Wurst und gute" Butter gekauft wurden. Butter ist dort Margarine.
Was jahen und hörten wir nicht noch alles. Wir schreiten da einmal einen Berg hinan im Gespräch mit einem Bauern.
Intereffante Sachen hören wir. Wie die Steuerlaſt zu hoch ist, das Unwetter die Ernte vernichtet, und wie der Mann doch hofft und arbeitet, troy all der Unbill. Es war Hochkonjunktur in der Textilindustrie. Tag und Nacht schnurren die Spulen und Webstühle der großen Fabriken. Aber auch sonst ist gute Arbeit Hier und dort sehen wir in die Fenster der Fabriken hinein, wo Blechwaren geftanzt und gelötet werden. Und schön war es für uns, mit den Arbeitsbrüdern Blick und Gruß tauschen zu dürfen. Die Heimindustrie ist im Gebirge noch zu Hause. Wir fahen wenig davon. Wußten aber, daß hinter den Mauern der armseligen Häuser viel Elend haust.
Aber nicht nur Arbeit und Sorge sahen wir. Edles aus der Baukunst, wie die Annenkirche in Annaberg , Sagenhaftes an Burgruinen und Schlössern, Erinnerungen an alte Arbeitsmethoden, wie der Frohnauer Eisenhammer, kamen uns zu Geficht und begeisterten uns, ließen in uns den Wunsch aufkommen, alles verstehen zu fönnen, um es weiterzugeben.
So führten wir aus, was wir alle immer wollten, sozial zu wandern. Wir waren dabei nicht topfhängerisch geworden. Nein, das alles treibt uns nur vor im Kampf um bessere Lebensbedingungen. Ein junger Genosse schließt seinen Fahrtenbericht: In den großen, grünenden Wäldern und zwischen den schroffen Felsen wächst beim Wandernden das Schönheitsgefühl und der Freiheitsdrang. So stärken wir unsere Willenskraft und werden starte Kämpfer für den Sozialismus." So schließt der Bericht. Bile zum Sozialismus ist erwandert. SAI. auf Fahrt: ohne Romantik. Jedoch mit Herz und Sinn bei allem, was es zu sehen und zu hören gibt. W. Bdf.
Schreibt ein Fahrtenbuch.
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Wohl die meisten unserer jungen Freunde und Freundinnen wandern an den Sonntagen bei nur halbwegs erträglichem Wetter Regen, Wind, wir lachen darüber hinaus zu Mutter Grün. Je nach Neigung und Inhalt des Geldbeutels ist das Ziel bald näher, bald weiter vom Heimatsort entfernt. Fröhlich wandert man früh hinaus, fröhlich kehrt man am Abend wieder zurück. Die so verbrachten Stunden sind mit die schönsten, die wir im Kreise der Gesinnungsgenossen erleben durften.
Mit welch' innerer Freude tauscht man dann später, etwa an einem Winterabend im warmen Jugendheim, die Erinnerungen von solchen Wanderfahrten aus! Viele Gruppen haben ein Fahrtenbuch angelegt, in das von jeder Wanderung immer ein anderer Teilnehmer einen Bericht einzuschreiben hat. Wenn dann an solchen Fahrtenerinnerungs- Abenden" aus diesem Buch vorgelesen wird, ist's doppelt interessant und alle haben ihre helle Freude daran. Denn Spaß gibt's bei jeder Bartie in Hülle und Fülle! Fehlgriffe und tritte" so mancher Teilnehmer sind ja getreulich aufgezeichnet worden! Auch gewisse Wander, führer" hat man da respektlos ihres Nimbus beraubt. Daneben wird natürlich auch die durchtippelte Landschaft gebührend geschildert.
Jede Gruppe sollte ein solches Fahrtenbuch besitzen, zur Freude und Erinnerung aller Mitglieder. Aber auch die einzelnen Freunde und Freundinnen sollten sich ein derartiges Erinnerungsbuch anlegen. Der Schreiber im Gruppenbuch möchte gewissermaßen für alle berichten und berücksichtigt infolgedessen mehr die gesellige Seite einer Wanderung. Fast jeder sieht doch aber die Landschaften mit etwas anderen Augen an. Dieser interessiert sich mehr für die botanischen Sonderheiten, jene Jugendgenossin legt ihr Augenmerk besonders auf historische Bauwerke. Ein anderer wandert„ fozial", d. h. er hat starkes Interesse für die Bewohner, welche Beschäftigung fie haben, wie sie leben und wohnen usw.( Wir sollten alle mehr Wert auf soziales Wandern legen!) In einem privaten Fahrtenbuch kann man nun seine besonderen persönlichen Eindrücke neben einem Gesamtbild skizzieren und sich dadurch nach und snach einen kostbaren Schaz froher Erinnerungen, vielleicht sogar eine wissenschaftliche Fundgrube aneignen. Erhöhen kann man den Wert noch, wenn man bei den Berichten einige Photos oder gute Ansichtskarten von der betreffenden Gegend anfügt.
In einer stillen, beschaulichen Stunde werden wir gern zu unserem Schatz greifen und manche Erinnerung heiterer oder auch ernsterer Natur ausframen. Manch' strahlender Sonnentag, manch' liebes Fleckchen in ferner Gegend wird wieder vor uns auferstehen und unseren Wanderdrang neu stärken! G. N.
Fehlt uns die Militärdienstpflicht?
Sonntagnacht. Nach langer Wanderung durch Wiesen, Felder und Wälder hallte mein Tritt wider auf dem Asphalt der Großstadt. Autos, Trambahnen raffelten an mir vorbei, und ich tauchte unter in die bunte Wege sonntäglich geputzter Menschen, die sich auf den Bürgersteigen dahinwälzte. Gleich mir blieben jetzt einige Paffanten stehen, denn aus den geöffneten Fenstern eines Restaurants drang lautes Stimmengewirr. Auf dem Klavier wurde ein Afford an
geschlagen, und dann erklang aus jungen Kehlen das Lied„ Oh Deutschland hoch in Ehren...“
,, Stahlhetmkneipe," hörte ich einen älteren Herrn sagen. Gläser
einen, Lachen, Lärmen beendete den Geſang.„ Silentium," ſchnarrte Stimme. Und dann sprach ein Redner von der verdammten Judenrepublik, von dem schwarzrotgelben Fezzen, von nationaler Wiedergeburt. Worte des Hasses, Worte der Verleumdung flatterten ins Freie, und deutlich brandete an meine Ohren:„ Der deutschen Jugend fehlt die Militärdienstpflicht. Beim Kommiß lernte man Ehrlichkeit, Anstand, Zucht und Ordnung. Der Körper wurde ertüchtigt. Die Soldatenzeit erzog unsere Jungens zu Männern. Sie goß den Geist der Treue, der Kameradschaftlichkeit in die Herzen.
In diesem Fahrwasser bewegten sich die Ausführungen des Redners weiter, bis sie in einem vielstimmigen Profit" unter. gingen.
Ein häßliches Heglied grölend, drängten halbwüchsige Burschen aus dem Lokal. Da übertam mich der Gedanke: Diese Jugend hat es nötig, Anstand, Zucht und Ordnung zu lernen.
Langsam schritt ich weiter und dachte über das eben Gehörte nach. War es richtig, dem Militärdienst eine erzieherische Wirkung zuzuschreiben? Bilder aus meiner Militärzeit tauchten aus dem Nebel der Erinnerung auf.
Der Körper wurde ertüchtigt?
Ich sah mich auf Uebungsmärschen. Glühende Hige. Die Zunge flebte am Gaumen. Die stechende Sonne dörrte fast das Gehirn aus. Marschieren Marschieren... Ohnmächtig brachen Kameraden auf staubiger Landstraße zusammen: Hitzschlag! ,, Schlappschwänze," knurrte der Hauptmann. Wir mußten weiter... Egerzieren auf dem Kasernenhof. Rauhe Kommandoworte brutaler Menschenschinder. Stundenlang übten wir Parademarsch und lernten das Grüßen.
Nachts auf Posten im einsamen Wald. Strömender Regen. Naß bis auf die Haut bewachte ich den Schießstand, damit er nicht bis zum Morgen gestohlen wurde. Eine körperliche ,, Ertüchtigung", an die mich noch heute mein Rheumatismus erinnert.
Ehrlichkeit, du Tugend des Soldaten! Wer lacht da nicht? Konnte man die Stube verlassen, ohne das Spind zu verschließen? Waren nicht Diebstähle an der Tagesordnung?
Ein edler, kameradschaftlicher Geist zeichnete den Soldaten aus. Insbesondere die ,, alten Leute". Mit welch ,, pädagogischen" Mitteln wurden von diesen ,, Kameraden" Rekruten erzogen, die das Unglüc hatten, im Dienst„ aufzufallen".
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Armer Rominski, ich denke deiner. Du flopftest einmal ,, schlechte Griffe", und wir mußten deinetwegen eine Biertelstunde länger egerzieren. In der Nacht, die diesem Tage folgte, erwachte die anerzogene militärische Bestie in deinen Kameraden. Wie war es doch? Zwölf Schläge zitterten von der Kasernenuhr. Finsternis in der Stube. Ich schlief unter dir und hörte deine ruhigen Atemzüge. Da leises Getuschel- plötzlich wurde dir die Decke vom Leibe geriffen. Schemelbeine schwangen in der Luft, fauften unbarmherzig auf deinen nackten Körper: der heilige Geist" war dir erschienen. So wurde diese Erziehungsmethode" allgemein bekannt. Furchtbar flangen deine Schreie, du wandtest dich unter Schmerzen.. Am nächsten Morgen warst du revierkrank. Du hast dich nicht beschwert, hast geduldig deine Schmerzen getragen. Geschwiegen. Weil du nicht noch einmal Kameradschaftlichkeit" spüren wolltest. Und im Felde?-1917, im Graben vor Noyon . Marmelade, der ewige Brotaufstrich. Zwei Bauernföhne gehörten zur Bedienung meines Maschinengewehrs. Allwöchentlich erhielten sie Butter und Speck von Hause. Das Wasser lief uns im Munde zusammen, wenn sie die Fettigkeiten" aßen. Wir schoben fahle Bolzen", wie Fritz Haberland, der Berliner , für das trockene Kommißbrot zu sagen pflegte. Nicht eine Messerspitze teilten sie mit uns. Oft wurde die Butter ranzig. Dann schmierten sie ihre Stiefel damit oder benutzten sie als Leuchtmaterial im Unterstand... O vielgepriesene ,, Kameradschaftlichkeit"!
Anstand und gute Sitten lernten wir auch kennen. Dafür sorgten gebildete" Vorgesezte. Beim Exerzieren hörten wir die schönsten Komplimente. Roseworte flogen uns zu, die meistens aus dem Zoologischen Garten" stammten. Es machte ihnen besondere Freude, uns ,, die Hammelbeine lang zu ziehen", und wenn einem Kameraden am Querbaum die Klimmzüge nicht glückten, halfen diese edlen ,,, vorbildlichen" Menschen bereitwilligst mit dem Stiefel, dem Seitengewehr oder den Fäusten nach.
Und du, mein Freund K.! Ich will deinen Namen nicht nennen, deinen Namen, der heute einen sehr guten Klang auf der Bühne hat. " Komödiant," Possenreißer," das waren die Titel, die dir unser osteibischer Unteroffizier zulegte. Er hatte dich ganz besonders ins Herz geschlossen. Mit Ihnen fahre ich noch einmal Schlitten, daß Sie Ihr Leben lang daran denken, Sie dreckiger Hanswurst," schnauzte er dich häufig an.
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