10 all che ost occidit/
überwunden und an ihrer Stelle die Möglichkeit der besten ZuJammenarbeit geschaffen wird. Unter der arbeitenden Jugend, die am wenigsten von tattischen Erwägungen abgehalten, besteht das bringende Verlangen nach einer einheitlicheren, straffen und zentralen Führung. Schaffen wir eine Arbeitsgemeinschaft, die in sozialistischem Geifte Rämpfer und Strelter für ein Bolt von morgen heranbildet. Nicht Wenige und Auserlesene werden gebraucht, sondern die große Maffe der arbeitenden Jugend muß mit großen Mitteln aufgerufen werden, um für den Sozialismus zu streiten.
Ludwig Diederich.
Johann Gottfried Geume.
Ein vergeffener Kämpfer für Freiheit und Recht.
"
Auch über alle feine Studien hat er, im Gegensaß zu den meisten Gelehrten seiner Zeit( leider ist es heute nicht viel anders), niemals die Fühlung mit dem praktischen Leben verloren. Seine Schriften geharnischte Fehden gegen die Aussaugung und Unterdrückung durch gute Buch näher oder entfernter politisch sein müsse, andernfalls es Fürsten und Junker- verteidigt er mit der Behauptung, daß jedes überflüssig oder gar schlecht sei. Er betonte die Notwendigkeit, Partei zu ergreifen, denn dadurch werde Vernunft und Freiheitsfinn auf rechterhalten. Sein schärffter Rampf galt den Brivilegien( Borrechten), die sich einzelne Volksschichten auf Kosten der übrigen Bevölkerung anmaßen. Wer die Privilegten tötete, wäre der Welt Heiland. Er nennt feine Zeit einen blutig prattischen Kommentar zur Erbärmlichkeit des Fürstenwesens. Die Adeligen ständen gewöhnlich im Gegensatz zu den Edien. Weist nur die Menschen in den Himmel, wenn ihr sie um alles Jrdische königlich betrügen wollt!" ruft er den Machthabern zu. Krieg und Soldatenwesen sind ihm Bor einigen Jahren drückte mir ein guter Freund ein Heftchen verhaßt. Wo die Bajonette der Göldlinge herrschen, ist von Berin die Hand, das sich betitelte: Bolitisches und Zeitgemäßes aus nunft und Freiheit, Gerechtigkeit und Boltsglück nicht mehr die J. G. Seumes Werfen". Wer ist Seume ? fragte ich mich, denn in Rede", Jagt er einmal und ihm schwebte ein Boltsheer vor, etwa der Schule hatte ich nichts von ihm gehört. Nun, ich las das Büchlein, wie es heute von unseren österreichischen Freunden geschaffen worden dann einige seiner anderen Schriften, und so wurde mir Seume ,,, der ist. Das Recht auf Revolution erkennt er an und hebt wieder brave, ehrliche Seume", wie ihn einmal Heine nannte, zu einem im Gegensatz zu den meisten feiner Zeitgenossen die Borteile der frischen, anfeuernden Weggenoffen, den ich nicht mehr missen möchte. französischen Revolution von 1789 hervor, denn es gehe aus der Nur schade: In der Deffentlichkeit hört man außer einigen moralischen Natur des Menschen hervor, der Wilfür feinen GeJeiner treffenden Aussprüche oder Apofrnphen, wie er fie febft behorsam zu leisten. Der Juftig jagt er nach, daß ihre harten Strafen zeichnete, gar nichts von ihm. Daß ihn unsere Patrioten totschweigen, oft gerade der Stempel der schönen Tat seien. trotzdem Seumes Vaterlandsliebe faum zu übertreisen war, wundert einen nicht. Für ihn war Vaterlandsliebe kein Geschäft. sondern eine heilige, ideale Sache. Ich möchte ihn darum mit unserem unvergeßlichen franzöfifchen Freund Jean Jaurès vergleichen. Um fo größere Ursache haben die Freiheitskämpfer der heutigen Zeit, die Republikaner , die Sozialisten, vor allem wir, die sozialistische Jugend, unseren großen Bannerträger und Vorfämpfer des achtzehnten Jahrhunderts der Vergessenheit zu entreißen und ihm gebührende Würdigung zukommen zu lassen.
Seume ist 1763 in Posern bei Weißenfels geboren; er verlor früh feinen Bater, besuchte nach der Dorfschule mit Unterstützung eines Gönners einige Privatschulen und brachte es auf Grund ungewöhnlicher Fähigkelten schnell bis zur Universitätsreife. Er be fuchte auch die Leipziger Universität. Da er wegen seiner freigeistigen een fürchten mußte, die Gunst seines Gönners zu verlieren, ergriff er den Wanderstab, um seine eigene Kraft zu verfuchen". Ausgerechnet dem freiheits- und vaterlandsliebenden Seume mußte das Unglück zustoßen, von den Werbern des Landgrafen von Raffel mit Gewalt ergriffen und in Gemeinschaft mit zahlreichen anderen Leidensgenossen als Soldat nach Amerika verfauft zu werden. Unter schier unmenschlichen Strapazen wurden fle über das große Waffer befördert. Ohne an größeren Gefechten teilgenommen zu haben, gelangte Seume nach Friedensschluß wieder nach Deutschland zurück. Hier versuchte er mehrere Male vergeblich, den Klauen des Menschenhändlers zu entfliehen, bis ihm die Kaution eines wohlwollenden Bürgers Urlaub und damit endlich Freiheit verfchaffte. Er widmete fich nun in Leipzig ganz den WissenIchaften, die Mittel durch Privatstunden erwerbend. Später wurde er Erzieher, schließlich Sekretär eines russischen Generals, mit dem er nach Warschau reifte, und dort, während der Revolutionsmirren im russisch - polnischen Krieg, rettete er nur mit Mühe sein Leben. Er tehrte nach Leipzig zurück und betätigte sich für einen. Buchverleger. Anfang Dezember 1801 packte ihn wieder der alte Wandertrieb und er pilgerte, meist zu Fuß, nach dem klassischen Land Italien , nach Sizilien ; nach einem knappen Jahre treffen wir ihn wieder zu Hause an, wo er sich mit dem Schreiben von Reiseberichten, Auffäßen und Schriften beschäftigte. Da ergriff ihn wohl eine Folae des amerikanischen Feldzuges ein schweres Blafenleiden, und am 13. Juli 1810 in Bad Teplik nahm ihm der Tod Wanderftab und Feder aus der Hand.
-
-
Mit ihm war einer der wenigen aufrechten und aufgeklärten Männer feiner Zeit dahingeschieden. Sein trosiger Bekennermut für die Ideen der Freiheit und der Gerechtigkeit kann uns heute mehr denn je als Borbild dienen. Seine einfache, natürliche Lebensweise wird der sozialistischen Jugend besonders sympathisch sein. Oder spricht es uns heute, wo jeder bessere Mensch" per Auto die Natur genießt", nicht aus dem Herzen, wenn er sagt:„ Wer geht, fieht im Durchschnitt onthropologisch und fosmisch mehr, als wer fährt." Ueberfeine und unfeine Leute mögen ihre Gloffen darüber machen nach Belieben; es ist mir ziemlich gleichgültig. Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbständigste in dem Manne und bin der Meinung, daß alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge."
Seine Neigung zur Natur war schon von Jugend an aros und feine Lieblingsfchriften las er in einem verschwiegenen Binkel in Feld und Wald. Seine Kost war immer naturgemäß; Rausch getränken zog er einen Schluck frischen Wassers vor. Wie treffend fennzeichnet er die verlorengegangene Herzensbildung der Zivililation in dem Gedicht„ Der Wilde", in dem ein Weißer in Sturmesnot bei einem Kanadier Gastfreundschaft sucht und findet, diefe aber ihm später, als ihn der Wilde in gleicher Not hilfefuchend aufsucht, brüst verweigert. Es endet mit den bekannten Schlußzeilen:
Ruhig lächelnd fagte der Hurone:
Seht, ihr fremben, flugen, weißen Leute, Seht, wir Wilden find doch beff're Menschen!" Und er schlug fich feitwärts in die Büsche.
-
Es ist begreiflich, daß Seume schwer unter der Schmach Jeines Baterlandes litt, die, wie er erkannt hat, nicht die Schuld ausländischer Eroberer( Napoleon ) war, sondern dem in Deutschland herrschenden Brivilegienumwefen und sozialen Unrecht zugeschrieben werden mußte. So wandte er sich schaudernd von dieser Zeit ab und erträumte sich ein Land, wo am meisten Freiheit, Gerechtig feit und Humanität ist", dachte sich einen Staatsförper, in den Seele hineingebracht worden ist", der ohne Störungen lebt, atmet, ,, in dem kein Mensch als Mensch mehr Rechte hat als der andere". So darf man wohl füglich behaupten, daß Seume Jeiner Zeit weit voraus ein Biel anstrebte, dem wir heute schon ein Stück näher gekommen sind und deffen endliche Erreichung unser aller Aufgabe ist, die sozialistische Gesellschaft!
-
Leider sind die meisten Werke Seumes im Buchhandel vergriffen, und es wäre ein dankenswertes Unternehmen, sie wieder aufzulegen. Bu haben sind noch aus Reflams Universalbibliothek Mein Leben", Spaziergang nach Syratus", Gedichte" und die anfangs diefer Zeilen erwähnte Schrift im Berlag der Geraer Bolfsbuchhandlung. G. N.
Menschen der Großstadt.
Wenn man in der großen Stadt geboren und in ihr aufgewachsen ist, sieht man so vieles mit anderen Augen als jene, die vom Lande oder der Kleinstadt zu ihr kommen. Wir fennen die Stadtteile, in denen der Lugus thront, wo die großen Bergnügungspaläste, die Palais de Danse" fich befinden. Wir wissen aber auch, wo die eigentliche Großstadt haust. Wir fühlen die große Stadt, wenn wir durch die Straßen und Gaffen des Nordens, Oftens und Südens gehen; wir fühlen sie, wenn wir in der Stadtbahn, in der Untergrund", im Autobus fahren. Und wir kennen auch die Biertel der großen Stadt, wo, in Höhlen und Hotels", das Lafter wohnt.
Der Proletarier, der die Arbeit leistet in den stinkenden Fabriken, in den muffigen Kontoren, er ist Großstadt. Wenn die Nacht dem Tage weicht, friecht aus den Mietkasernen der Proletarier. Wir sehen ihn sich einreihen in die große Armee, stürzt in die überfüllten Züge, läßt sich fuffen und stoßen, fährt deren Regimenter durch jede Straße ziehen. Er hastet zur Bahn, zu seinem Ziel und reiht sich dann wieder hier ein in die große Armee. Kommt er in die Fabrit, so stürzt er sich über die Arbeit, schuftet bis zum Abend und haftet müde und zerschlagen nach Hause. Ist die Woche zu Ende, erhält er feinen Lohn", der oft kaum zu dem reicht, was er unbedingt braucht, um nicht mit den Seinen verhungern zu müffen.
Was treibt den Menschen denn zur Großstadt?, fragt man fich oft, wenn man sieht. wie viele vom Lande aur Großstadt tommen. Es sind in den meisten Fällen junge Burschen und Mädchen, die, folange fie nur fich felbft zu versorgen haben, tatsächlich auch beffer leben als da draußen, zumal fie fich hier freier fühlen und bewegen können, ohne den Zwang der dörflichen Begriffe vom Leben. Sie sind es auch zumeist, die die Bergnügungsstätten des Proletariats bevöltern, die Rinos und Rummelpläße. Der er wachiene Arbeiter, der Weib und Kinder zu versorgen hat, tann da nicht hingehen und sein Geld verschleudern, weit es faum für die Milch des Säuglings reicht.
Aber andere trifft man noch auf den Rummelplägen, die Söhne der Reichen, die auf die armen hübschen Mädchen des Broletariats Jagd machen, fie ausfaugen und zerbrechen, wie ihre Bäter es mit den Bätern und Müttern dieser Kinder in ihren Fabriken tun. Ja, auch das ist Großstadt! Diefe Mädchen, die da glauben, ein Bourgeoisföhnchen werde sie einmal hinaufheben in die göttliche Welt", wie sie es auf der Leinwand vorgegaufelt bekommen, fie find es, die dann, zerfunden an Leib und Seele, das Leben von sich merjen. Nicht, daß sie hinübergehen dahin, wo ieder Jammer ein Ende hat, nein, fie fteigen hinab in die gähnende Tiefe, in die Quartiere des Lafters, zum Lumpenproletariat. Und