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Wintertage am Alssund.

Ein plumper Halbmond, liegt die Insel Assen vor dem östlichen Strand Süd- Jütlands oder, wie die Landschaft in deutschen Zeiten ties, Nord- Schleswigs. Föhrden und Wigs , so nennt man die Einschnitte der Oftfee in das Land in dieser Gegend, find die Bun­den und Narben, die das Mezr in jahrtausendelangem Kampf Injel und Festland schlug. Der Alssund zerbrach einst den Zusammen­hang der Insel Alfen mit dem Sundewitt, der Meeresarm Kleiner Beit drängte sich siegreich zwischen Alfen und die andere jütische Infelwelt, Fünen , Aerö und alle die fleinen Eilande, die sturm zerzauft, meerumfpült zeugen von der Landtrücke, die sich in Ur zeit über die Ostsee nach Schweden hinüberspannte. Gleich wellig, gleich fruchtbar mit fetter schwarzer Erde ist das Eiland von Süd fütland, Alfen und Fünen, die Bewohner sprechen denselben Dialett, ein Gemisch von dänisch und deutsch , auf Fünen in hochdänisch Abergehend. Lendwirtschaft und Fischerei find Urproduktion, ein­gewandert ist eine rege Industrie aller Art

Das Meer mit seinen Fährden und Wigs aber ist es, das diefer Landschaft ihren eigenen Zug gab. Schönheit und Schrecken zugleich gibt es ihr, Rauheit und fonnüberglänzte Milde, Wildheit und würzige Brise. Die Ostsee hat nicht den mächtigen, zermalmen den Prantenschlag ihres westlichen Bruders, der Nordsee ; wirst sich die Nordsee wie ein furchtbarer Löwe gegen das Land, Halligen und Deiche niederschlagend, so springt die Dfisee wie eine fauchende Bildkaze wieder und immer wieder gegen die Ostküste Jütlands , bald ermattet, aber nimmer müde, scharrend und fragend, bis sie hier eine Föhrde, dort ein Wig geriffen, hier einen Küstenschoner, bort einen fleißigen Fischer verschlungen.

Man rühmt den Meeren des Südens ihre gleichbleibende, azur. blous Fläche nach, die Schönheit des Sundes und der jütischen See heißt Bewegtheit, Wechsel von Tag zu Tag, oft von Stunde zu Etunde, im Sommer wie im Winter, Bewegtheit wie eine Seele, die von Freude zu Leid, von Freude zu Schmerz und Zorn taumelt, nimmersatt

So aber lebt dieses Wasser im Winter.

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Novembertage. Regen vom Himmel. Bald ein Sprühender leichter Schleier, bald ein aus groben Wassersträhnen gewebter dichter Borhong. Das Meer plätschert unruhvoll, mit Burzen, haftigen Stößen, sprigt über den niedrigen Bug des Föhrdedampfers, der seine tägliche Fahrt macht. Und eines Nach­mittags wird der Regen zum Sturm; eisiger, wütender Nordost Schrägt den Tropfenfall, peitscht ihn gegen Steilufer, Baumwipfet, Häuser, reißt die legten Blätter von den Zweigen, fegt sie zu Haufen wie wertlofen Blunder. Das Meer murri, die gefchützten Sunde und Föhrden fräufeln sich wie erschauernd unter dem eisigen Borboten des Winters. Die Möwen treuzen hastig und schreiend

über dem Wasser.

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Und plöglich reiten die weißen Schaumrosse auf den Wogen, die fich steilen zu ein, zwei Meter Höhe. Die Wildfake wird unge­mütlich, mit spitzen Krallen schlägt sie über Kaimauern und User, in Hochwasser bläst sie sich auf. Die breiten, schwerbeladenen Schoner Lafttiere der Küstenfee nehmen Wasser über, ihr Bug verschwindet unter den weißen Roffen, die über sie hinwegrajen. Alle Luken find dichtgemacht, Echiffer und Matrofe in Delzeug zurren Seite und Steuer, um den Sturm zur Kraft zu machen, die fie so schnell wie möglich in den Hofen bringt. Die feinen Fischerschuten tanzen einen wilden, gefährlichen Tanz von Wellen berg zu Wellental. Und wenn einer oder der andere Ewer von zu hoher See gefaßt wird, im Sturm wegfact, irgendwo zwischen den Inseln das Lokalblatt bringt es, eine Familie weint, den Spießbürgern in den kleinen Küstenstädten grufelt es und die anderen Fischer gehen weiter hinaus auf die See, dem Hering, dem Dorsch aufzulauern....

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Eines Morgens liegt dichter Nebei über Land und Meer. Ruhig der Sund, leise gurgelnd wie ein verschmigtes, foliches Schnurren. Von irgendwoher das hohle Getute des Nebelhorns, von irgendwoher friecht ein eisiger Hauch über die Erde: der Winter ist da.

Und dann fallen Floden, weiß und still, weben ihr bleiches Tuch über die Felder, decken die Dächer ein und lassen sich ergeben von Meer und Föhrde verschlucken. Nichts mehr von weißen Kämmen und Bogen, taum etwas gesträubtes Fell die Wasser­fläche, hier und da spiegelblant wie geledt und doch beginnt in ein paar Stunden, im Dunkel des frühen Abends der Sturm wieder.

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Neuer Mond und stahlharter Frost. Die Boll­wächter haben ihre Pelze angezogen, dumpf klingt ihr langsamer Bostenschritt auf dem gefrorenen Ufer. Der Himmel biegt sich wie eine ftraffgesponnte Glocke von Horizont zu Horizont. Gelb und scharf umrissen steht der Mond an dieser Glode, unzählige Stenne funtein talt und klar. Auf dem Meer liegt wie eine filbrige Schale das Mondlicht, umgeben von tiefblauer Ebene. Ein fchwarzer Wall breitet sich der Wold am Strande , trübe und un­nüz blaten die Laternen der Sadt in die Nacht. Eistrusten bilden ch, wo Meer und Strand sich berühren, Gisringe um das Pfahl­werk der Landungsbrücken, Eisringe um die Bojen, die das Fahr waffer zeichnen. Kein Laut auf dem Wasser, fein Fischerboot braußen, denn die Fische ziehen nicht bei diesem ersten Frost und -zum Schmuggeln ist es zu hell.

Das aber war die Weihnachtsnacht 1923: Am Tage hatte es geschneit. Die Luft war ohne Nebel, aber trübe, fast handgreiflich nahe flossen Meer und Himmel im selben Grau zu fammen. Gegen Nachmittag begann es vom Meer her zu wehen. Straffer wurde der Wind. Die Wildfate Se fchüttelte sich, Straffer wurde der Wind. fnurrie, ftredte blante weiße Krallen aus. Früh tam die Nacht, Weihnachtsglocken wie in grundlose Tiefe ertranken. Das Meer ein wolfenverhängtes, tiefschwarzes Nichts, in das die Töne der murrte. Von der offenen See her Loben und Heulen, als feierten ersten weißen Schäume auf. Plötzlich erklirren die Fensterscheiben, Riesen dort trunkenes Fest. Vom Dunkel der Wogen leuchten die lose Biegel flappern, offene Tore und Türen inallen zu: mit wildem Anprall hat fich Sturm gegen Land und Stadt geworfen. Auf brüllenden Wogen, getrallt in die weißen Mähnen, tommen die Sturmgesellen geritten. Sie toben durch die Straßen und wühlen sich ein in alte Dächer, in schwache Zäune, bis die Ziegel praffeln, das morsche Holz fich in den Schnee vergraben läßt. Sundwasser und Wind reißen Jollen los im Hafen und tanzen mit ihnen wilden Weihnachtsreigen, sie von Ufer, von Schiff zu Schiff schleudernd, bis sie berstend versinken oder ohnmächtig auf den Strand fest fohren..

Als aber die Leute an Eund und See am ersten Weihnachtsa tag mittag lafen von den verwehten Zügen und den vom Sturm verschlungenen Schonern und Tjalts, da lachte die Sonne von einem floren Himmel. Wenige Wolfen wanderten gemächlich an ihm. Das Meer lag still, als hätte es nie anderes getan und blinzelte behaglich mit tausend fleinen Wellchen in die Sonne, Und ein ruhiger fester Frost tat so, als wollte er olles befestigen, was der wilde Lanz der Nacht gelockert. Nur die Möwen, die zu Dutzenden auf den Pfahlrosten der Buhnen saßen, freischten und schrien und wollten sich nicht beruhigen.

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fainische Frau, wie eine ewig unzufriedene Seele, fie stürmen, So sind die Wintertoge an Sund und Meer. Sind wie eine um wieder ruhige Sonne zu sein, gefrieren, um anzutoben gegen die Eisdecke, find demütiges, schmeichelndes Plätzchen und herri fches, wildes Aufbegehren und fanfter Schneefall, hilfreicher Wind für Schiff und Segel und gieriger, verschlingender Schlund- find alles, Leben, Vollnatur. P. B.

Rübezahls weißes Märchenland.

wohl kaum noch der Versicherung, daß die ungeheuren Schneemaffen, Aus dem Riefengebirge wird geschrieben: Es bedarf die in diesem Winter in ganz Mitteleuropa niedergegangen find, die sogar die Lagunenstadt Benedig in ein glitzerndes Winterkleid ges hüllt haben, auch in Rübezahls Reich Refordschneehöhen mit fich gebracht haben, wie sie feit Jahrzehnten nicht mehr dagewesen sind. Auf dem Kamme liegt der Schnee trotz des rapiden Taumetters, das vor furzem tam und mitten im Januar der Schneefoppe 2 Grad Wärme bescherte, immer noch einige Meter hoch. In den vielen Schluchten, in denen das Gebirge fich in die großen Täler verliert, waren Schneeverwehungen bis zu 15 meter Höhe anzutreffen, die noch jetzt haushoch sind; Ja, es wurden fogar Schnee berge festgestellt, deren senkrechter Durchmesser 8-10 Meter beträgt. Daß unter folchen Umständen glänzende Wintersportverhältnisse bea stehen, ergibt sich von selbst. Durch das tagelang anhaltende Tau­wetter, die Folge eines Föhnwindes, find die Rodelbahnen aller dings start vereist; aber das ist nur ein vorübergehender Zustand. Eine großartige Ausdehnung hat der Schneeschuhsport an genommen. Zu Hunderten tummeln sich die Stiläufer auf den Schneebedeckten Hängen; besonders bevorzugt wird neuerdings der Mummellamm im Westteil der böhmischen Geite, wo der Schnee bis 6 Meter hoch liegt und die phantastisch vereisten Bäume geradezu märchenhaft sind. Ueberwältigend sind auch die Ränder der Schnees gruben mit gewaltigen, bis zu 15 Meter überhängenden Schnees wächten, grandios die Eisgebilde, die an den steilen Wänden der Grubenränder hängen und deren Spalten und Bertlüftungen mit ihrer fristallenen Bracht ausfüllen. Scheint die Sonne in die Schnee­gruben, dann leuchten diefe riesigen Eisgebilde in blauem Licht. Die Jugend genießt diese Winterpracht und fommt in Scharen ins Ges birge, was um so leichter möglich ist, als eine Reihe der großen Jugendherbergen des Gebirges auch im Winter geöffnet ist.

Bon den großen Wintersportplätzen beging Krummhübes am 13. Januar das zehnjährige Bestehen des Krummhübler Bobsa leigh- Klubs mit einem Jubiläums- Bobrennen auf der Alfred- Cubische Bobbahn am Weidmannsheil"( 1650 Meter lang). Auf dieser her vorragenden Bobbahn ist eine moderne Fernsprechanlage, die mis allen Kurven verbunden ist, in Betrieb. Schreiber hau zeichnet fich auch diesmal wieder durch seinen Schneefiguren- Wettbewerb aus, mit dem es wohl einzig dasteht. Wer solche riesigen Schnee figuren zum erstenmal sieht, wird vor Erstaunen und Freude den Blick nicht von ihnen wenden mögen. Wie einzig, wenn z. B. vor dem Hauptpoftami in Marienthal ein Postbote in mehrfacher Lebensa größe gleich einem riesigen Denkmal steht. In der völlig vereisten Backelklamm üben sich fünftige Alpinisten beim Aufstieg mit Eiss pideln am zu gläserner Bracht erstarrten Wasserfall. In diesem Winter entwickelt auch die Bergstadt Schmiedeberg ein leb haftes Wintergetriebe. In die Reihe der großen Wintersportplätze hat sich jetzt auch das alte, malerisch am Mittelrücken unterhalb der St. Anna- Kapelle gelegene Seidorf gestellt.

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