Ses Manifeftes ftehen bleiben. Wir müssen Margens Ideen in thram Ganzen fennen lernen, so wie sie sich im Laufe von 40 Jahren entwickelt haben.

Marg selber war alles weniger als.. Margist. Marg hat hingewiefen auf das Bestehen und die Bedeutung von Zwischen­gruppen zwifchen Rapitalisten und Proletarier. Er hat die Arbeit der Führer zu würdigen gewußt. Er hat selber auf die günstige Birfung der Organisation, der foglalen Gefeßgebung und der fozialen Reformen hingewiefen, und er hat vorausgesehen, daß die Art und Weise, in der ble proletarische Revolution sich vollziehen wird, bedingt wird von dem Entwicklungsgrade der Arbeiterklasse und schließlich von dem größeren oder fleineren Widerstand der beflgenden Klaffen. Marg sah voraus, daß in Ländern wie Eng. lanb die Möglichkeit einer frieblichen Revolution vorhanden war. Die Diftatur des Proletariats ift in Rußland   tatsächlich die Diktatur einer fleinen Minderheit, während sie nach Engels in deffen Anti­Dübring die Diktatur einer riesengroßen Mehrheit zu sein hatte; als Abwehrmittel gegen etwaige Bersuche einer Minderheit, die ver­lorengegangene Macht wieder an sich zu reißen.

Kurz: der Revisionismus hat nicht mit Bernstein   angefangen, or bat angefangen mit Marg und Engels selber. Das kommunistische Banifest foll und barf nie unser Evangelium sein, und das am wenigsten in einer Welt, die fich so sehr geändert hat. Die Be­solferung Umeritas ift gewachsen von fünf auf hundert Millionen, China   und Japan   find in den Kreis der Staaten getreten. Die Belt ift in technischer Hinsicht ganz und gar anders geworden. Der Rarrismus mußte und muß sich noch immer evolutionieren, auf Me Gefahr eines wissenschaftlichen Bankrotts hin.

Der hiftorische Materialismus ift als historische Forschungs­methode allgemein atzeptiert worden, wenn es auch äußerst schwierig rscheint, mit dieser Methode nationale und religiöse Erhebungen, wie in China   und Indien  , vollständig zu erklären. Auf industriellem Geblete bat tatsächlich überall eine Bewegung ber Ronzentration eingefeßt. Auf dem Gebiet des Handels aber trat in legter Zeit das Filialwefen in den Bordergrund. Auf agrarischem Gebiete wurde der Boden immer mehr in Barzellen aufgeteilt. Es ist alles wnenblich verwidelter geworden als Marg es fich je vorgeftellt hatte. Bir haben fein einfaches zahlenmäßiges Wachstum des Proletariats und feine einfache Berringerung der Sahl der Kapitaliften. 3m Gegenteil, bie tapitalistische Klaffe fann heutzutage auf die Sympathie nicht nur des Mittelstandes, sondern auch auf die eines Telles bes Broletariats rechnen. Es find das die Arbeiter, die in der Burusinduftrie oder als Hausbiener, Chauffeure, Gärtner ufr. tig find. Ratürlich trifft dies nur auf einen Teil dieser Arbeiter, und zwar auf den geringeren zu.

Der Treufchwur.

Mir waren im großen Zelt verfammelt, Deutsche  , Desterreicher und Belgler. Jede Nation zeigte einige Darbietungen. Deutschland  fam als erfte Truppe an die Reihe. Der Dortmunder   Jugend hor trug Deutschlands   Ichwermütige Weisen oor. Die Dester. reicher waren nicht in der Lage, fich geschlossen an diesem Bei­fammensein zu beteiligen. Deshalb nahm es der Genosse Kanig in bie Hand, für Desterreich darstellend zu fein. Frische, lebendige Ge schichten aus der Steiermart erzählte er. Man zollte ihm reichen Betfall. Er hatte es fertig gebracht, Defterreich recht zu vertreten als einzelner. Nun war die Reihe an die belgischen Genossen. Boltstänze, in denen ganz und gar der Rhythmus Belgiens   ver borgen war, führten fie uns vor. Dann fangen sie ihre Lieder. Und bann fam der Sprechchor. Ein Sprechchor war es, an dem fie alle mit Leib und Seele beteiligt waren. Eine flammende Jugend stand da vor uns, die Zeugnis ablegte, daß sie wahrhaft an unserer An­fchauung beteiligt ist. In ihrem Chor schwuren sie, daß ihre Fahne nur die rote sei! Nie wieder Krieg!" tam es von den Lippen dieser jungen Menschen. Mädels wie Burschen waren, man sah es ihrem Aeußeren an, mit ganzem Herzen bei ihrer Sache. Wie trotzig und fühn sprachen ihre Augen. Und wir fonnten ihnen am Schluß ihrer Aufführung nur das eine zurufen: Wir haben euch verstanden, trozdem ihr eine andere Sprache Sprecht. Nun wollte Biet Boogb reden. Aber ein Beifall wurde ihm im voraus gezollt, der fein Ende nehmen wollte. Dann sprach er. Er sprach von der großen Idee der Bölferversöhnung, der Berbrüderung aller Bölker, von dem hehren Biel  , das wir uns geftedt haben, und dann tam das, was ich nie vergeffen werde. Ein erschütternder Augenblid für jeden, der im Selt anwesend war:

"

Ihr Brüder und Schwestern von Deutschland   und Desterreich," So hieß der letzte Saz, lhr, die ihr gegen eure belgischen Genossen tämpfen mußtet, euch rufe ich zu in dieser Stunde: Reicht euren Brüdern und Schwestern von Belgien   eure Hände zur Versöhnung!"

Nie wieder Krieg!" waren die legten herausgestoßenen Worte. Den belgischen Brüdern und Schwestern reichten wir unsere Hände. Dann hoben alle thre Hände, Arme, verschlungen, ob jung, ob alt, zur Höhe empor und fangen stehend die Internationale", das ted der ganzen Welt.

Tief gerührt ging alles auseinander ins Lager zurüd. Für uns ift dieser Augenblic ein unvergeßliches Erlebnis geworden. Hab Dant, du Arbeiterjugend, daß du mir etwas lo Großartiges in Amfterdam beschertest! Wir ziehen hinaus als die feuriaften Kinder des Sozialismus. Wilhelm Müller  .

Mensch im Eisen.

Mein Tagwert ist im engen Reffelrohr Bei einem Glühlicht intend trumm zu figen, Un Nieten hämmernd, In der Hize schwitzen, Berrußt sind Aug' und Haar und Ohr. Nur noch ein fleiner Menschenkraftmotor Bin ich, deff' Hebel, meine Arme, flizen, Ich will die Adern mit dem Meffer rizen: Dampf stößt, statt roten Blutes Strahl, hervor. O Mensch, wo bist du? Wie ein Räfertier

Im Bernstein   eingeschloffen, bodft du rings im Eisen, Eisen umpanzert dich mit schießendem Gewirr! Im Auge rast die Seele, arm und irr. Heimweh heult wahnsinnswild, Heimweh weint füße Weisen Nach Erde, Mensch und Licht!

Wir müssen halt Ausdauer in unserer Entwicklungs- und Organisationsarbeit zeigen. Martens Berelendungstheorie ist in mancher Hinsicht Wahrheit geworden. Es hatte sich zwar in den Babren vor dem Kriege die Lage der arbeitenden Klasse unendlich gebeffert, aber bie Nachkriegsjahre zeigten überall Auf- und Nieder­gang, ja jogar Rüdgang. Davon legt der englische   Generalftreik und die Arbeitslosigkeit in so vielen Ländern beredtes Zeugnis ab. Bor einiger Zeit sagte Albert Thomas  , daß die Lage der arbeitenden Klaffe fich nirgends mehr gebessert hätte als in Belgien  . ber jetzt vollziehen fich auf finanziellem Gebiet Prozesse, die allen Fortschritt bebrohen und die die arbeitende Klaffe in ihrem eigenen Bntereffe zur Abwehr zwingen. Es wird immer schwieriger, das nabe Biel   auf dem Wege friedlicher Aktion zu erreichen, da wir Ja immer mehr auf heftigen Widerstand stoßen. Die Welt der Bantters und der Finanzmänner bedroht das allgemeine Bahlrecht Stern und Ambok. and deffen Errungenschaften, und voller Angst müssen wir uns die Brage vorlegen, ob unsere Reformarbeit allein genügen wird. Die gleiche Frage bat man sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts vor­gelegt, als Turgots friebliche Maßnahmen an dem Widerstand Der damaligen befizenden Klaffen scheiterten.

Bir müssen unsere Reformarbeit fortsetzen. Es wäre aber eine Buflon zu glauben, daß fie allein genügen wird. Es ist im Leben ber Böller, wie in der Natur. Evolutionäre Berioden bereiten die revolutionären Umwälzungen vor. Als junge Intellektuellen haben He Studenten eine große Aufgabe in der tommenden historischen Beriode zu erfüllen. Und deshalb ist es eine Freude, in der Mitte ber jungen Stubenten fich zu befinden. Jaurès   fragte in feiner legten Rede die jungen Intellektuellen: Was wollt Ihr machen mit eurer Jugend, mit eurem Herzen, mit eurem Gehirn? Die Belteren haben diese Frage vor vierzig Jahren beantwortet, indem Se sich in den Dienst des Sozialismus stellten. Nun bekommen die jungen Intellektuellen wiederum gefagt: fommt zum Sozialismus, tommt zur Arbeiterflaffe, der gefnechteten, der die Zukunft gehört.

Ein jeder Mensch hat, um einen gerechten Anspruch an Wohl wollen, Mitleiden und Hilfe von seiten eines jeden Menschen zu haben, teinen anderen Titel vonnöten, als daß er ein Mensch ist. Wieland.

Schrei lauter, Mensch im Eisen!

Heinrich Lersch  .

Wir entnehmen dieses Gedicht dem demnächst in der Reihe der Arbeiter bichter bes Arbeiterjugend- Verlags erscheinenben Gedichtband Heinrich Lersch  :

Beruf und Arbeiterjugend.

Es hat eine Zeit gegeben, in der die bürgerliche" Jugend­bewegung ein Problem diskutierte, daß sie die Berufsfrage" nannte. Man unterhielt sich lebhaftestens darüber: Soll der junge Mensch einen Beruf ausüben? Wenn ja: Soll er mehr und länger arbeiten, als es zur Erhaltung des Lebens notwendig ist? Welchen Beruf soll er treiben? Für die Arbeiterjugend gibt es natürlich in diesem Sinne teine Berufsfrage. Ein äußerer 3wang, ber Kampf ums Dasein, läßt teine Frage nach dem: soll er überhaupt? zu. Schon die Frage nach der Art des Berufes ist für sie nur bedingt eine Frage. Die Grenzen, innerhalb derer der Arbeitersohn und die Arbeitertochter wählen tann, sind außerordentlich eng. Für viele ist es einfach unmöglich, einen Beruf zu erlernen; fie müssen sogleich hinein in das nackte Erwerbsleben. Doch auch für die, die da einen Beruf erlernen fönnen, wenn auch unter unerhörten Opfern der Eltern, ist die Berufswahl weniger schwer, beschränkt sie sich doch zumeist auf Handwerk und Handelsgewerbe.

in dem bezeichneten Sinne gibt, hört der Beruf" nicht auf, auch Damit aber, daß es für die Arbeiterjugend feine Berufsfrage für fie Problem zu sein. Zunächst sei flargestellt, daß es sich bei dem Begriff Beruf" zumeist nur um die landläufige Bezeichnung