und in Folge dieser Aenderung kein höherer Wärmegrad erzielt

werden konnte.

Bismarck   hat jetzt anscheinend mit Allem Unglück.

Aus der Hülfskassen- Kommission. Einer der für die Arbeiter wichtigsten Paragraphen ist der § 16. Derselbe bestimmt:

1) daß die Kasse einen Vorstand haben muß, welcher sie ge­richtlich und außergerichtlich vertritt;

2) daß die Arbeitgeber, welche Zuschüsse leisten, Anspruch auf Vertretung im Vorstand bis zur Hälfte der Stimmenzahl haben.

Im großen Ganzen ist sich die Kommission darüber einig, daß, wenn die Arbeitgeber verpflichtet werden, einen größeren Antheil als ein sonstiges Mitglied zur Krankenkasse zu zahlen, sie auch eine größere Macht im Vorstande entwickeln dürfen, und handelt es sich nur eigentlich um die Frage, auf welches Maß dieses Uebergewicht festzustellen ist.

Ein Antrag, welcher bezweckt, die Worte ,, nach Verhält­niß" einzuschalten, wird nicht beliebt, weil das gewünschte Vor­recht am Ende gar zu sehr in die Brüche gehen würde.

Die Regierung giebt andererseits unverhohlen ihre Ansicht zu erkennen, daß in sogenannten Gemeindekassen die Gemeinde­behörde einen wesentlichen Bestandtheil des Vorstandes bilden solle.( Also eine erweiterte Armenkasse auf Kosten der Arbeiter.) Bei Zwangskassen solle den Arbeitgebern die Möglichkeit eines größeren Einflusses auf die Kasse gegeben werden und bei freien Raffen solle dies der freien Vereinbarung zwischen Arbeiter und Arbeitgeber überlassen bleiben.

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Wir müssen hierbei unseren Lesern jedoch bemerken, daß mit freien Kassen" nur solche Kaffen gemeint sind, welche ihre Verhältnisse so regeln, daß sie sich unter das Gesez stellen und anerkannt werden; alle anderen Kassen werden zum größesten Theil ausgerottet, weil ihre Mitglieder der Pflicht unter­worfen sind, außerdem noch einer anerkannten Hülfs­kasse beitreten zu müssen.

Schließlich wird bestimmt, daß es im Absatz 1 heißen solle: ,, ein durch die Generalversammlung gewählter Vorstand u. s. w." Zu Absatz 2 wird eingeschaltet, hinter dem Wort Vorstand: ,, unter Berücksichtigung des Maßes ihrer Zuschüsse" u. s. w. und an Stelle der Worte: die Hälfte der Stimmen ,,, ein Drittel der Stimmen".

Absatz 3 der Regierungsvorlage, welcher bestimmt, daß Per­sonen, welche ohne genügenden Grund ein Amt im Vorstand ab­lehnen, nur die Hälfte der ihnen während jener Zeit zustehenden Unterstützung beanspruchen können, wird gestrichen.

Zu§ 17 wird nach den Worten Abänderung ist" einge­schaltet: der Gemeindebehörde, in deren Bezirk die Kasse ihren Siz hat, anzumelden".

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§ 18 wird unverändert angenommen.

§ 20, welcher die Bestimmungen über die Generalversamm­

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Die andauernde Krise ernüchtert nach und nach auch die blindesten Verehrer des goldenen Kalbes. So bringt die Ber­liner Börsen- Zeitung" in ihrer Nummer vom 28. November einen Artikel über den Zustand unserer Finanzen, der von einer Dffenheit zeigt, welche diesem Börsenblatte bisher fremd war. So heißt es unter Anderem in dem betreffenden Artikel:

,, An der Börse herrscht jetzt eine so überaus trübe Stim­mung vor, wie wir sie in einer langen Praxis noch nicht beobach­tet haben. Wir sehen dabei ganz von den großen Coursrück­gängen ab, welche auch heute wieder eintraten, obschon die Noti­rungen wahrlich schon viel niedriger sind, als man vor Kurzem noch für möglich hielt, die ganze Haltung der Börse war aber so niedergedrückt, daß sich schwer eine Bezeichnung dafür finden läßt. Man hat, wie es faßt scheint, die Hoffnung auf baldige Besserung der Verhältnisse ganz aufgegeben und während früher der Baisse wenigstens noch einiger Widerstand entgegengesett wurde, hat man dies jetzt mit fatalistischer Resignation augegeben, verzweifelnd, daß noch Etwas zu retten. So bestätigen sich leider die Voraussetzungen, die wir vor Wochen schon machten und die von anderen Blättern für übertrieben ansgegeben wurden, in vollstem Maß und es ist mehr als fraglich, ob wir in der nächsten Woche Gelegenheit haben werden, von einer Besserung der Ver­hältnisse zu sprechen. Den wunden Fleck bilden nach wie vor die Geldverhältnisse. In einer Zeit, wo ohnehin der Credit   er­schüttert ist, werden dem Handel und Verkehr noch Millionen entzogen. Unsere volkswirthschaftlichen Doctoren sagen allerdings, daß es nicht richtig sei, mit zu großem Credit zu arbeiten, durch ihre Maßnahmen führen sie aber nicht bloß eine Einschränkung der Credite herbei, sie vernichten Handel und Verkehr von der Wurzel aus und dann ist allerdings das Jdeal erreicht, todte Leute brauchen keinen Credit mehr. Die Bank sieht sich genöthigt, zu Restrictionen zu schreiten, die Seehandlung, die früher in der umfassendsten Weise lombardirt hat, verweigert weitere Verlei­hungen, die Privatbanken und Banquiers müssen ihren Kunden gegenüber in ähnlicher Weise verfahren, so drängt ein Keil den andern, und was bisher noch zusammenhielt, reißt jetzt, da jede Hülfe fehlt. Wir verstehen in der That nicht, daß man in die Verwüstungen so leichten Herzens ansieht, die auf dem ganzen weiten Gebiet des Handels und der Industrie zu dem ganzen weiten Gebiet des Handels und der Industrie zu konstatiren sind, glaubt man etwa, daß die Steuerfähigkeit des Volkes dieselbe bleibt, auch wenn seine materiellen Verhältnisse ruinirt sind. Die Regierung sollte wahrlich Alles daran setzen, in diesen schwierigen Zeiten Handel und Industrie zu stüßen, da mit das Uebergangs- Stadium überwunden werden kann."

Nun, wenn auch diese Lamentationen nur vom beschränkten Bourgeois- Standpunkte ausgehen, so ist doch schon anzuerkennen, daß hier wenigstens nicht mehr wie früher dem Arbeiter refp. der Social Demokratie die Krise beigemessen wird. Wenn übrigens nicht die Arbeiter durch die Geschäftsstockung am Meisten litten, so wäre unseren Geldbaronen eine solche gewiß zu wünschen. Der Riesenprozeß gegen die Elementarversicherungs­bank in Wien   ist nach fünfwöchentlicher Dauer beendigt. Der eine Direktor, Reach, wurde von den Geschworenen schuldig ge Der zweite Direktor, Winter, der gleich jenem des Betrugs an geflagt war, ging fammt dem ganzen Verwaltungsrathe straffrei aus. Reach hat einen Verlust von mehr als 100,000 Gulden vornehmen ließ; er ließ seine Gesellschaft mit der Hypothekar­Versicherungsbank, welch' lettere zum großen Theile dieselben abschließen, so daß Reach's Gesellschaft von der Hypothekarbank Verwaltungsräthe hatte, wie die ersteren, einen Kreditvertrag"

lung feſtſeßt, wird mit wenig Abänderungen, wie die Regierungs- sprochen und vom Gerichtshofe zu dreijährigem Kerker verurtheilt.

vorlage, angenommen.

Absatz 1 bleibt ganz wie in der Vorlage.

In Absatz 2 wird an Stelle des Wortes Vertrauensmän­

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ner" Delegirte" gesetzt, und an Stelle des Wortes fünfzig" einfach dadurch verschwinden gemacht, daß er eine falsche Buchung , dreizig".

Absatz 3 bleibt unverändert.

Bei Berathung dieses Paragraphen wurde von Seiten der Vertreter der Fabrikanten- Interessen mit aller Macht hervorge­hoben, es dürfe bei den Generalversammlungen der Einfluß der Arbeitgeber nicht zu sehr beschnitten werden, da auf den Gene­ralversammlungen die wichtigsten Bestimmungen getroffen und der Einfluß der Arbeitgeber im Vorstand sonst illusorisch würde. § 21 wird unverändert angenommen.

Bei§ 22 ist der Umstand zu erwägen, was schlimmer sei, wenn das augenblicklich nicht zu verwendende Geld in den Hän­den der Kassirer verbleibe oder in Banken niedergelegt werde; trübfelige Erinnerungen mancher getrachten Bank riefen diese Er­wägungen hervor. Wenn ebenfalls Bedenken hervorgehoben wur­den, daß oft die Verwalter die Kassengelder als ihre eigenen be­trachteten, so muß dies in Anbetracht der großen Masse von Rassen, welche treu und redlich von Arbeitern verwaltet werden, als eine unwahrheit, gelinde gesagt, Uebertreibung angesehen werden.( Wenn die besigende Klasse über Arbeiterverhältnisse spricht, darf sie nicht zu oft in den Spiegel sehen.)

Der Paragraph wird dahin gehend angenommen, daß in demselben die Worte und in den durch das Statut bezeichneten Banken" gestrichen werden.

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§ 23 ist wiederum Gegenstand einer längeren Erörterung; so wird namentlich die Frage aufgeworfen, wer ein Sachverstän­diger sei; gewöhnliche Dorfschullehrer und Dorfschulzen könnten als solche nicht angesehen werden, die wirklich Sachverständigen seien aber wiederum zu unpraktisch, da sie nur auf das Bestehende fußten, die oftmals sehr naheliegenden günstigen Chancen nicht in Betracht zögen und somit über die technischen Verhältnisse einer Kasse meisthin ein trübes Bild entwerfen würden; anderer­feits würde ihre Prüfung eine so fostspielige werden, daß sie manche Kaffe zu Grunde zu richten geeignet sei; es wurde ein Beispiel angeführt, wo ein derartiges Gutachten 20 Friedrichsd'or gefoſtet.

Von Seiten der Regierung wird betont, es solle hierdurch die Grundlage zu besserer Entwicklung gewonnen werden. Bir unsererseits sind mit letterer Ansicht einverstanden, müssen aber die angeführten Bedenken für die Entwicklung der Kassen als zu erheblich betrachten, glauben auch, daß für eine technische Prü­fung der Kassen die Bestimmungen in§ 14, wenn sie korrekt ausgeführt werden, ein Gutachten über den Stand der Kasse bedeutend erleichtern werden. Wichtiger aber als dieses scheint es uns, daß für die bei den Kassen angestellten Aerzte eine Be­stimmung im Gesetz getroffen würde, wonach sie verpflichtet wären, alljährlich einen genauen Bericht über die vorkommenden Krankheits- und Sterbefälle, wie ihre muthmaßlichen Ursachen, an eine zu bestimmende Centralbehörde[ Reichs- Gesundheitsamt] und an die Kaffen- Vorstände einzusenden..

Der Paragraph wird trok der erhobenen Bedenken, wie er in der Vorlage steht, angenommen.

Politische Uebersicht.

Berlin  , 7. Dezember.

Der russische Reichskanzler Fürst Gortschakoff hat bei seinen gegenwärtigen Unterredungen mit dem Fürsten   Bismard sich sehr zurückhaltend gezeigt. Der russische Kanz er hatte darauf hinge­wiesen, daß er sich seit dem Monat April beständig im Auslande aufgehalten habe, was ihm nur gestatte, rein persönliche Ansichten zu äußern. In Berlin   scheint man mit Gortschakoff nicht recht zufrieden gewesen zu sein.

ein Darlehn von mehr als 100,000 Gulden bekam, während die

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Hypothekarbank von Reach's Unternehmen selbstverständlich nicht nr nie einen Kreuzer geliehen, sondern auch ihr gutes Geld nicht mehr zurückbekommen konnte; Reach erwirkte, nachdem er aus der erzfaulen Allgemeinen Hypothekar- Versicherungs- Bank die neue, schon in ihrem Entstehen franke Anstalt herausgeschält fonen, welche um jeden Preis Verwaltungsräthe werden wollten; hatte, mehrere Unterstüßungen der Gesellschaft durch solche Ber­bann trieb er eine Anzahl kleiner Streiche, die derart grell waren, daß ihn der alle Zeit gefügige Verwaltungsrath fuspendirte; allein da Niemand mit der heillosen Wirthschaft weder aus noch ein wußte, mußte Reach zurückberufen werden. Da foppte er die Leute abermals, veröffentlichte gefälschte Dokumente über den , günstigen Stand" der Gesellschaft, schaffte wieder etwas Geld herbei 2c. 2c., bis denn doch Alles nichts nüßen wollte, und der Zusammenbruch erfolgte. Die Details lassen sich hier unmöglich aufzählen. Ueberdies hat der Prozeß nicht alle dunklen Partien aufgehellt. So z. B. waren 6000 fl. verschwunden, und sie außer etwa Reach blieben es auch trotz der hundert Zeugen. Kein Mensch außer etwa Reach- weiß heute noch, nachdem der Prozeß be= endet ist, wohin jene 6000 Gulden gerathen sind.

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Großes Aufsehen macht in Oesterreich   noch immer die in letter Nummer gemeldete Affaire des Reichsraths- Abgeord­neten für Marburg  , Friedrich Brandstetter. Diefer Bolfs­vertreter", Liberaler vom reinsten Wasser, hat neben den Pflichten eines Abgeordneten noch Zeit gefunden, Wechsel auf den Namen feines Freundes Konrad Seidl im Betrage von etwa 60,000 fl. zu fälschen; jedenfalls eine eigenthümliche Art, die Interessen der Wähler zu vertreten, eine Art, die auch bei der Staatsanwalt­schaft des Kreisgerichtes Gilli derartige Bedenken hervorgerufen hat, daß sie bei dem Abgeordnetenhause um die Bewilligung zur Einleitung der strafgerichtlichen Untersuchung gegen den genannten Abgeordneten und um die Genehmigung seiner Verhaftung an­suchte. Die Belastungsmomente müssen sehr gravirend sein, da das Haus in geheimer Sizung sogleich seine Zustimmung zu dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft gab. Brandstetter versuchte be­reits durch Selbstmord seiner traurigen liberalen Eristenz ein schnelles Ende zu machen, hat jedoch nicht die nöthige Dosis Gift angewendet, die dazu nothwendig war.

In Graz hat am 1. Dezember, wie von uns bereits ge­Genossen begonnen. meldet, der Hochverraths- Prozeß gegen Tauschinski und

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Die f. t. Staatsanwaltschaft in Graz erhebt, wie wir der Wiener Gleichheit" entnehmen, gegen Hippolyt Tauschinski, Schriftsteller, 35 Jahre alt, ferner gegen Karl Hochreiter, Arbeiter; Hermann Wanke, Arbeiter; Josef Lederer, Ar­beiter; Josef Veitlmaier; Albert Hollmann; Franz Lederer, Arbeiter; sämmtlich beim f. t. Landgerichte Graz in Untersuchungshaft die Anklage: Ersterer, Tauschinski, habe dadurch, daß er behufs gewaltsamer Realisirung des von der social- demokratischen Arbeiterpartei Desterreichs auf dem am 5. und 6. April 1874 zu Neudorfl   abgehaltenen Kongresse verein­barten Programmes, welches den Umsturz der bestehenden staat­lichen und socialen Institutionen anstrebt, durch Bildung eines Geheimbundes, durch Einberufung eines zweiten Delegirtentages der social- demokratischen Arbeiterpartei, durch Verfassung, Unter­fertigung und Verbreitung der Aufforderungen zur Beschidung des zweiten Delegirtentages ddo. Graz, Mitte Februar, 10. März und 31. März 1875, in welchen zum Hasse und zur Verachtung

gegen die Staatsbehörden aufgewiegelt wird, durch Verbreitung socialistischer Ideen in Wort und Schrift, durch Entsendung von Agitatoren, endlich durch Verfassung und Verbreitung der Ge­dichte: ,, Aufruf" und" An den Mond, zweiter Theil", welche die Arbeiter zur Empörung und zum Bürgerkrieg im Innern auf­fordern, sowie durch Schilderung der glücklichen Zustände, welche dem Vernichtungskampfe nachfolgen, etwas unternommen, was auf eine gewaltsame Veränderung der Regierungsform, was auf eine gewaltsame Veränderung der Regierungsform, auf eine Em= pörung oder einen Bürgerkrieg im Innern angelegt war, das Verbrechen des Hochverrathes gewäߧ 58 lit. c. St.-G., straf­bar nach§ 59 lit. c., eben daselbst begangen. Zweitens: Karl Hochreiter habe sich durch Einberufung des zweiten Delegirten­tages, durch Unterfertigung und Verbreitung der erwähnten Auf­forderung zur Beschickung desselben, zur Theilnahme an diesem Delegirtentage, durch Entsendung von Agitatoren, endlich durch Mitwirkung an der Verbreitung der eben genannten Gedichte desselben Verbrechens schuldig gemacht. Drittens: Hermann Wanke habe dadurch, daß er zu demselben Zwecke über Aufforde­rung und im Solde des mit der einheitlichen Organisirung der social- demokratischen Arbeiterpartei betrauten Geheimbundes eine Agitationsreise in den deutsch  - österreichischen Kronländern des Kaiserstaates unternahm, um die Massen für die social- demokra­tische Partei zu gewinnen, ferner dadurch, daß er in derselben Absicht das Rundschreiben an die Parteigenossen, ddo. Graz, 10. März 1875, verfaßte und verbreitete, an dem zweiten Dele­girtentage theilnahm, daß er die Aufsäge: Offener Brief an die Parteigenossen von Schönberg, Römerstadt und Proßnit", Kul­tur und Eigenthum" und der Brief an die Parteigenossen", ddo. Römerstadt, 12. Mai 1875, welche zum Haffe und Verach­tung gegen die bestehende Regierungsform und Staatsverwaltung, zum Haffe gegen den Bürgerstand auffordern, die Rechtsbegriffe des Eigenthnms herabwürdigen und zum Hasse und zur Verach­tung gegen die Behörden aneifern verfaßte und weiter ver­breitete, daß er das Gedicht ,, Aufruf" verbreitete, ebenfalls das Verbrechen des Hochverraths begangen. Viertens: Josef Lederer habe dadurch, daß er zu demselben Zwecke die Briefe ddo. Graz, 6. Februar 1875 und 4. April 1875, in welchen zur gewaltsamen Erhebung aufgefordert wird, verfaßte und weiter verbreitete, daß er die beiden von Tauschinski verfaßten Gedichte öffentlich vor­trug und selbe in Schrift und Druck weiter verbreitete, des Ver­gehens des Hochverraths schuldig gemacht; ebenso Fünftens: Josef Veitlmaier, durch Weiterverbreitung des Briefes von Josef Lederer, ddo. Graz, 4. April 1875, und des Gedichtes ,, Aufruf". Sechstens: Albert Hollmann durch Verbreitung des Gedichtes Aufruf"; endlich Siebentes: wird Franz Lederer der Mitschuld an dem Verbrechen des Hochverraths gemäߧ 61 St.-G. bezichtigt, weil er von der Verbreitung der beiden Gedichte vorsätzlich keine An­zeige bet der Behörde erstattete und auch die Anzeige einer hoch­verrätherischen Unternehmung unterließ, obschon diese Anzeige weder ihn selbst noch seine Angehörigen gefährden konnte.

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Unter den 146 Aftenstücken, deren Berlesung bei der Haupt­verwaltung die Staatsanwaltschaft beantragt, nennen wir: Ron­

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zept eines Briefes von Dr. Tauschinski an den Grafen Hohen­ wart  ; Offener Brief an die Parteigenossen von Schönberg 2c., verfaßt von Wanke; die beiden Gedichte Aufruf" und An den Mond, zweiter Theil"; Croquis einer Vertheidigung des Gedich­Marchegg aufgefundenen zerrissenen Schriftstücke sammt Beilagen, Aufruf"; Protokoll über die Zusammenstellung der in darunter ein Bericht Tauschinski's an den Kongreß; Promemoria Täuschinski's; Briefe Lederer's an Veitlmaier; ein Gedicht an bund in Desterreich"; der Staat ist in Gefahr"; Konzept einer die Feuerwehr; ein Gedicht ,, Wir sind Soldaten"; der ,, Geheim­Abschiedsrede; Bericht der Kerkeraufsicht sammt Beilagen; das Nendörfler Programm; Blätter aus Tauschinski's Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung.

In der Motivirung der Anklageschrift verfolgt der Staats­anwalt die Geschichte der Arbeiterbewegung in Desterreich seit ihrem Entstehen im Jahre 1867.

Die Anklage geht auf den Neudörfler Kongreß vom 5. bis 6. April 1874 über, bei welchem Tauschinski den Vorsitz führte, und der ein Programm beschloß, das durch Ministerial- Erlaß als staatsgefährlich erklärt wurde. Zugleich wurde beschlossen, der Partei eine stramme, streng einheitliche Organisirung zu geben, deren Grundzüge darin bestanden, daß ein Central- Comité für die Leitung der Partei- Angelegenheiten in ganz Desterreich und ein Landes- Comité in jedem Lande zu errichten seien. Als Auf­gabe dieser Comités wurde bezeichnet: Gründung von Vereinen, Vergrößerung der bestehenden durch Heranziehung neuer Mit­glieder, Aufstellung von Programmen und Tagesordnungen für die Zusammenkünfte und Feste der Arbeiter, Entsendung von Rednern und Agitatoren zu diesen Zusammenkünften, um die Arbeiter für das in Neudörfel vereinbarte Programm zu gewin­nen, endlich Einführung einer Parteisteuer. Dem Central- Comité stand ferner die Uebernahme des Parteiorganes Gleichheit" zu, welchem die Rolle eines Moniteurs der Parteileitung der social­demokratischen Arbeiterpartei zugedacht war. Als Siz des Cen­tral- Comité's wurde Graz designirt und die Durchführung der auf dem Kongresse im Prinzipe vereinbarten Organisation dem Dr. Tauschinski übertragen.

Das Central- Comité konstituirte sich bald darauf, ebenso das Landes Comité für Steiermark. Die Wirkung derselben äußerte sich alsbald in dem Hervorruf einer lebhaften Bewegung in allen Schichten der Arbeiterbevölkerung.

Die Anklage geht nun zu dem vorjährigen Prozesse gegen Dr. Tauschinski und Genossen über und fährt fort: Daß die Bewegung nicht völlig erschlaffe, dafür sorgte Tauschinski, der mit ungebeugtem Muthe und gehobenem Vertrauen noch während seiner Haft Verbindungen anzuknüpfen und Schritte zu unter­nehmen verstanden hat, welche die Wiederaufnahme einer kräfti­gen, geschlossenen und schwungvollen Aktion sicherten.

Nach den Weisungen, die Tauschinski aus dem Kerker durch Michael Kappauf den Genossen zugehen ließ, wurde ein Comité eingesetzt, um einen zweiten Delegirtentag der social- demokrati­schen Partei einzuberufen und in dieses Comité außer Rappauf, noch Franz Lederer, Franz Kabelfa, Karl Hochreiter, Ferdinand Gabriel und Franz Veitlmaier zugezogen.

Auf der Tagesordnung dieses Kongresses standen: 1. Be­richt. 2. Parteipresse. 3. Organisation. 4. Einzelne Partei­verhältnisse. 5. Produktivgenossenschaften. 6. Stellung der Arbeiterpartei zu den anderen Parteien. 7. Agitation. Als späterhin Hermann Wanke und Hippolyt Tauschinski aus der Haft entlassen wurden, nahmen auch diese an den Berathungen des Comité's Theil.

Der Kongreß trat am 16. Mai 1875 zu Marchegg   in Un­ garn   zusammen; an demselben betheiligten sich aus Graz: Karl Hochreiter, Franz Kabelka, Franz Lederer und Wilhelm Euler aus Leoben  . Ueberdies wurde durch Tauschinski's Vermittelung dem Schriftsteller Emil Reinthal ein Mandat von Marburg   aus­gestellt. Außerdem waren anwesend 16 Delegirte aus Dester­reich, 7 aus Mähren   und Schlesien  , einer aus Salzburg   und zwei aus Tirol. Der von Karl Hochreiter eröffnete Kongre