Gemüth nicht vollständig befriedigen. In ihm kann Niemand lagern und träumen, ihm fehlt die Waldesstille und Einsamkeit, die dem deutschen Wesen so sehr entspricht, die Poesie unserer Laubwälder, die innige Sprache, die zu unserm Herzen redet. „ Das starre Laub am fremden Holz, Das ist zum Flüstern viel zu stolz, Das hat nicht Worte, heimisch traut, Das knarrt und klappt in fremdem Laut." Wie anders ist der deutsche Wald, Frühlingswehn,
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In seinem Schatten ruht es sich gut, in ihm umgaukeln uns die Märchen der Jugend, tauchen entzückende Bilder der Zukunft vor unserm Auge auf. Unsere Waldbäume erscheinen uns wie treue Gefährten, denen wir unser Lieben und Sehnen, Hoffen und Verlangen klagen dürfen. Und gar erst die Sänger des Waldes, reden sie nicht mit Stimmen zu uns, die wir verstehen? Ist ihr Lied nicht das unsrige? An poetischer Wirkung kommt gewiß nichts dem deutschen Walde gleich, zumal beim Erwachen des der heil'ge Wald im holden Lenzes. Die süßen Vogelsänge berühren zauberhaft das Gemüth des Naturfreundes, sie sprechen zu unserm Herzen, zu unsrer Seele. Alle Gefühle und Regungen derselben finden wir im Liede unserer Sänger wieder; wir hören der Liebe süßes Geflüster, ihr heimliches Klagen, ihr Himmelhoch- Jauchzen" und ihr Entzücken. Der Gesang ist die Sprache der Vögel, die von den
Wenn es in allen Wipfeln schallt, Von Liebeslust und Lenzgewalt, Von Finkenruf und Amselschlag, Von Stimmen all im Blätterdach!"
( H. Behr.)
Geschlechtsgenossen vollständig und von den andern doch wenig stens theilweise verstanden wird. Selbst ein aufmerksamer Beobachter lernt mit der Zeit dieses Lied unterscheiden. Es ist der Ausdruck und die vollkommenste Blüte der seelischen Empfindung des Vogels, die sich darin je nach besonderer Naturgabe in den verschiedenartigsten und feinsten Nüancirungen kundgibt.
Und diese Sangesgabe haben unsere Vögel im vollkommenſten Grade. Was ihnen an buntem Farbenflitter des Gefieders abgeht, hat die Natur auf diese Weise zu ersetzen gesucht. Die buntfarbigen Tropenvögel stehen an Lieblichkeit und Wohllaut der Stimmen den Sängern unsers wald- und stromreichen deutschen Baterlandes weit nach, wenngleich auch das Lied einzelner der selben hervorgehoben werden muß. Keins kommt jedoch dem
unsrer Sangestönigin gleich, teins übt auf uns den Eindruck wie das des Sprossers und der Drossel. Aus diesen hören wir Silben und Wörter unserer Sprache heraus, die jedoch keine Aehnlichkeit haben mit dem plapperhaften Geschwätz der Papageien und anderer gelehrter" Vögel. Es sind Seelenklänge, Ausrufe des Entzückens und der Wonne, Jubeltöne, die mit wehmüthigem Erzittern Widerhall in unserm Herzen finden. Wer das Drossellied des Morgens beim Hervorbrechen der Himmelskönigin belauscht und sich ganz der daraus hervorbringenden Poesie hingegeben hat, der stimmt gewiß jenem Forscher zu, der in ihm die Geschichte unsrer Jugend, unsrer Liebe, unsers Schickfals hört.
Doch nicht blos der Gesang der bevorzugten Sänger ist