Jugend- Vorwärts

Nr. 8

Beilage zum Vorwärts

29. August 1928

Nutzet den Schwung!

Die Jungen haben in der Werbewoche nicht nur für die Sozial­demokratie die Trommeln zu rühren. Die Parteiwerbewoche ist auch die Werbewoche des Verbandes der Sozialisti. schen Arbeiterjugend. Scharenweis steht die Jungarbeiter­schaft ihrer Organisation noch fern. Die Beteiligung am Dortmunder Jugendtag hat die organisierte Kraft der Arbeiterjugend gezeigt. Sie muß eingesetzt werden, um Bresche zu schlagen in die Burgen des jugendlichen Indifferentismus.

3wanzigtausend junge Arbeiter und Arbeiterinnen sind vom! Manöver der Kommunisten nicht ins Wanten gebracht werden kann. Fest der roten Jugend auf roter Erde heimgekehrt in ihre Städte und Dörfer. Ihre Herzen pochen noch im Rhythmus des Bröger fchen Sprechchorwertes, das die Eröffnungsfeier des Fünften Deutschen Arbeiterjugendtages in Dortmunds riesen­großer Westfalenhalle ausfüllte; noch ist in ihnen die tiefglühende Begeisterung der Kundgebung für Sozialismus und Völkerfrieden in der weiten Kampfbahn Rote Erde. 3wanzigtausend junge Arbeitsmenschen nahmen die Losung Karl Severings in seiner mutigen Rede auf: Dem Kapitalismus mitten ins Herz! Als Send­boten werden sie überall für diese Parole wirken und werben. Siebzigtausend junge und alte Proletarier, Männer und Frauen, fangen zum Beschluß des Jugendtages die Internationale. Wacht auf, Verdammte dieser Erde!" hallte es mächtig und aufrüttelnd über die nüchternen Mietfasernen und über die feuerspeienden Ar­beitsstätten des Industriegebiets. Weitere Zehntausende Schaffender werden dieser Mahnung folgen. Ueberall werden sie die Fenster auf reißen, um die frische, befreiende Luft des Völkermorgens in Hütten und Werkstätten hineinströmen zu lassen. Nach diesen sozialistischen Feierstunden drückt die Debe und Eintönigkeit der Arbeit und die Enge und Dusterteit der Stuben doppelt schwer auf dem schönheits- und erlebnisdurstigen Jugend­leben. Unter dieser Last werden die Jungen und Mädchen aber nicht zusammenbrechen. In Dortmund sahen sie die Stärke der Arbeiterbewegung. Aus dem Gefühl der Zugehörigkeit zu diesen Rampfformationen für eine beffere, für eine sozialistische Welt ist in ihnen die Kraft gewachsen, die sie alle Niedrigkeiten und Hinder­nisse des Alltags überwinden läßt.

In und durch Dortmund spürten sie aber auch die enge Ber. bundenheit von älterer und jüngerer Arbeiter. schaft. Für die Fahrt ihrer Jungmannschaft zum Reichsjugendtag gaben die Organisationen der älteren Arbeiterschaft fast überall 3u schüsse. Die Dortmunder Arbeiterfamilien brachten alle Burschen und Mädchen trotz schlechter Wohnverhältnisse in Privatquartieren unter. Und soweit man herumhorchen mag, es ist nur Lob und Anerkennung bei den Dortmundfahrern über ihre Gastgeber zu hören.

,, Wer die Jugend hat, der hat die Zukunft!" Dieses sehr ab­gegriffene Schlagwort befam burch den Dortmunder Jugendtag einen neuen Klang. Die Alten wissen, daß der jungen Generation des Sozialismus gewaltige Aufgaben zur Lösung gestellt sind; sie fühlen, daß von der Tatkraft und dem Können dieser Jungen das Schicksal bes ganzen Menschengeschlechts abhängt. Aus diesem Wissen und Fühlen haben sie die Vorurteile über die Jugend, die keine Tugend haben soll, begraben und sich stolz und freudig zu ihr bekannt. So ist Dortmund zu einem neuen Bindeglied zwischen jung und alt in ber sozialistischen Bewegung geworden. Die Jungen freuen sich darüber und werden noch mehr als bisher Kräfte für alle Partei­arbeit hergeben.

Die Jugend hat in nächster Zeit gute Gelegenheit, für den Sozialismus zu arbeiten. Vom 21. bis 28. Oktober ist Werbe­woche für die Sozialdemokratische Partei . Sie be­ginnt mit dem Gedenktag an das Sozialistengesetz. Vor fünfzig Jahren, am 21. Oftober 1878, trat das schmähliche Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie " in Kraft, das hunderte und tausende ehrliche, strebsame Menschen von Familie und Arbeit jagte, sie in die Gefängnisse steckte, nur weil sie ihre Klaffenlage erkannt hatten und mit der Waffe der Organisation gegen Ausbeutung und Reaktion anfämpften.

Das Gesetz und sein geistiger Vater, Bismard, sind längst ge= storben; aber die Sozialdemokratie, die es ausrotten sollte, ist groß und mächtig geworden. und heute lebensvoller denn je.

In der Werbewoche wird es sich zeigen, daß die Jungen und bie Alten für den Sozialismus zu agitieren wissen und daß das Vertrauen der arbeitenden Menschen zur Sozialdemokraite durch die

Es wird nicht schwer sein, der arbeitenden Jugend klarzumachen, daß sich allein durch Zusammenschluß ihre wirtschaftliche Lage bessern kann. Weisen wir auf die Arbeitsverhältnisse zur Zeit des So­zialistengefeßes hin und zeigen den langsamen Weg bis zum Acht­stundentag, bis zum Tarifvertrag, bis zum garantierten Urlaub! Sagen wir unseren Jugendfollegen am Schraubstoc, an der Hobel­bant, auf dem Kontorschemel, daß das alles erkämpft werden mußte, daß sehr viele Opfer dafür gebracht wurden, daß das nur erreicht werden konnte durch starte Arbeiterorganisationen, sagen wir ihnen aber auch, daß allein Geschlossenheit diesen Besitz erhalten kann. Die Kapitalisten und Agrarier haben sich mit dem neuen Arbeitsrecht noch längst nicht abgefunden. Sagen wir ihnen auch, daß es ein Vorwärts nur geben wird durch Zusammenstehen aller Schaffenden und daß Abseitsbleiben Verrat am eigenen Leben und an der ganzen Klasse bedeutet.

Vorwärts wollen wir! Welcher junge Mensch wird nicht freudig seine Hand in die Rechte des Werbers legen bei der Auf­forderung, mitzubauen am neuen Reich, das ein Reich der Arbeiter sein soll? Sie alle werden es tun, die Lehrlinge, die Tippmädchen und die jungen Arbeiter. Der Fünfte Arbeiterjugendtag in Dort mund gab der sozialistischen Jugendbewegung einen mächtigen Schwung. In der Werbewoche ist die beste Zeit, ihn auszunußen. Junger Tambour, schlage drein! Rührt die Trommeln! Ruft das Jungproletariat unter die roten Sturmfahnen des Sozialismus! Gustav Weber.

Lebensgestaltung der Jugendbewegung.

Die Jugendbewegung ist entstanden aus dem 3wiespalt zwischen der Ordnung der bestehenden Gesellschaft und den Lebensgesehen der Jugend. Am Anfang der heutigen Jugendbewegung steht der Wandervogel, eine Vereinigung bürgerlicher Jugend, die sich gegen die der Zeit des Egoismus und Materiallsmus angepaßte Er. ziehung in Schule und Elternhaus auflehnte und sich gegen die Hohlheit des bürgerlichen Lebens stellte. Zeit und Jugend waren sich fremd. Alles von außen Herangebrachte, Wesensfremde in der bestehenden Welt lehnte diese Jugend ab. Sie schaffte sich eigene Lebensformen. Die Vergangenheit, die Romantit des Mittelalters mit seinem Sholarentum, Bolkslied und Volkstanz wurde wieder neu belebt. Das Fest auf dem hohen Meißner vereinigte diese Kreise später zum Bund der Freideutschen Jugend. In der Meiß nerformel, die zum Programm vieler Bünde wurde, kommt ihr Wollen zum Ausdruck.

" Die Freideutsche Jugend will aus eigener Berantwortung und Bestimmung, mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen ein."

Der Konflikt der bürgerlichen Jugend war nur geistig, und ihr Programm enthält neben der Ablehnung verflachter Formen nur allgemein ethische Forderungen. Jede Stellung zur Wirtschaft fehlt, denn bis weit über die Entwicklungszeit hinaus befand sich diese Jugend im Schuß der Familie und Schule.

Anders stand es mit der jungen Arbeiterschaft, die ja noch viel mehr unter der bestehenden Gesellschaftsordnung litt. Für den jungen Arbeiter war die Schule feine Vorbereitung fürs Leben. Oft schon während dieser Zeit mußte er helfen, das Lebensnot­wendigste mit heranzuschaffen. Mit 14 Jahren wurde er ins Er­werbsleben gestellt. Er mußte in der Zeit der größten förperli hen und seelischen Veränderungen, dem Erwachsenen gleich, seinen

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