Kr. 154.
Diefe Bettung erscheint
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und zwar:
Dienstags. Donnerstags und
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Freling, den 31. Dezember 1875.
Neuer
5. Jahrgang.
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( mur in der Expedition aufzu geben) werben pro fünfgespaltene Petite zeile mit 50 Pf. berechnet. Vers fammlungs- Annoncen die fünfgespaltene Betitzeile oder deren Raum 20 Pf. Sogenannte Res Name Anzeigen werden nicht aufgenommen.
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Des Neujahrstages halber fällt die Sonntagsnummer aus und es erscheint die nächste Nummer deshalb Mittwoch, den 5. Januar.
Juhalt.
An die Parteigenoffen.
Offene Briefe an Friedrich von Hellwald . II. Bolitische Uebersicht: Aus Rönigsberg. Stephan. Bizmard's Standpunkt. Bourgeois- ,, Moral". Zur Statistik der Berbrechen. Die Weltausstellung in Philadelphia . Aus der Schweiz . Die Bendome- Säule. Russisches.
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Aus Neu- Kaledonien. Zum Frauenftimmrecht. Barteigenoffe Moft. Innere Parteiangelegenheiten. Korrespondenzen: Berlin .
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Feuilleton: Ein Sittenbild aus den höchsten Kreisen". Das erste Dampfschiff. Die besiegte Revolution."
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An die Parteigenossen!
zusehen, daß aus Lebensverhältnissen, welche auf einer gnsich eine Bevölkerung entwickeln muß, die einen physiolo
auch für den Menschen auf dreierlei verschiedene Weise: dauernden Massencommunication über den Erdball beruhen,
als Folge ihrer Wirksamkeit. Es geschieht dieses somit durch den Kampf um's Dasein, durch die Selbstverebelung
und durch die örtlichen Einflüsse.
Die passive Anpassung des Menschen an die Außenwelt, der Kampf um's Dasein, äußert sich sowohl unter Individuen, wie unter Völkern und Nacen, und zwar in doppelter Weise, einmal als gegenseitiger Vernichtungskampf und sodann als größere Widerstandsfähigkeit gegen die feindlichen Naturmächte. Immer aber tritt dieser Kampf um's Dasein um so schroffer hervor, je vereinzelter das menschliche Individuum dasteht, je abgeschlossener das Volk und die Race sich entwickelt hat, und nimmt um so mehr ab, als die sociale Organisation und die Erkenntnisse ihrer Vortheile für die Existenzfähigkeit des Menschen zu nehmen.
Gegenwärtig hat schon in mehrfacher Beziehung dieses gemeinsame sociale Interesse von dem Denkvermögen des Kulturmenschen Besiz ergriffen, seine Verfolgung ist ihm Instinkt geworden, wir wollen mit diesem in sei ner sonstigen Bedeutung veralteten Ausdruck die aus Ver
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Ein neues Quartal für die Leser des Neuen Social- erbung oder Gewohnheit auch ohne Ueberlegung erfolDemokrat" beginnt, zugleich aber fordert das neue Jahr verstärkte Agitation für unsere große Sache. Wenige Monate bleiben noch übrig, und abermals müssen wir beim Wahlkampf beweisen, daß unsere Jdeen eine weitere Verbreitung als vor drei Jahren gefunden. Viele Parteigenoffen sind durch Maßregelung oftmals nicht in der Lage, die politische und sociale Stellung der Arbeiterklasse, kurz die Interessen und Magenfrage der enterbten Masse des Volkes besprechen zu können.
Wissen aber ist Macht, und doppelt nothwendig ist es also, daß sich das arbeitende Volk Aufklärung verschafft.
Ueberall werden von oben herab einer einheitlichen straffen Organisation, wie wir fie gewohnt sind, und wie sie im gefeßlich verlaufenden Klaffenkampf nothwendig ist, Hindernisse in den Weg gelegt; soll uns das aber lahm legen? Wohlan, beweisen wir vielmehr, daß dort, wo die socialistische Idee in Fleisch und Blut übergegangen ist, kein Hinderniß groß genug ist, sie einzudämmen, und daß, wenn auch Versammlungen verhindert und Organisationen aufgelöst werden, es ein geistiges Band giebt, welches nicht zu zerstören ist: der Geist der Zusammengehörigkeit aller Armen, Elenden und Unfreien.
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Seit Jahren haben diese einen tapferen Vorkämpfer gehabt, welchen fie lieb und werth gewonnen haben, welcher Aufklärung gebracht und das brüderliche Band sester geknüpft hat. Der Neue Social Demokrat" ist ein guter Bekannter in der Tagelöhnerhütte wie in der Dachkammer des Fabrikarbeiters, und wenn auch durch massenhaftes Beieinanderwohnen der Proletarier in den großen Städten für diese stellenweis möglich und sogar nothwendig geworden ist, ein socialistisches Blatt zur genauen Berückfichtigung ihrer lokalen Angelegenheiten herzustellen, so dürfen wir doch niemals vergessen, daß der„ Neue SocialDemokrat" als ein allgemeines Parteiblatt troßdem auch bort immer weitere Verbreitung finden muß, damit die Partei nicht decentralisirt wird und die kleinen Orte das Band mit den großen nicht verlieren; namentlich den vielen vereinzelten und in kleineren Orten ansässigen Parteigenossen wird es nur dann ermöglicht, ihr Bedürfniß nach einem billigen und ausreichend großen, social demokratischen Parteiblatt, welches frei ist von den vielen nur auf einzelne bestimmte Orte berechneten lokalen Artikeln und Inseraten, zu befriedigen, wenn dies Parteiblatt auch in den größeren Orten so zahlreiche Abonnenten hat, daß es bei billigem Preise die Kosten deckt.
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Der ,, Neue Social- Demokrat" wird diesem allgemeinen Interesse dadurch, daß in Berlin die Berl. Freie Breffe" begründet, daher das Redaktions- Personal verstärkt ist und der Berliner lokale Theil nicht mehr seinen Raum beengt, noch besser als zuvor genügen können.
Wir ersuchen daher im Jnteresse der immer weiteren Verbreitung unserer Jdee und angesichts der bevorstehenden Wahlen alle Parteigenossen und namentlich die Preßkommissionen und Rolporteure in den einzelnen Städten, um eine tüchtige Agitation für unser allgemeines Parteiblatt. Die Redaktion des„ Neuen Social- Demokrat."
Offene Briefe an Friedrich von Hellwald . II.*)
Auch in Betreff des Menschen findet, wie bei allen übrigen Organismen, eine Anpassung an die Lebensbedingungen statt, welche die Außenwelt ihm aufdrängt, und zwar liegt dem nicht irgend ein abstraktes, ideales Prinzip zu Grunde, sondern die Naturgefeße erzwingen es *) Schluß aus Nr. 147 des Neuen Social Demokrat".
gende, einer Reflerbewegung ähnliche, vernünftige Thätig keit bezeichnen- ein solcher Instinkt ist das Streben nach wenigstens formeller Rechtssicherheit und Gleichberechtigung, welches gegenwärtig die höchst entwickelten Kulturvölker durchdringt und niederen Entwickelungsepochen des Menschen gänzlich unbegreiflich ist. Andererseits freilich hat der Rampf um's Dasein noch seine nackte Form, als Krieg, als Racenvernichtung, als Klassenausbeutung und Klassenfampf, beibehalten; aber bei genauer Betrachtung enthüllt sich uns hier die Thatsache, daß dieser Kampf nur insoweit sich äußert, als die Lebensbedingungen. des Menschen unter den heutigen Kulturverhältnissen dies ohne Selbstvernichtung der Kämpfenden zulassen. Lächerlich wäre es, aus der übertünchten Humanität des modernen Krieges und der indirek ten Ausbeutung und Befehdung der Gesellschaftsklassen zu schließen, daß ein Kampf um's Dasein, der sich als Vernichtung des Schwächeren durch den Stärkeren äußert, zu läugnen sei, aber dieser Kampf um's Dasein steht in seiner Intensität im umgekehrten Verhältniß zur socialen In teressen- Gemeinschaft und wird also erstickt werden- wie die Privatfehde vom modernen Staat erstickt ist sobald die Bevölkerungsdichten, die Verkehrsmittel, die Produktionsweise und der Wissensschaz, mit einem Worte, die Kultur derart zugenommen haben, daß der Sieger und Unterbrüder durch den Kampf und die Herrschaft sich selbst mehr entträftet, als ihn seine Machtstellung stärkt; Beispiele aus der neuesten Kulturgeschichte ließen sich in Menge anführen, daß ihre Entwickelung organisirend sich gestaltet, und daß die gewaltsame Seite des Rampfes um's Dasein dem gemäß einftmals verschwinden muß.
Die aktive Anpassung des Menschen an die Außenwelt, die Selbstveredelung, ist fast ausschließlich eine Fortent wickelung des Gehirns. Dieses Organ wird während des Lebens durch hervorragende Anstrengung noch kräftiger entwickelt als der thätigste Muskel- Apparat; daß eine Vererbung der vorzüglichen Gehirn- Organisation stattfinden muß, leuchtet ebenso ein. Die Kultur muß also, je mehr sie vor schreitet, eine um so viel größere Ausbildung des Gehirns der Menschen herbeiführen; diese Selbstveredelung steigert sich also stetig in ihrer Intensität und ersett somit für die Anpassung an die Außenwelt immer mehr die Zuchtwahl des Kampfes um's Dasein. Von der Gehirn- Entwickelung ist selbstredend jede Art des Denkens abhängig, sowohl der Trieb der Ungebundenheit, welcher dem Wilden charakteristisch ist und sich trotz der sorgfältigsten Erziehung Bahn bricht, als auch der Trieb der Organisation des Kulturmenschen. Daher erscheint die Entwickelung der Menschheit zu einem einheitlichen Organismus, dessen Zellen ge= wissermaßen der Einzelne bildet, nur als die nothwendige Folge der Anpassung des Gehirns und seiner Thätigkeit, des Denkens, an die nothwendigen Lebensbedingungen einer dichten Bevölkerung des Erdballs.
Drittens ist die Anpassung des Menschen an die örtliche Außenwelt zu betrachten, der Ursprung der Nationa litäten. In ihr finden wir eine der fräftigsten Wurzeln des Kampfes um's Dasein zwischen Gruppen der Menschen, allein dies ist nur so lange der Fall, als der Mensch, an die Scholle gebannt, sich entwickelt. Die Zunahme der modernen Communicationsmittel und in ihrer Folge der Drtswechsel sind eben so fähig, nationale Verschiedenheiten zu vernichten, wie die Seßhaftigkeit sie erzeugt hat.
Die
Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Nordamerika
beispielsweise ist kaum als Nation zu bezeichnen, kaukasisches
Racengemisch wäre für die weiße Bevölkerung das richtige Wort. Wenn es nun auch gänzlich unwissenschaftlich wäre, von einer plöglichen Völker- und Racenvermischung eine lebensfräftige Generation zu erwarten, so ist doch leicht ab
gisch und psychologisch einheitlichen Organismus befißt, also die Grundlage, auf welcher ein Gesammtvolk, eine Gesammtgesellschaft sich aufbaut.
Der Naturforscher rechnet nicht mit Jahreszahlen, sondern mit Entwickelungsepochen, und nur solche sociale Entwickelungsepochen können hier in Betracht kommen, soweit wir die organische Gliederung der Menschheit als naturnothwendiges Produkt des Kulturfortschrittes hinstellen.
Jm menschlichen Leben werden natürliche Uebel, wie Krankheit und Tod, nicht schwinden. Die socialen Uebel, der gegenseitige Vernichtungskampf und der Untergang des Besiegten im Elend, sind aber nur so lange naturnothwendig, als der Selbsterhaltungstrieb des Einzelnen auf dieselben angewiesen ist, um dessen Eristenz zu erhalten; sobald organische Gliederung der Gesammt heit die Erhaltung des Menschen erfolgreicher sichert und daß dahin die Entwickelung der Kultur führen muß, glaube ich bewiesen zu haben treten neue Ursachen in Wirkung, welche diese socialen Uebel aus der Welt verbannen. Der Kampf muß dann der Menschenliebe weichen" wann dieser Zeitpunkt eintritt, steht bahin; daß er aber eintreten muß, ist kein bloßes Jdeal, sondern eine Konsequenz wissenschaftlicher Wahrheit. Spartacus.
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Politische Uebersicht.
Der General Postdirektor Stephan ist zum GeneralPostmeister ernannt worden. Da er bereits bisher an der Spiße der gesammten Post und Telegraphie gestanden hat, so ist eine Erhöhung nicht gut denkbar. Ist etwa sein VerdeutschungsPrinzip auch an seinem Namen zur Geltung gekommen?
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Die Volks- Zeitung" erzählt: Wie man der Pos. 3tg." aus parlamentarischen Kreisen schreibt, hat der Kaiser wiederholt an einzelne Abgeordnete in den letzten Wochen die Frage gerichtet, wie es Fürst Bismarck aushalten fönne im Reichstage, aufrechtstehend, so lange Reden zu halten. Den Kaiser interessirt dieses Zeichen eines sich befestigenden Gesundheitsstandes offenbar um so mehr, als die Unmöglichkeit, lange stehend zu verharren, den Reichskanzler bislang vorzugsweise verhindert hat, an offi= ziellen Staatsaktionen, z. B. an den Festlichkeiten in Mailand , Theil zu nehmen." Ein Spaßvogel fönnte auf den Gedanken kommen, daß der Standpunkt des Fürsten Bismard kein besonders sicherer ist und ein anderer könnte vorgreifend den Vorschlag machen, das dem Reichskanzler zu errichtende Monument das wird doch nicht ausbleiben dürfe denselben nur in sigender Stellung zeigen.
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und
Die Raserei anders können wir's nicht bezeichnen nicht die heiligsten menschlichen Gefühle, wenn sie nur zu ihrem sich auf die müheloseste Weise recht viel Geld zu erwirken, schont Zwecke kommt. Es gährt in der heutigen Gesellschaft ein Gift, das ihren ganzen Körper über kurz oder lang vernichten muß; die Geschwüre und Eiterbeulen treten bereits allerorts zu Tage und weder ängstliches Verdecken, noch pfäffische Himmels= pflaster vermögen da gründlich zu heilen. Man betrachte einmal folgendes Geschwür, von dem das hiesige ,, Fremdenblatt" die Decke zieht:
Wenn schon die Ankündigungen gewisser Artikel von Gummi hinausgehen, so wissen wir doch keine genügende Bezeichnung in den Zeitungen mitunter über den medizinischen Zweck derselben für die Frechheit der Fabrikanten und Händler, wenn dieselben Preiscourante solcher Artikel mit der detaillirtesten Beschreibung ihres Zweckes, die sich natürlich jedem weiteren Eingehen darauf entzieht, unter Briefumschlag an Töchter anständiger Fa milien senden! Es liegt uns ein solcher Schandbrief vor und wird jedesmal die Bestellung postlagernd unter anderen Buchstaben verlangt. Wir haben die Sache weiter verfolgt und in Erfahrung gebracht, daß jener Bube bei einer einzigen hiesigen Postanstalt gegen fünfzig Bestellungen in einem Tage in Empfang genommen, ein Beweis, wie ausgedehnt die Versendung nach dem Wohnungsanzeiger und auch nach auswärtigen Städten stattfindet. Welche Gefahr für die Familien, wenn auf solche Weise das schlimmste Gift in dieselben getragen wird!"
Welche Zeitungen aber, fragen wir, geben vor Allem ihre Spalten dazu her, um diese Pest zu empfehlen? Die socialistische doch wahrlich nicht; denn unsere gesellschaftsauflösenden" Tendenzen erlauben uns nicht die Empfehlung derartiger Schandartikel, die jedem anständigen Menschen die Schamröthe in das Gesicht treiben. Aehnlicher Natur ist übrigens eine gewisse Sorte von Neujahrswünschen, die gleichfalls von der in unserer Bourgeoisie herrschenden Sittlichkeit oder vielmehr Unfittlichkeit einen hinreichenden Begriff giebt. Die Bourgeoisie thäte
wahrlich besser, weniger auf uns zu schimpfen und mehr auf uns
zu hören, wenn sie nicht in ihrem eigenen Sumpfe umfommen
will; sie wird es noch thun müssen, mag ihr Sträuben auch noch so lange andauern.
Aus einer im Juftiz- Ministerialblatte veröffentlichten statistischen Uebersicht über die gerichtlichen Geschäfte des