Pflanzen durchgehends stärker, als die der Thiere. Ein OrangUtang hat jährlich ein Junges, ein Mäusepaar wirft 34mal im Jahre 6-8 Junge, ein Karpfen legt 300,000 Eier. Bei den Pflanzen vergleiche man den Samenreichthum einer Eiche mit den Millionen Samenstäubchen vieler Pilze.
Trotz dieser ungeheuren Vermehrung sehen wir weber, daß die Zahl der lebenden Wesen im Ganzen, noch daß die der Einzelwesen einer Art erheblich zunimmt. Die meisten Reime werden also umsonst hervorgebracht. Was für Zahlen ergeben sich auch, wenn nur von Einem Thiere, Einer Pflanze die Zahl der möglichen Nachkommen wirklich zum Leben käme und die normale Lebensdauer erhalten bliebe. Schon Linné brachte im vorigen Jahrhundert heraus, daß die möglichen Nachkommen einer nur zwei Samenkörner tragenden Pflanze in 20 Jahren eine Million ausmachen würden. Nach Darwin müßte sich die Menschheit bei mittlerer Zahl von Geburten alle 25 Jahre verdoppeln, alle 100 Jahre also versechzehnfachen, wenn alle Geborenen aufwüchsen. Das sind aber noch sehr geringe Ergebnisse, denn keine Pflanze trägt nur zwei Samen und nur wenig Thiere vermehren sich langsamer als der Mensch. Dagegen zeitigen viele Thiere und Pflanzen Millionen von Keimen. Doch ist das allbekannt, man kann in Schullesebüchern Betrachtungen und Berechnungen über die ,, Vermehrung mancher Thiere und Pflanzen" finden, nur sind, beiläufig gesagt, diese Betrachtungen in der Regel höchst mangelhaft oder sogar albern. Doch konnte dem nicht wohl anders sein. Wußte doch die ältere Wissenschaft den Thatsachen gegenüber nichts weiter zu thun, als festzustellen und sich zu wundern. Die neuere seit Darwins Auftreten entstandene Naturwissenschaft, deren Zweck nicht mehr die Herstellung eines möglichst vollständigen Catalogs des Vorhandenen ist, fragt sich dabei:
Was folgt aus dieser verschwenderischen Erzeugung von Keimen?
Da es auf der Hand liegt, daß die Erde für die Entwicklung all' der Milliarden nicht Nahrung, ja, nicht Raum genug hat, so können nur diejenigen Keime sich entwickeln, denen es fortgesetzt glückt, ihren Mitstrebenden Nahrung und Raum zu entziehen das heißt, die Folge der überreichen Keimproduction ist der Kampf ums Dasein".
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Durch ihn gehen so undenkbar viele Wesen zu Grunde, daß die Zahl der bestehenden dagegen gänzlich verschwindet. Jedes lebende Wesen ist gewissermaßen eine Ausnahme.
Betrachten wir nun die Sache näher.
Wie ganz natürlich, ist der Kampf der Pflanzen mehr defenfiver( vertheidigender), der der Thiere in der Regel offensiver( angreifender) Art.
Wir sehen dies am besten, wenn wir Beide einmal in ihrem Kampfe begleiten.
Im Walde hat der Sturm, das Feuer oder der Mensch eine Lichtung gemacht. Es ist der erste Frühling nach dem Untergange der großen Bäume. Da wir erst im Anfange des Frühlings stehen, hat der Boden nur einen schwachen Anflug von Grün.
Wir stecken uns einen Platz von 3 Fuß Länge und 2 Fuß Breite ab. Er ist dicht mit keimenden Samen der Eiche, Buche, Föhre und anderer Waldbäume bedeckt. Ehe wir an ihre Be= trachtung gehen, nehmen wir eine Handvoll Erde auf und sehen zu, was darin liegt. Da finden wir, daß sie eine große Zahl verfaulter Samenkörner enthält. Einem Theile davon sehen wir an, daß er schon auf dem Baum verkümmerte, an andern Körnerresten sehen wir, daß sie an der Erde liegend von Insecten angefressen wurden, andere sind verfault. Dabei fällt uns ein, daß hier noch viele von den auf diesen Fleck gefallenen Samenförnern fehlen, die von Mäusen, Eichhörnchen, Wildschweinen 2c. gefressen wurden. Wie viele sind vor dem Keimen zu Grunde gegangen! Nun zu den Keimlingen. Wir finden auf dem kleinen Fleck nahe an 400 davon. Arme Pflänzchen, der Raum reicht nicht für einen Baum! Von diesen vierhundert, die eben aufgeteimt, sind über dreihundert schon von Raupen, Käfern oder Schnecken derart angefressen, daß man ihnen ein baldiges Ende voraussagen kann. Stellen wir uns nun einmal vor, was aus den übrigen hundert wird. Zuerst wachsen sie, ohne einander zu hindern, friedlich fort. Eine Reihe von
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ihnen ist den Insecten und Schnecken, eine Reihe schon den Hasen und Rehen zum Opfer gefallen, ehe die übrigen so weit sind, daß ihre Feinde aus dem Thierreich an Gefährlichkeit für sie verlieren. Es schadet ihnen nicht viel mehr, wenn ein Reh ein paar Zweige abknuspert oder die Raupen ein paar Blätter verzehren, und die holzfressenden Insecten kommen erst später, wenn der Stamm dick genug ist, um sie vor dem Spechtschnabel zu schützen. Dafür aber beginnt der Kampf mit den Genossen. Alle wollen empor- nach oben und zugleich seitwärts sich ausbreiten, aber der Raum ist zu klein. Da entscheidet dann das Recht des Stärkeren. Diejenige Pflanze, deren Same am ungestörtesten reif geworden, die der Feuchtigkeit, dem Froste am besten hat widerstehen können, die die sonnigste Stelle gehabt, die am meisten von Insecten und Schnecken zc. verschont geblieben ist, wird am schnellsten aufwachsen und ihre schwächeren Genossen überschatten. Ein, zwei Jahre versuchen Letztere dann vielleicht noch, neben und unter dem Starken auszuschlagen, dann müssen sie den Kampf aufgeben. Damit ist aber der Glücklichere noch nicht im Weiterwachsen gesichert. Er durch muß sich erst gegen die Weiterabstehenden schützen Kampf mit ihnen. Ist er dann groß und trägt Samen, so sind neue Feinde gekommen, Holzkäfer und ihre Maden, der Sturm, der Frost. Unterliegt er einem davon, so muß er Jüngeren weichen, die meist sein Schicksal theilen werden.
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Aehnliches können wir auf der Wiese verfolgen, wo nach jedem Mähen der Kampf von vorn anfängt; auf der Haide, im Sumpf u. s. w.
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Es ist selbst da nicht anders, wo der Mensch als Beschützer auftritt. Gehe man einmal alle Feinde und Witterungszufälle, denen das Korn ausgesetzt ist, durch, welch' eine Reihe- vom ersten Vogel, der dem Säemann folgt, bis zum letzten, der von der Tenne stiehlt!
Nehmen wir ein Beispiel aus dem Thierreich.
Am Weiher hat eine Ratte ihr Nest. Das Männchen hat der Fuchs gefangen, also muß das Weibchen die Jungen aufziehen. Es kommt ein Wiesel in den Bau und verzehrt sie bis auf eins, das schon flink genug war, zu entkommen. Die Alte sucht sich ein neues Männchen. Es gelingt ihr, den zweiten Wurf aufzubringen. Aber nachdem die Jungen sich hinausgewagt haben, sind von den 8 bald nur noch 2 übrig. Die andern fielen dem Fuchs, der Katze, dem Bussard, der Eule oder dem Raben zur Beute. Sie waren schwach oder unvorsichtig gewesen. Zu all' diesen Feinden kommt dann noch Dürre, Nässe und Frost. Man sieht leicht, daß dabei nur die Stärksten, Gesündesten und Klügsten am Leben bleiben.
So fann man sich leicht eine Reihe von Thier- und Pflanzenleben ausführen. Etwas verwickelter wird die Sache, wenn man eine Gruppe von Thieren und Pflanzen zu betrachten sucht, die Darwin führt zwei in ihrem Kampfe in Wechselwirkung treten. lehrreiche Beispiele an.
Der Klee, bekanntlich eine der wichtigsten Futterpflanzen, kann sich ohne Hülfe der Hummeln nicht befruchten, denn außer diesem Insect kann kein anderes zum Honig der Kleeblüthe gelangen und bei der Gelegenheit den Blüthenstaub auf die Narbe bringen.
Die Hummel hat ihren Hauptfeind in der Feldmaus, die ihrem Honig nachstellt. Die Beziehung der Katzen und Mäuse ist bekannt. Man hätte hier also den Einfluß der Katze auf die Fruchtbarkeit des Klees. Hurley und C. Vogt führen dies Beispiel noch weiter aus. Ersterer bringt die taßenfreundlichen alten Jungfern hinein, letzterer die hohe Cultur der Engländer, deren Gehirn besser als das jeder anderen Nation durch das Fleisch kleefressender Rinder genährt wird.
Ein anderes Beispiel liefert Südamerika . In Paraguay sind nämlich bisher die Pferde, Rinder und Hunde nicht verwildert, trotzdem es von wilden Thieren der genannten Arten in den angrenzenden Ländern wimmelt. Die Naturforscher Azara und Rengger geben uns Aufschluß über diese Erscheinung. Nach ihnen lebt in Paraguay eine Fliege, die ihre Eier in den Nabelstrang neugeborener größerer Säugethiere legt. Die austriechenden Maden verursachen dann eine Eiterung, an der das Thier stirbt. Sezze man nun den Fall, es würde ein Vogel oder ein