Der Dichter dachte einen Augenblick daran, an dieses Schreien| turm, bald wie die Granate aus einem Mörser, bald wie man die des Stiftes und daran, daß das Rot seiner Linien wie Blut aussehe, Kraft elektrischer Elemente in Baden transportabeln Lichts verdas aus Schnitten tropft, mit denen man lebendiges, pulsierendes sendet. Fleisch zerschneidet, vernichtet, ausstreicht, auslöscht. Und dem Wie Condorcet treffend gesagt hat: Für ihn war die Wahrheit Dichter war es, als seien die Striche Schnitte durch sein Herz und fein Geheimnis, das man zwischen Eingeweihten herumflüstern Wunden, sich selbst geschlagen, und es war ihm, als sterbe etwas, sprechendsten Weise angerichtet werden, oder wie ein Arzneimittel, sollte. Ihm erschien sie als eine Nahrung, die frisch und in der an als lösche etwas in ihm aus, das einmal warm und leuchtend geloht bas, um nicht verschmäht zu werden, den Gaumen reizen und wohl hatte. schmecken soll, oder wie ein Banner, das erhoben, oder eine Losung, die ausgerufen werden sollte.
Schwer fant fein Haupt auf die Tischplatte. Im Hirne des Dichters schrie es grausam bitter auf: Also auch das! Auch das erloschen, auch das, mein Werk...
Und wie Hohn mit Schmerz gemischt zuckte es um die Mundwinkel des Dichters, als er die durchstrichene Seite betrachtete und auf ihr las:„ Nyland. Der Roman eines unsichtbaren Reiches." und dann auf die Rückseite schrieb:" Begegnungen im Dunkel der Großstadt.", den Titel der Stizzen, die er schreiben mußte, um übermorgen und die kommenden drei oder vier Tage leben zu fönnen.
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Boltaire das ist ein ganzes Jahrhundert, ein Menschheit Tapitel, das nie veraltet. Nur ein geistiger Nachfahre Voltaires , ein Statthalter freien Geistes und ein kämpferischer Kritiker wie Georg Brandes konnte es in feiner ganzen Bedeutung umfassen und in gefchliffener Kristallklarheit zu neuem Glanze erweden. Es ist be wundernswert, wie dem 80jährigen der große Wurf gelungen. Aus dem aweibändigen Werke, das in guter deutscher Uebersetzung im ErichReiß- Verlag, Berlin , soeben erschienen ist, wird hier eine Brobe Brandes'scher Charakterisierungskunft geboten. Das Buch ist aber nicht nur Analyse, sondern auch spannende Erzählung und kultur
historische Darstellung.
Boltaire stammte von einem Lande und lebte in einem Zeitalter, in welchem die Bildung der Meistentwickelten verfeinert, der politische und soziale Zustand dagegen barbarisch war. Als Schrift fteller war er daher rechtlos. Als satirischer Dichter und reformatorischer Schriftsteller wurde er wiederholte Male in die Bastille gesteckt und mußte sein Leben lang in beständiger Angst vor dem
Kerter leben.
Aus diesem Grunde hat der berühmteste Mann der franzöfifchen Literatur verhältnismäßig nur wenige Jahre seines Lebens in Paris verbracht, wo der Aufenthalt ihm teils untersagt war, teils zu gefährlich schien. Noch dreiundachtzig Jahre alt, als er sich nach acht undzwanzigjähriger Abwesenheit wieder nach der französischen Hauptstadt wagte, hätte Ludwig der Sechzehnte ihn am liebsten verhaften lassen und ließ ihm den Rat geben, schleunigst zu verschwinden, einen Rat, den der Tod überflüssig machte.
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So verbrachte Voltaire seine Tage im Eril, entweder auf fremdem Boden in England, Holland , Preußen, der Schweiz oder so nahe wie möglich an Frankreichs Grenzen- in Ciren, Fernen- um beim leichtesten Wink fliehen zu können.
Er schrieb in diesem rechtlosen Zustand fast immer anonym. Allerdings deckte ihn dies bei weitem nicht hinlänglich, da sein Stil befannt war und ihm außerdem dies und jenes zugeschrieben wurde, was er gar nicht verfaßt hatte. Er verleugnete denn auch im Intereffe seiner Sicherheit wieder und wieder seine Schriften, log sich von ihnen los und ließ nicht wenige ein Menschenalter ungedruckt.
Fast alle seine Schriften erfuhren das gleiche Schicksal: ihr VerPauf wurde verboten. Mehrere seiner wertvollsten Arbeiten( wie die Philosophischen Briefe über England) wurden vom Henker verbrannt. Er wirfte zwar raftlos, aber in der beständigen Unruhe, feiner Freiheit beraubt zu werden.
Dennoch wurde er, ungefähr erst vierzig Jahre alt, von den mächtigsten und begabtesten Männern und Frauen der Erde, von einem König, einer Kaiserin, von Aristokraten und Kriegern, von Denkern, Dichtern und Gelehrten des Zeitalters als der Geisteshäuptling gefeiert.
Sein Ansehen war zuletzt so groß, daß die Hervorragendsten aller Literaturen, die beste Gesellschaft aller Länder in ihm nicht bloß ben berühmtesten und weitestwirkenden Schriftsteller ihrer Zeit, sonbern auch diejenige Persönlichkeit erblickten, die Freifinn und Duldfamkeit, Abscheu vor Grausamkeit und hohe Humanität versinnbildlichte, daß ein Mann, der wie Franklin nicht nur das neue Nord amerika , sondern Volksfreiheit, Erfindergeist, theoretische Einsicht und praktische Vernunft vertrat, ihm den Enkel zuführte und sich feinen Segen für den kleinen Jungen erbat!
An den Strahlen feines leuchtenden Geistes entzündeten sich Männer und Frauen feines Zeitalters. Nicht wenige der Intelligentesten standen in hellen Flammen der Begeisterung. Wir ersehen aus zahllosen Briefen an Boltaire, mit welcher Schwärmerei oder mit welcher Dankbarkeit sie ihm ergeben waren. Typisch sind z. B. die ersten Briefe Friedrichs des Großen als Kronprinz.
Den altväterischen Frommen dagegen, sodann denen, die um Jeden Preis das Bestehende verteidigten, insbesondere jedoch den Dummen galt Voltaire als Spötter und Zerstörer. Dem Aberglauben war er ein Teufel. Der Bosheit und Mißgunst ein Gegenstand des Hasses und der hartnäckigen Berleumdung.
Er aber gab in seinem langen Leben einem Geschlecht nach dem onderen das Bewußtsein von dem Recht und der Macht der Vernunft. Mie war er selbst talt, wenn er eine Wahrheit entdeckt zu haben meinte und sie verkünden zu müssen glaubte. Sie flammte in ihm auf, und er warf fie ins Weite, bald wie das Licht aus einem Leucht
Sein größtes Kunstwert ist teine von den zahlreichen Arbeiten seines Lebens, sondern sein Leben selbst.
Dieses Leben hat viele Entwicklungsstufen, viel mehr als das des Infekts, das zuerst Larve, dann Puppe, dann Schmetterling ist. Es hat recht häßliche. Momente. Ist ja auch die Larve durchaus nicht feine Flügel gegeben hat, den seltenen Umstand gemein, daß seine schön. Aber Voltaires Leben hat mit dem des Insekts, das Psyche legte Phafe die schönste ist.
Boltaire, in seinem Anfang Gesellschaftsdichter, Theaterdichter und Schöngeift, nach den Begriffen der damaligen Zeit so etwas mie Nationalpoet, wurde dann auf englischem Boden zum Aufklärer, Gedankenwecker, Umbilder, zu einem fühnen, aber vorsichtigen Be fämpfer veralteter Vorurteile und ererbter Unsitten umgeformt. Nach und nach ward er im Laufe der Zeit der Historifer, Naturwissen. schaftler, Lyriker, Dramatiker, Romanschriftsteller, Staatsökonom, Philosoph, Agitator. Seine Lebenshöhe erreichte er jedoch erst, als er aus einem Kampfhahn Feldherr, aus einem Schalt Weiser, aus einem Hofmann Patriarch, aus dem namenlos wirkenden Heimatlofen, der von Land zu Land, von Hof zu Hof irrte, der seßhafte Schloßherr, der Wohltäter einer ganzen Gegend ward. Damals stand er da als offener Feind des Bernunfthasses und des Fanatis. mus, als unverdrossener Fürsprecher der Gerechtigkeit und Verträg lichkeit, als Beschützer der Unterdrückten und Mißhandelten Gestalt, die nie in Bergessenheit geraten fann.
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Voltaires Geist ist allumfassend. Sein gesunder und praktischer Verstand erstreckte sich bis auf Gefundheitspflege und Serumbehand lung. Er trat für die Reinlichkeit ein, schlug die Errichtung von Volksbädern vor. Er war der erste, der die Menschen lehrte, daß man sich nicht im Innern der Städte, nicht in Kirchen begraben, daß man die Toten die Lebenden nicht totschlagen lassen soll. Und er war der erste, der in Frankreich die Blatternimpfung empfahl( Kuh pocken wurden erst später angewendet)). Derselbe Mann aber mar zugleich der erste Franzose, der sich nicht begnügte, die wichtigsten geistigen Fragen an sich selbst zu stellen, sondern der sie auch tapfer beantwortete: Ist die christliche Ueberlieferung historisch wahr? Ist die christliche Lehre göttlich inspiriert und geistig erschöpfend? Er antwortete ohne Schwanken: Die Ueberlieferung ist voll von Fabeln und Unwahrscheinlichkeiten; die Kirche bedeutet einen Sturz von der höheren Kulturstufe des heidnischen Altertums; die Lehre ist unvollkommen, wo sie am besten, ein finsterer und tyrannischer Aberglaube, wo sie am schlechtesten ist.
Ein Friedensmärchen von Jaurès .
Dieses Märchen veröffentlichte Jaurès in einer französischen fozialistischen Schulzeitung. Er wünschte, daß auch der reiferen Jugend schon der große Gedanke des allgemeinen Friedens einge pflanzt werden sollte.
Es war einmal ein verzauberter Wald, wild, entblättert, dornenbewehrt. Im rauhen Winterwinde, der ohne Aufhören zwischen sie fuhr, rieben die Bäume sich gegenseitig heftig, es flang wie brechende Schwerter. Eisigen Nächten folgten bleiche Lage, die sich von den Nächten kaum unterschieden. Endlich spürten Menschen und Dinge wieder das erste bittende Drängen des Frühlings. Die Bäume be. famen aber Furcht vor dem Safte, der in ihnen sich regte. Und zu jedem sagte der Geist der Einsamkeit und Herbheit, der unter ihrer harten Rinde wohnte, ganz leise, mit einem dunklen Beben, das aus tiefen Wurzeln stieg: Nimm dich in acht! Wenn du als erster den Versuchungen der neuen Zeit erliegst, wenn du als erster deine lanzenspizen Knospen zu Blättern und Blüten entwickelst, dann wird der zarte Schmuck gar bald verwüstet werden von dem rohen Reiben der anderen Bäume, die langsamer im Aufblühen sind.
Und zur riesengroßen, uralten Eiche sagte der in ihr einge schlossene Geist, ein Geist der Schwermut und des Stolzes, mit bes sonderer Hartnädigteit: Solift du überhaupt an dem allgemeinen Feste des Lebens teilnehmen, du mit deinem vom Gewitter zerbrochenen, edlen Geäft?
trauen den Willen zur Erneuerung zurüd, und der harte tobgleiche So drängte in dem verzauberten Walde das gegenseitige MißWinter dauerte und dauerte, bis der Frühling seinen hellen Weckruf erfchallen ließ.
Was geschah eines Tages, und durch welches geheimnisvolle Wunder ward der unheilvolle Bann gebrochen? Wagte es doch ein Baum als erster, wie diese Aprilpappeln etwa, die aufspringen wie eine grüne Rakete und von ferne schon das Zeichen der Umwandlung geben? Oder brachte ein besonders warmer und belebender Sonnenstrahl alle Triebfräfte auf einmal zu gemeinsamem Entschlusse?
Set's wie es sei der Wald entwickelte sich bald zu einer wundersamen, herrlichen Fülle friedlicher Freude.