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Volkstümliches Funkwesen in Amerika .

Bon Mar Büttner,

Kurt stieß einen Seufzer hervor, schnitt ein mordsdummes Ge ficht, das man allerdings infolge der Dunkelheit nicht fah, wälzte fich auf die andere Seite und schlummerte weiter.

Dlga hatte sich aufgerichtet und horchte mit gestrafften Sinnen. Es war ihr, als habe etwas leicht an einen Stuhl gestoßen. Sie rüttelte ihren Gatten.

Rurt, es ist jemand im Wohnzimmer!"

Kurt stöhnte aus dem Schlaf, brabbelte vor sich hin, wurde unhöflich, fragte: Was willste?"

,, Es ist jemand im Wohnzimmer!"

Unsinn!" sprach Katte und erwachte vollends.

In weit höherem Maße als in Deutschland hat sich die draht­lofe Telegraphie und Telephonie in den Bereinigten Staaten in den letzten Jahren eine starke Bolkstümlichkeit erworben. Dafür spricht die Tatsache, daß bei einer fürzlich vorgenommenen Zählung Der von der Unionsregierung genehmigten Radiofendestationen ins gesamt nicht weniger als 19 067 folcher Funkstellen ermittelt wurden. Davon find 15 495 Amateurstationen, 348 dienen experimentellen Zweden oder gehören technischen Schulen an, 2738 befinden sich auf amerikanischen Schiffen und 439 find Handelsstationen. Unte: diesen legteren wurden 274 Rundspruchstationen gezählt, die von Fabriken und Handelsfirmen für elektrische Artikel, von Waren­häusern, Universitäten, Stadtgemeinden und Zeitungen betrieben werden und regelmäßig nach einem bestimmten Plan Unterhal tungsstoff jomie Wetter, Ernte- und Marktberichte drahtlos ein befremdendes Geräuschein Geräusch, das nicht vom Heinerle verbreiten. Infolge der allgemeinen Beliebtheit diefes eigenartigen herrührte öffentlichen Radiodienstes kann die Zahl der gegenwärtig in den Bereinigten Staaten in Gebrauch befindlichen drahtlosen Empfangs stationen auf annähernd Millionen geschäzt werden.

Der Frau rann es wie Eisschokolade über den ehelichen Rücken. Sie lauschte mit angehaltenem Atem. Kurt desgleichen.

Richtig: Aus dem Wohnzimmer drang ein fremdes Geräusch,

Heinerle war seit wenigen Wochen auf der Welt, der erste Sprößling des jungen Paares. Seine Wiege stand drin in der Stube, damit die Mutter nachts über Ruhe hatte.

Das brave Kind betam abends un zehn das letztemal die Brust und schlief bis zum Morgen, wo es mit dem siebenten Glockenschlag plärren anhob in feiner Eigenschaft als Herzensschnuckelchen. Da Inarrte die Diele.

Die Tätigkeit einer typischen großen Rundspruchstation, wie sie von Geschäftshäusern oder Fabriken betrieben wird, umfaßt die Abwicklung mehrerer bestimmter Programme täglich, die vorher durch die Zeitungen befanntgemacht werden. Das Programm zu einer folchen Station für einen gewöhnlichen Wochentag sieht etwa folgendermaßen aus:

Frau Katte war gelähmt.

Der Gatte fühlte sich zu feig tapfer zu fein. Nicht einmal Licht anzuzünden getraute er sich.

In den Bogesen und an der Somme hatte er seinen Mann gestellt, jetzt aber wußte er nicht, was tun. Sollte er dem Eindringling im Hemd gegenübertreten? Mit der Klyftiersprite schießen? Das Waschbecken als Wurfwaffe ver. wenden? Der Einbrecher blickte sich währenddem in der Stube um. Im grellen Trichter seiner elektrischen Batuchte stand die Wiege Bübchens.

9 Uhr vormittags, mittags und 5.30 nachmittags landwirt. schaftliche Berichte; 9 permittags, 12.55 nachmittags, 4 nachmittags und 7 abends musikalische Verträge; mittags und 4 nachmittags Marktnotierungen; mittags, 5.30 nachmittags und 11 abends Wetter­vorausfage; 12.55 und 4 nachmilags, 7 und 9 abends Ergebnisse von Baseballspielen; 12.55 und 4 nachmittags, 7 und 9 abends Kurse; 5.30 nachmittags und 9 abends Schiffsnachrichten; 7.30 abends Ge­fchichten für Kinder; 9 abends Meldungen über den gegenwärtigen Aufenthalt von Schiffen auf See, weitere Baseballresultate, Schluß­furse der Wertpapierbörsen, legte Preise für Getreide, Kaffee und Buder; 9.10 abends Theater; 9.15 abends Lektüre: 10.30 abends des Opernauszüge; 10.52 abends Angabe der genauen Zeit; 11 abends amtlicher Wetterbericht, Fortsetzung der musikalischen Vorträge. Diefes an fich ungemein fchon vielseitige Programm wird häufig noch durch besondere Darbietungen ergänzt. So wird z. B. Sonn­tags regelmäßig dreimal täglich eine Art Gottesdienst ge= funft. Bon Zeit zu Zeit werden von namhaften Eachverständigen drahtlose Vorlesungen über industrielle oder wirtschaftliche Themen gehalten. Oder es werden zuweilen Bereinbarungen mit Theater­direktionen getroffen, um ganze Etüde, Konzerte. Opern usw. auf dem Funfwege zu Gehör zu bring.

Er beugte sich über den Korb, dämpfte den Lichtschein durch ein forglich übergestülptes Schnupftuch und betrachtete den einsamen Schläfer, den unschuldsvollen.

Auch er hatte daheim ein Kindchen, einen Säugling, ein Herzens. Schnuckelchen, um dessentwillen er ausgezogen war.

Gewiß, es war nicht recht, was er plante, aber war er nicht deshalb vom Wege der Tugend abgewichen, um für sein Ein und Alles zu stehlen?

Er war es.

In breit ausladender Sentimentalität entquoll ihm eine Zähre, welche er mit zittrigem Finger ergriff, um dieselbe ad acta zu legen. Dann jedoch deponierte er einen Hundertmarkschein, den Rest feiner gesamten habe, an der Wiege des Kindes, warf einen legten zärtlichen Blick auf die traute Stätte und verließ auf haftigen Soden die Wohnung des glücklichen Ehepaares.

Die Betriebsfoften einer solchen Funkstation werden auf etwa 10 003 Dolla: monatlich geschäßt, wobei noch nicht Honorare für Schauspieler, Sänger, Vortragende oder sonstige im Programm Mitwirkende berücksichtigt find. Gegenwärtig erhalten solche Bo tragsfünftler allerdings nielfach feine Bergütung für ihre Tätigkeit, da man auf dem Standpunkt steht, daß ihr Bekanntwerden in so breiter Deffentlichkeit genügende Bezahlung fel. Andererseits schäßt eins der zahlreichen großen Warenhäuser, die in letter Ratte hatte faum die Tür ins Schloß schnappen hören, als ein Beit derartige drahtlose Unterhaltungen eingerichtet haben, daß die großer Mut in ihm entbrannte. Ausgaben für die Mitwirkenden im ersten Betriebsjahr annähernd 5000 Dollar betragen haben. Eine vollständig ausgerüstete und betriebsfertige Borenhausstation loftet amischen 10 000 und 15 000 Dollar, und die jährlichen Betriebsspelen, ausschließlich der Auf­wendungen für die Ausgestaltung des Programms, stellen sich auf mindestens 100 Proz. und zuweilen sogar bis zu 200 Proz. der gesamten Einrichtungskosten.

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Er zündete Licht an, sprang Hals über Kopf aus dem Bett und fegte ins Wohnzimmer.

,, Olga!" rief er und konnte faum die gewaltig im Busen empor schäumende Rührung meistern, fomm', o tomm' und sieh, was uns bescheret worden!"

Olga wetzte herbei, fant in tiefes Staunen ob des einbrecherseits Aber selbst in den wohlhabenden Bereinigten Staaten ist heute geftifteten Betrages, und, als ahne sie, was in des Fremden Intérieur eins der wichtigsten Probleme der Radioindustrie neben der sich abspielt, stedte se den Hurdertmarkschein in einen Briefumschlag, wei'eren Ausgestaltung die Finanzierung der erwähnten tat einen Sched auf dreitausend Mark dazu, beschwerte das Pädchen Art des Rundfunkens. Fabrikanten und Handelsfirmen der elektri - mit ihrem güldenen Armband und warf das Ganze im felben Augen. schen Branche sind der Ansicht, daß der volkstümliche Propaganda: blid zum Fenster hinab, wo der Einbrecher die Straße betrat. funkdienst zur Förderung des Absakes von Radioempfangsaus­rüstungen unumgänalich notwendig ist. Gegenwärtig werden die Kurt Katte, der begreiflicherweise seiner Gattin nicht nachstehen Kosten diefes drahtlosen Verkehrs von den Fabriken, Waren wollte, neftelte Uhr nebst Kette aus der Weste und feuerte beides häusern. Händlern usw. getragen. Für den Funfdienst fann von zu dem selig in die Knie bredenden Menschen hinunter, der mit Pieser Seite naturgemäß feinerlei Gebühr erhoben werden, da heißen Segenswünschen für das Gedeihen Heinerles den Schauplatz jeder, der einen Empfangsapparat mit genügender Reichweite be­fizzt. ihn auf die verschiedenen Funfprogramme einstellen tann, ohne fozusagen ein Eintrit'sgeld" zahlen zu müssen. Der Kostenaus aleich für diesen Dienst ist vielmehr ein völlig indiretter und wird Farin erblickt, daß Fabrikanten und Verkäufer sich davon einen steigenden Umfag in Empfangsapparaten versprechen.

Wohltun trägt Zinsen.

Bon Hans Reimann .

Sieber Minuten nach halb zwei war es, als Frau Katte auf­

wachte.

würde.

Sie hatte ein Geräusch gehört, wie wenn eine Tür geöffnet Nachdem sie eine Weile in das nächtliche Dunkel geleuscht hatte, fließ sie ihren Mann an, der im Bette neben ihr ruhig atmend lag, und zischelte haftig: Kurt, im Wohnzimmer ist jemand!"

verließ.

Kurt und Olga aber begaben sich, von diversen edlen Regungen aufgeweicht, in die Arme jenes Gottes zurüid, welchen die alten Griechen Orpheum zu benennen pflegten.

( Aus des Spottvogels Reimann bei B. Steegemann, Hannover , erschienenen Parodiebuch: Sedwig Courths Mahler, Schlichte Geschichten fürs traute Heim.)

Jedes Einzelgeschöpf auf Erden dauert nur Surze Zeit. Diese Kürze der Existenz gehört zu unserem Wesen. Jeder ist nur ein paar Jahre lang ,, bran". Dann kommen andere. Es widerspricht daher dem innersten Sinn der Welt, dies Einzelgefchöpf nun in eine Ewigkeit" hinaufschrauben zu wollen. Es ist gerade ein Haupt­naturgefeß, daß die Individuen sich ablösen, daß jedes einzelne wieder verschwindet. Und eben darum tommt alles darauf an, aus dieser furzen irdischen Lichtzeit nun etwas möcfichst Schönes, Rundes, Infidh- Vollkommenes zu machen. Rud. von Delius.