V9 4, fEine Schnurre voLa di« Bauern von Iuchehosen alles noch lieber tun, als ihreSteuern bezahlen, so folflt dem Steuerboten nicht selten der Gerichts»Vollzieher in die Häuser. So kam dieser auch eines Tages in dasHaus des Ntggerlbauern, blieb aber, als er eben an der Stuben-tilr anklopfen wollte, aus einmal wie gebannt stehen und horchte.Denn von drinnen her ertönte lautes, schluchzendes Weinen unddazwischen undeutliche Klageruf«. Der Gerichtsvollzieher, der nichtbloß dos Amtszeichen aus der Mütze, sondern auch ein Herz im Leibehatte, dachte schon: Da komme ich aber zur unrechten Stunde, wenn»» ohnehin nichts als Tränen gibt.Trotzdem versuchte er die Türe leicht zu össnen, um zu sehen,was denn los und ob vielleicht gar ein Unglück passiert wäre. Undsiehe dal Inmitten der Stube stand ein Totenbett, und daraus lagder Niggerlbauer mit. geschlossenen Augen und verkreuzten Armenund ganz weih im Gesicht, und seine arm« Frau kniete zwischen denTotenkerzen und verhüllte ihr Gesicht im Bettleinen.„Ohr nüitzt schon entschuldigen," sagte der Gerichtsvollzieher.nachöen, er langsam und vorsichtig eingetreten war und der Bäuerinsein Beileid ausgedrückt hatte,„dotz mich der Amtsweg gerade heutezu Euch geführt hat. Aber es wird sich schon besser machen lassen,al« es aussieht." Und er begann ihr auseinanderzulegen, dah er nursolch« Gegenstände pfänden wolle, die sie nicht allzu nötig habe, umihr nicht gleich das Getreide vom Boden herab oder gar ein StückBich aus dem Stall nehmen zu müssen.„Nachbenr Euer Manngestorben ist," fuhr er fort,„wird es Euch vielleicht am wenigstendrücken, wenn ich seine zurückgelassenen Kleider, seine Stiesel undHüte, vielleicht auch noch seinen Kosten und, was Ohr wohl auch nichtmehr für Euch verwendet, hier sein« Bettlade, in der er gestorbenist. als Pfand belege."„Mein Gott," klagte da die Bäuerin,„Ohr werdet mir doch dieschönen Andenken an meinen Mann nicht wegnehmen," und suchtedem Gerichtsvollzieher lang und breit auseinanderzusetzen, wie sehrsie ihren Mann geliebt habe und dah sie nichts von seiner Hinter-lassenschast missen möchte.Und nun Ichlug ihr der Gerichtsvollzieher vor, ihm selbst etlicheGegenstände zu benennen, die er pfänden könnte, aber sie sagte:„Och kann überhaupt nichts hergeben. Seid doch nicht so grausam,ich bin eine arme Witwe."Ann, meinte der Gerichtsvollzieher, könnte sie sich wohl nichtnennen, habe sie doch ein Haus, Feld und Holz, das ihr nun durchden Tod. ihres Mannes allein gehör«. Da werde sie wohl auch nochetwas für den Staat und die Allgemeinheit übrig haben.„Nicht«inen roten Heller kann ich entbehren," erwiderte dieFrau, und ihre Stimme nahm einen hartnäckigen Ton an.„Denktdoch nur, was die Leiche jetzt kostet, und wie schwer sich eine Witweallein in der Welt tut."Der Gerichtsvollzieher stand schweigend da, blickte bald aus denToten, bald aus die Witwe, dann wieder lang« sinnend zu Boden,als dächt« er bei sich: Was für«in ekelhaftes Geschäft habe ich doch,dedrängten Leuten die Haut abzuziehen.Plötzlich sagt er:„Frau, ich will Euch heute allein lassen underst nach dem Begräbnis wiederkommen."Doch ehe er sich zur Tür wenden konnte, begann es im Toten»bett zu rascheln, als ob Mäuse und Ratten darin wären, und eszeigte sich, dah sich der Tot« aus einmal ganz langsam ausrichtete,die Augen unheimlich weit öffnete, drohend die Hand erhob undsprach:„So wahr Ich lebe, spricht der Herr: Wer einem Toten dasBett hinter seinem Rücken verpfändet oder seine Witwe In Be»drängnis bringt, dem soll die Hand noch bei Lebzeiten verfaulen,und seine Seele wird ewig des Teufels sein."Der Gerichtsvollzieher war, bleich vor Schrecken, i» die Eckeder Stube zurückgewichen, und erst als der Tote wieder langgestrecktund mit geschlossenen Augen und mit verkreuzten Armen aus demBett lag, wurde er etwas ruhiger. Nun aber kam es ihm zum Be»wuhtsein, dah die Witwe ob des aufgewachten Toten gar nicht soerschreckt gewesen war, wie man bei einem solchen Falle hätte ver-muten müssen und stch auch jetzt noch ausfällig gelassen verhielt.Auch sah der Gerichtsvollzieher, wie das Gesicht des Toten an«inigen Stellen die Bleich« verloren hatte, und bei näherem Hin-blicken erkannte er, dah ja der tot« Bauer vollständig mit Mehl«in-gerieben sei.Oetzt fand der Gerichtsvollzieher mit einemmal wieder alleSicherheit: er begann z» lächein und sagt« zur Bäuerin:„Ohr habteinen schlechten Totenbeschau«« gehabt. Der hätte Euch doch sagenmüssen, dah Euer Mann noch immer das Zwicken vertragen kann."t Pfändung.Gottfried Kölwel.Und schon kniss er den Bauern derart In die Backe, dah olle Leb««»»röt« aus«inmal hervorsprang.Bor dem fluchend auserstandenen Bauern aber knüpft« der Ge»richtsoollzieher die Ooppe zu, damit man ja nichts von seiner Herz-gegend entdecke, wies aus dos Amtszeichen an seiner Mütze undsagte:„Das Gericht ist nicht immer so leicht zu hintergehen, wi«Ohr geglmibt habt. Aber weil Ohr nun wieder lebendig gewordenseid und Eure Kleider, Eure Stiefel, den Kasten und das Bett nochweiterhin nötig habt, so will ich gütig mit Euch sein und statt Eurenalten Gerümpels bloß einen schönen Ochsen aus dem Stall Mit-nehmen."Und er ging hinaus und waltete seines Amt«».Die Form.Och will dich singen. FabriklDenn du bist die vollkommenste Verkörperung des inenfchkch««Tuns, des Menschen Geist und Fleiß haben sich offenbar» i» dir inall ihrer Größe und Unzulänglichkeit.Och will mit dir ringen, Fabrik. Auch mit dem geliebten Weide,auch mit Gott muh man ringen, um sie zu gewinnen. Und ich willdich gewinnen, dich erkämpfen, dich bezwingen. Och— ein Namenloser im Proletarierhe«re. ein Geringer unter deinen GünstUngenund Sklave».Denn ich liebe dich, Fabrik.Halbdunkle Halle. Berge von Erde und Sand. Malckwllrsengleich wühlen darin schmutziggraue Männer. Ei« graben und siebenund schülteln und stampfen den Sand in Formkästen aus hölzern«Modelle. Ost so ein Unterlasten fertig gestampft, so wird er mit Hilf«des Kranes umgewendet, der Oberkasten wird ausgesetzt, vollge-stampft, ausgehoben, das Modell wird herausgezogen, der aus gelbemund rotem Sand gebrannte Kern eingelegt, der Obertasten wiederausgesetzt— die Form ist fertig.Keuchende, schwitzend« Menschen hantieren an versenkten vesen.On weißglühenden Graphittigeln brodelt flüssiges Metall— Eisenund Nickel, Kupfer und Zink. Zyklopcnhast bewegen sich die Männerin Heller Glut, in ätzendem Dunst. Sie heben den Tiegel aus demOfen, schleppen ihn zu den Formkästen. Leuchtend flieht das MetallIn die Form— weihstrahlend das Eisen, silbernrötlich das Alu-minium, golden die Bronze, mit weißem, beihendem Rauch dasMessing. Nach einigen Stunden erstarrt der Guß. die Form wirdzerschlagen, das Gußstück herausgehoben, mit Meihel und Sandstrahl»gebläse gesäubert. Die Arbeit ist vollbracht.Eine dreckige, eine schwere Arbeit. Aber— gegen Schmutz undSchweiß Helsen Brausebäder. Und— könnt ihr naserümpsendenLassen mit eure» weihen Weiberhänden etwa das Modell einformenund die Form mit Metall ausgiehen? Och bin zufrieden mit meinerArbeit. Denn immer aufs neue beglückend ist das Erlebnis desFormens und Giehens— und aufs tiefste verflochten mit meinerSehnsucht.Wir sind grau und verschwitzt— aber wir köimen mtt unserenstarten, kundigen Händen die Form ausbauen. Die feste Form, dersich auch das zähest« Metall fügen muh. Wir sind wie unsere Werk«— aus einem Guß. Und— wir wollen.Horch zu, Kamerad, du und du und du, wenn du Ohren hast undein tapferes Herz! Wir bauen eine wunderbare, eine unsichkbareForm aus. Nicht aus Sand und Erde, sondern aus unserer Sehn-sucht und Entbehrung und Erbitterung und Hah gegen dich, vennole-deit« Fabrikl Wir giehen heißfliehende Schmelz hinein— nichtEisen, noch Kupfer, sondem die ganze Glut unserer metallhartenUeberzeugung, junger Begeisterung, mannhafter Zuversicht. Eswerde IUnd eines Tages wird es vollbracht, das Werk. Unser« Sehn-sucht wird erstarrt sein zum prächtigsten Gußstück, das je die Mensch-hell gesehen. Dann möge sie zerschlagen werden, die fest« Form au»unserem Arbeitsschwelh und unseren Leibern, zertreten unserHerzensblut, vernichtet unser Leben— au» ihr wird doch heraus-gehoben unser Wert— die rote Zukunft.Und dann wirst du bezwungen sein, von uns, von mir. Fabrik.Auch wenn ich nur ein totes Sandkörnchen der zerschlagenen Formsein werde. Dann werden meine Arbeitsbrüder von dir Besitz er»greifen und dir mein Hochzeitsgeschenk verklärt darbringen— ausdeinem Dache eine rote Fahne im Sturmwind flattern lassen.Denn ich liebe dich, Fabrik. Wl. Daniloss.