Wissen und Schauen
Ein Jubiläum der Schreibmaschine. Ein halbes Jahr hundert ist in diesem Jahre verflossen, seitdem die Schreibmaschine von der Waffenfabrik von Remington in Ilion im Staat New York zum erstenmal fabrikmäßig hergestellt wurde und damit ihren Siegeszug antrat. Erst seit 50 Jahren haben wir also die Schreibmaschine, ohne die wir uns heute das Geschäftsleben gar nicht mehr denken können. Remington, der erste Fabrikant des heute moch benußten Schreibmaschinentyps, ist keineswegs der Erfinder. Fast 200 Jahre hat man an dem Problem gearbeitet, anstatt mit der Hand mit der Maschine zu schreiben; zahlreiche Erfinder haben große Opfer an die Lösung dieser Aufgabe gewandt. Aber der Erfolg stellte sich erst dann ein, als die wirtschaftlichen Verhältnisse die Schreibmaschine gebieterisch forderten. Der erste, der ein Batent auf eine Schreibmaschine nahm, war der Engländer Henry Mill, der 1714 eine Maschine konstruierte, von der wir nicht viel wissen, von
ber er aber selbst angibt ,,, daß sie gestattet, die Buchstaben getrennt und fortlaufend wie in einem Manuskript zu drucken". Seine Erfindung geriet in Vergessenheit, und erst Ende des 18. Jahrhunderts beschäftigte man sich wieder mit einer Schreibmaschine, die aber nun Für die besonderen Zwecke der Blindenschrift ausgebildet werden Follte. Der berühmte Mechaniker Wolfgang v. Kempelen, der so tunstvolle Automaten herstellte, hat auch eine Schreibmaschine für Blinde konstruiert, und Briefe, die mit ihr geschrieben wurden, sind noch im Wiener und Linzer Blindeninstitut aufbewahrt. Als Erfinder Der Schreibmaschine sind dann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschiedene Persönlichkeiten namhaft gemacht worden. Die Staliener nehmen dieses Verdienst für einen Landsmann Conti in Anspruch. Noch begründeteres Anrecht auf die Erfindung hat der Bater des Fahrrades, der unglückliche deutsche Erfinder Draise, der 1832 eine Tastenschreibmaschine herstellte. Aber er drang mit seiner Idee nicht durch, und nur in England wurden Schreibmaschinen nach feinem System eingeführt. Einen neuen Anstoß erhielt die BehandLung des Problems durch den berühmten Physiker Foucault, der vom Schreibtrampf befallen wurde und sich eine Maschine baute, um leichter schreiben zu können. Er ließ seinen Apparat 1855 fabritmäßig herstellen, fand aber wenig Abnehmer. Nicht mehr Erfolg hatte der Tiroler Mitterhofer, der um 1864 eine Schreibmaschine schuf. Größeres Aufsehen erregte die um dieselbe Zeit erfundene SchreibEugel" des Dänen Malling- Hansen, der zunächst auch nur den Blinden helfen wollte, dann aber sein Patent weiter ausbautę. Bewegliche Stifte schlugen die an ihren Enden angebrachten Typen gegen eine Im Zentrum der Kugel vorüberbewegte Papierfläche und lieferten mit Hilfe von Blaupapier Abdrücke der Buchstaben. Aber die Mafchine war noch so schwerfällig, daß man viel langsamer schrieb als mit der Hand. Die Schreibfugel", die auf der Wiener Welt- AusStellung vorgeführt wurde, erregte viel Aufsehen, und in der nächsten Beit wurden zahlreiche Patente besonders in Amerika angemeldet. Doch erst die von Sholes 1867 erfundene Schreibmaschine, bei der die Typenstangen freisförmig aufgehängt waren, so daß jede Type genau nach demselben Punkt schlagen mußte, war es, die durch Remington eingeführt wurde. 1873 erschienen die ersten Remington- Schreibmaschinen, die sich rasch allgemeine Beliebtheit errangen.
Völkerkunde
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Die Feuerprobe auf Haifi. Eine merkwürdige Zeremonie, die Die Briefter auf Haiti ausführen, das sogenannte Umuti oder das Gehen auf Feuer, wird in einem Bericht des New Yorker Naturgeschichtlichen Museums geschildert. Diese Feuerprobe wird von einem Priester vollzogen, um dem Bolt eine gute Ernte zu sichern, amd sie besteht darin, daß er mehrere Male mit nackten Füßen über eine Lage von Steinen wandelt, die von einem darunterliegenden Feuer bis zum Rotglühen erhitzt sind. Eine enge, 2 Fuß tiefe Grube wird ausgeschachtet, darein Holz gelegt und darüber werden in zwei oder drei Lagen etwa 200 runde Steine geschichtet. Das Holz wird angezündet und brennt etwa 4 Stunden, bis die Steine glühend find. Mit langen Stangen wird dann die oberste Steinschicht entfernt. Der Briefter erscheint mit einem großen blühenden Zweig in der Hand. Unter Abfingung eines Zauberspruchs, der zu seinem Schuß bienen soll, geht er über die feurigen Steine und schlägt sie dreimal mit dem Zweige, hinter ihm her marschieren diejenigen feiner Schüler, die den Mut dazu aufbringen. Eine nähere Untersuchung hat dle ziemlich nüchterne Erklärung dieses Wunders gebracht. Die Steine, die dazu verwendet werden, sind Basalt, der eine sehr schlechte Wärmeleitung besitzt. Man fand, daß ein Stein, der an dem einen Ende glühend heiß ist, am anderen verhältnismäßig fühl bleibt, so daß ber Briefter, wenn er sich die Stellen vorsichtig aussucht, bei einiger Geschicklichkeit ohne Brandwunden hinübergehen kann.
Naturwissenschaft
Eine Eiche mit füßen Früchten. Die neueste Züchtung. Die Früchte der Elche, die sogenannten Eicheln, enthalten einen Bitterftoff, nämlich die Gerbsäure. Auch die Kastanie ist von einer solchen Bitterfeit nicht frei. Während wir aber hier auch eine füße Kastanie, bie Eßtastanis, tennen, die nicht nur bekömmlich, sondern auch wohl schmeckend ist, hat es uns bislang an füßen Eicheln gefehlt. Es bedarf telner weiteren Ausführung, in wie hohem Maße eine Eichenform mit süßen Früchten geeignet wäre, uniseren Laubwäldern eine ganz
neuartige volfswirtschaftliche Bedeutung mitzuteilen. In Marburg an der Lahn ist nun vom Obergärtner Rannappel eine solche Form entdeckt worden. Die Früchte schmeden ausgesprochen füß, noch etwas füßer als die Eßkastanie; ihr Geschmack neigt mehr dem der frischen Haselnuß zu, deren spröderes Kernfleisch sie auch besigen. Gleichzeitig unterscheiden sich diese Eichen von den bitteren Früchten schon rein äußerlich durch einen durchweg hellen, gelblich- rosa Farbtoit dem braunen Farbstoff hat also die Eichel zugleich die Bitterfeit eingebüßt. Augenscheinlich stehen Pigment und Säure in sellschaft, Frik Graf von Schwerin , hat die neue Eichenform zu zusammenhang. Der Präsident der Deutschen Dendrologischen GeEhren ihres Entdeckers Quercus sessiliflora ( robur) Kannappellii genannt. Ob sie famenbeständig ist, muß die Zukunft lehren. Vorläufig fann sie mit Sicherheit nur durch Beredeiung, also Pfropfung, vermehrt werden.
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Technik
Durchforschung der Elemente und ihrer in der Natur vorkommenden oder auch künstlich dargestellten Verbindungen führt von selbst zu neuen Anwendungen altbekannter Körper, oder dazu, daß solche Körper, die wir bisher mehr als Merkwürdigkeiten betrachtet hatten, einer technischen Anwendung fähig werden. Gibt es doch zwei Gruppen, die in der Chemie als„ feltene Metalle" und" seltene Erden" bezeichnet werden und die seit den Erfindungen Auer werden. Das Chrom gehört nicht zu ihnen, ist aber immerhin ein von Welsbachs in ganz großem Maßstabe technisch angewendet nicht gerade häufig vorkommendes Metall und jedenfalls recht teuer. Bisher wurde es hauptsächlich als Zusah zu hochwertigen Stählen verwendet, der Chromnickelstahl ist der beste Konstruktionsstahl, er spielt im Automobilbau eine große Rolle. Neuerdings hat man nun versucht, das Chrom in reiner Form als Schuhüberzug für andere Metalle zu verwenden. Bisher spielte auf diesem Gebiete das Nickel eine allererste Rolle; trok verschiedener Versuche, andere Metalle zum gleichen Zwede zu verwenden, konnte es nicht verdrängt werden. Auch der während des Krieges unternommene Versuch, das in Deutschland vorkommende Metall Kobalt dieser Anwendung dienstbar zu machen, blieb ohne dauernden Erfolg. Im Chrom scheint nun doch dem Nickel ein ernsthafter Wettbewerber zu erwachsen, nachdem es gelungen ist, die Schwierigkeiten zu beseitigen, die der elektrolytischen Abscheidung entgegenstanden. Jetzt fann man es fogar in zwei Formen abscheiden: matt und hochglänzend, so daß die Mattierungs- oder Polierarbeit, die bei Nickel immer noch notwendig ist, wegfällt. Das Chrom besitzt eine platinähnliche Farbe mit tiefem Hochglanz, und es ist so hart, daß es im gewöhnlichen Gebrauch überhaupt nicht durchgescheuert werden kann. Eine Schicht von einiger Dicke hat die Härte des Korunds, so daß man damit jogar Glas schneiden kann. Dazu kommt noch der hohe Schmelzpunkt des Chroms und seine Beständigkeit an der Luft, die dem Metall zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten sichern. Ueberall, wo große Hize auftritt, wird eine Verchromung am Blake sein, ebenso da, wo geringe Abnutzbarkeit gefordert wird, wie bei Schreibmaschinenteilen, Drucktypen, Uhrwertsteilen, Klischees usw. Ein Gebiet besonderer Anwendung dürften Exportartikel sein, deren hochglanzpolierter Ueberzug durch den Seetransport nicht leiden soll. Endlich wäre noch zu prüfen, ob man die Kupferplatten von Radierungen nicht fünftig verchromen anstatt verstählen sollte. Bei der praktisch nicht in Betracht kommenden Abnutzbarkeit des Chroms fönnte man von einer Platte eine tatsächlich unbegrenzte Zahl von Abdrucken herstellen und damit auch dem wenig Bemittelten den Rauf einer Originalradierung möglich machen. Dann hätte sich der technische Fortschritt unmittelbar in einen kulturellen umgesetzt. S. H.
Neuere Anwendung des Chroms. Die immer weiter greifende
Erdkunde
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Hitze zu erhalten, die von der Lava bei Vulkanausbrüchen ausgeht, Wie heiß ist vulkanische Cava? Um eine Vorstellung von her hat man sich besonders eingehend mit den Temperaturen der Glutmasse und Glutwolle beschäftigt, die bei dem Vulkanausbruch des Mont Belé beobachtet wurden. Wie Rudolf Hundt in der„ Leipziger Illustrierten Zeitung" berichtet, hat man eine Flasche gefunden, die unter der Einwirkung der Glutwolke„ völlig zusammengedrückt und zerknüllt war wie ein Blatt Papier , die beiden gegenüberliegenden Seiten sowie der Hals aneinandergepreßt und fast zusammengeschmolzen. Die Flasche, eine Champagnerflasche, mit Draht um den Hals, besteht aus drei Millimeter und an der Mündung sogar cus 4 Millimeter dicem grünen Glas. Der Draht um den Hals wolte obere Temperatur von 1050 Grad Celsius gehabt haben mußte, war eingeschmolzen. Man nahm jezt an, daß die vulkanische Gluldenn soviel beträgt die Schmelztemperatur des Kupfers, und fupferne Telephondrähte waren durch die Glut cricht geschmolzen- worden. Die untere Temperatur wurde mit 800 Grad Celsius angenommen, da fbarke Glasröhren durch die Hizze zerdrückt wurden. scheint aber, als ob ob die vulkanische Glutmotte heißer 800 Grad Celsius war, denn um das dicke Glas der Flasche in 2 bis 3 Minuten zu schmelzen, ist eine Temperatur von wenigftens 1000 Grad Celsius nötig. Es ist auch leicht möglich, daß die Temperatur die 1050 Grad Celsius noch überstieg, denn das Nichtschmelzen der Kupferdrähte ist ja nur auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Zeit der Einwitfung der Blutwolle beschränkt war. Jedenfalls muß die vulkanische Lava viel höhere Temperaturen haben, als man bisher angenommen.
Es
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