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Danton .

Episode aus dem Jahre 1792. Frei nach dem Französischen von D... P... ( Fortseßung.)

Friedrich wandte sich rasch dem Gitter zu, denn er glaubte die Stimme Danton's erkannt zu haben, aber in dem Dunkel des Korridors, der jenseits des Gitters lag, vermochte er Niemand zu erspähen.

Haben Sie gehört, Marie?" sagte er traurig zu dem zittern­den Mädchen. ,, rufen Sie den Tag der Befreiung nicht herbei!"

Aber Marie wandte sich unwillig ab und entfernte sich, ent­rüstet über das, was sie von allen Seiten eine verbrecherische Verstocktheit nennen hörte und nun selbst so nannte.

Am nächsten Tage bemerkte Friedrich, daß alle seine Mit­gefangenen mit einer nicht zu verkennenden Absichtlichkeit von einer projektirten Verbindung zwischen Melbourg und Marien sprachen; er fühlte seinen Muth schwinden, aber der Anblick Melbourg's, der ihn mit ironischem Lächeln maß, gab ihm seine Fassung wieder. Er schritt grade auf ihn zu und sagte barsch: ,, Mein Herr, glauben Sie mir, es ist noch nicht Zeit, die Liste Ihrer Geliebten mit einem neuen Namen zu bereichern." Melbourg fuhr auf und brach in Drohungen aus.

Wozu das?" unterbrach ihn Friedrich. Sie sehen wohl, daß wir hier keine Waffen haben, sonst wären Sie nicht mehr am Leben."

So waren Friedrich in Kampf und Qual zwanzig Tage seit seiner Verhaftung vergangen, als er, vom Schmerze gebrochen, sich entschloß, an Danton zu schreiben, um seine Unschuld zu be­theuern. Marie hatte sich ganz von ihm zurückgezogen und schien völlig in der Gewalt ihres Bruders und Melbourg's zu sein; er vermochte die Qualen der Eifersucht nicht länger zu ertragen und sagte sich auch, daß er besser über die Geliebte wachen könne, wenn er frei sei, und daß sie am Tage der Gefahr erkennen solle, wie treu er es meine. Aber noch hatte er seinen Brief nicht beendet, als ein ungewöhnlicher Lärm an sein Ohr schlug. Er stieg in den Hof hinab und fand ihn mit neuangekommenen Gefangenen angefüllt, die von den anderen wie alte Freunde und Brüder bewillkommnet wurden. Und in all' den verschiedenen Gruppen scholl es von Mund zu Munde: Longwy ist erobert; die Preußen sind auf dem Wege nach Paris !"

Die lebhafteste Freude strahlte aus Aller Mienen; man drückte sich die Hände, jubelte laut über die nahe Befreiung, und Einer aus der Menge rief, daß man das Tedeum" singen solle.

In diesem Augenblicke ging Marie an Friedrich vorüber; sie sah traurig aus. Plötzlich kehrte sie um, blieb vor dem jungen Mann stehen und sagte leise:

,, So werden Sie denn allein von unserm Feste ausgeschlossen bleiben?"

mand stimmte ein, alle Gefangenen schienen starr vor Erstaunen über das Unerhörte. Endlich schrie Melbourg:

,, Glaubt ihm nicht; das ist nichts als Feigheit- er kehrt der besiegten Partei den Rücken!"

Mit einem Sprung war Friedrich neben ihm und preßte krampfhaft die Hand seines Nebenbuhlers.

,, Elender!" rief er. Die Gefahr ist drohender als je der Tod schwebt über eurem Haupte, und was ich mit euch theilen will, ist das Schaffot! Es lebe der König!"

,, Es lebe der König!" wiederholten alle Gefangenen; ein alter Priester bestieg die Bank, welche Friedrich verlassen hatte, Aber kaum waren und stimmte auf's neue das Tedeum" an. die ersten Worte erklungen, als das furchtbare ,, Ça ira" in den Gängen ertönte; eine dreifache Reihe Föderirter erschien daselbst und das Gitter öffnete sich. Danton durchschritt allein den Hof, ergriff mit der einen Hand den Priester, mit der andern Friedrich und schleuderte sie den Föderirten mit den Worten zu: In den Kerker mit diesen Menschen!"

Hierauf wandte er sich zu den anderen Gefangenen, kreuzte die Arme über seiner breiten Brust und sprach langsam:

Ja, Longwy ist verloren! Die Preußen rücken vor, aber wir werden nicht weichen, noch uns ergeben und, wenn es nöthig ist, uns unter den Trümmern der Hauptstadt begraben lassen. Aber wir sterben nicht allein und unsere Feinde werden vor uns sterben." Und als er drohend die Faust ballte, beugte sich un­willkürlich jedes Haupt und mancher Brust entrang sich ein unter­drückter Schrecken laut.

Als die Gefangenen sich von ihrer Bestürzung erholt hatten, war Danton verschwunden; die Höfe lagen wieder in ihrer düstern Einförmigkeit da, aber auch das freudige Geplauder der Gefangenen Abend war verstummt; ein düsteres Stillschweigen brütete bis zum über Allen und mehr als Einer sah diese Nacht im Traume Danton's Hand drohend über seinem Haupte schweben.-

Der Kerker, oder vielmehr das Grab, in welches man Friedrich lebendig eingesargt hatte, war eng und düster. Mit drei Schritten durchmaß er ihn und der schwache Dämmerschein, der mühsam durch die dichten Eisenstäbe der kleinen Luke drang, ließ kaum erkennen, ob es draußen Tag oder Nacht sei. Und doch hatte dort ein Goldlad, dessen Samen wohl ein Vogel hin­getragen hatte, gekeimt und schmiegte sich an das Eisengitter. Diese kleine, armselige Pflanze war das Einzige, was Friedrich daran erinnerte, daß es draußen Licht und Leben gebe. Plötzlich von der Außenwelt getrennt und unter den Steinen eines Kerkers begraben, empfand er eine liebevolle Theilnahme für diese arme, dem Wind und Wetter preisgegebene Blüthe, die ihm das blühende

,, D, welches Fest!" dachte Friedrich schaudernd. Wenn das Leben der Außenwelt verkörperte; sie mahnte ihn an Marien, die Volf ihr Freudengeschrei hört, wird es sie erwürgen!"

Haben Sie mir nichts zu sagen?" fuhr sie fort, als Friedrich schwieg, und sah ihn zärtlich an.

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Ein Schwindel erfaßte Friedrich, als das schöne Antlitz so liebevoll zu ihm aufschaute; er sah das theure Haupt unrettbar dem Verderben verfallen, daß in der nächsten Stunde herein­brechen konnte mußte, und sein Herz schrie auf: Was willst du leben, wenn du sie nicht retten kannst? Stirb mit ihr!- Und den Blick der Geliebten leidenschaftlich erwidernd, sprang er statt aller Antwort auf die nächste Bank, schwor laut seinen frühern Irrthum ab und stimmte das Tebeum" an. Aber Nie­

füße Mädchenblume, die auch der Sturm der Revolution be­drohte, und mit dem Aberglauben der Verzweiflung sagte er sich: ,, Wenn der Wind diese Blume entwurzelt, wird auch Marie sterben!"

Er konnte seine Augen nicht von der zarten Pflanze abwenden, die seine letzte Hoffnung verkörperte; er versuchte, bis zur Luke emporzuklimmen, um ein wenig von der feuchten Erde seines Kerkers auf die Wurzeln der Blume zu häufen; aber er ver­mochte nicht, sie zu erreichen und sagte wehmüthig, indem er zurückfank: Ich vermag nichts für ihre Rettung zu thun!" denn Marie und die Blume verschmolzen in seiner erhitzten Phantasie zu einem Bilde. ( Fortsetzung folgt).

Aus Deutschlands ältester Geschichte.

( Schluß.)

Auffälligerweise scheint noch kein Eisen die drei alten Metalle zu vermehren, dagegen zeigt die Behandlung der alten Stoffe unzweifelhaften Fortschritt. Das Faß, die Lade(?), der Hammer und das Messer( wenn für diese beiden nicht ältere Ausdrücke

verloren sind), der Korb, der Ranzen, die Obstbarre, der Sessel, die Bank, die Bettstelle, die Ledersohle treten als neue Geräth­schaften auf leider auch Schloß und Schlüssel, sowie für den Krieg Schild Dagegen ist das Schiff noch immer

und Speer.