Weihnacht beiden Völkern des Erdenrunds Höhepunkt der ganzen Feier. In wohl unbewußter Erinnerung an
Von M. A. von Bütgendorff.
Der Charakter und die Seele eines Volkes offenbaren sich in ben Bräuchen seiner Feste. Hier entwickelt es seinen Gruben, feine Weltbetrachtung, seine Poesie. Bunte und seltsame Bilder bietet die Feier des Chriftfestes auf dem ganzen Erdenrund. Altgermanische Fröhlichkeit und füdlich- finnengefällige Festestuft, Kindlichkeit und naiver Aberglaube flingen auf in diesen Stunden, die schon vor Jahrtausenden der Freude über die wiederkehrende Sonne geweiht
waren.
Aber nicht überall gehen Sitten und Bräuche auf Jahrtausende zurück. In Amerika z. B. ist unser altes Weihnachtsfest erst neueren Ürsprungs. Sind doch erst drei Jahrhunderte vergangen, seit die Holländer ihr Neu- Amsterdam, das heutige New York , gründeten und als fromme Christen auch ihre Weihnachtsfeiern in das fremde Land mitbrachten. Aus der einfachen, ausschließlich religiösen Feier, bei der gewöhnlich nur die Kinder etwas Spielzeug und Zuckerwert erhielten, ist freilich mittlerweile ein Fest geworden, an dem der Amerikaner seine Taschen gründlich leert. Heute ist der Christbaum längst im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten heimisch geworden. Freilich strahlt er zumeist im grellen Licht der elektrischen Glühbirnen, anstatt im heimisch- traulichen Schein der bescheidenen Wachsferze. Frei von Weihnachtsaberglauben ist der Amerikaner übrigens trok seiner nüchternen Lebensauffassung durchaus nicht. So ist z. B. allgemein Sitte, das jeder, der zu Weihnachten einen spizen Gegenstand zum Geschenk erhält, dem Spender dafür einen Gent geben muß, damit die Weihnachtsfreude nicht zerstochen" wird. In Mittel- und Südamerika zeigt das Weihnachtsfest eine ganze Fülle von eigenartigen Bräuchen. Allerdings sind sie nicht immer geschmackvoll, und seinen Zusammenhang mit dem chriflichen Ür Sprung des Festes wird man bei den meisten dieser seltsamen Gebräuche vergeblich suchen. In den Weihnachtsfitten Mexikos haben sich beispielsweise sogar noch Ueberreste aus der Aztekenzeit erhalten, so namentlich in alten Indianertänzen, die merkwürdigerweise mit einer frommen Wallfahrt verbunden waren. Volle neun Lage dauern dann die Weihnachtsfeiern, bei denen hauptsächlich Aufführungen von weihnachtlichen Hirtenspielen beliebt sind.
Auch in Chile gehört der Tanz, die nationale Cueca, zu den Weihnachtsfreuden, zu denen vor allem auch der Weihnachtsmarkt zählt, der selbst in der kleinsten Stadt auf der Hauptstraße abgehalten wird. Natürlich wird dabei auch nicht das Essen und Trinken vergessen, wobei man mit Vorliebe in einer fräftigen Hühnersuppe schwelgt und dazu die berauschende Chicha trinkt. In den Städten Columbiens wird der Weihnachtstag schon vom frühen Morgen an in einer etwas eigenartigen Weise begangen: man läßt nämlich in den blauen Sonnenhimmel hinauf Raketen steigen, und auf Schritt und Tritt fracht und knallt es von Schwärmern und Knallerbsen. Am Abend geht es dann meist noch lebhafter zu. Junge Burschen in Teufelsmasken durchziehen die Straßen und treiben allerlei Unfug, während das Feuerwerk lärmt und die Musik zum Tanze lockt. Ein weiter Schritt über die Erdkugel führt uns aus den glut heißen Tropen Amerikas nach dem fernen, falten Island . Dort find die weihnachtlichen Freuden recht bescheiden. Man trinkt am Festtag füßen Kaffee in großen Mengen, und die Hausfrau backt dazu allerlei uraltes Kultgebäck, das zackige Laub- oder Blätterbrot oder fleine Pfannkuchen; wer es sich leisten tann, ist noch einen Teller Milchgrüße in Sirup oder gar ein tüchtiges Stück Trockenfleisch. Als Christbaum nimmt man bisweilen ein Vogelbeerbäumchen, das man mit ein paar Lichtern besteckt. Dagegen ist die alte isländische Sitte, am heiligen Abend alle Lichter im Hause anzuzünden, heute fast nirgends mehr anzutreffen.
Bei den Christen in der Türkei spielt der große Festschmaus die wichtigste Rolle bei der Weihnachtsfeier. Aber er darf erst be ginnen, wenn sieben Sterne am Abendhimmel stehen. Wer vorher schon von den guten Dingen, die aufgetragen werden, zu naschen versucht, macht sich einer böfen Sünde schuldig. Scheint in der Christnacht fein Stern am Himmel, so gilt dies als schlimmes Zeichen und Vorbedeutung kommenden Unglücs. Ein hübscher Weihnachtsbrauch spielt sich, nach Bauers Bericht, in einer kleinen Syrischen Kirche in Konstantinopel ab. Die frommen Gläubigen und die Priester stehen um einen fleinen brennenden Scheiterschaufen, an den jeder ein Stück Holz hält, so daß das Feuer immer wieder hell aufflammt. Der Brauch soll aus der Legende entstanden sein, nach der die Hirten im Stall ein Feuer anzündeten, um das Kind in der Krippe zu wärmen.
Ungemein feftlich wird das Chriftfest in Rom gefeiert, wo es zu den prunkvollsten Kirchenfesten des ganzen Jahres zählt. Denn der Papst selbst zelebriert, umgeben von den Kardinälen und Kirchenfürsten im oleißenden Ornet, d'e Christmesse. Schon fein Einzug in die Kirche ist ein festliches Ereignis. Die brausenden Töne der Trompeten und Baufen und der von der Orgel begleitete Gefang der Sirtinischen Kapelle empfangen ihn beim Eintritt, worauf er den versammelten Gläubigen feinen Segen erteilt. Im Bolt wird das Weihnachtsfest in erster Linie mit einem üppigen Schmaus gefeiert. Statt an Christbäumen erfreut man sich in Italien wie auch in Spanien und Südamerika an der Weihnachtsfrippe, die gewöhnlich die Krippe zu Bethlehem mit den heiligen Fauren darstellt und in allen möglichen Ausführungen bis zur Lebensgröße zu finden ist.
Alte und manchmal felt'am anmutende Weihnachtsfit'en haben lich in Schweden erhalten. Wie überail, wo man das Weihnachtsfest feiert, bildet auch im Norden das weihnachtliche Festmahl den|
den Jul- Eber der alten Skandinavier verzehrt man als unerläßEches Weihnachtsgericht Schweinefleisch, besonders Schinken, der auf feinem schwedischen Weihnachtstisch fehlt, während man am Mittag des heiligen Abends nur das Brot in die Schweinefleisch brühe taucht und am Abend sogar nur Fastenspeise, Stockfisch und Milchreis, genießt. Auf dem Lande ist es noch vielfach Brauch, daß die Bauern vor dem heiligen Abend ein Dampfbad nehmen, bei dem recht gut geheizt wird, daß auch die guten Hausgeister daran teilnehmen förnen. Am zweiten Feiertag vergnügt man sich mit einem besonderen Spaß: die jungen Leute verkleiden sich als„ Weihnachtsgespenster". Die Burschen vermummen sich als Mädchen, und die Mädchen laufen in Männerkleidern einher.
Geschichte in Anekdoten.
Unter diesem Titel hat Friedr. Wendel im Berlag J. B. W. Dick Nachf., Berlin eine amilfante und lehrreiche Blütenlese von Anekdoten gesammelt, die wie die folgenden Broben zeigen blißlichtartig Zusammenhänge erhellen. Demokratie und Despotic im Altertum. Dionys lud ihn zu Gaste und fragte im Lauf der Gespräche den Plato fam auf feinen Wanderungen nach Syratus. Der Tyrann berühmten Philosophen:„ Was spricht man auf der Akademie zu Der Philofoph antwortete ihm:„ Wir haben wichtigeres zu tun als von dir zu sprechen!"
Eine Antwort, die Hintergründe ahnen läßt.
Als der Hamburger Henker den Claus Störtebeker und sechzig von dessen Spießgesellen mit dem Schwert vom Leben zum Tode gebracht hatte, wandte sich unmittelbar nach Beendigung der graufigen Arbeit einer der Hamburger Senatsherren an ihn und fragte ihn:„ Nun, wie ist Euch zumute, Meister Hans?"" D. mir ist zumute," antwortete der Henfer, ich könnte noch gleich den ganzen Hamburger Senat hinterher schicken!"
Milton.
Jakob II. besuchte, als er noch Prätendent war, Milton und fragte ihn im Laufe des Gesprächs, ob er den Verlust seines Augenlichts nicht für eine von Gott verhingte Strafe halte, weil er gegen Karl I. geschrieben habe.
Der erblindete Dichter antwortete:
Wenn Eure Hoheit die Unfälle, die uns hienieden treffen, als Merkmale göttlichen Zornes zu deuten belieben, was denken Sie dann von dem Schicksal Ihres Vaters? Ich habe nur die Augen, er aber hat das Haupt verloren!"
Das preußische Heer.
Im Siebenjährigen Kriege tam ein Bauer zum Obersten eines preußischen Regiments und beklagte sich bitter darüber, daß dessen Soldaten ihn überfallen und ausgeplündert hätten.
Was haben sie dir denn genommen?" fragte der Oberst. ,, Meine Börse, meinen Montel und meine Schuhe haben sie mir geraubt," fagte der Bauer,
Dann sind's die verfluchten Desterreicher gewesen," rief der Oterst aus, meine Preußen hätten dir auch noch das Hemd ge nommen!"
Das tapitalistische England.
Ein Fabrikant in Manchester hatte ein neues Fabrikgebäude aufgeführt und fragte einen feiner Arbeiter, wie es ihm gefalle. Es tommt mir vor," erwiderte der Arbeiter, wie die umgefehrte Passion."
"
" Was heißt das: wie die umgekehrte Passion?" " Nun," sagte der Arbeiter, in der richtigen Passion leidet einer für alle, und hier leiden alle für einen!"
Abgesong.
Glazbrennerfcher Einfall ist die hübsche Guckkästner- Szene, die in den Weißbierstuben herumerzählt wurde:
,, Also jetzt meine hochyverehrten Mitbirger und Zeitgenossen, zeige ich Ihnen die deutsche Republik! Treten Se dicht ran und sehen Se jenau hin!
Wat, Sie sehen nischt?
Sehen Se jefälligst noch jenauer hin! Sie fehen immer noch nicht?
Ja, sehen Se, det is eben der Wih, von der deutschen Republik is feene Spur zu sehen!"
Um von Wilhelm II. ein Bild zu entwerfen, wurde folgender Wig gern weitergegeben:
Sie kennen doch die Sage von der Weißen Frau im Berliner Schloß? Das ist natürlich Humbug, denn denken Sie, was gestern im Schloß passiert ist. Der Offizier, der die Schloßwache fontrolliert, tommt nachts zwölf Uhr durch einige öde korridore, sieht plötzlich eine Geftelt nebelhaft auf auchen und vor ihm her in das Kabinet Eelner Majestät entschwinden. Ha, denkt er, die weiße Frau! Er will aber als getreuer Offizier Seine Majestät vor Fährlichkeiten bewahren, stürzt also nach reißt die Tür des Kabinetts auf: da fikt Seine Majeftät am Schreibtisch und dichtet von Geist keine Spur!