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,, Ernst oder nicht," sagte Herr Grand, er muß Mores ge-| wie feine Mutter uns sagte, im Gegentheil, Niemand sah ihn je lehrt werden."

Und so kam es, daß Josua von dem Geistlichen nicht mehr gerne gesehen wurde, und daß dieser von jetzt an sein Feind war. Ueber dies Alles wurde damals lebhaft gesprochen; Viele in Trevalga erinnern sich noch heute des Vorgangs, wovon man sich leicht überzeugen kann; Alles, was Josua hintennach änßerte, war: Ich dachte nur an das, was Recht ist in den Augen Gottes, niemals aber an Menschen." Er wiederholte jedoch den Versuch nicht mehr, an seine Vorgesetzten und die, welche ge­sellschaftlich über ihm standen, unbequeme Fragen zu richten; man bemerkte aber, daß er seitdem immer nachdenklicher wurde und mehr von höheren Grundsätzen geleitet ward als andere Knaben seines Alters. Obgleich er stets zärtlich gegen seine Eltern und respektvoll gegen den Geistlichen und Schullehrer und die Leute der höheren Klasse war, so ließ er sich doch in seiner Handlungs­weise weniger denn je durch das, was ich praktische Klugheit nennen will, leiten und trat mehr denn je für die ungemischte, unverfälschte Wahrheit in die Schranken, und für das ,, Leben, wie Christus es gelebt". Mit ihm auszukommen, war nicht schwer,

ungeduldig oder in Zorn, und durch sein ruhiges, um mich so auszudrücken: würdiges Wesen, zwang er seine Eltern, stets auf sich Acht zu geben; selbst die Nachbarn schämten sich, ungehörig zu reden in Gegenwart eines Jungen, dessen einziges Bestreben es war ,,, zu leben wie Christus gelebt".

,, Mutter," sagte er einstmals, als er mit Frau Davidsohn an der Thüre ihrer Hütte stand ,,, ich habe vor, wenn ich älter werde, will ich wie unser Herr und Erlöser leben, als er auf der Erde wandelte. Obgleich er im Himmel Gott ist, war er auf der Erde doch nur Mensch, und was er that, können wir mit seiner und des heiligen Geistes Hülfe auch thun."

,, Er ist unser Vorbild," sagte seine Mutter ehrfurchtsvoll, aber ich fürchte, deine übergroße Kühnheit wird dich zu Fall bringen."

,, Wenn es zu kühn ist, Jesus nachahmen zu wollen, dann war sein Leben eine Täuschung, ein Betrug, und er ist ganz und gar nicht unser Vorbild," sagte Josua. Und das sind doch Teufels- Reden, wie uns gelehrt wird." Fortsetzung folgt.

Bum Andenken an Georg Büchner "), den Verfasser von Danton's Tod.

I.

So hat ein Purpur wieder fallen müssen! Hast eine Krone wiederum geraubt!

Du schonst die Schlangen zwischen Deinen Füßen Und trittst den jungen Adlern auf das Haupt! Du läßt die Sterne von dem Himmel sinken Und Flittergold an Deinem Mantel blinken! Sprich, Schicksal, sprich, was hast du diesen Tempel So früh in Schutt und Asche hingelegt? So rein und frisch war dieser Münze Stempel- Was hast Du heute sie schon umgeprägt? D theurer, als im goldenen Pokale Einst jene Perle der Kleopatra, Lag eine Perle in dem Haupte da;

Der Mörder Tod schlich nächtlich sich ins Haus, Der rohe Knecht zerbrach die zarte Schale Und goß den hellen Geist als Opfer aus.

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Mein Büchner todt! Ihr habt mein Herz begraben! Mein Büchner todt! Als seine Hand schon offen, Und als ein Volt schon harrete der Gaben, Da wird der Fürst von jähem Schlag getroffen; Der Jugend fehlt ein Führer in die Schlacht; Um einen Frühling ist die Welt gebracht; Die Glocke, die im Sturm so rein geklungen, Ist, da sie Frieden läuten wollt, zersprungen. Wer weint mit mir? Nein, Ihr begreift es nicht, Wie zehnfach stets das Herz des Dichters bricht, Wie blutend, gleich der Sonne, nur sich reißt Von dieser Erde stets ein Dichtergeist, Wie immer, wo er von dem Leib sich löste, Sein eigner Schmerz beim Scheiden war der größte.

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Ein Scepter fann man ruhig fallen sehn, Wenn einmal nur mit ihm die Hand gespielt; Von einem Weibe kann man lächelnd gehn, Wenn man's nur einmal in den Armen hielt; Der Todesstunde Qual sind jene Schemen,

( Zürich , im Februar 1841.)

Die wir mit uns in unsre Grube nehmen, Die Geister, die am Sterbebette stehn, Und uns um Leben und Gestaltung flehn, Die schon die junge Morgenröthe wittern Und ihrem Werden bang entgegen zittern, Des Dichters Qual, die ungeborne Welt, Der Keim, der mit der reifen Garbe fällt. Ich will euch an ein Dichterlager bringen. Seht mit dem Tod ihn um die Zukunft ringen, Seht seines Auges legten Fieberstrahl, Seht, wie es trunken in die Leere schaut Und drein noch sterbend Paradiese baut! Die Hand zuckt nach der Stirne noch einmal, Das Herz pocht wilder an die schwachen Rippen, Das Bauberwort schwebt auf den blassen Lippen­Noch ein Geheimniß möcht' er uns entdecken, Den legten größten Traum ins Dasein wecken.­O Herr des Himmels, sei ihm jeßt nicht taub! Noch eine Stunde gönn' ihm, o Geschick! Verlösche uns nicht des Propheten Blick! Umsonst es bricht die müde Brust in Staub, Und mit ihr wieder eine Freiheitsstüẞe! Auf's stille Herz fällt die gelähmte Hand, Daß sie im Tod noch vor der Welt es schüße! Und die so reich vor seinem Geiste stand, Er darf die Zukunft nicht zur Blüthe treiben, Und seine Träume müssen Träume bleiben; Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab, Der Verse schönsten nimmt er mit hinab. Du flammst nun wieder nach durchbrochner

Schranke

In Gottes Haupt ein leuchtender Gedanke; Am kalten Herde sizen wir allein, Und weinen in die Asche still hinein. O, mein Jahrhundert, sammle sie geschwind,- Er war ein Held, und mehr: Er war Dein Kind! An Deiner Brust hast Du ihn aufgesäugt,

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Die Guten sterben jung,

Und deren Herzen trocken, wie der Staub Des Sommers, brennen bis zum legten Stumpf.

Dein Banner einzig hat er ja geschwenkt! Vor Dir allein hat er seine Knie gebeugt, Vor Dir, vor Dir allein sein Schwert gesenkt; Für Dich und mit Dir hat er fühn gestritten, Für Dich und mit Dir hat er treu gelitten; Um Deinetwillen stieß sein Vaterland Ihn aus, gleich wie der Mutterborn die Welle, Daß sie am fremden, freudenlosen Strand Mit allen Himmeln in der Brust zerschelle. An fremdem, freudenlosem Strande, ja! Denn wessen Herz stand hier dem seinen nah? Wo scheu der Mensch den Fuß vom Boden hebt, Und Fels und Stein allein nach oben strebt? Wo doppelt, doppelt schön der Aether blaut Und doppelt tief der Mensch zur Erde schaut, Wo stolze Adler ihre Heimath haben, Und wo am Ruder sizen doch die Raben. Der Alpen Kind, wie ist Dein Ruf verhallt! Einst groß, wie sie, und jeßt, wie sie, nur kalt!

II.

Gleich Rosenhauch auf einer Jungfrau Wangen Seh' ich den Abend im Gebirge prangen, Jm zarten Dufte glühen sie vor mir, Die Gletscher, denen treu die Sonne hier Ihr erstes und ihr leztes Lächeln zeigt, Und aus den Flammen wie ein Phönix steigt Der Mond mit filberstrahlendem Gefieder, In jede Woge taucht sein Bildniß nieder, Ob stumm sie ruht, ob leuchtend sie sich bricht, Sie wird verklärt und er vergißt sie nicht; So mag der Geist der Welt in unser Denken In jede Blüthe, jede Brust sich senken. Dem Mond streut still mit schmeichelnder Geberde Goldwölkchen auf die Bahn des Abends Wehn Gleich Blumen, doch nicht Blumen dieser Erde,

Geboren den 17. Oktober 1813 bei Darmstadt , gestorben am 19. Februar 1837 zu Bürich. Die Biographie dieses Dramatikers der Revolution wird in einer der nächsten Nummern folgen.