Die wahre Geschichte (Fort� Mart)'s Verhältnis; zu unS war wesentlich verschieden von dem anderer Mädchen, die Iosua gerettet hatte, und wir Beide fühlten, daß sie mehr Ansprüche auf unsere Zuneigung und unsere Bemühungen hatte. Andere Frauen kamen und gingen, Iosua half ihnen und verschaffte ihnen Arbeit, er that, was er konnte, für sie, er bewahrte ihnen stets ein freundliches Interesse, sie waren uns aber nicht, was Blatt) uns war, denn in ihr erblickten wir unsere Schwester. Deshalb war es auch eine Familien- sorge, als sie zurückkam, obgleich sich der Sorge auch eine gewisse Freude beimischte. Seit der Unannehmlichkeit mit Joe und un- serer Einsperrung waren wir schlechter daran denn jemals. Kein Meister wollte uns Arbeit geben, alte Kameraden wollten nicht mit uns arbeiten. Wir waren„Gefängnißvögel", anrüchige Sub- jekte; unser Gewerkverein stieß uns aus. Iosua ließ sich nicht niederdrücken� wir trieben hie und da Tagelöhnerarbeit ans; waren aber oft hungrig und todtmüde. Iosua ließ mich indeß nie ver- zweifeln, er war stets guten Muths und wir brachten es eben fertig, uns knapp durchzuschlagen. Matt) konnte natürlich nicht verfehlen, unsere Annuth zu bemerken. »Es nutzt Alles nichts, Iosua," sagte sie, während sie am Fenster saß und niedergeschlagen den Kopf auf die Hand stützte,„einmal verloren ist immer verloren in dieser besten der Welten! Für mich gibt es nichts als wieder den alten Weg. DaS ist Alles, was mir übrig bleibt." Ich erinnere mich des Augenblicks ganz genau. Es war ein Sommerabend, die Sonne schien ins Zimmer und grade auf Mary, die ihren Hut abgenommen hatte, so daß ihr schönes Haar theilweise über das Gesicht siel. Sie hatte sehr schönes Haar und wußte es. Ihr Kleid war von blauer Farbe, sie glich darin einem Bilde von Raphael in der Gemälde-Galerie, und ich dachte: wenn doch jetzt nur Jemand sie sähe, der ihr helfen und sie für immer ihrer Vergangenheit entziehen könnte! „Muth und Geduld, Matt)!" sagte Iosua . „Ja, ich weiß dies Alles; aber wie? wie? was thun?" erwiderte Mary, ihre Augen zu ihm erhebend.„Was soll, was kann ich thun, Iosua? Um mein Brot auf andere Weise, wie j früher zu verdienen, muß ich mich unter falschen Vorwänden und
des Zofua Davidsohn.
Angaben in irgend ein Haus einschleichen, und dann immer in der Furcht leben, entdeckt zu werden; und wenn ich entdeckt werde, dann ist es gewiß, daß man mich fortjagt wie ein unreines Thier! Niemand, der Näheres von mir weiß, will mich haben, wenn ich auch noch so angestrengt arbeite und meine Pflicht noch so getreulich zu erfüllen suche." „Eiu Mißlingen ist nicht entscheidend," sagte Iosua. „So lange wir ein Heim haben, hast auch du eins; du bist unsere Schwester, das vergiß nicht. Habe nur Vertrauen, Geduld und Muth, und hüte dich vor dem ersten Schritte rückwärts." „Ach, Iosua, du bist ein Engel!" „Nein," antwortete Iosua lächelnd,„ich bin nur ein gewöhn- licher Mensch, der versucht, nach Grundsätzen zu leben." Es ist richtig, er war kein Engel, aber er war niehr. Wir behielten Mary, so lange wir konnten; sie verrichtete unsere häus- lichen Arbeiten in der alten Weise, und schließlich brachte Iosua einen kleinen Fonds zusammen,— ich kann selber kaum begreifen, wie, aber Leute in den ärmlichsten Verhältnissen, und solche, die besser gestellt waren, steuerten bei,— und wir konnten ihr ein Spiel- und Süßwaarcn-Lädchen in der Nähe miethen. Um Mary die Zahlung des Zinses zu erleichtern, zogen wir zu ihr, was für beide Theile von Vortheil war, denn wir hatten unS an sie und sie sich an uns gewöhnt; sie kannte unsere Art und Weise und war immer gut und gefällig. Die Leute machten natürlich ihre Bemerkungen, allein sie machen, ob mit oder ohne Grund, über Alles ihre Bemerkungen, was im Geringsten gegen die hergebrachte Sitte verstößt, und kein Mensch, der einen unabhängigen Schritt thut, und seinen eigenen Weg wandelt, kann dem Gerede der Menge entgehen, für die es nur einen Weg gibt, und die sich stets in dem alten Geleise bewegt. Das alte Gerede, wir lebten mit einer Person von schlechtem Charakter, begann wieder und drang sogar bis in unser komisches Heimathsdorf. Man kann sich vor- stellen, daß unsere Mütter unglücklich waren, als sie das Gerücht hörten, doch ich vermuthe, sie glaubten es nicht vollständig, ob- gleich sie es für gerathen hielten, uns zu warnen. Uns Mm- inerte es wenig, was Andere sagten; wir erfüllten unsre Pflicht und scheuten die Folgen nicht.
Jllustrirtes Unteryaltungsblatt für das Volk. 11.1---------------——.,[1870 Erscheint wöchentlich.— Preis vierteljährlich 1 Mark 20 Pfennig.— In Heften ä:5ü Pfennig. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter.