hört unter ihnen allen. Selbst Frauen und Kinder gehören allen Und dann tam tch 1872 in die Neumannsche Höhere Töchter. und die Kinder werden gemeinsam erzogen, so daß eine Regung Schule". Ich glaube, sie war die älteste höhere Mädchenschule Bervon Eigennuz gar nicht erst aufkommen fann. Sie sind eine einzige| lins, vordem hatte fie am Krögel gelegen, der alten Straße, die große Familie. vom Moltenmarkt abgeht, in der sich vor Hunderten von Jahren die alten Badestuben befunden hatten. In meiner Kindheit war das Polizeigefängnis dort, zu dem der berüchtigte grüne Bagen fuhr. Später entstand das Polizeigebäude am Alexanderplatz . Die Schulvorsteherin Marie Neumann war die Tochter jenes Auchdichters Wilhelm Neumann , der zu dem Chamisso- Kreise gehörte, zu dem Heinrich Heine in so scharfem Gegensatz stand. Auf ihn beziehen sich Heines bekannte spöttelnde Werke bei Früh lingsgefühlen Unter den Linden : Herr Wilhelm Neumann , was gehen Ihnen die grünen Bäume an?"-
Plate hoffte, diesen Idealstaat verwirklichen zu können. Er hoffte, daß der ältere und später der jüngere Dionys, beide Tyrannen von Syratus, unter seinem Einfluß in den von ihnen beherrschten Gebieten sein Staatsideal verwirklichen würden. Insbesondere der jüngere Dionys, der erfüllt von der Philosophie Platos Die Herrschaft angetreten hatte, erwedle feine größten Hoffnungen. Doch auch hier waren die Verhältnisse stärker als der gute Wille des einzelnen. Der jüngere Dionys hatte genug zu tun, um feinen Staat gegen die ständigen Bedrohungen durch die Karthager und bie italienischen Bölker zu schüßen, sowie die Ordnung im Innern wieder herzustellen, die vor allem durch Klaffenfämpfe in Spratus Ichwer bedroht war. So fand er feine Zeit, an die Verwirklichung
bes platonischen Staates auch nur zu denken.
Allein alle diese Widerstände, die der der Wirklichkeit abgewandle Plato nicht vorausgesehen hatte, hinderten ihn nicht, in den Gefeßen" einen 3 weitbesten" Staat zu schildern. Ein Gebiet im Innern Kretas soll in 5040 Landlofe aufgeteilt werden. Die Landarbeit ist die einzige des freien Bürgers würdige Beschäftigung, Handel und Gewerbe ist Cache der Sklaven und Freige faffenen. Was fich irgendwie gemeinwirtschaftlich regeln läßt, ist bedacht. Ein beschränktes Bahlrecht wird ben Bürgern zugestanden. Auch hier soll die Erziehung der Kinder Staatsfache sein, auch hier Joll es gemeinsame Mahlzeiten geben. Jeder soll sein Landlos as Eigentum des Staates betrachten. Gemeinschaftlichkeit alles Eigen tums und gemeinsame Bewirtschaftung von Grund und Boden er Scheint Plato zu hoch für das lebende Menschengeschlecht und un möglich nach der Art, wie es aufwächst und erzogen wird. Das bleibt ein Ideal für Götter oder Götterföhne, von dem niemand weiß, ob es irgendwo ist, oder dereinst sein wird.
Im Nachdenken und Lehren, im Werben um seine Philofophie Derrinnt des großen Plates Leben. Die Idee ist ihm das Höchste. Die erhabenste aller Ideen ist die des Guten, von der es nirgends ein Abbild gibt und die daher nur mit Mühe zu schauen ist. AchtzigJährig beschloß Blato sein Leben. Sein Denken war aus der gemeinen Wirklichkeit in jene hohen Gipfel geflüchtet, die zu erreichen Im Laufe der folgenden Jahrtausende nur wenigen begnadeten Geistern zuteil wurde.
Als ich zur Schule ging.
Alt- Berliner Erinnerungen von Henni Lehmann .
Erft zehnjährig im Jahre 1872 schidten mich meine Eltern zur Schule. Bis dahin unterrichtete mich meine Mutter selbst. In diefe Jahre der Kindheit fallen die großen Kriege. Von 1866 weiß ich nur noch, daß der 20. September, an dem der Einzug der Truppen stattfand, ein sehr warmer Herbsttag gewesen sein muß, da meine sparfame Mutter der Hike wegen vom Schloßplay in einer Droschte nach Hause fuhr, worauf sie der Storch ins Bein biß" und mir ein Brüderchen geboren wurde. Aber von 1870 habe Ich ein unheimliches Bild behalten von Männern mit verbundenen Köpfen, die zu meinem Bater in die Sprechstunde tamen. Er war behandelnder Arzt in einem von Frau Lina Kelch, der Schwiegertochter des Stadtrats Kelch, geleiteten Privatlazaretts. Auch sang man damals allerlei Lieber, die mir erinnerlich find: Rönig Bilhelm faß ganz heiter einft zu Ems und dacht nicht weiter an die Händel dieser Welt". Es ist nicht uninteressant, aus diesem Lied zu ersehen, daß 1870 wie 1914 uns die Auffassung eingeprägt wurde, der leitende Hohenzollernfürst sei völlig ahnungsfos und harmlos von den Kriegsbegebenheiten überrascht worden. Nach Sedan sang man das geschmaclose: Was traucht dort in dem Busch herum, ich glaub, es ist Napolium". Des Einzugs der Truppen erinnere ich mich noch recht genau. Ich sah ihn von der Bar berrewohnung Unter den Linden 78 an der Ecke des Pariser Plakes. Die Soldaten schüttelten, als sie durch das Brandenburger Tor famen, den Staub von den Füßen und riefen lachend: Branden burger Schnee"..
Der Krieg griff bei weitem nicht in dem Umfange wie 1914 bis 1918 in die Einzelleben ein. An zwei Todesfälle nur erinnere ich mich, der eine betraf einen jung verheirateten Offizier, der andere den einzigen Bruder zweier Schwestern Löwenberg, von denen die ältere, Amélie, lange Gesellschafterin der alten Frau Meyerbeer , der Witwe des Komponisten, gewesen war, deren Tochter war mit dem Maler Gustav Richter verheiratet, bem bamals populärsten und gefeiertsten Maler Berlins . Reproduktionen der Bilder seiner Frau und seiner schönen Kinder, die er immer wieder malte, erblickte man überall. Heut ist er fast vergeffen.
ein fleiner fugelrunder Herr, pflegte zuweilen in einem fleinen Der Sohn Chamissos, der alte Medizinalrat Chamiffo, Bagen bei unserer Schule vorzufahren. Er war Fräulein Neuein Schrank mit feltsamen fremdländischen naturwissenschaftlichen manns ärztlicher Berater. In einem Schulraum stand auch noch Objekten, die von Chamiffos Weltreise stammen follten. Theater- Straße gegenüber. Später wurde sie nach dem Grünen Die Schule lag damals noch in der Blumenstraße, der Wallner Weg 17 verlegt, in das Haus eines Herrn Ehrenfried Heffel, der, wenn ich nicht irre, rechtsgerichteter Stadtverordneter war. Es war recht angenehm, daß unserer Schule in der Blumenstraße schrägüber an der Ede der Blumen- und Alexanderstraße die Boßsche Konditoret lag, in der man für einen Groschen einen herrlichen Windbeutel mit Schlagsahne oder ein Sahnenbaiser bekam und verschiedene populäre Theatergröße beftaunen fonnte. Die Wallner- Theater- Straße, in der wir wohnten, war damals die Theaterstraße Berlins , es lag darin das Wallner, das Königstädtische und das Residenztheater. Das Wallner Theater erlebte die klassische Zeit der Berliner Boffe, als Reusche, Helmerding, Neumann dort tätig waren, und ein Schrei des Schmerzes, und Entsehens durchhallte Berlin , als Reusche tödlich verunglückte dadurch, daß er herunter stürzte mit einem Balkon, der sich vom Gebäude löfte. Helmerding war allgemein bekannt und allgemein beliebt. Ich sehe heute noch sein köstliches humorvolles faltiges Gesicht vor mir. Auf der Bühne war er in jeder Bewegung von überwältigender Bewegung und machte dadurch den kleinsten Scherz lebendig, so wenn er mit dem dümmften Geficht der Welt fragte, als man ihm gegenüber das„ Ei des Kolumbus " erwähnte:„ Legt denn der alte Mann immer noch?" Sein Humor blieb ihm auch im Leben treu, und man erzählte davor unzählige Schnurren. Die Zierde des Residenz Theaters, das vorwiegend französische Lustspiele gab, war Engels und die ganz jung gestorbene reizende Martha Ramm, von der ich noch ein Bild befize. In unserer Schule gingen auch die Kinder aus Schauspielerfamilien, meist jünger als ich, Melanie Wegner, die Schwester Ernestine Wegners, Hermine Engels und die reizende fleine Hetchen, Kätchen, Gretchen Formes", wie sie ihren Namen angab, die später selbst Schauspielerin an der Burg in Wien war. Das Residenz- Theater hatte auch große Gastspiele. So gaftierte einst die berühmte Tragödin Charlotte Walters dort in Wilbrandts Arria und Messalina ".
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Ich bin gern zur Schule gegangen, und es herrschte im allge meinen ein netter Ton bei uns Die Lehrer waren wohl zum Teil recht philiftrös. Unser alter Physiklehrer baute umständlich allerlei Apparate zusammen, um uns etwas vorzuführen, was er nie fertig brachte, worauf er jedesmal feelenruhig sagte: Bon diesem Experi ment tönnte man wohl sagen, es wäre nicht geglüdt." 11 Er illustrierte alles, wovon er sprach, wenn irgend möglich, durch Verührung feines eigenen Körpers, was bei Erwähnung der Affen mit Backentaschen und Gefäßschwielen etwas eigenartig wirfte. Denkbare Erinnerung bewahre ich einigen Lehrern der Oberstufen und des sich anschließenden Seminars, das Geletta genannt wurde, vor allem dem späteren Stadtschulrat Karl Gerstenberg, ber uns die Geschichte der franzö fifchen Revolution außerordentlich freiheitlich und großzügig zu vera anschaulichen wußte. Im übrigen hörte damals für uns die Welt geschichte mit den Freiheitskriegen auf, und ich habe deshalb heute immer noch ein wenig die Empfindung, als läge zwischen 1815 und
1870 leeres Land.
Fast allgemein war, als ich zur Schule fam, noch das Private schulsystem für Mädchen in Berlin herrschend. Als erste städtta che Schule entstand wohl die Bittoria- Schule in der Prinzenstraße. Ihr gegenüber in der städtischen Turnhalle hatte ich als fleines Mädel Turnunterricht bei Prof. Angerstein, der auch in Berlin recht bekannt war und sich wohl um das dortige Turn wefen Verdienste erwarb.
Unvollkommen wäre das Bild meiner Schule, wenn ich nicht der Schwefter Marie Neumanns, Martha, die mit ihr lebte, gedächte. Tante Martha und Tante Marie nannten wir die Beiden. Tante Martha war gefühlvoll, eine sogenannte schöne Seele". Die Gage Mit einer anderen populären Persönlichkeit Alt- Berlins bin ging, fie habe eine unglüdliche Liebe gehabt und ihr Bräutigam fel ich als Kind einmal in direkte Berührung gekommen, mit dem gestorben. Sie las mit uns in der Selekta deutsche Dichter. Bel alten Wrangel, dem Führer des unglücklichen holsteinischen rührenden Stellen meinte fie este Tränen, und dann tanzte ein Feldzugs von 1849, ben mein Bater mitgemacht hatte als frei- Krägelchen, das sie immer mit einer Brosche zusammengestedt trug, williger Arzi, nachdem man thn 1848 als Barrikadentämpfer aus um ihren Hals herum solange, bis die Brosche auf dem Rücken saß. Berlin ausgewiesen hatte. Doch davon wußte der alte Wrangel nichts, als er mich kleines Mädel auf der Straße anhielt, fein zer Inittertes Altmännergesicht in tausend Falten legte und aus einer Tasche einen höchst schmierigen Bonbon zog, den er mir in den Mund schob.
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Det hat dir der ofte Wrdigel fescherift," sagte er. Und da e ich es ehrfürchtig auf,
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Aber ich habe Euch doch sehr lieb gehabt, Tante Marie und Tante Martha, und Dich, meine liebe alte Schule im lieben altert Berlin . Unter meinen Schulfameradinnen gewann ich Lebenss freundinnen. Auch andere sind mir in freundlicher Erinnerung. Biele haben es nicht solange ausgehalten wie ich auf diefer gegens wärtig nicht sehr reizvollen Erbe. Wenn eine von denen, die nod da sind, diese Zeilen lieft, so sende ich ihr einen herzlichen Gruß.