im?) das kleinste Dorf erobert, um sich so überall Eingang zu v«r< schassen und alle, auch di« Frauenwelt, zu verseuchen. Die Flut der aeistigen Getränke, worunter wir Wein, Bier, Schnaps usw. ver. neben müssen, wächst noch und verlangt von uns, dag wir allen Schaden, der durch alle dies« Getränke hervorgerufen wird, In Rech- ming stellen. Jugendnot, Kinderelend! Von allen Wunden, die der»kulti- vierten" Menschheit zugefügt werden können, mutet uns keine so schmerzlich an, wie dos Dahinsiechen der Jugend, d. h. der Kinder der Arbeiterschaft, die doch einst die künftigen Kulturträger sein ! ollen. Die Gefährdung der Jugend durch deii Alkohol erfchemt mir n der ganzen Alkoholfrage das wichtigste Kapitel. Viele aller- dings, die sich kaum mit Ernst der Frage hingegeben haben, werden wohl sagen, wie kommen.Jugend und Alkohol" zusammen. »Jugendliche trinken ja kaum einmal geistige Getränke, und ein Schluck schadet ihnen doch nicht." Will man die ungeheure Bedeutung ermessen, die der Alkohol- genuß in seinen Trinksitten auf die heranwachsende Generation ausübt, so müssen wir hierbei zwei Gefahren unterscheiden, die die Lugend bedrohen. Die erste zeigt die Wirkung, die der von den Eltern und Vorfahren getrunkene Alkohol auf die nachsolgende Generation ausübt, und die zweite die Schädigung durch eigenen Genuß. Soll die Jugend ihrer Zeit sroh werden, so muß sie vor allem gesund sein. Gesund sein heißt, an Seele und Leib kräftig und widerstandsfähig zur Welt kommen und sich ohne Entartungs- zeichen entwickeln, wie wir sie leider bei einem großen Teil unserer Stadtkinder, aber auch teils auf dem Lande vorfinden. Die Ketmverderbnis, wie es Genosse Forel genannt hat, ist die Folge mangelnder Zuchtwahl oder aber die Wirkung von Giften. Nichts wirkt so verheerend auf die Kenne, wie der Trunk der Eltern. Die Keimzelle enthält alle guten und schlechten Eigenschaften des Erzeugers; ist fein Leib durch Alkohol vergiftet, dann muh sie es auch sein, sie muß verderben, und es muh sich ein krankes Kind ent- wickeln. Die Zahl der auf diese Art unglücklichen Kinder könnte um «in Beträchtliches kleiner sein, wenn die beiden Volksseuchen Alkohol mit seinem Gefährten Syphilis verschwänden. Die Gefahren der Mäßigkeit zeigen sich teils in recht trauriger Weis« auch dann, wenn Later und Mutter nicht ausgesprochene Trinker sind, sondern bei irgendeiner Gelegenheit»des Guten zuviel getan haben", und das Kind, das im Rausch gezeugt ward, winderwertig oder krank das Licht der Welt erblickt. Aber damit ist die schädlich« Wirkung des Alkohols nicht erschöpft, und ich muß In der Kürze aus manches Wichtige verzichten; aber dennoch möchte ich darauf hinweisen, daß keine Wirkungen nützlicher und vorteilhafter Art für den Organis- mus bestehen, sondern es vielmehr eine große Anzahl alkoholischer .Krankheiten gibt, zu denen Leberschrumpfungen, Nieren- und Herz. krankheiten, Epilepsie, Lähmyngen, besonders des Sehnerven usw., gehören. Für uns als Jugendliche tritt als besonders erschwerendes Moment des Alkoholgenusses der Verlust der Ideale hinzu. Phi- Ilster sind stets entsetzt, wenn sie hören, daß einer durch Alokohol zum Dieb oder Mörder wird. Aber, daß Tausende von Menschen beim Bier verlumpen und versimpeln, stört ihn nicht in seiner spießerhaften Gleichgültigkeit, die ihn selbst kennzeichnet. Darum ist das Bier das schädlichste Getränk, weil es für das alkoholärmste ehalten wird. Schnaps ist in allen Volksschichten verpönt, aber urch übermäßigen Biergenuß zeichnet sich sogar die»Elite der Nation" aus. Der A'toholgenuß ist es, der dazu führt, alles das, was einem In simgen- Jahren oerstrebenswert'erschien, allmählich zu vergessen und die Erinnerung daran nur noch in Trinksprüchen und Festreden wiederkehrt. Durch solche Ertötung des idealen Sinnes wird der Alkohol zum mächtigsten Hemmschuh am sittlichen, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt der Menschheit. Die Ursachen des Alkoholgenusses weiß ich wohl zu würdigen, aber ich gestatte mir, sie zu übergehen und mich noch kurz der Frage, welche Aufgaben Staat und auch Schule der Jugend gegenüber baben, zuzuwenden. Eine wirksamere Bekämpfung der geschilderten uebelstände, die sich aus dem Alkoholaenuß ergeben, würde nicht ausbleiben, wenn man als wichtigste Aufgab« die Belehrung des Volkes ansieht. Eine andere Aufgabe liegt noch vor. die nicht gering einzuschätzen ist, und zwar die tlmgestaltung der äußeren Verhält. nisse, die dem Alkoholaenuß günstig sind. Hier sind mir an dem Punkte, wo die staatliche Hilfe«inzusetzen hat. Die Gefährlichkeit des Alkoholgenusses und die Auslagen, die dem Staat aus den von ihm erwachsenen Mißständen entstehen, müßten die zuständioen Stellen dazu bringen, vorbeugend zu wirken. Dazu gehört die Be- reitstellung genügender öffentlicher Räume, in denen sich die Jugend zu Sviel und Arbeit versammeln kann. Ferner sind im Interesse der Jugend Jugend- und Wahlsahrt-mmter, die sich mit der kamerad- schaftlichen Beratung der Jugendlichen In diesen Fragen befallen, zu fordern Aber dennoch werden diese Maßnahmen wenig Aussicht auf Erfolg haben, solange nicht die Schicke ihre erzieherische Tätig- keit in diesem Sinne entfaltet. Sie müßte zur Unterstützung Ihrer Tätigkeit Acrzt« hinzuziehen, die vor den Jugendlichen die Alkohol- frage In aller Objektivität, wenn möglich, sogar unter Zuhilfenahme des Kinos aufrollen und alle Eckwdigungen aufweisen. In dieser Art ließe sich die Alkoholfroge, die In dos Gebiet der Volkswirt- schaft. Gesundheltslehre und Naturkunde hinübergreift, sehr gut In der Schule besprechen. Die Schule muß Zeit haben für Erörterung dieses Problems, das für die Zukunft der heranwachsenden Genera- tlon, der Jugend, von großer Wichtigkeit ist. Für die Jugend for- dern wir als Abstinenten:»Weg mit dem Alkohol aus dem Leben der Jugend I Lasset sie sich frei und ungebrochen entfallen und nehmt ihnen den trügerischen Schein, den sie durch Alkoholbetäubung von dieser Welt haben." Fritz Micheel , Berlin . tNitarbsiter wecken. »Ja. ihr müßt mitarbeiten!" In welcher Gruppe ist das Wort nicht schon gefallen? Ucberall doch wohl. Und wie hat es gewirkt? Eine Zeit lang immer ganz gut. Da versprachen einige, sleihiger zu weiden; zwei, drei übernahmen ein« Arbeit oder ein Referat, und siehe da, es ging einige Wochen wieder flott. Dieses Auf und Ab können wir in allen Gruppen beobachten. Eines Tages steht wieder einer auf, meist der Vorsitzende, und erklärt:»Er habe es att, alles allein tun zu müssen und er würde jetzt den Bettel hin- chmeißen." Darauf großer Sturm, und in Erkenntnis der Gefahr chließt sich wieder alles enger zusammen und wird eifrig. Solche Konjunkturschwankungen" werden wir natürlich nicht ganz aus der Welt schaffen können, aber auf einen Weg möchte ich hinweisen, der meines Erachtens der richtige ist: W i r m ü s j e n j e d e n e i n z e l- nen einzeln anpacken! In unserer Mannheimer Iungsozialistengruppe war mal wieder »Baisse". Ich erklärte also wie oben. Darauf Sturm, daraus der übliche stärkere Will« zur Mitarbeit aus acht Tage. Das ging mir dann doch durch den Kopf. Es geht nicht, immer»in Corona ." aufzufordern. Also pirschte ich mich bei einer Wanderung an die Stillen.Du, hör' mal, du könntest auch mal ein Reserat über- nehmen."»Ja, aber was denn?" Es war ein Oberprimaner, der aus der bürgerlichen Iugendbewsgung kam.»Sog' doch mal was über die heutige bürgerliche Jugendbewegung. Was der Wander­vogel heute macht usw."Da Hab' ich noch gar nicht dran gedacht. Aber gern." Und wieder hatte ich einen geweckt. So ging ich noch zu eini­gen. Forschte nach ihren Neigungen(und Schmerzen), ihrmi Beruf usw. Da bekam einer praktische Arbeit als Kassierer und Schrist- sührer usw. Und auf einmal wurden die alle tätig, die vorher sich nie getraut hatten, in der Versammlung am Abend etwas zu sagen, geschweic»? denn zu übernehmen. Ueberhaupt dos Bremsen derKanonen". Wie oft unterhalten sich doch zwei, drei über die Köpfe der anderen hinweg, die dasitzen und nicht zu Wort kommen. Es ist eine Ausgab« des Führers, hier zudemokratisieren". Alle heranzuziehen und dort zu dämpfen, wo es nötig ist, um der Mehrzahl willen. Nach meiner immer fester werdenden perfönsichen Auffassung ist es verkehrt,.Marx" oder»Das kommunistisch« Manifest", »Lassalle " und ähnliche beliebte Themata, aber eben dochalle", immer wieder einzig heranzuziehen. Das alles verarbeitet man am besten allein oder in kleinster Arbeitsgemeinschaft. In der Gruppe selbst müssen wir in der Gegenwart stehen. Da ist zunächst Tagespolitik in Stadt, Land. Reich(auch nicht hier dauernd rückschauend, etwa»Regierungsbildung l9?K" und ähnliches, sondern gegenwärtig und vorausschauend). Sehr leicht bekommt man dann auch einen Abgeordneten, da dieser hier in seinem Stoisgebiet ist. Neben dieser Tagespolitik auch»Tages- Weltanschauung", ober des- nie in der abstrakten Form, wie»Reli- xion und Marxismus ", sondern mutig:Die religiösen Sozialisten", wosür man miederttm srhr leicht p'uen.ihrer* Redner newirmen kann. Seid doch wirklich einmal Gegenwnrtsmenschenl Es heißt nicht»Staat und Wehr", sondern»Die Reichswehr " usw. Diese beiden Wen«: den einzelnen zu fassen bei seinen Neigungen und wirklichvom Tage" zu sein, werden meiner lleberzeugung nach noch zu wenig beschritten. Sollte diese Ansicht falsch fem, so bitte Ich um Geoenäußerung, denn das ist der dritte Bunkt. Man muß Widerspruch herausfordern, Leben hineinbringen, wo es noch fehlt. Es schadet gar nichts, auch einmal zu einem Geaner zu gehen und dort sich richtigdurcheinandermachen" zu lallen dabei lernt man ungeheuer viel. Auch in unseren Jugend- beilagen sollen ruhig Stimmen zu Wort kommen, mit denen nicht gleich alle einverstanden sind, auch hier müssen wir etwas»vom Leben" verspüren das ja auch voller Widersprüche. Peter H e y m a n n, Mannheim. interview mit uns selbst. Wir lesen oft. daß Minister X., Polttiker P. interviewt worden seien. Und dann folgt ein mehr oder minder langer Bericht über die »Ergebnisse" des Interviews, in dem dieMeinung" des Inter« viewten zum Ausdruck kommen soll. Schön. Man weiß, wie man derartige Auslassungen zu werten hat: vor allem vorsichtig. Der Interviewte, gar wenn es ein Politiker ist, wird suchen, nicht dem Willen des Interviewers zu folgen, sondern diesem seinen eigenen aufzudrängen, wird das zu sagen suchen, was e r möchte; er will durch das ihm aufgepreßte Interview auf andere wirken. Ob dabei innner die wahr«, rückhaltlose, gant« Meinung, das leidenschastsfreie Urteil zustnnde kommt, muß mit Recht bezweifelt werden. Und sie können schon aus naheliegenden Erwägungen gor nicht zutage kommen. Anders ist es beim Interview mit uns selbst.Sllles Ereignen Ist nur Staiion...," und wir müssen alle suchen, uns über diese ver- schiedcnen Stationen des zurückgelegten Lebensweges klar zu werden. Wir müssen halt machen, wie der Interviewte plötzlich In sich halt machen muß. wenn er ehrlich über feine fetzige Einstellung zu den Dinoen des Lebens berichten soll. Der Kaufmann nflegt eine Bilanz zu ziehen, macht Inventur, stellt Soll und Haben zusammen, berechnet fein säuberlich sämtliche Uebergangsvasten. ermittelt In be- sonderer Berlust- und Gewinnrechnung den Geschäftserfolg, den er in die Bilanz einsetzt, und gleicht so dem Politiker, der von Zeit zu Zeit öffentlich Rechenschaft ablegt.