Sie wollten, ich hätte es nicht gewagt, von diesen Pferden früher zu sprechen."

So plauderte der Wagenmeister, sich wundernd, lange fort, während der Fremde schweigend neben ihm herschritt, bis sie vor dem Hause des P... anfamen.

Hier ist es."

,, Ah, ich danke!" und damit war der Fremde in der Haus­thür verschwunden.

" Für einen Bedienten hat er ein sehr ungenirtes Benehmen," brummte der Zurückgelassene in sich hinein. Doch immerhin! Einen Thaler habe ich schon in der Tasche, und wer weiß, ob

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nicht der zweite noch hinzukommen wird. Ich werde hier warten der Schwibbogen gibt doch wenigstens einigen Schutz gegen dieses verwünschte Wetter. So eine Bedientenstelle möchte ich übrigens auch haben. Wie es scheint, hat dieser ganz freie Ver­fügung über die Kasse der Herrschaft. Pozz Fischchen! Ich möchte wohl bis über die Ellnbogen hineinfahren und hernach damit in meine eigene Tasche, wo mancher Sparpfennig Platz hat. Der Wagenmeister in P... bekäme z. B. höchstens 8 Groschen, und in der Reisekostenrechnung passirten doch mindestens 2 Thaler, folglich plus so und soviel. Und solche Stationen müßten viele kommen." ( Fortsetzung folgt.)

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Asparin.

Roman von Robert Hamerling  , angezeigt von Silvanns.

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( Schluß.)

alle ästhetisch- politischen Lektionen der perikleischen Zeit zu nichte machte. So reich und herrlich der Stoff und der Dichter? Wer kennt nicht den König von Sion"? Wir haben es mit dem­selben Autor zu thun.

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Und dennoch ist das Buch höchst unbefriedigend ausgefallen. Eine auffallende Thatsache, deren Gründe zu erforschen Jeden interessiren muß, der den obigen Ausführungen mit Zustimmung gefolgt ist. Blos formelle Fehler sind es nicht. Der Styl ist im Ganzen gelungen, die Darstellung ist anschaulich, die Hand­lung nicht so monoton, wie sie bei oberflächlicher Betrachtung erscheint. Ein wirklich künstlerisches Fortschreiten zur Katastrophe ist nicht zu verkennen, die zahllosen anregenden historischen Aus­blicke, die der Stoff bietet, sind genügend ausgenutzt. Und doch erhalten wir keinen harmonischen Eindruck. Woran liegt das? Weil Hamerling das konkrete Problem dieses Stoffes sich nicht richtig gestellt hat; und das hat er deshalb nicht gethan, weil er sich in Betreff des Verhaltens von Schön und Sittlich zu einander wesentlich von landläufigen Vorurtheilen hat beherrschen lassen, denen eine totale Verkennung dessen, was schön ist, zu Grunde liegt.

Welche Aufgabe für einen Schilderer wie Hamerling, nach diesen Grundsätzen das Leben des Perikles   und der Aspasia   in den Jahren 444-429 v. Chr. zu zeichnen! Der höchste poli­tische Gedanke, den je ein Staatsmann gefaßt hat den Zwang des Staates möglichst aufgehen zu lassen in den Zwang, den das Schöne von Natur übt er ist in diesen heiligsten Jahren der Menschheit annähernd realisirt, und eben durch diesen Mann und seine Genossen. Hier sehen wir ein kleines freies Gemein­wesen sich gestalten zur Hochschule" aller Stammesgenossen nicht im Sinne eines hofmeisternden Gesetzeszwanges, sondern durch die Macht des unmittelbaren Reizes. Die Demokratie tritt zum ersten Male in ihrer Reinheit auf, nicht als ein blödes unbewußtes Kind, sondern durch den Mund eines ihrer Söhne ( Herodot's) es deutlich bezeugend, daß 3sonomie( d. h. eben volle Demokratie) der schönste aller Begriffe sei. Und wie eine Frühlings­sonne wirkt dieser Vorgang auf den Acker der Menschheit. Die Erkenntniß dessen, was in den Zufälligkeiten der Körperbildung das einfach Schöne ist, die Erkenntniß, wie die heiter- ernste Fest­halle ihre Gäste am würdigsten ladet, die Erkenntniß, wie sich menschlich Schwaches und menschlisch Heroisches in der Poesie am harmonischsten verbinden, die Erkenntniß, wie der Natur­lauf im Menschlichen vorurtheils los beobachtet werden müsse, um Ich schlösse am liebsten hier mit der Bitte an die Leser und ihn beherrschen zu können, die Erkenntniß, wie das historische namentlich an die Leserinnen dieser Blätter, das Buch selbst in Geschehen zu erforschen und darzustellen ist, die Erkenntniß, wie die Hand zu nehmen und nach aufmerksamer Lektüre sich zu der Trieb des Philosophirens sein wahres Objekt in der Geistes- fragen: Ist das die Schönheit, was hier mit der Sittlichkeit in thätigkeit selbst findet, die Erkenntniß, wie das Weib seiner Konflikt kommt? Doch welch eine absurde Frage! Wie kann eine Stellung im Hause und in der großen Welt gleichmäßig gerecht Bestimmung des Erscheinens mit einer Bestimmung des Begeh­werden könne das sind Geschenke der triumphirenden Demo-| rens in Konflikt kommen? Das ist ja der reine Nonsens! Gewiß, kratie, für die sich alle späteren Aristokratieen und Monarchieen doch diesen Nonsens macht eben Hamerling selbst, der wiederholt bei ihr bedanken mußten, so lange sie nicht diese Geschenke über- vom Streit des Schönen und Guten spricht. Allein wir wollen haupt zu mißachten stumpfsinnig genug geworden waren und so keine Wortklauber sein und auf seine Meinung eingehen. Also: lange man die Namen Pheidias  , Iktinos  , Sophokles  , Hippokrates  , Ist das die Liebe des Schönen, was hier mit der Sittlichkeit in Thufidides, Sokrates  , Aspasia   nicht vergaß. Konflikt kommt? Ich hoffe, meine Leserinnen wenigstens werden mir ausnahmslos zustimmen, wenn ich sage: Nein, hier kämpft nicht die Schönheit um die Liebe der Menschen gegen andere Regungen im Herzen, sondern die ganz miserable, jämmerliche Koketterie sucht Geister zu fangen, wobei sie dann allerdings Empfindungen zu naturgemäßen Feinden hat, die grade als solche sittlich sind. Am schärfsten prägt sich dies aus in der wider­wärtigen Stelle, wo Aspasia   den Sokrates zu verführen sucht­und suchte sie ihn nur zu verführen! Es wäre doch menschlich, es wäre verständlich und nicht durchaus unwürdig. Aber nein! Sie will ihn blos durch zweideutige Liebkosungen zu einem un­bedachten Schritt verleiten, damit sie ihm dann plößlich als strenge Hausherrin die Thüre weisen kann wie es scheint, ohne jedes Gefühl dafür, daß ein solches Verfahren vor allem eine Mißhandlung des abwesenden Gatten Perikles   ist, der ohne Wissen und Willen zu dem gemacht wird, was die Berliner einen Louis" nennen.

Und daneben, welch ergreifender Stoff für den tragischen Dichter, die Sonnenwende dieses Sommers! Die Exklusivität einer Bildung, die wesentlich durch persönliche Freundschaften ver­breitet wurde, rächt sich zunächst durch die Demüthigung ihrer Wortführer, die der Menge als gottlose Neuerer erscheinen, schlimmer noch dadurch, daß keine Vertreter bei der Hand sind, als Pest und Krieg die wenigen Führer" fortgerafft haben. Die partikularistische Beschränktheit, welche neben der eigenen Demokratie tributpflichtige Bundesgemeinden in strenger Abhängig­keit hielt, straft sich durch die natürliche Treulosigkeit derselben, sobald Furchtbarkeit und Liebreiz der Hauptgemeinde gleichmäßig zu schwinden begannen. Die Institution der Sklaverei, das Vor­handensein dieser Menschenklasse, an deren Berücksichtigung man bei der erziehenden Gewöhnung an das Schöne zu denken für überflüssig gehalten hatte, erzeugt eine entnervende Ueberläuferei, sobald der Feind ins Land rückt, und nach der nothgedrungenen Berstärkung der Bürgerschaft durch die im Kriege befreiten Sklaven eine naturgemäße Verschlechterung der geistigen Bürgerkraft, die

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Arme wirkliche Aspasia, Tochter des Milesiers Ariochos, du hast dir schon bei Lebzeiten von den naseweisen Poffendichtern