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Die Jugend unterm

Sozialistengesetz.

An dem Kampf gegen das Sozialistengeley hat auch die Jugend großen Anteil gehabt. Das eigentliche politische Leben spielte sich in den geheimen Zusammenkünften ab, und da hieß es denn auch für die Jugend: Helft mit bei dem großen Befreiungstampf eurer. Klaffe! Und die Jugend folgte begeistert diesem Appell. Besonders bei der Verbreitung verbotener Schriften mar fie oft ausführen­des Organ". So wuchs in ihr früh ein starkes Berantwortungs­gefühl. Um die Parteiorganisation trotz des Berbots aufrechtzuer­halten, gründeten die Genoffen häufig Theaterflubs" und sonstige Geselligkeitsvereine. Der erst zwanzigjährige Julius Bruhns  , ge­bürtig an der Wasserfante, wurde Mitglied eines solchen Theater thubs"; denn, wie er in der Schilderung feiner Jugendzeit fagt: Mein Eifer und meine schon erprobte Tätigkett für die Partei verschafften mir troh meiner Jugend die Ehre, an den Beratungen immer teilzunehmen. Ich nahm eifrig an jeder geheimen Bere fammlung tell, mochte fie auch oft stundenlange Märfche erfordern." Nach der Ausweifung des Leiters des Theaterklubs murde Bruhns zum Direktor" gewählt. Er nahm die Wahl an, obgleich er wußte, daß er sich dadurch der Polizei äußerst verdächtig machte. Bald war man ihm denn auch auf der Spur und hielt bei seiner Mutter, bei der er wohnte, Hausfuchung ab, mußte aber unver­richteter Sache wieder abziehen, da Bruhns die verbotenen Schriften, den Sozialdemokrat" ufm, auf dem Speicher versteckt hatte und die Gesetzeswächter bei der herrschenden Julihige nicht hinauffteigen wollten. Eine weitere, durch schnöden Berrat herbeigeführte Haus fuchung folgte, die ihm, dem erst Einundzwanzigjährigen, am 16. August 1881 die Ausweisung aus feiner Heimatstadt Hamburg  einbrachte. Seine Tätigkelt für die Partei legte aber Bruhns in verstärktem Maße fort, durch das große Bertrauen der Genoffen wurde er denn auch als Dreißigjähriger in den Reichstag entfandt. Mit welchen Schwierigkeiten das Einschmuggeln des in Zürich  gedruckten Sozialdemokrat" verbunden war und in welchem Maße Sugendliche daran beteiligt waren, das schildert 3. Belli in feinem prächtigen Buche Die Rote Feldpoft unter dem Sozialistengefeh. Seinem jüngeren Bruder, der sich mit Zeitungen auf der Reife befand, stieß folgendes zu: Auf dem Poftamt in Singen wollte es der Zufall, daß ein für den Empfänger bestimmter Decadres zettel in dem Balet fich lockerte, zum Verschluß herausspielte und gerade auf den Bostschalter fiel. Mein Bruder befeitigte den Bettel, aber der Beamte hatte es gemerkt und schöpfte Berdacht auf etwas Ungehöriges. Den Aufgeber ließ er zwar feiner Wege ziehen, doch fandte er zur Gendarmerie, denn bald wurde Bruder Hans von einem Berittenen eingeholt und nach Radolfzell   ins Gefängnis gebracht.

Hans hatte noch eine größere Anzahl in Brieffuverts verpackte Einzelexemplare bei sich. Man verlangte, daß er fie öffne, er lehnte dies aber ab, da die Briefe nicht fein Eigentum, sondern ihm zur Besorgung anvertraut felen. Schließlich erbrachen die Herren selbst die Briefe. Es hatte noch niemand eine Ahnung von der Eriftenz des Sozialdemokrat". Darum gab es feltfame Ge­fichter, als er so unerwartet zum Vorschein fam.

Hans war ebenso erstaunt" wie die Herren und gab an, diese Dinge von dem großen Unbekannten erhalten zu haben. Da er gerade ohne Arbeit sei, so habe er diese Besorgung gegen Entgelt übernommen. Dabei blieb er auch troh aller Bersprechungen und Anbietungen, die man ihm machte. Er versprach aber feierlich, jenen Unbekannten, den er in Konstanz   wieder zu treffen hoffe, der Polizei zu überliefern.

Belli, der von Beruf Schuhmacher war und eine eigene Wert­statt besaß, hatte auch einen prächtigen Behrjungen, der elfrig be­müht war, den Sozialdemokrat" mit zu schmuggeln. lleber ihn be richtet er: Außer der Probenummer des Sozialdemokrat" fiel der Polizei lange nichts Erhebliches mehr in die Hände, obwohl fie uns hart auf den Fersen war. Ende August 1880, einige Tage nach dem Wydener Kongreß, erbeutete sie aber den größten Teil der Nummer 39. Der Ballen war zu Schiff an einen Ort am deutschen Seeufer gebracht worden. Mit dem Bergen der Ware war mein Lehrjunge betrout, der sonst zuverlässig war. Doch in einer romantischen Anwandlung fonnte er es nicht übers Herz bringen, einem Schulfreund zu verschweigen, was er für ein er! fei, der bei der Borbereitung zur großen Revolution" mit tätig wäre. Das patriotische Gewiffen des anderen Jungen fand feine Ruhe, bis er dem Bürgermeister Kunde von der Verschwörung" gab. Der Bürgermeister zog mit den Gemeinderäten, dem Büttel und anderen bewaffneten Helfern nach dem Wohnhaus der Eltern des Lehrjungen, um die Verschwörer zu fangen. Dort erbeuteten fie die Nummer 39. Es gab großen Auflauf im Dorfe, die Gen­barmen wurden von Konstanz   herbeitelegraphiert. Der Lehrjunge war nicht mehr da, und den Eltern tonnte nicht nachgewiesen wer­den, daß sie etwas mit der Sache zu tun hatten."

Wieder war man einmal hinter Belli her, um die gefährliche Ware abzufangen. Bellis, Frau hatte gerade die Sachen fortge­bracht, als auch schon die Polizei erschien und Hausfuchung hielt. Die Bolizei mußte aber unverrichteter Sache abziehen, denn Bellis Lehrjunge führte die Polizei fo irre: Die im Koffer befindliche Nummer 40 mußte im Elfah in fleinen Paketen weiterbefördert werden. Die Polizei vermutete, daß ich solche Reifen mache, und lieb meinen Lehrbuben durch einen Spenglerjungen ausfragen, wann ich abreite und wohin. Mein Lehrjunge erzählte: nach Ro. manshorn und von dort nach Friedrichshafen  . Der Spenglerjunge fogte es feinem Dntel und dieser Oheim war ein Konstanzer  Schuhmann.

Am anderen Lage stieg ich in Kreuzlingen   ein, auf der nächsten Station aus und ging zu Fuß nach Hause zurück. Die deutsche mir auf dem Dampfschiff zwei Leute zu meiner Berhaftung nach. Bolizei hatte sich vergewiffert, daß ich abgefahren lei, und schickte in Konstang und betrachtete hinter einem Baum die Gesichter der Mein Lehrjunge indeffen begab sich abends an die Landungsstelle leer zurüdfommenden Schußleute.

Er isch nit fomma", meldeten sie dem Wachtmeister, der da wartete. Diefer meinte: Hm, er ist doch ganz bestimmt heute morgen abgereift."

Ich war inzwischen auf der anderen Seite nach Kolmar   ge­fahren. Meinen Gepäckschein gab ich einem Dienstmann, der die Ware zu erheben und in einem Gasthof zur Stadt Breisach" zu bringen hatte."

Ferner erzählt Belli vom alten Rheinbold", der, von Beruf Seiler, beim Militär weiterdiente, Unteroffizier, Grenzfäger, Boften­führer und Kontrolleur war, wie er mit fetnem fechzehnjährigen Sohne, der ihn manchmal noch an Kühnheit übertraf, in den Dienst des Schriftenschmuggels trat und unter allerlei Abenteuern die Sache meisterte. Der Kahn des Alten wurde von der Behörde, die von seiner Schmugglertätigkeit erfahren hatte, im Gondelhafen zu Kon­ stanz   angeschlossen. Belli berichtet dann weiter: Wir fauften dem Manne einen neuen Kahn und befestigten thn am Schweizer   User. Auf Rheinbolds Fahrten unterstügte ihn fein ältester, damals fech zehnjähriger Sohn. Am Horn", einer Userfante des Bodensees, hatten Bater und Sohn eine Ladung verborgen. Sie wurde in der Nacht auf einen Karren gestellt, durch den Wald und über die Felder von der Staader Seite der Rheinbrücke au geschoben. Mitten in einems Kartoffelader hielten die Rheinbolds still, denn es hoben fich vor ihren Augen lange Schatten in die Höhe. Die Schatten teilten sich und wurden förperlich, famen mit Sprüngen und wüten­dem Gefchrel auf Bater und Sohn. Der Alte mit den langen Beinen riß aus, der Junge hielt sich mit feinem Rebmesser die Dränger vom Leibe und floh im günftigen Augenblick in die Nacht. Haltet die Dieb', die elendigen Kartoffeldieb fchrien die Bauern hinter hnen drein. Auf dem Karren fanden die Bauern feine Kartoffeln, wohl aber das andere, das sie nach dem Amtsgericht in Konstanz  bringen ließen.

Jene Mitternachtsfahrt durchs Kartoffelfeld blieb nicht unge­fühnt. Die Schweizer   wollten Rheinbold nicht mehr in ihrem Lande, wohin er geflohen war, dulden. Der Flüchtling hatte auch nicht einmal Papiere, wie sie jeder anständige Deutsche in der Schweiz   aufweisen foll. Darum hieß es über ihn: Raus da aus üferm Kanton, usi zue de Schwobe."

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Der Junge fam mach Zürich  , wurde Seherlehrling bei uns, fedelte 1878 mit dem Stab" des Sozialdemokrat" nach London  über und stereotypiert heute noch fleißig lozialistische Literatur. Er hat während seines Züricher   Aufenthalts noch manchen fühnen Durchgang gemacht. Stockte es am See, fo ließ der Postmeister Motteler ihn ausschwärmen, und nie fam er unverrichteter Sache zurück. Einmal blieb er aber aus. Zwei Wochen hörte tein Mensch etwas von ihm, denn er war in Friedrichshafen   als Dieb" feft genommen worden. In Tettnang   hielt man ihn gefangen, bis er in der Christmacht, in wilder Freiheitssehnsucht, entwildhte." In Chemnih schloffen sich die Jugendlichen zu einer Partei­Jungmannschaft zusammen. Ihre Hauptaufgabe beftand im Blatate leben, im Einhängen des Sozialdemokrat" in die Zeitungshalter der Gastwirtschaften, im Austragen der Flugblätter und im Hiffen roter Fahnen auf schwer zugänglichen Höhen. Diese Chemnißer Jungmannschaft hatte ihren Vorläufer: den Kleifterflub von 1873", deffen Hauptaufgabe es war, für die unentgeltliche Verbreitung der Bersammlungsanzeigen zu forgen. Unter den verschiedensten Namen ( Borwärts", Dramatischer Berein Heinrich Heine  ") hatte eine Jugendlichen- Bereinigung bis zum Ausnahmegelen fortbestanden. Am zehnten Jahrestage des Sozialistengefeßes, am 21. Ottober 1888, ftlegen viele rote Fahnen empor. So wurde in Gotha   eine fünf Meter lange und zwei Meter breite Fahne mit der Inschrift: Hoch lebe die Sozialdemokratie! 1878/1888" am Gallberg gehißt. Ein junger Bauhandwerker befestigte sie am Gipfel einer italieni­schen Bappel. Er fletterte an diefer empor und bestrich beim Hinab­steigen den Baumstamm mit Kleister, der mit kleinzerschlagenen Glassplittern versetzt war. Stolz flatterte die Fahne am Sonntag in das Land und verkündete die Ungebrochenheit der Bartel. Po lizei und Feuerwehr mußten geholt werden. um ihrer hobhaft zu werden. Eine Leiter wurde angestellt, aber vergeblich. Schließlich mußte die Spitze des Baumes abgesägt werden.

Ein sehr rühriger Jugendgenoffe" war auch Philipp Scheide mann. Als er faum das 18. Lebensjahr vollendet hatte, schloß er fich der gewerkschaftlichen Organisation der Schriftfeher an. Nach wenigen Tagen trat er der Sozialdemokratischen Partei bei. Der Entschluß tam nicht plötzlich; denn Scheidemann   war schon längst mit den verbotenen jozialdemokratischen Schriften vertraut. Er Ichrieb einmal: Ich hatte alle die damals verbotenen[ ozialdemo fratischen Schriften, Joweit ich fie in den Schubladen der Seßer erwischen fonnte, fchon als Lehrjunge gelelen."

Eifrig bemüht, ben Sozialbemotrat" und die fozialdemokrati­fchen Flugschriften auszutragen, lief Scheidemann   treppauf, treppab. Er erzählt darüber: Bom Austragen der Flugschriften hätte mich damals feine Macht der Erde abgehalten Wir fahen unferen Lohn in der erfüllten Blicht der Schriftenvertellung, in der Täuschung der Polizei und der Irreführung der Gendarmen. Ich werde niemals vergeffen, in welcher Aufregung fich meine gute Mutter einmal wochenlang befunden hat, als die Polizei ein folof­fales Intereffe bekundete für gewisse gedruckte Winke", die uns

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