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Die wirtsthast und öle Kunststile. Aon Dr. Herbert Kühn. Lerb«rt Kühn hat bereit, in feinerMolerei der Eiszeit" feine besondere Befähigung sür die Erfassung primitiver Kunst er- wiesen. In einem neuen grossen WerkeDie Kunst der Primitive n"(Delphin-Verlag  . München  ) ist er fortgeschritten -u einer DorfteUnng der gesamten Kunst der Primitiven. Bon der Blt-Steinzcit über die Buschmänner. Polarrölker. Australier, dl« tiingere Stein» und Bronzezeit, die Neger, Jnoioner, Ozeonier erstreckt er sein Gebiet. Di« hoch entwickelte Kunst Kretas  , Mytenäs, Benins  , Mexikos  , Perus   und der europäischen   Völierwanderungs- zeit schließt er daran. Das Werk ruht, wie die von uns abge- druckte Probe beweist, auf der soliden Erkenntnis der Wirtschaft» lichen Grundlagen, aber«S erhebt sich zur volle» Höhe künstlerischer Einführung. Ein tiberaus reiches, aus der Beherrschung des I.....--"»»--'---"».»»'-- m-rj.----- die an dem wir heute stehen, erfüllt das Buch eine Misstvn in seiner die beiden großen Etile gerecht beurteilenden und überall auf die gusammenhänge dringenden Art. Jeder Stil ist eine Notwendigkeit, er. ist unentrinnbar, ist Schicksal, wie Theodor Däubler   einmal sagt. Niemals ist die Kunst zufällig, immer ist sie verbunden mit dem gleichzeitigen Leben in Religion, Mystik, Wissenschaft, Philosophie, Recht und Staat. All« dies« Moment« bedingen sich wechselseitig und schassen für sich«in« Einheit. Der letzte Grund aber, der auch ihr Wesen entscheidend gestaltet, ist die Wirtschaft. Das Oekonomisch« ist der Urgrund, es bildet dos Anderssein, es bedingt den Wandel. Diese ökonomische Geschichtsauffassung ist ein neuer Gesichtspunkt in der Kunstgeschichte. Diesen Gedanken zuerst klar und scharf betont zu haben, ist das Verdienst von Karl Marx  . Es gibt nach Marx   nichts Ge- sonderles, kein Wissensgebiet besteht für sich allein, weder Religion, Philosophie, noch Kunst. Alle Gebiete durchdringen sich gegen- a und sind ein« Einheit. So gibt«s nicht verschiedene Wijsen- en, sondern«in einzige Wissenschaft, und jedes Wissensgebiet dehandelt nur«ine Seite, ein« Ausstrahlung des grohen«iicheit- lichen Gesamtkomplexes, des Lebens selbst. Das Leben aber regelt sich durch bestimmt« Formen der Produkiion und Konsumtion, durch die Wirtschaft. Produktion und Konsumtion sind in ihrem Gegen- einander- und Zusammenwirken nie gleich, die Wirtschaft ist in ständiger Wandlung. Daher ist der Gesamtkomplex des Lebens nichts Stabiles, sondern etwas Dynamisches, daher steht das Leben nicht still, sondern fließt ewig fort zwischen den beiden Polen  Stirb-Werde und Werde-Stirb, wie Simmel es ausdrückte. Engels hat den Gedanken in einem Brief von 1895 vielleicht am deutlichsten ausgesprochen, wenn er sagte:.Di« politische, recht» liche, philosophische, religiös«, literarische, künstlerische Entwicklung beruht auf der ökonomischen. Es ist nicht, daß die ökonomische Lag« al» Ursach« allein aktiv ist und alles andere nur passive Wirkung, tenbern«s ist Wechselwirkung auf Grundlage der in letzter Instanz stets sich durchsetzenden ökonomischen Notwendigkeit." An einer anderen Stelle sag: Engels,die Ideologie ist der ideelle iReflex der sozialen Verhältnisse und weiter, die ökonomischen Verhältnisse sind »i« in letzter Instanz entscheidenden, so sehr sie auch von den ideo  - logischen beeinflußt werden mögen, fle bilden den durchgehenden, auein zum Verständnis führenden roten Faden." Als letzte bestimmend« Wurzel der Kultur einer Zeit schält sich so dl« ökononiische Struktur heraus. Sie ist die.Balls", das ,in letzter Instanz" bestimmende Moment, die Ideologie ist an sie gebunden. Mit der Aufstellung dieser Tatsache sind die Notwendig- leiten gegeben, die die Formen der Kunst bedingen. Hier liegt das Gesetz der Kunst. Der naturalistischen Form müssen bestimmte bet aller Verschiedenheit w der Grundrichtung gleich« ökon» mische Formen entsprechen und umgekehrt, und ebenso erfordert der gegnerische Stil wieder andere, ebenso bestimmt« Formen der Monomischen Struktur. Von diesem Gesichtspunkt aus gewinnt die Kunst der Primitiven ein ganz bestimmtes Aussehen,«Inen gesetz  - mäßigen Charakter,«inen notwendigen Ablauf. Das Unentwirr- bare weicht der klaren Linie, das Unlösbare trennt und entfaltet sich. Zuerst offenbaren sich für die Kunst deutlich zwei Stil- arten, die sich gegenüberstehen, ihr Wechsel ist sichtbar durch dl« gesamte Geschichte der Kunst. Schon Schiller   wies auf diesen Gegensatz hin. Schlegel sprach von ihm, aber erst Nietzsche   stellte ihn klarer heraus. Nietzsche   nannte die beiden Gegensätze des Stils apollinisch und dionysisch. Schiller, von Rousseau   und der Zeit der Idylle beeinflußt, stellte nebeneinander naiv und sentimentalisch so verschieden die beiden Begrifsspaare sind, so steht doch aus der einen Seite das ungehemmt« Tnebhafle, das Naturgewachsen«, bei Schiller   als das Idyllische, bei Nketzsch« als das Ungebärdete, Unge- stüm« bezeichnet, auf der anderen Seite das durch den Verstand Geglättete. In neuerer Zeit spricht man zumeist von natur- nachahmend und geometrisch, man hat auch abstrakt und einfühlend oder ideoplastisch und physioplastisch vorgeschlagen. Gerade diese Bezeichnung aber, auch für die Malerei angeivandt, ist ganz mißverständlich, nnturnachahmend und geometrisch, ist aber bei weitem zu eng. Die beiden großen Stilgegensätze offenbaren vielleicht am deutlichsten ihr Wesen, wenn man sie alssenso- fisch" undimaginativ" bezeichnet. Sensortsch" druckt tn stärkstem Maße die Beziehung auf die Sinne aus, auf das Außen, auf das durch die Sinne Gegebene. Es bedeutet«in« Hinwendung zum Hier, zu der Fülle der Ein- drück« und zu den Formen ihrer Erscheinung. Mag diese Stilform als mehr idealistisch wie bei den Griechen und der Renotflanec oder mehr realistisch wie bei den Impressionisten erscheinen, immer steht hier die Welt vor dem Ich, das Gegeben« vor dem Erschlossenen, das Außen vor der Seele, vor Gott  . Der imaginaiioe Stil-Inbegriff dagegen bedeutet die Entfer» nung vom Leben, die bewußte Abwendung von der Natur, die Hinwendung zum Jenseits, zu Fragen der Seele; die Selbstschau, das Aufgehen im Unendlichen. Eine solche Zeit wird sich der Mystik zuwenden, der Magie, dem Totenkult, der Religion. Die beiden Gruppen ftehen immer nebeneinander in der Ge- schichte der Kunst sie treten besonders typisch heraus in der Kunst der Primitiven. Hier stehen sie oft hart nebeneinander, kaum ge- trennt durch Zeit und Raum. Jede von ihnen sst notwendig, jede von ihnen ist Erfüllung, eine Höherschätzung der einen würde die andere verkennen. Sie gehören zun. Bilde des Ganzen wie Tag und Nacht oder wie Schatten und Licht. Ein Nebeneinander-Ueber- gehen ist immer da, niemals aber ein Zusammenfallen an den Höhe- punkt die Vereinigung ist unmöglich, unmöglich wie das Jnein- anderfallen von Ich und Welt, von Wille und Vorstellung in Schopenhauers Sinne, von Subjekt und Objekt. Ewiger Wandel, ewiges Wechseln in der Geschichte der Kunst! Nie steht das Rad des Werdens still, unaufhaltsam rollt es vor- wärts, nicht immer 5)öherentwickelung schaffend, wohl aber ewiges Anderssein.___ Die Parabel vom aufgeregten Mann. Von Sased, dem Weisen. Nun kam eines Tages einer zu mir, welcher sagte: Ich bin ein Mann, der sich sehr leicht aufreg!! Und er sagte es so, daß es ihm vorkam wie lauter Demütigkeit. Aber darin, wie er es vorbrachte, lag doch«in gewisser Stolz. Und ich sagte ihm:Du bist ein Mann von beschränktem Geiste!" Darauf wurde er sehr aufgeregt und ich wußte, daß er kein Lügner gewesen war, als er gesagt hatte:Ich bin ein Mann, der sich sehr leicht auftegtl" Und nachdem er mehr oder weniger gesagt hatte, beruhigte ich ihn und sagte:Siehe, ich glaubte dir, als du sagtest, du seist sehr leicht aufgeregtl Aber ich habe dich nicht gebeten, mit dieser Eigen- fchaft deiner Natur auch gleich zu paradieren!" Und er sagte:Du hast mich beleidigt! Denn ein lebhaftes Temperament ist nicht das Kennzeichen eines beschränkten Geistes, sondern einer warmen und edelmütigen Natur! Ich bin allerdings sehr leicht ausgeregt, aber das geht schnell vorüber und dann mache ich gern alles wieder gutl" Nun sprachen wir die« in einem Garten und ich verlieh ihn einen Augenblick und als ich dann wiederkehrte, war ich schon in der Küche gewesen, von wo ich ein Ei mitgebracht hatte. Und Ich warf das Es an den hinteren Zaun und es brach entzwei und fein Inhalt spritzte über den Zaun und besudelte ihn. Und ich sagt«:Du sprachst davon, daß du nachher alles gerne wieder gutmachen wolltestl Nun denn, geh hin, fomml« da« Et zusammen, reinige den Zaun, leg« Dotter und Eiweiß wieder in die Schale zurück, setze die Henne darauf und lasse fle ein Hühnchen ausbrüten! Und dann sprich mir davon, daß du für die Ausbrüche deiner Laune Ersatz leisten wolltestl Denn du besudelst alle deine Freunde und bespritzest sie mit deiner Wut und überläßt«s ihnen, sich von der Raseret zu reinigen und deine unvernünftigen Worte zu vergessen. Und du bildest dir ein, du hast alles wieder gutgemachtl Und ich sagte:Die beste Art, eine Aufgeregtheit wieder gut- zumachen, ist die, dt« Aufgeregtheit bei sich zu behalten und nicht merken zu lassen!" Und er sagte:Wahrhastig, du hast mich mit Recht einen Mann von beschränktem Getste genannt ein Wort, das ich mir von keinem Menschen gefallen ließe!" Und ich sagte:Du wirst es dir von mir noch einmal gefallen lassen müssen:Du bist ein Mann von beschränktem Geiste! Denn «in Mann von leicht aufgeregter Natur ist ein solcher, der von einem Dinge jeweilig nur eine Seite zu sehen vermag, der aber außerstande ist, sein ausfahrendes Urteil solang« bei sich zu behalten, bis er die große Wahrheit erkannt hat. Und weil er also ebenso beschränkt als kindisch ist, deshalb gerät er in Wut, wie du in Wut geraten bist und in Wut zu geraten pflegst. Schmeichle dir nicht, daß dies das Kennzeichen einer edelmütigen Natur sei, denn ich habe dir bereits gesagt, wofür es das Kennzeichen Istl  " Und er schwieg. Und ich ging hin und nahm die Gartenspritze und machte mich daran, den Zaun von der Tiersauce zu reinigen. Aber der Mann ließ es nicht zu, sondern nahm mir die Düse aus der Hand und wusch die Eiersauce selbst vom Zaun. Und er sagt«: Wenngleich ich aus diesem Ei kein Hühnchen mehr hervor- kriechen lassen kann, so ist es doch nicht ganz verloren!" Und so war ich denn geneigt, zu glauben, der Mann habe etwa» gelernt, was den Preis eines Eies wert war. Gewiß, Ei war Ei geblieben. Und ich mächt« noch mehrere davon kaufen und anderen Männern und etlichen Frauen die gleich« Lehr« vo»tragen.