durch Winterwalöer. Kein« Freude Ist so beglückend al» die heimliche Freude, nach endlos grauen Wochen die Eonnenscheibe wieder überm Horizonte höher schweben zu sehen. Das Leben steigert sich in uns, wenn wir mit der steigenden Wintersonn« über Berge und durch Wälder aus unbetretenem Schnee wandern. In erhabener Jungsräulichteit liegt die Erde rein und unberührt vor uns hingebreitet. Pfeilspitze Knospen tragen schon die Buchenzweige. Der Waldes- hang, der durch die Lichtung leuchtet, ruht duftlos wie ein weißes Blütenmeer. Marmorbrüche, blau und grün durchädert, sind die Waldtäler. Die rotgewelkten Buchenblätter hasten noch, und jedes Blatt ist hochgehäuft voll leichter Schneekristalle, als hätten Kinder- Hände es getan. Dompfaffen mit roten Brüsten sitzen in einem Holunderstrauch. Sie leuchten aus den Zweigen, als wären ihr« roten Leiber lauter rote Herzen. Zaunkönige huschen durch die Schneisen, und Meisen klettern im Kreisspiel die riesige Eiche entlang, turnen kopfüber topfunter von Ast zu Ast. Eine Krähe sitzt in einer Birke, spät Minuten- lang herab ins Laub, schießt dann nieder und erwischt im letzten Augenblick di» Haselmaus. Schon früh am Nachmittag blinzeln die Sterne. Silberner leuchten die Birken und kupferner blinken die Kiesern im Zwielicht der Gestirne. Kristallen glitzem die Wege, und der Abendstern grüßt hell und klar durch di« Fichtenkronen. Blauer neigt sich das Stemengewölbe über die Wälder. Alle Zweige, di« vor einer Stunde noch im Tageslichte glänzten, leuchten jetzt, als sei in jedem Eiszapfen ein Licht angezündet. Mond und Sterne mischen Ihr Licht im unend- lichen Räume. Da— ein Knall—«in singeich Klingeii hinterher, und waldüber rauscht der Schall. Drunten in der Talschlucht hat der Frost da» Eis im Mühlenieich gesprengt. Der Nare Mond ziseliert den Schatten jeder Knosp«, jedes Zweige« auf den Schnee. Golden« Räume öffnen sich unter hohen Tannen. Wie mächtige Säulen stehen riesige Kiefern. Das Harz fließt aus den Stämmen wie geschmolzenes Gold. Talwärts lispeln Quellen Rätsel. Spurlos ist ein Rinnsal unterm Schnee geflüchtet. Feste Siegel drückt das Eis auf jedes Silber- band— Sirgel, die die Sonne nur zu lösen weiß!--- E. P. Hiesgen. proletarierjugenö. Tagebuchnotizen eines Zugendleiiers. Manchmal drängt es mich, etwas niederzuschreiben über das, was man mit den Menschen In der Gruppe erlebt. So ging es mir auch heute, und es wurde ein knappes Bild der Schicksale junger Menschen. Da ist der eine: Cr wäre gern Schlosser geworden, doch der Bater starb. Der Stiefoater ist krank und trinkt. Da gilt es nun Geld zu verdienen, und der Traum voin Schlosser zerrinnt. Jetzt trögt er Milch aus, da gibt es gleich IS M. die Woche. Der Tag beginnt sehr früh, und abends ist er dann zu matt zum Denken. Ich versuch«, ihn an die Gruppe zu binden. Zu Hause wird er aus- ielacht, wenn er erzählt, wir rauchen und trinken nicht. Die guten freunde im Haus rauchen auch und die rauchen ordenllich. So chwankt er hin und her. er ist verschlossen und hat noch wenig freunde bei uns. Ob wir ihn wohl halten werden? s Da ist ein Mädel. Zwei Jahre Ist sie nun schon In der Gruppe und mit allen gut Freund. Wir wissen, daß sie«» zu Hause nicht leicht hat und Helsen , wo wir können: doch es ist alle« halb. Wie schlimm es steht, erfahre ich neulich. Sie kam zu mir. Ich sollt« ihr »i» Bewerbungsschreiben aussetzen. Sie verdient so wenig und sucht nun eine andere Stellung. Ich brachte sie nach Hause und unterwegs sagt die Neunzehnjährige zu mir, dem Glcichallrigen: Das beste war« der TodI Ich tragt« sie aus. Warum das, sie hätte doch die Gruppe und all« wären ihr gut. Und sie erzählt: Bater ist tot. Mutter hat genäht, jetzt kann sie nicht mehr, der Unterleib ist kaputt. Nun ist sie arbeitslos. Die groß« Schwester verdient ja auch, aber sie. verbraucht alles für sich und kümmert sich nicht um die Familie. So muß sie denn, die selbst noch Pflege braucht, für all« verdienen, und es will nicht reichen. Di« Last wächst ihr über den Kopf, und nun kommt die Verzweiflung. Wi« schwer ist«s da, mit Bernunstgrllnden zu konimen. Nur «Ines hält sie aufrecht: Die Gruppe. * Ja, die©nippe. Da sind wirklich Freunde. Zuerst der alte Gruppenleiter: schon lange ist er aus dem Gruppengetrieb« heraus; aber er kümmert sich um alle. Dabei geht es ihm selbst wirklich nickst gut. Er war Freischüler. Klug, nicht gerade fleißig, denn er laß lieber auf den Bäumen, wo sie am höchsten waren. Als er das Einjährige hatte, kam die Inflation. An der Bank wurde viel ver- dient, so wurde er denn BanNehrling. Doch er war zu frei gesinnt, «r konnte nicht katzbuckeln. So kam es bald zum Krach: und als er ausgelernt hatte, flog er. Ein Jahr Arbeitslosigkeit folgte, doch er ließ sich nicht klein kriegen. Schließlich ging er in die Fabrik, und setzt ist er aus dem Bau. Abends geht er zum Gewertschaftsfeminar und bildet sich weiicr. Er hat die Äelteren unter uns um sich g«. sammelt: und es ist schön, wenn er eine Fahrt leitet. * Wir haben setzt sehr viel Junge in der Gruppe. Da ist A/, Bierzehnjähriger. Er macht alle Arbeitsgemeinschaften mit. Neulich kam er zu mir. Er hatte niedergeschrieben, was der Kursusleiter durchgesprochen hatte. Ich sollte nun nachsehen, ob er alles richtig wiedergegeben hat. Natürlich sofort. Doch auch andere gibt es: Ganz stille, die nur immer in sich auf- nehmen. Sie versäumen nie einen Abend: man kann sich auf sie verlassen, wie auf di« anderen alle auch. Und das macht die meiste Freude. Ich wünschte, jeder Bursch' und jedes Mädel käme zu uns, ob sie da» Elend auch noch so drückt; denn wir tragen gemeinsam Elend und Not. und gemeinsam wollen und werden wir sie von uns werfen! Unsere Selbsterziehung. Wenn man mitten drin steht In der Jugendbewegung und selber mitten drin ist im Werden und Selbsterziehen, dann ist es viel heikler, sich über diesen Prozeß auszulassen und klar zu werden, als wenn man von hoher, abgeklärter Warte»us. rückschauend theoretisiert. Nicht zuletzt auch deshalb, weil alles Gestmden««inen viel perfön- licheren„Anstrich" hat und oft irgendwie indiskret empfunden wird. Die Druckerschwärz« und noch mehr die Rotationsprefs« hat ja etwa» Kaltes, Unpersönliches an sich; manchen überläuft ja schon ein Gruseln bei einem.getippten" Prtvatbrief. Dies« Gesühle mögen verständlich sein, zeitgemäß find sie nicht mehr. „Es bildet ein Charakter sich Im Strom der Welt" und nur dort. I« mehr Menschen wir um uns haben können, an je mehr Menschen wir uns reiben können, um io adgaschllffener and kantiger weiden wir. Es ist doch so, daß das Zusammenleben mit vielen Menfchen nicht allein nivelliert, sondern auch erst recht behaupten lehrt und Eigenort g«Winnen läßt. Die Gemeinschaft fördert uns, st« bringt Anregung,«eckt einen gefunden Ehrgeiz, sie läßt tausend««gvistische Gedanken schwinden, s!« stellt Anforderungen an uns, verlangt unsere Zeit, Kraft, unser Können—, kurz sie gibt uns erst den richtigen Blick für unfern eigenen Wert. Wir lernen nie besser als in der Gemeinfchaft und durch sie, w o wir noch zu feilen oder auch zu beschlagen haben. Ein Etwas aber Hab« ich noch nie ausgesprochen gefunden und doch liegt erst darin der Kern„unserer" Selbsterziehung. Es ist das innerlich« Zügeln, das Zurückhalten und Hemmen, das Ueberlegen dessen, wag wir aussprechen und tun. Wie selten eigentlich fällt heut« In unserer Jugendbewegung jemand„cuis dem Rahmen" durch irgendein« Zote, einen Zynismus. Und doch schläft das Tier nur in uns, es gärt und brodelt in unserem Inneren und manchmal wirst es trüb« Blasen, wo aber? Immer mir und erst dann, wenn wir allein sind. Sowie wir im Kreis der Genossen, in der Gemeinschaft sind, dann schwindet all das»nd mit dem Reiner» werdenwollen— das zuerst immer nur ein Spielen,«in Wollen vor den andern ist—, geht die innerliche Umwandlimg des Charakter» vor sich. Es ist nicht wahr, daß wir unseren Charakter, unseren Wert ohne eigen« Arbeit bekommen. Der bildet sich nicht einfach-natürlich, son» dern will durch eigenes Wollen geformt werden. Wir stehen zuerst fremd unseren Trieben und Naturkräften, die uns herabziehen, gegen- über. Dazu gehört auch der in krassen Egoismus ausgeartet« „natürliche' Selbsterhaltungstrieb. Dann sehen wir an andere», daß sie besser sind oder sich wenigstens so geben, wir versuchen ihnen gleich zu werden—, müssen aber schon vom ersten Moment der Bekanntschaft so-tun-als-ob und fo weiden wir fest am Beispiel. das wir zuerst nur nachahmen, dann aber unser eigen werden lassen. Liegt hier schon«in Stück neuen Geistes, so noch mehr in der m unseren Reihen«pflegten rücksichtslosen Ofsenbeit, Ehr. lichkeit, auch die bittersten Wahrheiten zu sagen, ist«in Merkmol der Jugend. Und oft genug wird das, was weh tal beim ersten Aus- sprechen und Anhören, nachher der Ausgangspunkt zum Ausmerzen und zur Operation. Die Jugend selbst ist gröber, unverfälschter, derb, als die älteren Jugendgenossen. Bei diesen kleidet sich die Kritik, da« Mißfallen In«Inen Scherz, einen Hieb, der zwar sitzt, aber nicht verletzen soll. Das kommt daher, weil wir„Etwas-Aelieren" schon mehr in das Seelenleben des Rebemnenschen einzudringen v«rmögeii, weil wir uns auch gerechter mit dem anderen beschäftigen, vielleicht auch well es uns darum zu tun ist, wirklich zu bessern, zu helfen, nicht nur negativ zu tadein und abzulehnen. Schließlich erfassen auch die älteren Genosien schneller und kennen sich oft länger, so daß man den einzelnen nach feiner Art behandeln muß. Di« Kritik, di« Offen- heit g«gen«inaiiber, bringt uns wieder ein Stück vorwärts. Was ober uns Sozialisten allein«igen ist und darum unser« gemeinfame Arbett fo läutert und hebt, das ist die t r a g e n d« I d« e. Wir fangen alle mit Schwärmen an, mit der Utopie. Sie entspringt dem Gefühl von der Ungerechtigkeit der Welt, ist oft nur«in Resfenti- ment gegenüber dem Elternhaus, den Alten überhaupt. Wo sich aber dieses Wehren und Bäunien verdichtet und heraushebt«us dem Rahmen des Emzelmenschen, wo es sich entwickelt zum Denken an dl« anderen, wo wir nicht mehr nur unsere Not lösen wolle», nicht mehr nur individualistisch unsere Ketten sprengen wolle« im Einzelkampf»nd Streben über die Köpse unserer Klaff«, da erst wird der Kampfgeist wertvoll, da erst wird aus dem egoistischen Revolutionär ein sozialistischer Kämpfer. Und dies« Idee verbindet