch darauf bedacht, möglichst viele Zeichnungen oder Reihen von Belchnungen anzufertigen, die mehr als einmal verwendet werden können Gine Gestalt 3. B., die lechsmal um einen Laternenpfahl herumrennen soll, braucht nur ein einziges Mal bei dieser Handlung in einer Serie von Zeichnungen festgehalten zu werden. Diese Serie mird dann fechsmal photographiert und ergibt so die gewünschte Wirkung. Die Trickfilm- Fünftler bringen es in diefen Sparfamfeits. methoden zu einer großen Bollkommenheit; aber trobdem ist die Zahl der besonderen Zeichnungen, die gemacht werden müffen, noch außer ordentlich groß. Ein Tridfilm von 400 Fuß Länge z. B. erfordert mehr als 2000 cetrennte Zeichnungen, von denen mindestens die Hälfte verschieden fein muß. Das Photographieren dieser Skizzen ist ebenfalls lehr mühsam und zeitraubend. Jede Zeichnung wird auf einer meißen Karte ongefertigt, die eine ganz bestimmte ftets gleiche Größe hat. Diefe Karte tommt dann in einen Rahmen, in den fie ganz genau paßt, und der Rahmen wird flach auf einen Tisch gelegt. Es ist notwendig, daß das Bild in genau derfelben Stellung auf jede Karte gezeichnet wird und jede Karte in derselben Lage in den Rahmen tommt. Geschieht dies nicht, so würden die Figuren und was noch schlimmer ist der Hintergrund bei der Bor führung von einem Fleck auf einen anderen springen. Ueber dem Tisch, auf dem die Bilder in ihren Rahmen liegen, ist nun die Kamera aufgestellt, und zwar muk sich die Linse genau über dem Rahmen des einzelnen Bildes befinden. In dieser Stellung wird die Aufnahme gemacht, und zwar wird jedes Bild zweimal Eine starte Lebenskraft haben dagegen die Bewohner jener photographiert. Dazu wird eine befonders eingerichtete Kamera be melanefischen Inseln bewahrt, die noch nicht von Europäern betreten mußt. Während der gewöhnliche Aufnahmeapparat Aufnahmen mit wurden, oder wo ihrem Eindringen bisher erfolgreich widerstanden einer Geschwindigkeit von 16 Stück in der Sefunde macht, wird mit murde, aber auch die Bewohner der Inseln, die das Christentum der Trickfilm- Kamera viel langfamer gearbeitet. Man hat versucht, nicht nur äußerlich angenommen haben, was darauf zurückgeführt um fich die Arbeit zu erleichtern, ausneschnittene Fiauren, die bewegt wird, daß der neue Glaube den Menschen auch neue Lebensinhalte werden fönnen, für den Trickfilm zu verwerten. Aber die Ergebnisse gebracht hat. maren wenig befriedigend. Nur bei dem Photographieren sehr vieler einzelner Zeichnungen, die von gefchicten Künstlern entworfen sind, *) Die Inseln, die nordöstlich vom auftralischen Kontinent liegen. Tergeben fich lebendige, überraschende und natürliche Wirkungen.
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