Lo Feng geriet in Fieberphantafien; die Nachbarn fammelten sich um sein Erdloch, teils stumpfsinnig zuhörend, was der Kuii von Befreiung aus Sklaverei und Erniedrigung redete, teils darüber fchwahend, indem sie zeitweilig auflachten.
In der Chinesenstadt aber schimpfte der Greis über den betrügerischen Kuli, der nicht zahlen wolle, was er schuldig sei. Und der Alte verwünschte Lo Feng in feinem Haß.
Der Kuli, völlig zum Stelett abgemagert, ein Haufen zusammen gebrochenes Elend, war am dritten Tage seiner Krankheit tot. Die Matte, auf der Lo Feng lag, wurde um seinen Körper gelegt, mit zwei Stricken, die man am oberen und unteren Ende darum legte, aufammengehalten.
Dann legte A- Sung den Toten, mit scheinheiliger Miene, auf bas Feld, füdlich der Straße nach 3i- Ka- Wei, da es in China nicht Brauch ist, die Toten zu begraben.
Es ist ein fleines französisches Dorf wie alle anderen. Festgebaute Bauernhäuser mit Läden vor jedem Fenster und steinernen Torwegen. Lange Mauern vor Gärten, aus denen Ranken vot Wicken und Efeu herübergrüßen. Biedere Paysans in Kitel mit Holzschuhen, die ihre Ochsen zur Tränke führen und im Pathois mit thren Frauen und Kindern scherzen. In der Mitte aber eine behäbige Kirche, daneben das Pfarrhaus und ein Garten mit Kohl, Salat und Obstbäumen. Und Monsieur le Curé geht erbaulich darin spazieren und sucht die Raupen von seinem Frühstückssalat ab.
Man sieht das alles im Vorübergehen nach dem Chateau, wo der große Weise und Spötter gewohnt hat, und fühlt, es ist noch das felbe Bild, wie damals vor 150 Jahren.
Das ist der Park Eine hohe Mauer schließt ihn nach der Straße hin ab. Hinter einem Gitter führt eine fleine Allee nach dem Chateau. Rasenflächen und Gebüsche mit Bänken, die zum Ruhen und Träumen einladen. Ein Springbrunnen rieselt sachte und ein dummer schöner Pfau schlägt sein Rad. Wie oft ist der alte Herr hier spazieren gegangen und hat sich über ihn gefreut, weil er wenigstens ehrlich in seinen naiven begehrlichen Wünschen war und leine schlechten Verse machen konnte, wie die Menschen.
In der Borhalle steht eine schöne alte Uhr. Auf dem Zifferblatt ift eine Rofotoliebesgöitin gemalt, die tokett einen Blumenstrauß dem Besucher entgegenstreckt. Er warf ihr jedesmal eine spöttisch höfliche Kußhand zu, wenn er vorbei ging, merci bien, Madame, aber in meinen Jahren gibt es feine Schäferspiele mehr."
In dem großen weißen Eßzimmer stehen steife moderne Möbel, aber der Kamin ist noch da, an dem er sich so manches Mal gewärmt hat. Abends im Spätherbst, wenn draußen der Regen fiel und feine einzige Freundin ihn vorzulesen bat.
Vor dem Fenster seines Arbeitszimmers im ersten Stock schwanken buschige Zweige. Es riecht nach Heu und Obst. Auf dem Schreibtisch hodt ein porzellaner Affe mit geöffnetem Maule. Das war der letzte Freund des großen Einsiedlers. Manchmal unterhielt er sich stundenlaang mit ihm oder las ihm Briese und Berse vor, die ihm sein Freund aus Sanssouci schickte. Wie findest Du das? Du schweigst, aha, Du bist ein Diplomat, mein Lieber." Und dann lachte er leise und steckte dem Affen eine Walnuß zwischen die Zähne. Aber wenn ihn zu sehr das Läuten vom nahen Turme herüberstörte, schloß er wütend das Fenster." Dummköpfe, es ist umsonst, man tann euch nicht helfen nicht wahr, Coco?"
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Ach so, ja, ich nergaß, eigentlich war ich ja gar nicht in dem Hause. Der jezige Befizer läßt keine Fremden hinein. Aber ich bin feft überzeugt, daß es genau so dort aussieht, wie ich es beschrieben habe.
In Wurzelheim.
Bon Ernst Schermer.
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War das ein Leben vor Wurzelheim! So etwas war lange nicht dagewesen. Ufetei und Rotfeder, Rotauge und Bitterling, Ellrize und Gründling waren dabei, ja selbst der Steinbeißer fehlte nicht, und von den Fröschen konnte man das Gegenteil auch nicht be. haupten. Alle waren vor Wurzelheim versammelt und spektakelten bort herum, wie man es sonst selbst in dem größten Pfuhl faum zu hören bekommt. Am lautesten gebärdeten sich die Frösche, die am Ufer saßen und sich dort ganz sicher fühlten, noch sicherer als die Ge fellschaft unten im Bache , die Wurzelheim belagerte und dort schrie und tobte.
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Die sonst so ängstlichen Fische waren am ausgelaffensten. Sie wagten sich bis in die äußere Höhle hinein und sonst- wagte fich feiner von ihnen hier in die Nähe. Nur in weitem Bogen schwammen fie um Wurzelheim herum. Aber heute fonnten sie es ja machen.
Rauhbein, der alte Krebs, saß in der hintersten Ede seiner Wohnung und ließ sich nicht sehen. In früher Morgenstunde hatte er feinen Panzer ausgezogen. Ach, war das eine Qual gewesen! Angenehm war das Ausziehen niemals, aber so fchmerzhaft wie diesmal war es noch nie gewesen. Er dachte noch mit Grauen daran. Wie empfindlich die neue weiche Haut war! Nicht rühren mochte er fich. Und die Scheren, feine Prachtstücke, fein ganzer Stolz! Welch und schlapperig waren sie, zu nichts zu gebrauchen. Nicht einmal
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einen Etint fonnte er damit greifen.- ,, Butterfrebs, Butterfrebs, butterweicher, Rauhbein", so grölten fie draußen. Und die Frösche schrien hinterher im Takte immer:" Quad , quad, quad, Rauhbein!" Wie ihn das ärgerte! Wie es ihm in den Scheren zuckte! Wenn Bustand ließ es einfach nicht zu. Die Gesellschaft würde frech genug er nur ein einziges Mal dazwischen könnte! Aber sein butterweicher sein, ihn anzufassen. Das könnte ihm das Leben kosten. Seine Scheren waren auch gleich hin und würden nie etwas Ordentliches werden, wenn er sie jetzt verlegen würde.
Das war doch die Höhe! Nun schrien die kleinen Barsche auch mit, diese Kerle, die sonst gar nicht an dieser Seite entlangzuschwimmen wagten. Rauhbein war tief entrüstet, vielleicht, weil er die alten Barsche als Feinde so fürchtete. Hätte ihn doch heute morgen einer dieser gefährlichen Räuber, der ihm bis in die Höhle hinein gefolgt war, beinahe gefaßt. Na, denen wollte er es bei Gelegenheit aber geben! Nein, das fonnte doch wohl nicht angehen. Die kleinen Bachflch frebse wagten sich in seine Höhle hinein!„ Ich werde es euch O meh, er mußte mit feiner weichen Schere einen scharfen Stein gepackt haben. Wie das schmerzte! Und wie sie draußen wieder lärmten! Der Standal hatte immermehr Getier angelockt. Auch größere Weißfische standen in nächster Nähe, um sich den Spaß mit anzusehen.
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Da schoß es heran wie der Bliz. Der Hecht war mitten in die Gesellschaft hineingefahren und hatte eine große Rotfeder gepackt. Jetzt warf er sie herum, packte den Kopf und würgte das Opfer hinunter. Halb war es ihm erst gelungen, da stob er davon, einem ruhigen Plätzchen zu, um in Ruhe fpeifen zu können.
Der Schreck ware allen in die Glieder gefahren. Die meisten flüchteten Hals über Kopf. Ein paar Fische und Frösche rannten sich in Wurzelheim fest. Wenn Rauhbein jetzt feine Scheren hätte gebrauchen können! Aber der hatte selbst solche Angst bekommen, daß er in der hintersten Ede faß und fich nicht zu rühren wagte.
Als die Gefahr vorüber war, verzogen sich die Gäste sehr schnell. Die Lust zum Verspotten war allen vergangen. Ganz still war es geworden. Nur das leise Blätschern der Wellen und das Geflüster der Blätter flang von draußen herein.
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Nach einiger Zeit wagte Rauhbein es, von dem mittleren Teil feiner Höhle, hinter Erlenwurzeln versteckt, hinauszuschauen. Nur ein kleines Rotauge, das wohl feine Ahnung von dem Geschehenen hatte, schwamm dort herum und weidete Algen ab. Als es in die Nähe von Wurzelheim fam, schrie Rauhbein es an: Was willst du hier, elender Weißfisch." Das fleine Rotauge sprach ganz schüchtern: Ich habe dich nicht stören wollen und schwimme gleich weiter. Ich dachte nur, die Algen sind hier so zart und üppig, wenn sie niemand mag, fann ich wohl noch ein paar fressen." Gar nichts fannst du, frötiger Weißfisch!" Ich gehöre einem viel älteren Geschlecht on als die Kröten," sprach das Rotauge, damit kannst du mich nicht meinen. Meine Vorfahren lebten schon zu einer Zeit, als noch niemand eine Kröte gefehen hatte. Uebrigens brauchst du gar nicht so stolz zu sein," fuhr es dann fort, als es fah, in welchem pflaumenweichen Zustande sich der Krebs befand, die Schnecken und Muscheln und Würmer, ja selbst die Schwämme hier auf den Wurzeln haben eine längere Ahnenreihe als du." Darauf fonnte Rauhbein nichts erwidern und antwortete biffig:" Wir haben aber schon die Beſt gehabt!" Er bereute jedoch sofort. daß er das gesagt hatte, denn gleich flang es zurück:„ Schade, daß sie dich nicht geholt hat!"- Und weg war das Rotauge.
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Langfam sentten sich die Schatten der Dämmerung auf das Gewäffer. Windstill ward es. Kein Blatt rührte sich. Nur die Wellen des Baches plätscherten und glucksten leise vor sich hin, immer im gleichen Tatte, im gleichen Tafte.. Der Mond stand hoch am Himmel und malte filberne Kringel auf dem Waffer. Jeht war die Zeit gefommen, wo Rauhbein sonst auf Raub auszog. Am Ufer ging es entlang, oft bis hinten an die Sandbank, wo zuweilen so feine Beute anzutreffen war, ein eingegangener Barsch oder Hecht, zuweilen auch einmal eine Wafferratte. Und dann ging das Herauss schneiden der besten Bissen los.
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Da zogen Krebse vorbei, hinunter zur Sandbank. Wer dabet fein könnte! Er streckte unwillkürlich die Fühler aus und witterte. Das war doch Fischgeruch, feiner Fisch! Er witterte wieder und rutschte ein Stüd weiter nach vorn. Ach, feine Fühler waren auch noch nicht wieder zuverlässig. Aber da war der Duft wieder! Gonz nahe!- Aber? Nein, Hunger hatte er noch nicht. Er wollte wieder zurück. Da tauchte ein spizer Kopf auf und glitt auf ihn zu, und ein langer Schlangenleib folgte. Der Krebs floh rückwärts in den hintersten Winkel von Wurzelheim. Vergebens. Der Aal hatte ihn schon mit fpigen Zähnen gefaßt und zerrte ihn heraus. Mit dem wehrlosen Gesellen wurde der grimmige Räuber schnell fertig. Rauhbein wanderte mit seinesgleichen niemals wieder hinunter zur Sandbank.
Das Papier.
Bon Ottfried.
Die Vorläufer des Buches, die auf das ehrwürdige Alter von nahezu 4000 Jahren zurückblicken, waren Papyrusrollen. Der Bapyrusstoff, der aus den Schäften der Papyrusstaude gewonnen wurde, ist mit dem heutigen Papier nur noch dem Namen nach verwandt. Die Bestandteile fowohl wie auch die Herstellungsweise find grundverschieden. Bei der Papyrusherstellung wurde der entrindete Schaft der Papyrusstaude in dünne Blätter geschnitten, freuzweife übereinandergelegt, mit Klebstoffen verbunden, gepreßt und dann ge