Jugend- Vorwärts
Nr.2
Beilage zum Vorwärts
26. Februar 1928
Wann folgen die Taten?
Die Gozialdemokratie für die Jugend.
Die Frelzeitbewegung der Jugend zieht immer weitere Kreise. Die Notlage der erwerbstätigen Jugend ist zu offensichtlich geworden, als daß sie noch länger bestritten werden könnte. Der Jugend ist aber mit der Anerkennung der Berechtigung ihrer Forde rungen nach Bertürzung der Arbeitszeit und nach ausreichendem Urlaub nicht gedient, sie braucht Hilfe. Die Parlamente müssen die gefeßlichen Grundlagen für einen ausgebauten Jugendschuß schaffen, damit die Jugend auf erträgliche Arbeitsbedingungen und Urlaub einen Anspruch erheben kann. Der Einheitsfront der Jugend folgt die Einheitsfront der Barteien allerdings nur sehr zögernd. Allein die Sozialdemo tratte hat fich die Forderungen ber Jugend zu eigen gemacht und vertritt fie mit allem Nachdruck. Im Reichstag hat sie zur Etatsberatung eine Entfchließung eingebracht, in der es heißt:
Der Reichstag wolle beschließen, die Reichsregierung zu ersuchen, den Mißständen abzuhelfen, die auf dem Gebiet des Jugendschutzes durch die Ausstellung„ Das junge Deutschland " der großen Deffent lichkeit bekannt geworden sind, und schnell. stens gesehliche Maßnahmen zu treffen, die folgende Forderungen erfüllen:
1. Grundfäßliche Ausbehnung ber Schußbestimmungen für die Lehrlinge und jugendlichen Arbeiter und Angestellten auf das Alter vom 14. bis zum vollendeten 18. Jahre;
2. Drei Wochen bezahlte. Ferien für erwerbstätige Jugendliche( einschließlich Lehrlinge) unter 16 Jahren und zwet Wochen bezahlte Ferien für erwerbs. tätige Jugendliche( einschließlich Lehrlinge) zwischen 16 und 18 Jahren;
3. Festlegung einer Arbeitswoche von höchstens 48 Stunden( einschließlich des Fachunterrichts und der Zeit, die für die Aufräumungsarbeiten beansprucht werden
Pönnte);
4. Beginn der fonntäglichen Arbeitsruhe mit Sonnabendmittag oder Gewäh rung eines freien Nachmittags in der Woche;
5. Festsetzung ausreichender Arbeitspausen;
6. Berbot der Nachtarbeit für Jugend Uche:
7. Beschaffung von Berufsausbil bungsmöglichkeiten.
| Herr Relchstanzler Marg hat Worte gefunden, ble gut waren, ble der Jugend bestimmt hoffnungsvoll und schön gellungen haben. Der Herr Reichsarbeitsminister Brauns hat ungeheuer viel dazu bele getragen, daß diese Ausstellung so aussehen fonnte, wie fle ausgesehen hat. Sie war ein einziges gefchloffenes Ganzes. Das muß man sagen, auch wenn man im einzelnen Ausfegungen an dem hätte, was gezeigt worden ist. Auf der Rundgebung der Jugend verbände, die sich mit dieser Ausstellung beschäftigte, hat der Herr Wohlfahrtsminister Hirtsiefer noch viel schönere Worte für die
Unser Machtruf heißt
Den Zorn auf die Schanzen! Er lodert schon. Unfer Machteuf heißt: Organisation! Die foll jeden Sturm überlohn.
Ein Bau stieg auf aus Not und Nacht, fam aus dem Nichts und wurde Macht. Er wuchs durch fünfzig Jahr und mehr, ein Bau für Saat! Und Saat schwoll her. Und immer weiter, durchrungen heiß, ftrahlt golden aus der Neder Kreis, Und jede Scholle anmutboll spürt, daß sie endlich fruchten foll. Es naht der Tag, er naht gewiß, wo der Pflug ins letzte Brachfeld 6iß, dann birßt der letzte schlechte Stein, und alles Land wird neuland( ein. Den Trotz an den Pflug! Und Tob ber fron! Unser Machtruf heißt: Drganisation! Faufteins, jo zwingen wir's fchon.
Ein Bau stand groß, die Speicher schwer, da fuhr ein Sturm voll Feuer her. Die Welt in Brand! Der Bau erfliertt Auf healt die Not, ins Blut verwirrt. Hohn( peit der Tod: der Bau fengt an Nun, Saatvoll, zeige, wer schaffen kann! Schipp Gräben, schanz und stemm dich fest! In leiner, der den Platz verläßt. Der Sperring schließe lückenlos! Es gilt: flein werden oder groß. Die Flamme muß vom Bau zurüd: Die Zeit braucht unser Meisterstück.
Den Jorn auf die Schanzen! Der fchafft es schon. Unfer Machtruf heißt: Organisation! Und fein Weltbrand foll die bedrohn. Franz Diederich.
Die Genoffin Bohm- Schuch hat diese Entschließung bei der Beratung des Etats des Reichsarbeitsministeriums begründet und dabei vor allem die Reichsregierung aufgefordert, das bei der Eröffnung der Ausstellung„ Das junge Deutschland" gegebene Ber sprechen nun auch einzulösen. Mit vollem Recht führte sie aus:
-
... Vor allen Dingen noch ein Wort über die Ausstellung Das junge Deutschland ", auf die wir in unserer Ent fchließung Bezug genommen haben. Wir haben das getan, meine Herren von der Regierung, well doch die Ausstellung„ Das junge Deutschland " unter dem Brotektorat der Gesamtregierung stattim Ausgefunden hat. Wenn Sie uns heute antworten würden Schuß flang es fo, wir rennen offene Türen ein, weil bestimmte Gefeßentwürfe vorlägen, so hätte diese Ausstellung ja auch offene Türen eingerannt. Sie wissen alle und jeder, der die Ausstellung besucht hat, werden wissen, daß das nicht der Fall war, sondern daß diese Ausstellung einfach eine Notwendigkeit gewesen ist. Die Aus Stellung ist vom Herrn Reichskanzler Marg eröffnet worden, und
|
Jugend gefunden. Er hat die Robwendigkelt der Erfüllung der gestellten Forderungen start unterstrichen. Ich meine, der Herr Reichskanzler, der Herr Reichsarbeitsminister tönnen doch Interesse für die Ausstellung nicht so offensichtlich gezeigt haben, um nur mit Worten der Jugend Wohlwollen entgegenzubringen, um nur die Jugend, ich will einmal fagen, zu beruhigen und the Hoffnungen zu machen. Wenn es so wäre, so wäre das ein großer Irrtum dieser Herren. Die Jugend hat das Interesse so aufgefaßt, daß ihre berechtigten Forderun gen jetzt in etwas schnellerem Tempo als bisher verwirklicht werden sollen."
Diese Ausführungen der Genoffin Bohm- Schuch veranlaßten den Redner der Wirtschaftspartel, Behold, Behold, zu zu einem wütenden Angriff gegen die Jugendschuhe forderungen, die nur die Begehrlichkeit und leberheblichkeit" der Jugend gestärkt hätten. Er fand dabei lebhaften Wider spruch bei den Sozialdemokraten und Demokraten, und auch der Redner bes Zentrums, Imbusch, verwahrte sich gegen die Argumentation, daß die Jugend mit ihrer Freizeit nichts anzufangen wiffe. Der Verlauf der Debatte hat gezeigt, daß die Mehrheit dieses Reichstags nicht gewillt ist, den Lebensnotwendigkeiten der Jugend Rechnung zu tragen. Deutlich offenbarte fich hier die große Bedeutung der Wahlen für die Jugend.
Allein die Sozialdemokratie ent faltet die erforderliche Initiative, um ben Jugendschuß gefeßlich zu verankern. Im Hauptausschuß des preußischen Landtags brachte sie einen Antrag ein, der die preußische Regierung auffordert, bel der Reichsregierung den Eriaß eines Urlaubsgefeßes für ble Jugend zu verlangen. Der Hauptausschuß stimmte bem Antrag zu und jetzt hat auch der Landtag einstimmig die Annahme beschlossen.
Im sächsischen Bandtag brachten unsere Genossen ebenfalls eine Entschließung ein, die die sächsische Regierung ersucht, die Jugendschutzbestimmungen im Lande durchzuführen und sowelt fle Angelegenhelt der Reichsgesetzgebung sind, auf die Reichsregierung einzuvirfen, damit eine reichsgesetzliche Regelung eintritt. bürgerlichen Bartelen konnten sich in den Ausschußberatungen nicht zur Annahme des Antrags entschließen, sie nahmen lediglich folgende Entschließung an:
Die Regierung wird ersucht:
Die