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Toller hat bis heute fünf Stücke geschrieben, außer einem kleinen Scherzspiel,Rache des oerhöhnten Liebhabers", das, obwohl Jugendarbeit und ein wenig unpersönlich, doch formal sehr leicht, beschwingt und gelungen ist. Sein« eigentlichen Stücke sindDie Wandlung  ", jene dichterische Vision des Kriegswahn- sinns, die Toller vor seiner Einsperrung schuf, später in der Hast geschrieben:Masse Mensch  ", dannH in k e m a n n" undDie Maschinenstürmer": endlich, noch unausgeführt, die satirisch« KomödieDer entfesselte Wotan" Außerdem an Lyrik: der »Tag des Proletariats", ein sehr starkes und beseeltesRe- gutem den gemordeten Brüdern", und die sprachlich vorzüglichen Gedichte der G« s a n.g e n e n". Ferner sein dichtestes und schönstes Werk:Das S ch w a l b e n b u ch". Wenn man die Linie der Tollerfchen Entwicklung als Drama- tiker verfolgt, von derWandlung" mit ihrer heißen Inbrunst, ihrem eigenwilligen, aber sehr persönlichen Rhythmus bis zumHinke- mann" oder denMaschinenstürmern", gutgemeinten, aber letzten Endes farblosen Gebilden, so wird man trotzdem nicht in den Fehler versallen, hieraus Rückschlüsse auf Tollers   künstlerische Kraft zu ziehen, Ueber diesen Dichter wird man abschließend er st wieder urteilen dürfen, wenn er frei ist! Toller führt seit etwa achtzehnhundert Tagen ein unddasselbe Leben. Morgens, mittags, abends sieht er grau« Wände einer und derselben Zelle. Kommt er was ihm früljer auch vielfach beschnitten wurde-- ein paar Stunden auf den Hof herab, sieht er immer wieder gleiche Gesichter, hört er gleiche Stimmen, jede Abwechslung entschwindet, was zurückbleibt ist eine graue, leblos« Monotonie. Es sind ein pgar Wochen her, da gelang es mir, ein Gespräch von zehn Minuten(unter der Kontrolle eines nicht sehr liebens- würdigen Aufsehers) mit Ernst Toller   zu führen. Als ich Nieder- fchönenfeld von Rain am Lech  , einer Kleinbahnhaltestell«, aus zu Fuß aussuchte, glaubte ich, das Leben in der Haftanstalt müsse nicht so unerträglich sein. Weißlich glänzend im Schimmer eines Frühlingsmorgens, stiegen die Gebäude, wie«in Gutshaus mit seinen Stallungen, aus der sonnenhellen Eben« auf. Später aber, im neuen Hastgebäud« neben dem alten Kloster, das jetzt Festungs- gesängnis wurde, spürte ich die dumpfe Enge der kleinen Zellen, die bei aller Helligkeit lichtlos wirken. Dies« Zellen Niederschönen- selds sind kleiner als die vorschriftsmäßig« Größe einer Einzelzelle irgendeines modernen Gefängnisses. Dafür heißt der Aufenthalt ln Ihnen: Festungshaft. Dort lebt Toller. Und in dieser einfachen Tatsache, finde ich. erklärt sich hinreichend, daß in seinen Stücken Sprach« und Gestaltung jahrelang nachließ. Der schaffende Gefangene, dem ein an sich gar nicht überraschendes und erschütterndes Wortbild einfällt, sieht den Ausdruck stets im Schatten seiner eintönigen und erstorbenen Umgebung An dem Grau der Gefängniewelt gemessen, ist jedes Wort und jeder dichte- rische Einfall strahlend und voll persönlichster Beseelung� So ver- liert der Dichter im Gefängnis jeden Maßstab, kann vielleicht kaum mehr sein Gefühl, sicher nicht die Form, in die er es, schaffend, umwertet, kontrollieren. Hier könnte man vielleicht die Kloster- kunst des Mittelalters als Einwand anführen. Dos aber, was der Mönch des Mittelalters schöpferisch der Einsamkeitsekstase seiner Zelle abrang, wurde groß nur durch die Inbrunst des ganz persönlichen Bekennens, das sich darin ausdrückt(und in diesem Sinne hat auch Toller mit demSchwalbenbuch" seine Zelleneinsamkeit überwunden) für das Drama aber gilt ein anderes Schassenspnnzip als für jede Art von lyrischer Kunst(wobei lyrisch nicht d>e Forni bedeuten soll, sondern de» Geist, der ebenso für den Prosahymnus, ja, für eine Holzschnitzerei, wie für ein Gedicht in Frag« kommt). Drama heißt Gestaltung. Gestaltung aber setzt Reibung an der Umwelt, Erlebnis der lebendigen Zeit voraus. Toller, der ein- gesperrt wurde, war noch viel zu jung, um schon soviel Erlebnis- substanz der Welt in die Zelle mitnehmen zu können, daß er sie dort nur noch schöpferisch hätte auswerten niüsien. Toller, der dos Ge- fängms verläßt, ist ein reifer, stiller Mann, aber er wird erst der Welt wieder begegnen müssen, bevor er sich dichterisch vollwertig mit ihr auseinandersetzen kann. Als ich Toller verließ, schenkte er mir zum Andenken seinen Entfesselten Wotan". Dieses Stück ist geschlossener als seine tragischen und gewichtigeren Dramen. Rein stilistisch hat er es in der Satire leichter, wo jene typisierende, etwas papier  -literarische Methode wie sie Toller noch aus derJunI«n-Deutschland"-Ze>t vor seiner Einsperrung anhaftet ganz am Platze ist. Endlich finde ich einen einzigen Einfall dieser Komödie ohne Scherz beweiskräftig für Tollers   dichterischen Instinkt. Wenn er nämlich seinen Hitler-Woton zum Friseur macht, so hat er(ohne dem Friseur- beruf im allgemeinen wehtun zu wollen) doch die Art jener Talmi- schwätzcr völkischer Scharlatanerie ganz tief ersaßt, die dem traurig lächerlichen Typ jenerUm-den-Bart-Geh«r" gleichen, denen die Beschäftigung mit Pomade auch den eigenen Charakter manchmal aufgeweicht hat. Toller, der als Opfer des Klosienkanipfcs Einaespcme, steht als Dichter im Grunde der Idee des Klassenkampfes noch sehr schwankend, beinahe ablehnend gegenüber. Er bekennt sich zum Ethos der Liebe. ist versöhnlich gestimmt, steht dein All mit jener hingegebenen De- johling und Milde gegenüber, die imSchwa�benbuch" fast an Goethes Weltaefühl gemahnt. Aber gerode diese Bejahung des großen Krästespicles in der Welt muß auch Toller zu der Einsicht führen, daß das tiefere sozialistische Gefühl nicht dem Mitleid mit den heute noch Enterbten, sondern der Erkenntnis ihrer reicheren und unverbrauchteren Kraft entspringt, muß ihn zur "eiahunq auch jenes schönen und notwendigen Lebensvorganges führen, daß die junge Klasse die rerbrauchte überwinde»
von Halvani bis �lrco. Bon Willi M ö b u s. Di« drahtlose Nachrichtenübermittlung steht heute, im Zeitalter des Rundfunks, im Mittelpunkte des technischen Interesses der Oeffentlichkeit. Einer Krankheit gleich greift dos Radiofieber um sich, Radio heißt das Zauberwort, das die Gemüter in seinen Bann zwingt. Dennoch ist die drahtlose Kunst eigentlich gar kein so junges Kind der Mutter Technik: Es konnte vor einem Jahre bereits seinen 25. Geburtstag feiern, nachdem es bis dahin Jahrzehnte gebraucht hatte, um sich aus keimhaften Anfängen zu entwickeln, die die jetzige Gestalt nicht einmal ahnen ließen. Heute ist das Kind schon recht gewachsen. Die drahtlose Technik ist zu einem Sonderfach der In- genieurwissenschaften geworden. 155 Jahre sind vergangen, seitdem Galvani   die jener Zeit so merkwürdig dünkende Entdeckung macht«, daß Froschschenkel, die an einem eisernen Zaun mit kupfernen Haken aufgehänkt waren, scheinbar Leben bekamen, sobald sie den eisernen Zaun berührten. Er glaubte zunächst eine Erscheinungsform der tierischen Elektrizität entdeckt zu haben. Doch fünf Jahre später, 1793, wies B o l t a nach, daß der elektrische Strom an der Bcrührungsstell« zwischen dem Eisen und Kupfer entsteht. Di« Welt wußte zunächst wenig mit diesen äußerst wichtigen Entdeckungen anzufangen. Um so verwunderlicher will es scheinen, daß der spanische Physiker Salva vor der Aka- dem!« der Wissenschaften in Bologna   einen Vortrag gehalten haben soll, der bereits die drahtlose elektrisch« Nachrichtenübermittlung zum Gegenstande hatte. Es ist recht bedauerlich, daß über den näheren Inhalt dieses Vortrages nichts erhalten geblieben ist. Vielleicht be- handelt« er weitere Experimente Galvanis, die bis heute wenig bekannt geworden sind. Es wird nämlich berichtet, daß Galvani   durch eine Elektrisiermaschine elektrische Funken erzeugt habe, die er unter Be- Nutzung von Hochanlennnen und der Erdung durch den freien Raum auf Froschschenkel wirken ließ, die als Empfänger dienten. Er soll sogar ein« große An, zahl von Froschschenkeln im Kreise um«in« als Sende- anlag« dienend« Elektrisiermaschine angebracht haben. Jedesmal, wenn ein Funke von der Elektrisiermaschine aufsprang, zuckten die Froschschenkel zusammen. Derselbe Versuch ist hundert Jahre nach Galvanis Arbeiten in großzügiger Weise nochmals durchgeführt worden. Man benutzte dabei den Eiffelturm als Sendestation und stellte die Froschschenkel-Empfänger, die man mit Morfefchreibcr koppelt«, im Kreise von 300 Kilometer Entfernung in gewissen Ab- ständen auf. Die Froschschenkel reagierten auf die elektrischen Wellen und die Morseapparate schrieben ihre Zuckungen auf einem Papier  - streifen nieder. Galvanis Versuch« waren so sehr in Vergessenheit geraten, daß uns die Mitteilung von ihnen heute mindestens ebenso wunderbar erscheint, wie die endliche Ausgestaltung der drahtlosen Telegraphie. Die weitere Entwicklung der elektrischen Nachrich'enübermitt- lung bediente sich nicht des drahtlosen Weges, sie führte vielmehr zur Ausbildung der Drahttelegraphi«, die heute in Verbindung mit der Hochfrequenztechnik, die über einen Draht unter Benutzung ver- schicdener Wellen mehrere Gespräche qleichzei'ig zu führen gestattet, ihren höchsten Stand erreicht hat. Maxwell stellte 186-1 die Theorie auf, daß elektrische und Lichtwellen verwandt seien. Der experimentelle Nachweis dieser Annohme wurde 1889 von Heinrich Hertz   er- bracht. Es gelang diesem in seinem Laboratorium unter Benutzung eines Funkeninduktors elektrische Wellen zu erzeugen, und ihre Ge- schwindigkeit und Länge zu messen. Eine Reihe weiterer Physiker, die sich mit den Hertzsche» V-rrsuchen beschäftigten, verbesserten die Sende- und Empfangseinrichtungen für ihre Sonderuntersuchungen. Aber auch sie dachten nicht an die drahtlose Telegraphie. Der Fran- zose B r a n l y baute 1890 den sogenanntenF r i t t« r". durch den «r den Empfangsapporat wesentlich empfindlicher machte. Riqhi verbesserte den Sender 1893 durch«ine Funkenstrecke, die erheblich kräftigere Schwingungen und damit weiterreichende Wellen lieferte, als der Hertzsche Sender. Die Hochantenne, die Galvani   ja bereits für sein« Versuche benutzt und mit deren Hilfe er auch Gewitterunter- suchungen angestellt hatte, wurde erneut durch P o p o f f ebenfalls sllr Gewitterstudlen eingeführt. Damit war alles beisammen, was zur drahtlosen Nachrichtenübermittlimg auf elektrischem Wege not- wendig war. Guilelmo Marconl, ein Schüler Righis, erkannte das Zusammentreffen dieser glücklichen Umstände und da ihm Mittel zur Durchführung drahtloser Nachrichtenübermitllungsversuche zur Ver- fügung standen, hatte er vollen Erfolg Un'er dem Protektorat Prieces, des damaligen Leiters des englischen   Telegraphen- wesens, gelangen ihm 1897 an der Küste von Wales drahtlos« Sende- versuch«, die alsbald zur Gründung einer Marconi  -Gesellschaft sührten. die sein« Patent« ausnützte. Auf der ersten Marconi  -Station wurde die Wellenläng« durch die Höh« der Sendrantenne bestimmt. Die Wellenlänge hat die vier- socke Länge der Sendeantenne. Solange nicht vor die Antennen Abstimmspulen ge'chaltet werden, deren Windungen gleichsam ein« Verlängerung der Antennen darstellen und von denen man je nach Bedarf eine bestimmte Zahl von Windungen zu- oder abschaltet, wodurch die wirksame Länge der Antenne beliebig verändert»verden kann, muß'e die Empfangsantenne dieser Marconi  -Stalionen stets so lang lein wie die der Sendestation. Unter diesen Verhältnissen konnte Marcrni aus 30 Kilometer telegraphieren. Diese und ander« Mängel, insbesondere die Erzeugung stark gedämpfter Wellen, wurden durch den von Professor Braun angegrbenen gekoppelten Sender und die von ibin zunächst angewandte schirmähnliche Antenne wesentlich gemildert, so daß hierdurch bereits eins Reichweit« von