JBoit Hans Turß. Dsten Berlins , im Friedrichshain , liegt dicht an der Straße �kleiner Friedhof. Das Leden braust so dicht an ihm vorüber, und ist er fast vergessen. Vorn ein paar frische Gräber die Opfer fsl; November 1918 und dahinter liegen die toten Barrikaden- arnpsex des 18. März 1848. Einzelne Grabstätten sind nicht mehr , �nnbar; der Efeu hat alles überwuchert. Verwitterte Grabsteine » f>!'QlnTI"cch einen Namen erkennen. Mühsam entziffert man dem einen die Inschrift:..Ein unbekannter Mann." Nanienlofe <£.**' diZ hier für die Freiheit ihr Leben einsetzten, die es für die urerheit lassen mußten. Wofür und warum haben sie gekämpft? Die revolutionäre Welle, die Ende Februar 1848 von Frankreich .u-gmg. über die süddeutschen Staaten und Oesterreich hinweg Ii'-n' erschütterte schließlich auch den absolutistisch regierten Po- pesstaat Preußen. 5n Preußen begann zu dieser Zeit sich der Na- jjllwmus zu regen, und es war das liberale Bürgertum, das in der hrn-- Dn"km 1848 richtunggebend war. Die Arbeiterklasse trat als I wständigsr Machtfaktor überhaupt noch nicht auf. Eine Arbeiter- 'wegung im heutigen Sinne gab es noch nicht, viel weniger eine > Zialistische Bewegung. Auf den Bauern lastete ein ganzer Berg "'er Feudalabgaben, die von den Erundherren unerbittlich ein- pezogwt wurden. Eine Vertretung des Volkes, die in die Vermal- chsg und Regierung des Landes hätte hineinreden können, bestand �lcht. Die Unzufriedenheit mit den bestehenden Zuständen war all- s�ein. In Berlin brach denn auch der Kamps am 13. März aus. Kampf ging nicht nur um Verfassung und Pressefreiheit, sondern Mg auch durch das deutsche Volk der Zug zur Schaffung eines iMgen Deutschlands . Das Volk blieb siegreich in Verlin. die Truppen kon Stadt verlassen. Pressefreiheit, eine freiheitliche Ver- l">Iung wurden versprochen. Allein das Bürgertum, das die sich -Inende Arbeiterklasse zu fürchten begann, konnte sich zu keiner enr- -�wenden Tat aufraffen. Die deutsche Nationalversammlung, die Frankfurt a. M. tagte, vertat ihre Zeit und ihr Ansehen durch chchsn endlosen Redeschwall, ohne zu Taten zu kommen. Die preu- tzsiche Nationaloer'ammlung legte sich durch einen Beschluß fest, die Verfassung und überhaupt alle Gesetze mit dem Könige zu verein- °aren. Auch sie konnte sich der erstarkenden Reaktion, die sich ans das �eer stützte, nicht erwehren. Als die preußische Regierung schließlich ,m November zum Staatsstreich ausholte, war es zu spät. Zwar veschloß die Nationalversammlung noch, daß die Regierung kein Recht habe, Steuern zu erheben, allein dieser Beschluß war bedeutungslos. Einen Aufruf zum bewaffneten Widerstand wagte das Bürgertum *!cht mehr, und so wurde die Nationalversammlung mit Waffen- Newgst ruhmlos auseinandergetrieben. Es wurde dann eine Staats- Verfassung alsGeschenk des Königs" oktroyiert. . Das Bürgertum hat seine Toten schnell vergessen. Es hat sich den letzten Jahrzehnten um die Märzgefallenen nicht mehr ge- kümmert. Das Bürgertum, das sich 1848 für die Freiheit unter der schwarzrotgoldenen Flagge schlug, hat nachmals die Forderung Vach dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht in Preußen aufs bitterste Gekämpft. Wenn der Geldsack in Gefahr kommt, dann hat das deutsche Bürgertum noch allemal seine Ideale verroten. Die Ar- deitertlosse war es, die alljährlich in gewaltigen Massen im März hinauszog und die Gräber der Gefallenen schmückte. Und es war jedesmal auch eine Mahnung an die Herrschenden damit verknüpft: -Leraus mit dem gleichen Wahlrecht! Her mit der Demokratie!" Sie haben diese Mabnung nicht verstanden, und so kam es, wie es kommen mußte: die Revolution von 1918. Wir haben gewaltige Umwälzungen erlebt: Deutschland ist Repu- dkit und wird es bleiben. Uns Jungen ist es eine Selbstverständlich- keit: wir sind Republikaner . Und als solchen erwachsen uns die Größten und schwersten Aufgaben. So gute Republikaner wir sind, w sagen wir doch: es kommt nicht allein auf die Siaatsf o r m, son- der» auf den Inhalt an. Der Inhalt ist heute k a p i t a l i st i s ch. Ss ist unsere Ausgabe, dafür Sorge zu tragen, daß der Inhalt ein anderer, besserer werde. Wir werden für unsere Ideen hoffentlich Vicht mehr mit der Waise in der Hand zu kämpfen haben: unsere Re- volution, die wir auszukämpfen haben, wird eine Revolution des Geistes, der Gesinnung sein müssen...Die Menschen machen ihre Geschichte selbst," sagte einmal Marx. Wohlan, versuchen wir Wirt- schost und Politik bewußt zu gestalten,'versuchen wir die Problems der Kultur und der Wirtschaft, die uns gerade die heutige Zeit in so reichlichem Maße ausgegeben hat, der Lösunq näher zu bringen. Nur eine Revolution des Geistes und der Gesinnung der Menschen wird uns zur Gemeinwirtschaft und zur sozialen Gemeinschaft führen. Ungeheure Geistesarbeit ist zu leisten, und mit Begeisterung werden wir sie leisten müssen, denn niemals ist ohne sie etwas Großes in der Welt erreicht worden. Gerade dadurch werden wir das Andenken jener Freiheitskämpfer am besten ehren. Die Internationale öer Tat. Bon E. Ollenhauer. Als vor knapp einem Jahre die vorbereitende Konserenz der Arbeiterjugend-Jnternationale mit einer begeisternden Kundgebung der Hamburger Arbeiterjugend geschlossen wurde, da klang die Ler- «nstaltung aus in das Gelöbnis: Die Jniernationals der Arbeiter- jugend soll eine Internationale der Tat werden. In der kurzen Spanne eines Jahres hat sich dieses Wort erfüllt. Das erste internationale Jugendtreffen in Bielefeld im Vorjahre führte zum ersten Mole die arbeitende Jugend der verschiedenen Länder zu-, sammen. Reben den Tausenden der deutschen Arbeiterjugend waren Holländer, Belgier, Dänen und Schweden vertreten. Allen Teil- nehmern werden die Augenblicke der Ankunft der holländischen Ge- nossen in Bielefeld unvergeßlich bleiben, als der gemeinsame Gesang der Internationale donnernd zum Himmel stieg. Dann kam die internationale Kundgebung mit ihren Masscnzügen und ihrem fest- lich-srohen Abschluß. Da wurden Bande echter Freundschaft geknüpft zwischen der sozialistischen Jugend, von Land zu Land. Mit begeistertem Herzen zogen die Holländer mit den deutschen Jungen und Mädeln durch die Stadt und hinaus ins Wandergebiet, und die belgischen Genossen erklärten am Schlüsse der Tagung:Wie schade, daß nicht die ganze belgische Arbeiterjugend das sehen kann, was wir gesehen haben." Als auf der Schlußveranstaltung des Jugcndtages in fröhlichem Kreise die dänischen und schwedischen Ge- nossen ihre Kampf- und Heimatlieder sangen, da war der Ring der Jugendinternationale geschlossen, und durch alle Glieder strömte die lebendige Kraft der Gemeinschaft des Kampfes und des Lebens. Diese Gemeinschaft hat nicht nur die Bielefelder Tage über- dauert, sondern sie hat sich stark ausgewirkt in allen Ländern. So schrieb der Genosse Vorrink bereits im November über die hol- ländische Organisation:Schon heute pflücken wir in Holland die Früchte unseres ersten internationalen Jugendtages, weil die hundert Teilnehmer den hohen Idealismus und den ergreifenden Enthusiasmus hinüber getragen haben in die verschiedenen Gruppen, w den«, sie tätig sind. Die holländische Bewegung ist sich ihrer Kummee 5/ Freitag, den März 7H22 Aufgab«, Kullurbewegung des Proletariats zu sein, schärfer und deutlicher bewußt geworden. Auf Wunsch verschiedener Gruppen ist ein Anfang gemacht mit dem Einüben der Volkstänze. Das schöne deutsche LiedWann wir schreiten..." ist ins Holländische übersetzt worden und wird mit Begeisterung von unseren Käme- raden gesungen. Es könnte uns ein internationales Lied werden. Das internationale Abzeichen findet willige Abnahme, die Arbeiter- jugend-Jnternationclle lebt in den Herzen unserer holländischen Buben und Mädel." Aehnlich liegen die Dinge in Dänemark . Das dänisch? ParteiorganKloken 5" brachte kürzlich einen spaltenlangen Artikel über die deutsche Arbeiter-Jugendbewegung und den internationalen Jugendtag, dem einige Ausnahmen von der Weimarer und Viele- felder Tagung beigegeben waren. In den Veranstaltungen der dänischen Vereine wird über den Bielefelder Jugendtag und die Arbeiterjugend-Jnternationale referiert, und zwischen der dänischen und schwedischen Organisation hat sich eine enge freundschaftliche Zusammenarbeit herausgebildet. DieLlrbeiterjugend-Jnternatio- nale" berichtet darüber in ihrer Dezembernummer:Unsere junge Internationale steht nicht auf dem Papier, sie lebt und lebendig pulsiert frisches Blut in ihren Adern. Unsere Freunde in Dänemark und Schweden pflegen fleißig die gemeinsame Arbeit. Die Schweden kommen nach Dänemark und umgekehrt fahren die Dänen nach Schweden , tauschen Gedanken aus über die Arbeit, über die Auf- gaben der Organisation, singen und tanzen und pflegen die Ge- meinschaft. Die Jugendgenossen in Helsingör (Dänemark ) und Helsingborg (Schweden ), nur getrennt durch den 4 Kilomeier breiten Sund, sind dazu übergegangen, eine Art Arbeitsgemeinschaft ins Leben zu rufen. Der erste dieser Abende, der in Helsmaör stattfand, belam dadurch noch ein besonderes internationales Gepräge, daß auch ein Vertreter der deutschen Arbeiterjugend und ein junger eng- lischer Parteigenosse teilnahmen. Das war eine Freude und Be- aeisterung. Der Vortrag des Folkeihingabgeordneten Genossen Larjen über die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit und die Ansprachen der schwedischen, dünischen und deutschen Jugend- genossen wurden mit großem Beifall aufgenommen. Alle fühlten das Große und Schöne, das uns oerbindet, sozialistischer Geist durch- wehte den dichtbesetzten Saal, den dänische Gastfreundschaft ge- schmückt. Dann erschallten unsere Lieder, die Internationale, wir tanzten Bolkstänze, und wieder fühlten wir uns verbunden durch eine große Idee und gelobten uns, für sie unser Alles einzusetzen. Zu schnell entschwanden die prächtigen Stunden. Abschied mußte genommen werden. Und während der Dampfer, der unsere schwe- dischen Freunde in ihre Heimat zurückbrachte, langsam entschwand, standen wir trotz Sturm und Hochwasser auf der Mole und sangen übers Meer die Internationale, die der Sturmwind in alle Länder trug. Auch in Frankreich zeigen sich die Erfolge der internatio- nalen Zusammenarbeit. Unsere französische Landesorganisation hielt kürzlich emen Kongreß ab und beschloß einen Aufruf an die fran- zösische Jugend, in dem sie in Uebereinstimmung mit den Amster- damer Beschlüssen zur sozialistischen Erziehungsarbeit auffordert und von der Jugend verlangt, auf internationalem und nationalem Boden das Danner des republikanischen Sozialismus zu entfalten. Der Aufruf fetzt sich dann weiter ein für die Durchführung eines ausreichenden Jugendschutzes und stellt für diesen Kampf ein Jugendschutzprogramm auf. Für die deutsche Arbeiterjugend und auch für die erwachsene Arbeiterschaft besonders erfreulich sind di« Auswirkungen der inter­nationalen Jugendarbeit in Belgien . Der Borsitzende der bei- gifchen Jugendorganisation Genosse Hoyaux hat kurz nach der Viele- felder Tagung in Belgien vor über tausend Arbeitslosen einen Vortrag über den internationalen Jugendtag und seine Eindrücke in Deutschland gehalten. Seine Schilderungen von dem Werden eines neuen Deutschlands fanden große Aufmerksamkeit, und als einige Zeit später in einem belgischen Städtchen ein Kongreß der bei- gischen Gewerkschaften stattfand, an dem auch der Genosse Sassenbach als deutscher Vertreter teilnahm, kam es zu einer gewaltigen Friedensdemonstration der belgischen Arbeiterschaft, weil die bel- gischen Nationalisten den Genossen Sassenboch nicht reden lassen wollten. Da stand die sozialdemokratische Arbeiterschaft des Kon- greßortes und der Umgebung wie ein Mann auf und zeigten den Nationalisten, daß sie sich mit der deutschen Arbeiterbewegung ver- Kunden fühlt durch den Kampf gegen die gemeinsame Not. Den besten Beweis für den lebendigen internationalen Geist in der bel- gischen Arbeiterjugend erbringt ober der Beschluß der belgischen Organisation, die Arbeiterjugend-Jnternationale zu ersuchen, den zweiten internationalen Jugendtag vom 13. bis 15. August in Belgien abzuhalten. Mit ihm sollen ein inter - nationaler Bildungstag, ein Sportkonoreß und die Tagungen der Londesorganisationen ver belgischen Arbeiterbewegung verbunden werden, um in den Togen aller Welt zu zeigen, daß in Belgien die internationalen Verbindungen fester als je geknüpft werden, damit Sie allen Stürmen der Zukunft widerstehen und neues Unheil van len Völkern abwenden können. Die Arbeiterjugend-Jnternationale hat dem Wunsche der belgischen Freunde stattgegeben und ihre Or- ganisationen zu zahlreicher Beschickung aufgefordert. Wenn auch die Beteiligung der deutschen Arbeiterjugend infolge der ungünstigen Balutaverhältnisse nicht sehr groß sein kann, so wird auch eine kleine Schar für die Zehntausende in der Heimat in Gemeinschaft mit den Gruppen der anderen Länder zum Ausdruck bringen, daß für sie die internationale Gemeinschaft der Jugend nicht nur theoretisch besteht, sondern daß sie erfüllt ist mit dem frischen lebendigen Geist, der die sozialistische Jugend ununterbrochen vorwärts trägt. Der zweite internationale Jugendtag in Belgien wird besser als diese Zeilen bekunden: Unsere Arbeiterjugend-Jnternationale lebt!__ ?ugenö und Strafrecht. Bon Fritz Borchardt. In wenigen Forderungen sind sich die Sozialisten aller Richtungen so einig, wie in der Forderung einer Reform des Strafgesetzes. Eine solche Reform ist zwingend notwendig, und man wird sie schleunigst in Angriff nehmen müssen. Bei der Reformierung des Elrafrechts wird man größte Be- achtung der Jugendkriminalität schenken müssen, denn kaum eine andere Seite des öffentlichen Lebens erheischt in so hohem Maße die Aufmerksamkeit aller, nicht bloß des Gesetzgebers und Richters. sondern auch der Gesellschaft, wie die Beteiligung Jugendlicher an verbrecherischen Handlungen. Das Strafrecht ist das Recht zu strafen, das dem Staat zweifcl- los zusteht: doch ist man in der Ausübung dieses Rechts vielfach zu weit gegangen, und aus dem Strafrecht wurde ein Strafunrecht. Jugendliche entbehren bei Begehung einer strafbaren Handlung meist der erforderlichen Einsicht, die aber notwendig ist, wenn man einem den Stempel des Verbrechertums aufdrücken will. Und wie erging es den jungen Menschen, die gefehlt hatten, in der Folge? Man ertappte sie, stellte sie vor den Strafrichter, man verurteilte sie zu Gefängnisstrafen und richtete sie vielfach zugrunde. Der junge Mensch kam nach verbüßung seiner Strafe aus dem Gefängnis und durfte vielleicht nicht mehr zurück ins elterliche Haus, fand auch niemand, der den Vorbestraften in Arbeit nehmen wollte. So lag er, der nur von Gesetzes wegen ein Verbrecher war, auf der Straße, und Zeit seines Lebens lastete die Jugendsünde wie ein böser Fluch auf ihm. Andere wurden in die Fürsorgeanstalten gesteckt und stau- den dort mit wahren Berbrechem in steter Verbindung. Unter so schlimmen Einflüssen wurden sie zu Derbrechern. Die Zahl solcherVerbrecher" wurde durch die politischen Un- ruhen ins Ungeheure vermehrt. Durch gewissenlose Elemente, die zur Verwirklichung ihrer Ziele nicht die schnödesten Mittel scheuten, wurden zahllose Jugendliche ausgepeitscht, sich am Kampfe gegen die bestehende Staatsordnung zu beteiligen. Gar viele haben sich ver- leiten lassen. Viele haben als Opfer einer maßlosen Hetze ihr Leben lassen müssen. Roch rnebr hat die Staatsgewalt in di« Hände be- kommen und sie ine Gefängnis gesetzt. Das Strafgesetz sprach sie schuldig, weil ihnen nachgewiesen wurde, daß sie an einem Land- friedensdruch mitgewirkt hatten, in der Absicht, die bestehende Siaatsform zu stürzen. Doch betrachten wir die Angelegenheit vom menschlichen Stand- punkte, so müssen wir zu einer milderen Beurteilung gelangen. Dann waren die jungen Menschen im Grunde die Opfer jener rassi- nierten, schamlosen Gesellen, die es verstanden, sie glauben zu machen, hier für eine höhere Idee in den Kampf zu ziehen, und sie unterschieden sich nur wenig von den ungezählten Tausenden, die einst aus Geheiß des Staates in den Völkorkampf zogen. Das neue Strafgesetz muß gerade für Jugendliche mehr Er- ziehungs. als Strafmittel sein. Das wird es aber nur sein können, wenn seine Anwendung ohne Unterschied des Standes und der Klassenzugehörigkeit geschieht. Hier wird sich die tünktioe Rechtsprechung wesentlich von der bisherigen unterscheiden müssen. Das neue Strafrecht soll die Form schaffen, in der nach neuzeitlicher Auffassung das Unrecht seine Sühne findet und einer Wiederholung des Unrechtes vorbeugt. Od das Sttafrecht diese Aufgabe erfüllt, wird wesentlich»on dem Geiste der künstigen Rechtsprechung ab­hängen. Erst wenn die Jugend erkennt, daß nach einem humanen Straf­recht ein Richterstand Recht spricht, der von streng demokratischem Geiste erfüllt ist, der keinen Unterschied zwischen Mensch und Mensch kennt, ob er im Palaste oder in einer armseligen Bodenkammer zur Welt gekommen ist. wird sie in ihm ein Erziehungsmittel er- blicken, dem sie sich willig unterwirft, und das somit dem Staate zum Segen wird.__________ Prediger in der Vüfle. Von Herbert Heiland. Die Arbeiterjugendbewegung hat sich in den Aufbausahren, di- dem Zusammenbruch des monarchischen Systems 1918 folgen, der landarbeitenden Jugend in erfreulicher Weise angenommen Bon den fröhlichen Fahrten der Agitationstruppsins weite Land hinein" berichten die Blätter der Jugendbewegung von Zeit zu Zeit. Aber es gibt auch andere Fahrten, die zwar gewissen Reizes und einer Art grimmigen Humors nicht entbehren, die aber docy außerordcntlich beschwerlich und strapaziös sind: Das sind die Reisen in Gegenden. in denen es vor drei Jahren nur schwach gewetterleuchtet hat, in ferne Dörfer, deren Abgeschlossenheit selten der Fuß eines Fremden betritt. Im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens steht der Kriegerverein, dem selbst der oft bestehende Ortsocrein der Sozial- demokratischen Partei kaum Abbruch tun kann: die Verdickung der geistigen Atmosphäre besorgt das Kreisblatt, die geistlichen Schafe weidet der Pfarrer: den Anschluß an die übrige Welt vermittelt die Kleinbahn. Basta! Was da an jungen Menschen vorhanden ist, teilt sein bißchen freie Zeit gewissenhast zwischen Tanzboden und Pfarrhaus, Alkoholgenuh und Crbouungsstunde. Fortgeschrittenere Orte be­sitzen was will man mehr? Fugboliklud und Jugendw-Hr. Der Träger unserer Angriffe auf diese Stätten, die mehr oder weniaer freundlich einen Gruß aus der Vergangenheit bestellen, ist der Wanderredner. Ihm strömen keine begeisterten Scharen zu. Er ist Wegbereiter. Don ihm sagt der Prophet Jesaias:Er ist die Stimme eines Predigers in der Wüste." Dieser Agitator ilt gewissermaßen dasMädchen für alles" der Organisation. Ein Wesen mit eigenartiger Lebensweise. Zuver- lässige und unzuverlässige Verkehrsmittel vom D-Zug bis zum Leiterwagen nehmen fein Interesse in erster Linie in Ansorueb. Seine Parole heißt:Umsteigen!" Ueberall sucht erAnschluß" Der Fahrplan ist sein Gebetbuch. In sseben Tagen bin ich einmal auf zwanzig verschiedenen Strecker, gefohren. Ein solcher Agitator kommt oft genug, obwohl seit Wochen für diesen Tag angekündigr, ganz unvermutet". Das Dörfchen S... in der Nähe von Glogau ist mir da in wenig anmutiger Erinnerung. Um 6 Uhr mußte die für 7 Uhr einberufene Versammlung durch den Gemeindediener in vorschriftsmäßiger Uniform noch ausgcklingelt werden. Sein natio- nales Gewissen ließ sich allerdings nur durch ein besonderes Trinkaelb beruhigen. Nicht selten kann er bei seinem Wege durch die Stadt an irgendeinem Maueranschlag feststellen, daß die Versammlung mit einer falschen Tagesordnung bekanntgemacht worden ist. Nach der Bersammlung muß dann den Funktionären ein zweiter Vortrag gehalten werden, und manchmal stellt sich heraus, daß am Orte seit Jahren bereits ein Iugendnusschuß besteht. Dieles freudige Ereignis führt dann zum Schluß zu einem gemütlichen Beisammensein, ttier den Abstinenzler herauszukehren, wäre sinnlos: ein persönliches Gespräch, das künftige Arbeit befruchten kann, kommt im Lande der Schnapsbrenner eben nur bei einem Gläschen zustande. Aber der ländliche Wüstenprediger stößt auch zuweilen auf eine Oase. Fruchtbringende Arbeit und fröhliches Leben erwarten ihn dort, wo bereits Ortsvercin« der Jugendbewegung bestehen. Da geht es über Land mit Sing und Sang . In stockfinsterer Nacht, in eisigem Winter. Immer wieder klingt es:Regen, Wind! Wir lachen drüber." Indessen gehen die wenigen Tage, Sonn tage, in einem solchen Zentrum der Jugendbewegung nur allzu rasch vorüber. Ständchen und Händedrücke am Bahnhof. Mit Grüßen beladen, rollt der Zug fort... Hier«m Ort hat's kein» Not: Schwarze Mädchen, weißes Brot. Morgen in ein ander' Städtchen: Weißes Brot und schwarze Mädchen. 7!rbe!te?dtern! partdgenojssn! Galt Euer Kampf nicht der Zukunft, Euren Kindern? Wollt Ihr nun dulden, daß Eure Söhne und Töchter im Kino verdummen? Oder Ivollt Ihr, daß sie e d l e U n t e r Haltung und frohe Geselligkeit mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten Pflegen können? Die Jugend gehört in die Arbeiterjugendvereine! Jug endsekretariat, SW.K3, Lindenstr. L, L.Hof, LTrp. I