brüllendes Geschrei aus der Börse getrieben und zwar aus fol­gendem Grunde. Im letzten Mai- Monat hatte derselbe sich ge­weigert, einem Fondsmakler Differenzen im Belaufe von 32,000 Francs zu bezahlen und zog sich, nachdem der Agent sein Recht beim Gericht suchte, durch die Berufung auf das Ausnahmegesetz für Glücksspiel aus der Affaire. Am 14. Nov. nun kehrte er mit erhobenem Haupte zur Börse zurück, jedenfalls mit dem Vor­fate, seine würdigen Operationen wieder aufzunehmen. Er wurde indessen sofort erkannt und mit allen ihm gebührenden Ehren bis zu den Ausgangsstufen zurückgedrängt.

* In München   spielte vor dem Militärbezirksgericht am 11. November gegen den Lieutenant Rauch vom 1. Jäger­bataillon eine interessante Verhandlung wegen Betrugs und Ur­tundenfälschung. Lieutenant Rauch war nicht erschienen und ist sein Aufenthalt seit Monaten unbekannt; deshalb wurde er auch wegen Fahnenflucht angeklagt. Der Gerichtshof erkannte auf fünf Jahre Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehren­rechte auf fünf Jahre. Eigenthümlich ist es, daß seit einiger Zeit gegen Offiziere schon zu wiederholten Malen ähnliche Anklagen verhandelt worden sind. So erschien auch in Berlin   am 15. Nov. ein Offizier a. D. vor der 6. Kriminal- Deputation unter der Anklage der versuchten Erpressung. Der Gerichtshof verurtheilte diesen ,, Cavalier" zu 2%, Jahren Gefängniß.

* Die Reptile berichten jezt von einem Unglücksfall in Varziu, wo ein fürstlicher Diener sich aus Unvorsichtigkeit beim Reinigen eines Gewehres erschoß, was dem Fürsten   Bismarck Thränen entlockt haben soll. Die Geschichte soll wahr sein, aber sie ist vor genau zehn Jahren paffirt.

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Kaiserreisen kosten heutzutage viel Geld. Bei dem Besuche des deutschen Kaisers hat die Stadt Mailand   die Kleinigkeit von 200,000 Lire, ungefähr gleich 160,000 Mart, aus dem Communalsäckel verausgabt. Der König von Italien soll für Festunkosten 2c. 10 Millionen Lire  , ungefähr gleich 8 Mill. Mart, ausgegeben haben. Was die Kaiserreise überhaupt kostet wer fann es berechnen?

Proteft

gegen die Entwürfe eines Gefeges, betreffend die Ab­änderung des Titels VIII der Gewerbeordnung).

Da durch die genannten Gesezentwürfe, sofern dieselben durch Annahme seitens des Reichstages Gesetzeskraft erlangten, die Interessen der Arbeiter und das öffentliche Rechtsbewußtsein auf's Empfindlichste geschädigt würden, protestiren die Unter­zeichneten gegen dieselben und beantragen: Der Reichstag wolle beschließen:

Die Gefeßentwürfe, betreffend die Abänderung des Titels VIII der Gewerbeordnung sind an die Reichsregierung zurückzu­verweisen, mit dem Ersuchen, in der nächsten Legislaturperiode eine, den Forderungen der Arbeiter entsprechende, neue Vorlage dem Reichstage zu unterbreiten.

Ferner: Der Reichstag wolle beschließen:

Das Bundeskanzleramt   wird aufgefordert, bei den Bundes­Regierungen dahin zu wirken, daß die der Gründung und Ent­wickelung der freien Arbeiter- Hülfstassen entgegenstehenden Be­stimmungen der Landesgesetze, z. B. des preußischen Landrechts, bis zur erfolgten Regelung des Hülfskassenwesens durch die Reichsgesetzgebung außer Kraft gesetzt werden.

Bur Darlegung der Gründe, welche die Unterzeichner veran­laßt haben, gegen die erwähnten Entwürfe der Reichsregierung zu protestiren, und um die Wünsche und Forderungen der Ar­beiter in Bezug auf diese Materie zu Kenntniß des Reichstages und der Reichsregierung zu bringen, erlauben sich die Unterzeich­neten, dem Reichstage nachfolgende Denkschrift zu unterbreiten.

Obige Vorlage eines Protestes gegen den Hülfskassen- Gesezentwurf, welche im Auftrage der Berliner   Kommission der Krankenkassenvorstände ausgearbeitet ist, übergeben wir auf Wunsch der Deffentlichkeit.

Die Armen und Elenden.

Eine Londoner   Silhouette.

Niemand Geringeres als Gladstone hat vor einem vollen Parlamente, vor einem halben Tausend blonder Squires und tahlköpfiger Würdenträger, Bahndirektoren und Brauherren, die sämmtlich von einem üppigen Diner gekommen waren, den Sah ausgesprochen: In unserem reichen England kämpfen täglich neun Zehntheile des Volkes schwer und bitter um das knappe tägliche Brod!" Wer sich dem riesenhaften Elend nur einmal Aug' im Auge gegenüber gefunden, dem werden die Träume auf Wochen hinaus verdorben. Eine imposante Palastfront mit einem reizenden Park, im Hintergrunde von einem ungeheuren Armen­hause abgeschlossen, das ist London  . Der Reichthum beider Indien  und jedes Golconda, das auf unserem Erdball entdeckt worden, ist im Lande vertheilt, aber nicht ebenmäßig, sondern ein goldener Chimborasso ragt hier und da, und im Thal sammelt das niedere Bolf die Kupfermünzen. Zwischen den großen Vermögen, die in gewissen Distrikten Londons   warm und dicht bei einander woh­nen, wird der kleine Mann langsam zermalmt. Für jeden Tag lebendiger Athemzüge bezahlt er mit einem Quantum schwinden der Kraft in Sehnen und Muskeln. So war's beim Großvater, so beim Vater, und wird so sein bis auf die Enkelkinder! Wes­halb gerade in London   das Elend dem, der es tragen muß, schwerer wird, als irgend wo anders, beruht in dem Umstande, daß die ungeheure Konkurrenz aller und jeder Leistungsfähigkeit ihm alle Hoffnung benimmt, sich jemals über die Anderen, die ihm auf den Ferfen folgen, zu besserem Loose hinaufzuarbeiten. Es sind sehr Wenige, denen dies gelingt. Wenn nun neun Behn­theile einer Stadtbevölkerung nur auf Wochenlohn angewiesen find, und Jeder am Samstag vor der Möglichkeit zittert, daß aus dem Munde des Kassirers das Wort fallen könnte: die Hand N. N. wird nach nächster Woche nicht mehr gebraucht", so mag sich Derjenige auf eine bittere Entgegnung gefaßt machen, der dem auf ,, Angebot und Nachfrage  " angewiesenen, schwer sich plagenden armen Schächer etwa dazu gratuliren wollte, daß er ein freier Engländer" sei. Auf jeden leeren Posten warten Hunderte. Wenn im Winter die Arbeiten in den Docks auf hören, wird der Arbeiter schon in vierzehn Tagen zum Bettler. Gespart hat er nie, konnte es auch nie. Dann erscheinen sie in der Abenddämmerung in Gruppen von zehn und zwanzig, mit einer schwarzen Fahne voran, und singen markerschütternde Wei­fen, die alle in dem Gedankten austönen: We have nothing to do!"( Wir haben nichts zu thun.) Was sie an Werthob­jekten besaßen, wanderte beim Pfandleiher aus und ein schon zu jener Zeit, als sie noch regelmäßigen Wochenlohn erhielten. Am Samstag den Roc ausgelöst, am Montag Morgens wieder ver­pfändet! Das ist der Kreislauf für Hunderttausende Jahr aus,

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auf All­

Denkschrift. Ausgehend von der Erkenntniß, daß de Repräsentanten der herrschenden Klassen des heutigen Staats ht gewillt sind, der Gesellschaft eine auf voller Gleichheit und Frsheit gerechtigkeit gegründete Drganisation zu ghen, halten wir, die Unterzeichner des vorstehenden Protestes, eite gesetzliche Be­ftimmung, nach welcher jeder Arbeiter gezwungen ist, einer Ar­beiter- Kranken- und Sterbekasse anzugehören, für eze- freilich leider nothwendige Maßregel, dieselben sind ako für den Rassenzwang; dagegen sind sie die entschiedensten Gegner der 3wangskassen, welche durch die in Rede stehenden Gefeßent­würfe nicht nur in den Theilen des Reichs, wo sie schon bestehen, konservirt werden sollen, sondern mit denen man auch nich die Theile, welche mit diesem Prokrustesbette bisher verschont geblie= ben sind, beglücken will.

Nachdem wir so unsern Standpunkt im Voraus und im Allgemeinen gekennzeichnet haben, wollen wir Ausstellungen an diesen gegenwärtigen Gesetzentwürfen, so wie auch unsere Anfor­derungen, die wir an ein gerechtes und praktisches Hülfskassen­Geset machen, speziell aufführen und begründen, wobei wir die derzeitigen Gesetzentwürfe als Vorlagen benutzen.

Jm Artikel 1 des Regierungsentwurfs lautet der§ 141: § 141. Durch Ortsstatut(§ 142) kann die Bildung gegenseitiger Hülfskaffen( Gesetz über die gegenseitigen Hülfskaffen vom zur Unterstügung von Gesellen, Gehülfen, Lehrlingen und Fabrikarbei­tern angeordnet werden.

Die Gemeindebehörde ist in diesem Falle ermächtigt, die Einrich tung der Kassen nach Anhörung der Betheiligten zu regeln und für die Verwaltung der Kassen, soweit dies nicht durch die Mitglieder ge= schieht, Sorge zu tragen.

Statt deffen schlagen wir vor:

§ 141. Durch Ortsstatut(§ 142) kann, wenn die Arbeiter nicht aus freiem Antriebe in ausreichendem Maße gegenseitige Hülfskaffen zur Unterstüßung von Gesellen, Gehülfen, Lehrlingen und Fabrik- und Handarbeitern entsprechend dem Gesetz über gegenseitige Hülfskassen begründen und erhalten, die Bildung solcher Kassen

vom.

angeordnet werden.

Motive.

Jede Einmischung der Behörden in die Verwaltung von Privat Eigenthum ist dem heutigen Eigenthumsrecht zuwider. Nur bei Gei­steskranken, Verschwendern, Bankrotteuren, Verschollenen und bei Un­mündigen geftattet das derzeitige Eigenthumsrecht eine staatliche resp. kommunalbehördliche Einmischung in die Verwaltung des Privateigen­thums. Die Arbeiter aber leben der Hoffnung, daß sie in ihrer All gemeinheit zu keiner dieser Kategorien gezählt werden können, und zwar umsomehr, als die bereits bestehenden zahlreichen freien Hülfs­kassen den unumstößlichen Beweis liefern, daß sie sittliche und technische Befähigung genug besigen, ihr gemeinsames Eigenthum selbst und so­gar musterhaft zu verwalten.

Troydem durch das Gründerunwesen und das Börsenjobberthum der Neuzeit die gesammte Geschäftswelt in die gefährlichste Krise ge= stürzt worden ist, Millionen unter den traurigen Folgen dieses unfitt­lichen Gebrauchs eigenen und fremden Eigenthums zu leiden haben und der Nationalreichthum in empfindlichster Weise geschädigt worden ist, so daß die Nationalarmuth an den Grenzen unseres Vaterlandes herumschleicht, um sich in demselben einzunisten, trok alledem denkt man nicht daran, durch Ausnahmegeseze Prohibitivmaßregeln gegen ferneren derartigen Mißbrauch des Eigenthums zu schaffen, die Ar­beiter dagegen, welche durch die humanen Einrichtungen ihrer Hülfs­taffen die immer mehr abnehmende werkthätige Menschenliebe pflegen, will man durch Ausnahmegesete, angeblich zu ihrem eigenen Besten, in die Zwangsjacke polizeilicher Beaufsichtigung stecken. Und Alles das aus politischen Gründen!

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Aus politischen Gründen die Arbeiter in Bezug auf ihr Eigen­thum rechtlos zu machen, wäre der größte politische Fehler, den man heute begehen kann. Der Streit über das Eigenthumsrecht ist in noch nie dagewesenem Maße entbrannt, man möge dies wohl beachten.

Durch ein wahrhaft drakonisches Gesetz will man aus politischen Gründen selbst den theoretischen Angriff auf das derzeit gültige Gigen­thumsrecht mit Strafen belegen, die dem humanen Geiste der Geseze, wie er allein eines Kulturvolkes würdig ist, Hohn sprechen, die eine mittelalterliche Institution, die Friedensbürgschaft, von den Todten, wohin sie gehört, auferwecken und auf der anderen Seite will wiederum aus politischen Gründen die Mehrheit des Volkes thatsächlich des freien Verfügungsrechtes über ihr Eigenthum berauben, das Recht am Eigenthum, also das Eigenthum selbst, auf­heben. Sind größere Widersprüche denkbar? Werden die ihres Eigenthumsrechtes Beraubten das Eigenthum Anderer noch für unan­tastbar, für heilig halten? Werden sie sich wohl noch in der Folge­

man

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Jahr ein! Die tüchtigen, durch gute Organisation der Gegensei­tigkeit gestützten Fabriksarbeiter können freilich nur durch einen verunglückten Strife oder durch eine schlimme Geschäftsfrise zu Vagabunden herabgedrückt werden; aber die Legion Solcher, die nur auf fleine Hausindustrie, auf Ladenbestellungen und auf die tausend und eine Erwerbsgelegenheit in London   angewiesen sind, leben wie die Vögel auf dem Zweige, an dem der Sturm schüttelt.

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Vom Brodlosen zum ,, Tramp  ", d. h. zum privilegirten Vaga bunden, ist nur ein Schritt. Sie lebt von der Straße, wenn die Natur ihr Reize verliehen, und wird ein ,, lustiges Mädchen" - a gay girl. Er lebt auch von der Straße in Stadt und Land, bald hier, bald dort, als Zigeuner der Civilisation! Der Land, bald hier, bald dort, als Zigeuner der Civilisation! Der Bagabund, Tramp  " ist eine englische Erfindung. Das Gesetz gestattet ihm das Bummeln. Er darf sich, wie der Volksaus­bruck lautet, den Mond in den leeren Magen scheinen" lassen, aber er darf nicht im Freien schlafen. Der Staat, die wohl­thätige Gesellschaft, die Grafschaft" versieht ihn mit einem Nachtlager, jedoch immer nur auf beschränkte Zeit in einem und demselben Orte. Der Tramp  " wandert also von einem Ar­menhause in's andere für die Nacht". Er muß vor Sonnen­untergang anklopfen, erhält einen warmen Trunk, eine gepolsterte Pritsche und ein mageres Frühstück, wofür er Morgens durch zweistündiges Steineklopfen im Hofe zahlen muß. In der näch sten Woche darf er sich nicht mehr blicken lassen. Hat er die Runde in den verschiedenen Armenhäusern gemacht, so wendet er sich dem Lande zu und lernt so als Vagabund sein glorreiches Vaterland kennen von einem Ende zum anderen, von den nörd­lichsten Caps der schottischen Hochlande bis zu der südwestlichen Spige von England, wo in Cornwallis   die Nachkommen eines ehemaligen Strandräubervolkes hausen. Solcher, Tramps  " giebt es Hunderttausende. Man begegnet ihnen überall. Sie sind nicht immer unehrlich und haben in London   mitunter Gelegen heit, einen Eckensteherdienst zu leisten, ein Pferd zu halten oder alte Herren vor dem Ueberfahrenwerden zu schüßen. Es reizt sie gar nicht, mehr zu verdienen, als unerläßlich, um den inneren Wolf vor rasendem Hunger zu schüßen. Denn das Nachtlager im Armenhause oder in einer durch private Wohlthätigkeit be= stehenden Nachtherberge wird nur den ganz Mittellofen zu Theil. Im Armenhause erginge es dem schlaflustigen Vagabunden sehr übel, so bei ihm etwa mehr als ein Schilling baares Geld er­tappt" werden sollte. Er würde dann wegen Erschleichung der öffentlichen Hülfe aus den Armensteuern zu vierzehntägigem Ge­fängniß verurtheilt; denn die reglementswidrige Befriedigung der Schlaflust ist auch ein Beweis gewinnsüchtiger Absicht". Das haben die weisen ,, Daniels" eines barmherzigen Armengesetzes sehr klüglich herausgetupftelt.

Der Londoner Tramp" ist ein armer Wicht, aber er ge­

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zeit aeranlaßt fühlen können, zum Schuge der erworbenen Rechte Anderer beizutragen, wenn man sie ihres Rechtes verlustig erklärt? Nein! Die Arbeiter, welche heute schon gewöhnt sind, sich als die Enterbten der Gesellschaft zu betrachten, werden alsdann vielmehr alle diese Rechte als Vorrechte und somit als Ungerechtigkeiten betrachten! Der§ 141a. der Regierungsvorlage lautet:

§ 141a. Durch Ortsstatut kann Gesellen, Gehülfen, Lehrlingen und Fabrikarbeitern, welche das sechszehnte Lebensjahr zurückgelegt ha­ben und die Betheiligung an einer gegenseitigen Hülfskasse nicht nach­weisen, die Betheiligung an einer bestimmten Kasse dieser Art zur Pflicht gemacht werden. Es bedarf der Zustimmung der Kassen, wenn deren Errichtung auf freier Vereinbarung beruht; die Kasse unterliegt alsdann der Vorschrift des§ 141 Abs. 2.

Wer der Pflicht zur Betheiligung nicht genügt, kann von der Kaffe für alle Zahlungen, welche bei rechtzeitigem Eintritt von ihm zu ent­richten gewesen wären, gleich einem Mitgliede in Anspruch genommen werden.

Statt dessen schlagen wir vor:

§ 141a. Durch Ortsstatut tann Gesellen, Gehülfen, Lehrlingen and Fabrikarbeitern, welche das sechszehnte Lebensjahr zurückgelegt haben und die Betheiligung an einer gegenseitigen Hülfskaffe nicht nachweisen, die Betheiligung an einer bestimmten Kasse dieser Art zur Pflicht gemacht werden. Es bedarf der Zustimmung der Kasse.

Wer der Pflicht zur Betheiligung nicht genügt, fann von der Kaffe, welcher er durch die Behörde zugewiesen ist, für alle Zahlungen, welche bei rechtzeitigem Eintritt von ihm zu entrichten gewesen wären, gleich einem Mitgliede in Anspruch genommen werden.

Dieselben wie bei§ 141.

Motive.

Der§ 141b. der Regierungsvorlage lautet:

§ 141b. Durch Ortsstatut kann bestimmt werden, daß Arbeit­geber zu den Beiträgen, welche die bei ihnen in Arbeit stehenden Mitglieder einer nach§ 141a. durch Ortsstatut bezeichneten Hülfstasse zu entrichten haben, Zuschüsse bis auf Höhe der Hälfte jener Beiträge leisten, auch die letteren, soweit diese während der Dauer der Arbeit bei ihnen fällig werden, bis auf Höhe des verdienten Lohnes vor­schießen.

In gleicher Weise kann angeordnet werden, daß Arbeitgeber ihre zum Eintritt in eine bestimmte Hülfskasse verpflichteten Arbeiter für diese Kasse anzumelden haben. Wer dieser Pflicht nicht genügt, kann von der Kasse für alle Zahlungen, welche bei rechtzeitigem Eintritt von den Arbeitern zu entrichten gewesen wären, gleich einem Mitgliede in Anspruch genommen werden.

Wir schlagen vor, denselben ganz zu streichen.

Motive.

Hierbei ist vor Allem die Frage zu berücksichtigen: Haben die Ar­beitgeber eine Verpflichtung, ihre Arbeiter auch in denjenigen Krank­heits- und Sterbefällen zu unterstüßen, die nicht durch eine Verschul dung der Arbeitgeber herbeigeführt sind? Diese Frage ernstlich zu be-­jahen, wird keinem der heutigen Gesetzgeber einfallen; man würde höch­stens aus der christlichen oder mosaischen Moral eine allgemeine reli­giöse Berpflichtung anerkennen, nimmermehr aber eine Pflicht aus den berzeit maßgebenden Staatsrechts- Prinzipien herleiten.

Wollte man aber der Basis des heutigen Staatsrechts die Ver­pflichtung der Arbeitgeber, ihre Arbeiter in allen Fällen der Hülfs­verschuldet seien oder nicht, als leitendes Prinzip hinzufügen; oder bedürftigkeit zu unterstügen, gleichviel ob diese durch die Arbeitgeber wollte man, um dem Herzenswunsch der Kathedersocialisten" zu genü gen, die Ethik auf civilrechtlichem Wege mit der Social- Dekonomie ko­puliren; oder gestände man endlich zu, daß der Arbeiter als Aequi­valent für seine geleistete Arbeit nicht nur den Arbeitslohn erhalten müsse, der zur Reproduktion der aufgewendeten Arbeitskraft erforder­lich ist, sondern auch in vollstem Maße alles das, was zur fernerweiten Erhaltung seiner Arbeitskraft von Nöthen ist: so müßten die Arbeit­geber die gesammten Kosten der Gesundheitspflege für ihre Arbeiter tragen und begingen ein Unrecht, den größten Theil dieser Last den Schultern der Arbeiter aufzubürden.

Wenn man aber von solchem Grundsage abstrahirt, eine solche Verpflichtung der Arbeitgeber nicht anerkennt, und sie dessenungeachtet zwingt, einen Beitrag zu dieser Krankenpflege zu zahlen, so 3wingt man sie, Almosen zu geben, und beleidigt die Arbeiter, indem man diese zwingt, 3wangsalmosen zu nehmen.

Daß bei Abfaffung der bezüglichen Gesezentwürfe der oder die Verfasser derselben sich nicht klar darüber waren, ob eine solche Ver­pflichtung der Arbeitgeber vorhanden sei oder nicht, geht daraus her vor, daß sie in diesen Gesezentwürfen die unbestimmte Bestimmung aufstellen: es kann bestimmt werden, daß Arbeitgeber Zuschüsse zu diesen Hülfskaffen leisten", und daß man ferner die Höhe dieser Zu­schüsse nur durch eine willkürlich gegriffene, durch nichts weber gerecht­

wöhnt sich daran, auf Stadtkosten zu schlafen und zwischen Abend und Morgen sich der harten Zucht des Armenhauses zu unter­werfen. Zwischen Samstag und Sonntag versucht er es mit Er­folg, sich gänzlich des Schlummers zu entschlagen, um sich beim lieben Bublifum ein Mittagsmahl zu sichern. Er flanirt dann in seinen Lumpen unablässig in den Vorstädten umher, denn von deren Gartenzäunen gerade hat er sich sein Mahl zu pflücken". Damit hat es folgenden Zusammenhang. Der Engländer giebt sich nicht mit Almosengeben oder mit der Verabreichung eines Mahles für Bettler vor seiner eigenen Thür ab. Er fürchtet, durch solche Gewährung Diebe oder sonstige gefährliche Gelegen­heitsmacher anzuloden. Nun wird auch in dem fleinsten engli­schen Hausstand in einer dem Franzosen   vor Allen ganz unver­ständlichen Weise mit den Lebensmitteln gewüstet. Am Samstag Abend wandern die halbharten Brodlaibe mit Butterklumpen und Bratenreſten auf den Gartenzaun hinaus, oder sie werden in das Strauchwerk am Wege gelegt. Da gilt es nun für den ,, Tramp  ", den Hunden und Vögeln zuvorzukommen, und er sammelt die weggeworfene Gabe und hat sein Sonntagsmahl, das er auf dem Pflasterstein verzehrt.

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Seine Festzeit hat er im Monat Oktober. Dann sieht man Kolonnen solcher Elenden von den entferntesten Ausläufen Lon­ dons   nach London Bridge  ", der grauen Steinbrücke, welche die City mit der südlichen Stadthälfte verbindet, zusammenströmen. Lange dunkle Züge Männer, Weiber und Kinder! Alle wan­dern nach der Grafschaft Kent  , in welche die südöstlichen Vororte hineinreichen. hineinreichen. Kent   liefert den Hopfen für das ganze bierfreu dige Alt- England und im Oktober ist die Ernte. Da ist den Eignern der meilenlangen Hopfengärten jede pflückende Hand will­kommen. Es ist ein Feldlager der Elenden, das in den glorio­sen Dftobernächten dort zwischen Busch und Wald aufgeschlagen wird. Der Tramp  " hat da seit Langem wieder ein orthodor­gutes Mahl dreimal des Tages, einen guten Trunt, und er fühlt" wieder einmal flingende Münze in seiner Tasche, die sonst für ihn ein unnöthiger Bestandthoil des geflicten Roces zu sein pflegt. Sur Nachtzeit schlafen sie dichtgepackt, im Knäuel einander wärmend. Nach dem Oktober beginnt aber für ihn die traurigste Zeit. Im Nebelgereifel und Schneeregen hat er fünf furchtbare Monde zu überstehen. Mitunter lächelt ihm noch un­verhofftes Glück. Da jede Familie in England wenn auch oft unbekannter Weise Verwandte in den Kolonien zu haben pflegt, sind sogenannte Erbonkels" nicht so selten, und man hat es schon erlebt, daß nach einem neugebackenen Millionär mitten unter den Tramps  " gefahndet werden mußte. Oder aber eine ehrbare Familie entschließt sich, ein zum Tramp" herabgesunke­nes Mitglied zurückzuholen in gefittete Gesellschaft. Sonst aber hört sein Elend nur auf dem Kirchhof auf....( Franks. Beob.)

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