mag man Gebirge darauf thürmen, er hört doch nicht einen Augen­blick auf, unter den Menschen zu leben. Wie gesagt, ich zweifle keinen Augenblick daran, daß es besser werden wird. Ich möchte sogar noch weiter gehen und behaupten, daß wir bereits auf der Schwelle der neuen Zeit stehen."

Ich sehe nicht so vertrauensvoll in die Zukunft. Die Menschheitsgeschichte macht keine Sprünge, und aus unserem Zustande in jenen, der uns vorschwebt, wäre ein gewaltiger Sprung. Da müssen noch viele Vorstufen überstiegen werden, ehe man in das Heiligthum gelangt."

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,, Thorheit, lieber Blumenthal; was sind diese Vorstufen anders als Festungswerke, welche die Vergangenheit zu ihrer Vertheidi­gung aufwirft? In jedem Fort, das die Menschen einnehmen, sollen sie ruhen, um ihre Kraft zu stärken. Faule Fische! Sie sollen nur wieder einschlafen, damit das alte Spiel fortgesetzt werden kann. So wird das Ziel ihres Strebens ihnen künstlich entrückt, und im Grunde genommen, ist es nur ein Stein, der statt des Brotes in ihre Hände fällt. Nein, nein, Blumenthal, laffen wir alle Vorstufen beiseite, stürmen wir fest auf das Haupt­ziel los und Alles macht sich von selbst. Glauben Sie mir, die Menschheit findet sich leicht in würdigere und glücklichere Zustände. Sie bedarf der Vorstufen nicht."

,, Ist doch der Ansturm der französischen   Revolution zuletzt im Sande verlaufen," entgegnete Blumenthal.

,, Das ist ein Mißgeschick, dem die Neuzeit gleichfalls aus­gesetzt ist. Jeder Fehler, den sie macht, rächt sich bitter und wirft sie wieder auf einige Zeit zurück. Aber was thut das, der end­liche Sieg gehört doch uns. Vergessen Sie übrigens bei dem Beispiele nicht, daß die Menge sich verblutet hatte, ehe sie noch recht mit ihren Forderungen in den Vordergrund trat."

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,, Ich bewundere wirklich Ihr Vertrauen," sagte Blumenthal. Da darf man nicht staunen, wenn aus Ihren Augen immer nochy das Feuer der Jugend leuchtet."

,, Nun schelten Sie aber den unverbesserlichen Schulmeister," rief Berner  . Statt sich des Wiedersehens zu freuen, hält er Ihnen eine Vorlesung über allbekannte Dinge."

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Blumenthal schüttelte den Kopf. Gibt es für Männer eine schönere Begrüßung, als wenn sie ihre Hoffnungen und Klagen mit einander austauschen? Und habe ich Sie je anders gesehen, als das Herz erfüllt mit dem unzerstörbaren Vertrauen in die Zukunft?"

Sie waren während dieser Unterredung weiter geschritten und standen jetzt am Vermessungsapparat. Berner begrüßte die beiden Arbeiter in herzlicher Weise. Man sprach wieder über das Er­eigniß vom voraufgegangenen Tage und Berner tadelte in bitteren Worten den Uebermuth der Schloßbewohner.

,, Es ist Egler doch zur Stadt gegangen?" fragte Blumen­thal.

,, Ja, er hat sich schon vor Tagesanbruch auf den Weg ge­macht. Ich wollte eigentlich nach Waldau, um dort einige Grüße und Aufträge zu bestellen. Auf der Höhe aber dachte ich, nun mußt du dich doch umsehen, wo der Blumenthal eigentlich steckt. Sie sehen, daß meine Mühe, Sie aufgesucht zu haben, sehr zu­sammenschrumpft."

,, Gleichviel! Ich freue mich doch recht sehr des Wiedersehens." Sie schüttelten einander wieder die Hände.

Berner ruhte sich auf einem Grenzstein aus, dann trat er, von Blumenthal begleitet, den Rückweg an. Einige Zeit gingen sie schweigend neben einander. ( Fortsegung folgt.)

Der Erfinder der Schnellpresse.

Eine geschichtliche Skizze.

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Die Geschichtsschreiber nennen jenen Zeitabschnitt, in welchem sich im Herzen Europa's   eine große, bedeutende Umwälzung auf allen Gebieten menschlichen Denkens und Schaffens vollzog jene Zeit, in welcher Luther   den römischen Aberglauben bekämpfte und Ulrich von Hutten   und Franz von Sickingen   von einer politi schen Wiedergeburt des alten germanischen Reiches träumten und für dieselbe kämpften, das Zeitalter der Reformation". Wilhelm Kaulbach  , der große deutsche   Maler, hat diese Epoche in seinem herrlichen Karton: Das Zeitalter der Reformation" verewigt und in diesem Bilde ein großes, bedeutungsvolles Stück Weltgeschichte- läßt er den Augustinermönch den hervor­ragendsten Platz einnehmen. Mit Unrecht. Diese hervorragende Stelle gebührt feinem Andern als dem Erfinder der Buchbrucker­kunst, gebührt keinem Andern als Johannes Gutenberg  . Mit ihm beginnt das Zeitalter der Reformation. Allerdings schwebte dem Maler nur die Kirchenverbesserung" vor, aber dasjenige, welches der ganzen Sache eigentlich zum Siege verhalf, war die Kunst des Mainzer Patriziers. Ein Luther wäre ohne die Er­findung Gutenberg's vielleicht grade so weit gekommen, wie hundert Jahre vor ihm Johannes Huß. Dadurch, daß Luther  seine fernigen Streitschriften gegen Rom   allgemein verbreiten und so auch das Volk für seine 3deen gewinnen konnte, war es ihm erspart, ein altes Mütterchen ein Reisigbündel auf den brennenden Scheiterhaufen werfen zu sehen und mit den Worten: O sancta simplicitas!"( o heilige Einfalt!) zu sterben. Huß war die Gans, die man briet", und Luther   ,, der weiße Schwan, den man nicht verbrennen konnte", weil das zu denken beginnende Volf hinter ihm gestanden. Das Wunder der Verbreitung seiner Lehre be­wirkte einzig und allein das gedruckte Wort.

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Wenn einmal ein Maler das Zeitalter der Revolution" malen wird, so wird er als Hauptperson den Hunger malen und um diesen die Helden der Revolution gruppiren müssen. Wird ein Maler aber einst das Zeitalter der sozialen Bewegung"

zeichnen, darf er wahrhaftig keine andere Person in den Vorder­grund seines Bildes stellen, als den Erfinder der Schnell­presse, durch deren heutige Vollendung es ermöglicht wird, das bildende, befreiende Wort, vieltausendmal vervielfältigt, auch dem ärmsten Manne zugänglich zu machen.

Wie die von dem guten Katholiken und loyalen Edelmann Gutenberg erfundene Kunst in ihren ersten Lebensjahren der Rei­nigung des Christsglaubens so große Dienste leistete, ebenso leifici die Erfindung der Schnellpresse der fortschreitenden Ausbreitung des sozialen Evangeliums unsterbliche Dienste. Nur durch die enorme Ausdehnung der Presse ist es möglich, die Ideen des Sozialismus in alle Welt zu tragen, diese zur Kenntniß des arbeitenden Volks zu bringen, und nur durch die Mitwirkung der Presse wird es möglich sein, diesen Ideen einst Durchbruch schaffen zu können.

Als Gutenberg's Kunst bekannt wurde, erwachte im Volke ein unbezähmbarer Trieb, lesen zu lernen, und als es lesen konnte, verlangte es, gelehrt zu werden; und als es begann, licht zu werden in den Köpfen, verlangte man Gleichberechti­gung und es ertönte der Ruf: Liberté, Egalité, Fraternité!" Und heute, wo das gedruckte Wort in jeder Hütte Zutritt ge­funden, heute hört man wenn auch noch schüchtern den Ruf: ,, Menschenwürde!" Und nicht Dignité de l'homme!" eher wird der Kampf um dieses Recht ruhen, nicht eher wird es enden, als bis die Glückseligkeit des Wissens alle Menschen um­.. Die Hochschule des Proletariats ist das fassen wird. ... Die Presse! Wie herrlich gedruckte Buch die Presse! passen auf sie die Worte Ludwig Uhland's  :

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O Strahl des Lichts, du dringst Hinab in jede Gruft.

O Geist der Welt, du ringst Hinauf in Licht und Luft."

Und so wie Deutschland   die Wiege der Buchdruckerkunst