Die Blicke der stillen Frau eilten über die steilen Buchstabenreihen. Sie strich sich über die Stirn und weinte, weinte mit einem Male in unfaßlichem, verlerntem Glücksgefühl.
Emmy war ernüchtert, zog einen trogigen Mund und zupfte die Mutter am Aermel. Du, was steht denn da? So sprich doch!" Kind, Kind, ich, wir, der Herr, weißt du, es ist ein großer Schauspieler und" ihre Blicke flackerten von neuem über die weiße Rarte es ist so felig, die Gewißheit des Glüds in großen Buchstaben verbürgt in den Händen zu halten:
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Ihr pflichteifriges Töchterchen hat Sie mit Erfolg vertreten. Es hat mir eine Episode auf dem Leben so gut souffliert, daß ich mich dafür dankbar erweisen muß. Zufällig ist heute mein Benefiz. Ich überweise der kleinen Souffleuse den auf mich entfallenden Gewinnanteil des heutigen Abends."
Und Emmy zupfte wieder am Jackenärmel der Mutter:" So fag' doch endlich was!"
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Um sich in Ekstase zu versehen, die Geister, die sie beherrschen, in ihren Kopf zu ziehen und dann Orafel geben zu können, tanzen die Schamanen Asiens , Afrifas wie Amerikas bis zur Bes geisterung", in der sie sich noch selbst beobachten oder bis zur Befinnungslosigkeit, wo dann die Anwesenden aus den ausgestoßenen Morten Willen und Meinung der Gottheiten erkennen müssen. Anwendung findet das besonders bei versuchter Heilung von Krankheiten, um die Mittel zu erforschen, die frankmachenden Geister zu erkennen und zu vertreiben. Auch die drehenden und tanzenden Derwische der Mohammedaner glauben, gleich den heulenden, durch ihr Verhalten der Gottheit und zugleich den Mitmenschen zu dienen. Wie man durch Tanz die guten Göffer erfreut, so versöhnt man damit auch schlimme und gereizte. Die Weddahs in Indien , auf tiefster Stufe stehend, und nur an böse Geister glaubend, suchen diese doch durch Produktionen eines gemieteten Tänzers zu beruhigen. Golche wandernde Lohntänzer gibt es in Indien fast überall fie find trotz ihrer nüßlichen Dienste jedoch wenig angesehen wie einst die Schauspieler, die in früherer Zeit gleiche Zwecke verfolgten. Die Tänzerinnen und Darstellerinnen der indischen Tempel find nur der Rest einer einst über die gesamte heidnische Welt verbrei
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Aus den oberschlesischen Erzählungen ,, Die klagende Nacht", von Serta Pohl( Veduta- Berlag, Dillingen ). Die meisten dieser padend- realisti fchen Bilder, in denen die harte Not und das Leld des Lebens unerbittlichteten Sitte. gezeichnet, aber auch der versöhnende Schimmer von Mitleid und Liebe aus. traftvolle Gestaltung, die fich bereits in diesen Erftlingen offenbart, läßt von dem Talent der Verfafferin das beste erwarten.
gebreitet ist, haben zuerst in den Beilagen des
Die Tänze der Primitiven.
Von Br. Sommer.
Vorwärts" gestanden. Dials ärgerlich über ihre Trennung vom Leibe vor, deshalb tanzt Jede Seele eines Verstorbenen stellt man sich bei den Wilden man häufig beim Leichenbegängnis vor oder selbst mit der Leiche zu ihrer Erheiterung. Auch die deutschen Leichenmahle vom Mittelalter bis in die Neuzeit durften nicht ohne Tanz sein, und mer dabei am höchsten sprang ,, ehrte" den Loten am meisten. Noch aus den letzten Jahrzehnten sind aus deutschem Sprachgebiet Leichen schmäuse bekannt, bei denen mit dem Leichnam getanzt wurde. Schon auf den Wandbildern ihrer Höhlengrüfte lassen die alt Dienerschaft etwas vortanzen, wie im Leben, und auch höhere ägyptischen Adligen und Gutsbefizer sich von ihrer weiblichen Geister verschmähen den Kulttanz nicht. Auch der König David tanzte vor der Lade seines Gottes, als er fie in feine neue Hauptstadt Jerusalem überführte. Die Römer befaßen mehrere Salier, b. am . h. Springer, genannte Briefterkollegien, die besonders 1. März, dem Monat des Kriegsgottes, zu Ehren des Gottes Mars Bei den HalbkulturTänze friegerischen Charakters aufführten. völkern Indiens finden heute noch vielfach fultische Tänze und Prozessionen statt; diese sind nur eine Form jener, und auch die Die Um Kirche Europas hat noch Tanz- und Springprozessionen. züge der Meßknaben am Altar während des Hochamtes sind gleichfalls Reste des heiligen Tanzes. Aus diesem Grunde verachtet auch der Katholizismus den Tanz nicht so sehr als„ Teufelswerk" wie
Feste sind Zeiten besonderer, bei Unkultivierten oft durch geringfügige Umstände hervorgerufener Fröhlichkeit. Sie macht fich bei Völkern, die ihre Stimmungen und Gefühle nicht so zu meistern verstehen wie wir, geradezu mechanisch in Bein- und Armbewegungen Luft. Das aber find, wenn etwas rhythmisiert, Tanzbewegungen. Unser heutiger Tanz in Baaren ist sehr jungen Datums der weniger Zivilisierte tanzt allein( Solo) oder gesellfchaftlich in Reihen, daher auch der deutsche Ausdruck„ Reigen" gewöhnlich jedes Geschlecht für sich und in erster Linie die Männer. Denn wenn auch heute die Frauen den größten Teil der Gottesdienst lebenden stellen auf tieferer Stufe und selbst noch in den Anfängen des Christentums gilt die Frau oft des Gottesdienstes gar nicht fähig; die Götter find da ausschließlich männliche Seelen, Bor väter, und sie zu ehren und zu erfreuen, ist nur Männerfache. Gottesdienst aber ist der Tanz fast von Uranfang an; er ist die protestantische Geistlichkeit. zwar ein Vergnügen aber für Menschen und Götter für ben Tanzenden und die von ihm geglaubten Geister.
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Tanz und Spiel, von denen ursprünglich Gesang und Musik noch nicht getrennt find, bilden also Zubehör eines jeden Festes. Gefang und Musik verbinden sich mit Tanz und Spiel, wie wir bei den Kindern beobachten fönnen, rein automatisch; gleich dem ganzen Körper bewegen sich auch die Stimmorgane im Talte. So entsteht die Poesie der förperlichen Bewegung", die nicht in bloßem Schreiten und Springen, sondern auch in Drehungen und Schwingungen des Oberkörpers und der Arme besteht. Dertlich erleichtert man sich diese und regelt( rundet) sie durch geschwungene Keulen und Stäbe, oft aber bilden jene Bewegungen die Borführung allein( Armtanz).
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Je nach den verschiedenen Gelegenheiten tanzen bei den Wilden Mädchen und Jünglinge, Weiber und Männer. Die Nichttanzenden bilden nicht nur die Zuschauerschaft, sondern auch meist das Orchester, das durch Singen und Taftschlagen den Rhythmus des Tanzes verstärkt, durch anfeuernde Zurufe die Leistungen vergrößert. Der Gelegenheiten zum Tanzen sind viele: die gut ausgefallene Ernte, die Rückkehr einer Reisegesellschaft, die Erbeutung eines größeren Stückes Wild und vieles mehr genügt, um sich einige Tage der Fröhlichkeit hinzugeben. Da an aller Fröhlichkeit der Menschen auch die Götter teilnehmen, so wird gleich dem Mahle auch endlich der Tanz zu einer gottesdienstlichen Handlung, die nun bei jedem Feste und vor jeder Unternehmung des Stämmchens neben dem Opfer den Göttern vorgeführt wurde. Wie ernst es damit gewiffe Indianerstämme nehmen, zeigt sich darin, daß diese diejenigen Genoffen, die bei solchen Tänzen strauchelten und stürzten, unbarmherzig erschlugen.
Nach glücklich beendeten Kriegen ist natürlich alle Ursache vorhanden, sich zu freuen und einen Siegestanz aufzuführen, aber auch schon zu Beginn macht man sich nicht nur die Götter durch einen Kriegstanz geneigt, fondern tanzt sich selber in Feuer, in Etstafe, den Feind jedoch in Angit. Biele Stämme tanzen, furcht bar bemalt, mit abschredenden Grimaffen angesichts des Feindes und das ist gewöhnlich neben dem dabei aufgeführten Geschrei bas furchtbarste am ganzen Kriege.
Tänze werden auf primitiver Stufe auch geübt bei der Aufnahme der Jugend in den Kreis der Erwachsenen, den Mädchenund Jünglingsweihen, denen oft religiöse Borbereitungen vorher gehen, fowie allen sonstigen passend erscheinenden Gelegenheiten. Als Uebung und Privatvergnügen dienen auch mancherlei Wetttänze.
Gewiffe regelmäßig geübte Tänze werden bei den Wilden oft in besonderen Tänzertrachten abgehalten. Hierher gehören die Maskentänze, die entweder die Zauberer des Stammes ausführen oder die Mitglieder von halbreligiösen Geheimbünden, die vielfach bei den Negern eine Art Oberherrschaft und oft recht despotische Polizeigewalt ausüben, besonders über Weiber und Sklaven.
Ulenspiegel und die Weisen.
Bon Karl Nicolaus.
Als der fleine Ulenspiegel sieben Jahre alt war, schickte man ihn auf die Schule. Und er lernte und lernte, und als er zwölf Jahre auf der Schule gewesen war, zog er durch die großen Städte des Landes und ward ein eifriger Schüler von berühmten Gelehrten. Denn er hatte so viel gehört von dem glänzenden Ideal der allge meinen Bildung", daß er sich vorgenommen hatte, es unbedingt zu
erringen.
Und er lernte bei einem großen Astronomen die Sternensprache des Himmels deuten und er diente ihm treu zehn Jahre lang.
Danach fragte er ihn: Herr, bin ich nun allgemein gebildet?" Darauf fragte ihn sein Meister nächtelang nach den Namen von allen Sternen des Weltalls, und als er einige noch nicht wußte, schalt er ihn einen ungebildeten Narren.
Ulenspiegel entlief ihm und fam zu dem berühmtesten Prediger seiner Zeit und lernte es dort, Gott in Definitionen zu faffen. Und er verbetete seine Jahre und war dürr wie ein fündiger Pilger, und dennoch blieb er in den Augen seines Lehrers ein unfertiger Geselle, Eines Tages aber verirrte er sich zu dem größten Bergangenheitsforscher seiner Tage. In den Sackgassen der Weltgeschichte lief er sich den Schädel wund und sammelte jahrzehntelang- gebüdtdie wertlosen Kieselsteine, über die sagenhafte Ereignisse einst hir gegangen sein sollten. Und sein Meister sagte ihm täglich dreimal, wie dumm er noch wäre.
Endlich aber half er in den dunklen, eisigen Kellern das Ge heimnis des Lebens ergründen mit Retorten und haarscharfer AnaInfe. Und die giftigen Dämpfe, die aus den glühenden Apparaten aufstiegen, griffen ihn an und färbten das Haar feines alten Hauptes noch weißer. Und als er seine Kräfte schwinden fühlte, fragte er feinen legten Meifter: Herr, habe ich die allgemeine Bildung erlangt?" Sein alter, ehrgeiziger Lehrer aber fragte ihn: Wie macht man Gold?" Als er das Rätsel nicht zu lösen vermochte, schalt er ihn einen blöden Tropf.
Da durchdachte Ulenspiegel sein ganzes Leben, und es reute ihn alles, was er getan hatte. Und er sprach zu sich selbst:„ Die allge meine Bildung" ist nichts als die Arena, in der jeder eitel mit seinem Wissen progen will!"
Danach verstarb er. Auf seinem Grabstein aber schrieb mant Ein Marr unter Narren!"