Karl Maria von Weber . Von Herbert Eutenb«rg. Es ist nicht eine ausgesprochen geradlinige deutsch « Leben». filhrung. die er uns vorgemacht hat, dieser„deutschest« Künstler", wie er von Richard Wogner gepriesen worden ist, damals, da aus lein Betreiben Webers Leiche von der Sterbeltätt« London nach Deutschland gebracht wurde, damit die Asche dieses Lieblings seines Volkes wiederum zu einem Teil der deutschen Er-d« werde. In seiner Jugend ein flotter unbeschwerter Mansch,«in Luftikus, dem alles, was er lernen will, schnell zufliegt, verliert Weber sich«in« !|anz« Weile— es mögen an die vier Jahre gewesen sein— in ein« oCche Leichtsertigteir und GrmÄsatzlosigkcit, daß man aus dem Zebemann und Glücksritter, den er damals spielte, niemals aus den künftigen ernsten und frommen Vollender de»„Freischütz " hä:t« schließen sollen- Zu jener Zeit war sein ganzes Dasein aus das berühmte Lied seines Jagerburschen Kaspar gestimmt, dieses glänzend gelungenen Thealerschuftes, von dem Beethoven hingerissen schrie: „Dies Untier steht da wie ein chaus!" Ja, wahrhaftig,„das weiche seine Mannet. wie derselbige Beethoven von dem schmalbrüstigen, blasse» und unscheinbaren Weber nach persönlicher Bekanntschaft freundlich urteilte, konnte auch«in« Weile von sich fingen: Kartenspiel und Würsellust Und ein Kind mit runde? Brust Hilft zum ew'gen Leben! In Stuttgart war es, wo er sich wie sein braver Max«in« Zeit» lang dem Teufel verschrieb. In den nopoleonischen Krtegsjahren, als für die Kunst in Deutschland , wo» die Lobpreiser dieses menschen. feindlichen Schreckgespenstes immer vergessen, nicht rm einzige« «rünes Wetdeplätzchen wuchs. E. T. A. Hossmann mußte sich über jene Zeit mit Notenschreiben und Silhouettenschneiden durchschlagen Und Weber mit Musikmachen, Gitarresingen und Klaolzimbel'pielen. Und als amb die« nicht mehr begehrt war, da entschloß sich da« Kn« Mönnel, bei irgendeinem Hos unterzukriechen. Der frisch ge» ckene„königlich" württembergische Hof und Stuttgart , das da. wa'ige Paradies aller leichtsinnigen Fliegen In Deutschland , be- »Nächtigten sich des stellungslosen,«oischen Kunst und Leben herum. bummelnden Jünglings, der zu seiner Gewandtheit vorteilhafler» weis« auch noch elixn odeligdn Namen beibrachte. Al« Privat. fekretär des Prinzen Ludwig, der ein fidei«? Bruder de» sinstern neuen Königs von Napoleons Gnaden war. kam der einundzwanzig» tährlge Weber an den Neckar.„Der Vormund Deutschland ", wie Bonaparte damals von den ihm schmeichelnden Lohnschreibern ge. nannt wurde, pflegt« seine HuCd und Gunst nicht ohne Zusicherung «ine? Gegengabe zu verschenken. Für den Königstitet und die wei. teren Wohltoten, die Napoleon ihm zuteil werden ließ, mußte der damalige Selbstherrscher Württembergs ihm noch alter treuer beut» scher Fürstensitte sein« Untertanen verschachern. Man kann sich vor. pellen, wie varmn in jenen Kriegszeiten solche festen Posten bei Hose gesucht wurden. Prinz Ludwig, des Königs Bruder und zugleich Webers Dimstherr, führte feine verschwenderische üppige Lebens. Haltung zum größten Teil! von den Bestechungsgeldern, die von den wohlhabenden Württembergern zur Erhaltung irgendetnes Hof. pöstchens und damit zur Erlassung des Heeresdienstes eingezahlt wurden. Und der jung« Weber, sein geheimer Sekretariu» und der Verwalter setner Schatulle, hals Ihm dabei. Freilich— und da» wildert diese Politik der Durchstecherelen bei Ihm wie bei semem .Fürschten!— nur zum Besten der Menschheit, die er damit vom soldatischen Frondienst erlöste- Weber Cebte von dielen Schmier» äeldern vortrefflich und vergnügt dahin. In seligem Nichtstun. Nur »eine schöngeistige Bildung vervollkommnete er w jenen Jahren durch die Beschäftigung mit der Dichterwelt derart, daß er selber »tn höchst geschickter anziehender Schriststeller wurde. Schließlich beging er die Torheit, seinen Vater, einen etwa» verbummelten Theaterdirektor, der mit seinem Kunsttrüppchen durch Deutschland , botd in Eutin , bald in Hildburghausen , bald in Freiberg , hungernd derumstreift«, nach Stuttgart nachkommen zu lassen. Es gäbe den Text zu einem lustigen Singspiel, wenn man Vater und Sohn Weber in jenen liederlichen Jahren zusammen ans der Bühne vorführen wollte. Auch ein galgenlustiger Höhepunkt würde dem gedachten Singspiet von Vater und Sohn Weber nicht fehlen: Das wäre?er Abfchub des seltsam verbundenen Paares durch die württembergische Landespolizei. Der gestrenge König höchstselbe? veranlaßt«, nachdem »r den jungen Mussöh von Weber obend» au» dem Orchester der Hofbühne hatte verhaften lassen, den Abtransport von Vater und Sohn Und als ein wegen Unterschleiss und Veruntreuung ve» böchliges Individuum sah sich der sromm« Tondichter der .Euryanthe" an einem kaCten Winterabend de» Jahres 1810 über ri« schwäbische Grenze gesetzt. Und nun kommt da» höchst erstaunlich«, da« unter allen Künstlerlebensläufen satt einzig dastehend« Geschehnis im Dasein unseres Mnflkanten: Von diesem 26. Februar 1810 beginnt ein durchaus neues zweite» Leben des Komponisten, der dle'en Tag I elber als seinen eigentlichen Geburtstag bezeichnet hat. Wie mit »em Lineal abgeschnitten, liegt der bisherige Lebenswandel hinter ihm. Er setzt einen festen dicken Strich darunter. Ja, er trieb diese Folgerung so weil, daß er späte? nie mehr von jener verslossenen unheimlichen Zeltspanne seines Daseins sprach. In der Ihm sein Ich völlig verlorengegangen war und er in der Wolfsschlucht der Aus» schweisungen geweilt hatte. Seelenforschern wird dieser seltene Ruck, den sich ein Meirich geben kann, stets ein reizvolles Rällei bleiben. Das Problem des Ldarscter indclebilis, des unveränder» Sachen Kerns Im We'en eines Menlchen, wird damit berührt und 1 erschüttert. Selbst seine Gattin, seine„Lina",«ine durchschnittlich« brave Soubrettensängerin, die er hernach als Theaterkopellmeister herkömmlich pflichtschuldigst heiratete— und auch dies haben ihm Richard Wagner , und wie viele Theaterkapellmelfter noch, nach» gemachtl— durfte nicht an jene verhüllte Zeit mehr rühren. An ihrer heiteren Seite entwickelte sich der neuerwacht« Mann bald zu einem bienensleHigen, kreuzehrlichen Kerl. Er hatte sich zu seinen eigenen Laston noch die Schulden seines hochtrabenden Vaters aufgebuckelt, der Anno 1812 In die Grub« gefahren war. Und kom» panierte und taktierte sich nun mit unermüdlichem Eifer da» Ge.d zniammen, das er zur Tilgung dieser Schulden wie zum sparsamen Weiterleben brauchte. In Berlin , in Leipzig . Prag , Dresden oder Wien , überall, wo man ihn hören wollte. Er war einer der besten Kapellmeister, die es In Deutschland gegeben hat. Und einer der ersten, kann man hinzufügen. Denn er gehörte zu denen, die über» Haupt den Taktstock erst eingeführt haben.„Nicht König und nicht Kaiser werden aber fo dastehen und dirig'erenl"'chrieb sich das mitreißende Wirkung Webers auf seine Dresdener Musikanten erlebt mitreißende Wirkung Webers auf seine Dresdner Musikanten erlebt hatte. Zu dieser künstlerischen Begabung kam noch eine persönliche höchste Liebenswürdigkeit im Umgang hinzu, Ihn ba.d lehr geschätzt zu machen,«in« Liebenswürdigkeit, die sich freilich klüger al» bei Mozart , der nur ganz Herz und Empfinden war, mit einer gewissen gemessenen Hofmannshaltung paarte Als Tondichter hatte sich Weber, der nebenbei nach ein Talent zum Jmprovisieron und Phantasieren am Klavier hatte wie nach ihm erst Liszt wieder, zunächst durch Liederkomposittonen volkstüm» lich gemacht. Al» die preußischen Truppen 1815 nach Belgien aus» rückten, um dem Weitruhestörer Napoleon den Garaus zu machen, sangen sie auf ihren Märschen:„Das ist Lüssows wilde verwegene Jagd!" nach der Weberfchcn Melodie, die sich in diesem ein Jahr nach der Leipziger Schlacht als Nachwirkung der In Berlin erhaltenen nationalen Anregungen entzündet halt. Weiteren Gelegenheitston. werken, wie Klaviersonaten. Sinfonien und Kantaten, folgte dann der groß« Schlager seines Ledens,„Der Freischütz".„Wenn Ei« vom Hallischen bis zum Oranienburger Tor und vom Brandenburaer nach dem Käniqstvre gehen." so schrieb Heinrich Heine im März 1822 au« Berlin ,„so hören Sie setzt immer und ewig dieselbe Melodie, da« Lied oller Lieder:„Wir winden d« den Jungsernkranz." Dieter Erfolg Ist von Weber nicht mehr zu überbieten gewesen. Weder mit der gefälligen harmlosen Musik zu de» Schauspielers Pius Alexander Wölfs spanisch nachempfundener Zuckcrbackware „Prezivsa", noch mit der Vertonung der von Gefühl strotzenden Dichtung„Euryanthe " von Helmine von Chezy , noch mit dem Zaubermärchen.Oberon", zu dem ihm»tn Engländer den ver» schwömmen«« Text angerührt hatte. Das„weiche Männel". der schlank«, stets sorgfältig gekleidet« Mann mit den tiefen, biaugrauen. häustg umschleierten Augen, dessen zarte leidende und peisiverklärte Erscheinung aus den Knaben Richard Wagner «inen erschauernden Eindruck machte, begann früh an der Schwindsucht zu erkranken. Als Weber zum erstenmal Bluthusten bekam, soll er ganz leise wie ein Kind geweint und hernach zu lelner Frau gesagt hoben:„So hat auch meine Mittler damals geweint, als ss, dies« roten Spuren ihres frühen Endes sah.* Der arm« Meister hatte ssch ohne Zweifel zu viel aufgeladen, ver Erfolg seines„Freischütz ", diese» Ichönste Ereignis seine, vaseln», wurde {ugieich zum Stachel und zur Qual für ihn. Indem e» ihn Immerzu etzte. die Erwartungen der Mass«, die durch jene« Zugstück bi« zum Umnöqli hen hinaufqewirbelt waren, zu befriedigen. Do« höchst gemein« Verlangen, Geld zu machen, um damit die Zukunst der Seinen sicherstellen zu können, lockt« ihn nach London . Dort war Händel steinreich und Haydn höchst wohlhabend geworden. Wenn er nur die goldene Mitte zwischen beiden erreichen könnte, möchte die Ueberfahrt tn die Nebelstadt sich lohnen. Also dachte Weber bei sich, als er sich im Febri ar 1826 aus die Reis« über de» Kanal mochte. Der heimble-benden Gattin aber erklang da« Zu» Noppen des Reisewagen«. der ihn von bannen trug, wie das Zw hämmern feine» Sarge ». Ihr düstere» Ahnen bewahrheitet« sich. Der Meister kam nur al» Leiche noch in sein Vaterland zurück. Nach etn paar Konzerten, tn denen er sich kein« dreißigtaustnd Mark zn'ammenqeschwunaen hotte, starb der schmale, ständig blasse und kurzsichtige Mann, besten lebhaft« Augen späterhin unter einer Drill« hervorblitzlen. an der galoppierenden Schwindsucht. Sein löwengelber Mantel mit sünf Kragen, den er sich In den Tagen de».Fr«ischütz".TrIumohe« hatte schneidern lassen, überdeckte den ganz Nein gewordenen und dl« zum Gerippe abgemaqerten Lnchwm, der kaum achtzig Pfund mehr wog. „Dem wttd'» leicht,«in Engel zu werten." tagte der eine der beiden Rollkutscher, die Ihn au» Mrem Sterbehanse bei dem Musik- und Beethoven -Verehrer Sir Smart in dt« Kapell« der katholischen Hauotkirche In Moorfield überführten. Worauf der ander«, der woh: etwas von der Bedeutung des toten Meisters vernommen hatte, meinte-„Solch ein Musikant ist ja zeitlebens schon etwa« wie«in Stück Engel." tttu« de» Veriotter«»«INN Vuid„g r kch« l n u a g« n". I.«njelhonr» BrrlM, 6hi«(WTt, worin n Ällnftlcrflcftolten lebendl» rot Vasen füfttl.) „Sei welser und besser als deine Zeitgenossen, aber nimm dl« Welt, wie sse ist, und die Menschen, wie fle sind. Handle nicht so wie viele Geistliche! übe Tugend, aber predige sie nicht, solange dU jung bist* ts C 6« B 1 1 1 i e I d.
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