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Vor dem Kriege gab es im ganzen Lande nur drei oder vier Millionäre nach dem Kriege zählten sie zu vielen Hun­derten, die großen Kapitalisten zu vielen Tausenden. Die riesigen Kriegskosten, bis auf 3000 Millionen Dollars ansteigend, machten den Schutzzoll und eine wachsende Abgabenlast nothwendig, welche aber mit Leichtigkeit von Jedermann getragen wurden, weil die Profite ungeheuer, die Löhne so hoch waren im Verhältniß zum Lebensunterhalt, daß die meisten Arbeiter größere Ersparnisse in Sparkassen, Land, Häusern, Kaufläden oder sonstigen Klein­geschäften anlegen konnten, oder aber in Schuldscheinen der Ver­ einigten Staaten  , Einzelstaaten und Gemeinden, welche hohe Zinsen trugen. Die ungeheuren Profite der Kapitalistenklasse entstanden aus Fabriken mit Großbetrieb, Spekulation in Land, Gebäuden und Lebensmitteln, Lieferungs- Kontrakten für den Krieg, Schmuggel von Kriegsbe­darf für das südliche Heer, schwindelhaftem Eisen­bahn- und Minen- Bau, Börsenspiel und Geld= wucher überhaupt. Da der Krieg auf beiden Seiten zusammen eine halbe Mil­lion Arbeiterleben ver= schlang und zwei Millionen Arbeiter jahrelang unpro­duktiv erhielt und er wurde durch die Kapita­listen- Ränke unnöthig ver­längert, so setzte sich die produktive Arbeiter­bevölkerung immer ungün­stiger zusammen: an Stelle der demokratisch gesinnten einheimischen traten die leichter auszubeutenden ein­gewanderten Lohnarbeiter aus französisch Kanada  , Irland   und den verdumm= testen Ländern Europa'  s, ja selbst die starke deutsche  Einwanderung von Lohn­ arbeitern   war im Unter­bieten der Löhne nicht etwa zurückhaltender. So ver­schwanden die auf ihre Unabhängigkeit pochenden eingebornen Arbeiter fast völlig aus den Fabriken, Minen, Bauten, Handels­fahrzeugen, dem Ackerbau und den niederen Bedien­stungen, wandten sich als Spekulanten in die Städte, oder als Ansiedler in den

Die andauernd massenhafte Einwanderung von Arbeitern und Kleinbürgern trieb den Bodenwerth auf eine Höhe, welche nur an wenigen Stellen Europa'  s übertroffen wird; und im Besitze eines theilweis bezahlten Häuschens mit Garten auf dem Lande war diese Arbeiterschaft genöthigt und zufrieden, zu stets abneh­menden Löhnen zu arbeiten; denn ihr Kapital, ihr Grundeigen­thum, fesselte sie so sehr an die Scholle, als ehemals den Leib­eignen; oder aber sie mußte im Zwischenhandel das am Unterhalte Fehlende zu decken und Kapitalist zu werden suchen. Und so stieg die Zahl der Kleinkaufläden, Bier- und Schnapswirthschaften, Agenten, Drummers( welche für Großhändler Waaren an Klein­händler absetzen nur zu oft auf langen und schlechten Kredit) und an Haufirern in's Unglaubliche, bis endlich alle Geschäfte durch Großbetrieb den Markt verstopft und mit Arbeitskräften

übersetzt hatten, die Löhne aber unter die Preise der gewohnten Lebensbedürf­nisse gesunken waren.

Die

Daß die hier geschil­derte Entwicklung des Ka­pitalismus so viel rascher verlief als sonstwo, dazu war allerdings der Krieg die sichtbare Veranlassung; die eigentliche Ursache war die in meinem Buche ge= schilderte und in's Einzelne erklärte Oberflächlichkeit und der Leichtsinn des Volksthums, dessen bessere Seiten durch die über­wiegende Begünstigung der schlechten während dieses großen Umschwungs immer mehr zurüdtraten. Verderblichkeit des Klimas wurde durch die Umstände im Gefolge des Krieges mächtig unterstützt. Daß die 1867 gestiftete natio­" nale Arbeiterpartei eine Kleinbürgerliche blieb, daß die Gewerkschaften, aus England importirt, fort­während an Zahl und Einfluß ab anstatt zu­nahmen; daß die unter den deutschen   Arbeitern um 1867-69 gestifteten internationalen und Las­salle'schen Vereine tauben Ohren predigten, und daß noch heute die Stiftung einer wirklichen Arbeiter­partei, besonders unter den englisch   Redenden, erst in ihren An­fängen steht, braucht somit nicht wunder zu nehmen.

Menschen- und Gorilla- Gerippe.( Siehe Seite 212.)

fernsten Westen, furz, suchten mehr von ihrem Wit, als von wirk­licher Arbeit zu leben. Wieweit diese Veränderung ging, ersieht man daraus, daß, weil die meisten Lehrer in den Krieg gegangen waren, junge Frauen ihre Stellen einnahmen, natürlich um den dritten Theil des Lohnes, und seitdem aus mehr als drei Vierteln der Lehrerstellen alle Männer verdrängt haben natürlich zum Nachtheile der Volkserziehung.

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Diese eingewanderte Arbeiterschaft mit ihren Ersparnissen wurde eine mächtige Verstärkung des Kleinbürgerthums und eine leichte Beute der Partei- Politiker. Jeder wollte ein Kapitalist werden; ihre Unions- und anderen Schuldscheine trugen ihnen nicht genug Zinsen, wurden auf den Geldmarkt geworfen und wanderten massenhaft nach Europa  , wo der Zinsfuß niedriger ist. Der Erlös wurde hauptsächlich in Land und Wohnhäuser auf dem Lande in der Nähe der Großstädte gesteckt und damit spekulirt.

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Daß der Kapitalismus überall in Schwindel jeder Art aus­laufen muß, weil er auf dem unfittlichen Grundsaße beruht: Jeder für sich und Gott für uns Alle( oder, wie es der ameri­ kanische   Volkswitz treffend umkleidet: Jeder für sich, und der Teufel kriege die Hintersten), während doch Jeder Alles, was er ist und hat, nur durch Alle ist und hat: dies brauchen wir keinem unserer Leser zu beweisen. Daß aber grade in den Ver­ einigten Staaten   die Wiege des abgefeimtesten Schwindels zu und zwar suchen ist; daß er sich hier am unverschämteſten ganz gewöhnlich unter dem Deckmantel der Religion macht und erst von hier aus Nachfolge und Lehrmeister in Europa  gefunden hat, wird ebenfalls in des Verfassers Buche auf die natürlichen Ursachen zurückgeführt. ( Fortsegung folgt.)

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breit­