Jugend- Vorwärts
Nr. 12
Beilage zum Vorwärts
25. Dezember 1929
Jugend im Kampf.
fommen, und der Kampf um diese Entscheidung wird der Jugend erneut beweisen, wie eng fie mit dem Kampf der Arbeiterbewegung überhaupt verbunden ist.
Was für die Arbeitsschutzgesetze gift, gilt zum mindesten im. gleichen Maße für das Berufsausbildungsgefeß. Dec Entwurf ist fürzlich burch den Reichsarbeitsminister, Genossen Whell, eingebracht worden. Er ist zweifellos dala eln Fortschritt gegenüber den heutigen Rechtsverhältnissen, aber es fehlt noch viel, ehe wir in ihm eine Erfüllung aller der Forderungen sehen tömien die wir für die Reform des Lehrs lingswesens gemeinsam mit den Ges werkschaften stets vertreten haben. Auch hier liegt die Entscheidung nun mehr beim Reichstag.
Am flammenden Feuer
Das neue Jahr wird uns schwere politische Auseinandersetzungen bringen. Die Annahme des Vertrauensvotums im Reichstag hat zwar im Augenblick ble Krife verhindert, aber sobald die Verhandlungen über ble geplante Finanzreform beginnen, werden die Gegenfäße in aller Schärfe zum Ausdrud fommen. Niemand weiß, wie dieser Kampf um die Lastenvertellung ausgeben wird, aber sicher ist, daß die Entscheidung in dieser Frage zugleich richtunggebend sein wird für die Ge staltung der Lebensbedingungen der Arbelterschaft in den nächsten Jahren. Gelingt es der Sozialdemokratie nicht, eine Regelung der Finanzfragen durch zusetzen, die den Lebensintereffen der Arbeiterschaft gerecht wird, dann wird die Arbeiterschaft nicht nur in den Steuerfragen in die Defensive ge drängt, sondern dann werden auch die zahlreichen fozialpolitischen Aufgaben, die dem Reichstag im nächsten Jahr bevorstehen, auf das schwerste gefährdet.
Darin liegt die große Bedeutung der Entscheidungen des nächsten Frühjahrs, daß sie nach Verabschiedung des Young- Plans zum ersten Male frei vom außenpolitischen Drudrichtunggebend sein werden für die foziale Ausgestaltung der deutschen Republik. Es wird der Anspannung aller Kräfte der Arbeiterbewegung be dürfen, um hier Erfolge im Sinne unferer Weltanschauung zu erzielen. Die arbeitende Jugend muß auch hier wieder erkennen, daß auch ihr Schicksal durch diese politischen Ausein andersetzungen in hohem Maße mitbestimmt wird. Zunächst trifft jede. politische Entscheidung selbstverständfich auch die arbeitende Jugend. In vielen Fällen sogar mit besonderer Härte, weil ihre wirtschaftliche Widerstandsfraft geringer ist als die der erwachsenen Arbeiterschaft. Dann aber werden im Laufe des nächsten Jahres eine Reihe von Gefeßentwürfen zur Beratung kommen, die die Arbeits. verhältnisse der Jugend entfchet
Am flammenden Feuer zur Jahreswende
in des Winters schroeigende Pracht, heben zum Treuschmur sich junge Hände in die Sternennacht. Jungoolk der Arbeit, Zukunftsroacht
hältst du, um Jahresverwehen,
fühlst du, begeistert, sehnsuchtsweit, reifen neues Geschehen.
Mutig, im glutroten Flammenschein glühen die Herzen wieder, schallen ins neue Jahr hinein kampfesfreudige Lieder. - Aus jungen Herzen
in tausend Schmerzen mard neugeboren:
Heiliger Wille im Zukunftsringen, Kommenden unverloren.
Hoch überm Walde Glocken klingen, läuten das neue Jahr sie ein. Lodere, Flamme!
Glutroter Schein
künde weit durch die Winternacht: Der Arbeit Jungoolk hält Zukunftswacht!
Zum heiligen Schmure Hände sich heben: Unser der Kampf! Unser das Leben!
Am flammenden Feuer zur Jahreswende in des Winters schweigende Pracht heben zum Treuschwur sich junge Ilände in die Sternennacht.
Aus Jüngste Arbelterdichtung", Arbeiterjugend- Verlag, Berlin
dend beeinflussen werden. Hier seien nur die wichtigsten erwähnt: Das Arbeitsschußgesey, das Arbeitsschutzgesetz für den Bergbau und das Hausgehilfengefeh. hinzu kommt noch das wiederholt angekündigte Sondergefeß für die Arbeit nehmer in der Landwirtschaft.
Alle diese Gesetze sind wichtig für die Neuregelung der Arbeitszeitbedingungen der erwerbstätigen Jugend. Die Festsetzung der achtstündigen Arbeitszeit, der freie Sonnabendnachmittag, die Anrechnung der Zeit für den Besuch der Berufsschule, der Urlaub, alle diese Fragen müssen hier ihren gefeßlichen Niederschlag finden, wenn fie in absehbarer Zeit überhaupt verwirklicht werden sollen. Die jetzt vorliegenden Entwürfe sind hinsichtlich des Jugendschutzes ungenügend. Es wird also von dem Kampf in den Kommissionen und im Plenum des Reichstages abhängen, wieweit es gelingt, die Forberungen durchzusehen. Nach jahrelanger Vorarbeit, nach immer erneuten Bertagungen, dürfte nun der Zeitpunkt der Entscheidung
Es wird sehr interessant sein, die Stellung der bürgerlichen Parteien zu diesen Gefeßentwürfen zu beobachten. Die ihnen nahestehenden Jugendver bände haben sich einmütig für einen ausreichenden Jugendschutz ausge sprochen, jeẞt müssen die Parteien Farbe bekennen. In allen bürgerlichen Parteien sind starke Kräfte am Wert, um eine positive Entscheidung dieser Parteien in den Fragen des Jugendschutzes zu verhindern. Man ist nicht nur gegen den Ausbau, sondern möchte sogar bereits be stehende Rechte der Jugend abbauen. Ein kleiner Bewels dafür ist ein Antrag der Wirtschaftspartei, das Wahlalter auf 25 Jahre zu erhöhen, also fünf Jahrgänge der Jungwähler politisch zu entrechten. Es kann fein Zweifel darüber bestehen, daß die Sozialdemokratie nicht nur diesen Angriff auf ein bereits erworbenes Recht abwehren wird, sondern daß sie sich auch in allen sozialpolitischen Fragen für die Forderungen der Jugend einjezzen wird.
Aehnlich wie auf sozialpolitischem und politischem Gebiet steht es auch auf fulturpolitischem Gebiet aus. So lange der Genosse Severing Reichs innenminister ist, wird man zwar faum befürchten brauchen, dah das Gefeß der Jugend zum Schuh bei Lustbarkeiten im Reichstag zur Berhandlung gelangt, aber wir werden im nächsten Frühjahr eine Debatte über eine Novelle zum Film gesez erleben. In Dieser Novelle spielen Jugendschußfragen eine erhebliche Rolle. Wir haben stets erklärt, daß wir für einen wirksamen Schutz der Jugend vor Schund und Schmuh zu haben sind, aber wir werden uns mit aller Entschiedenheit dagegen wehren müssen, daß man den Schutz der Jugend zum Vorwand nimmt, um dem Muckertum gesetz liche Möglichkeiten zum Eingriff in die Freiheit der Kunst und in die politische Meinungsfreiheit zu geben.
Bürgerliche Kreise propagieren nicht nur eine schnelle Berabe schiedung der Novelle zum Filmgesetz, sie wollen auch eine Bere schärfung des Gesetzes zum Schutze der Jugend vor Schund- und Schmufchriften. Ein tonkreter Borschlag liegt noch nicht vor, aber sobald die Reaktion wieder Morgenluft wittert, wird auch hier der