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haßt, dann haßt er den Förster aber auch und die Bauern erst zum Abschluß gelangen," sagte er. ,, Sagen Sie Herrn von recht."
,, Mir will das immer noch nicht einleuchten, Pfarrer." ,, Erlaucht müßten bei dem Förster darauf dringen, daß er dem Jörg das Wilddieb- Handwerk legt. Geschieht dies, dann ist er zu jedem Handstreich bereit."
,, Will es mir überlegen, Pfarrer," antwortete der Graf unentschlossen. Wie hintertreibt man aber Heirath?... Da fällt mir etwas ein. War verschollener Büttner nicht Bräutigam von Mädchen?"
,, So ist es, Erlaucht. Daß die Heirath nicht zu Stande kommt, dafür werde ich schon sorgen."
,, Gut," sagte der Graf. Der Förster wird das Mädchen nicht heirathen, dafür werde ich auch schon zu sorgen wissen."
Der Pfarrer blickte auf, der Graf gab aber keine Erklärung für seine Worte, sondern bat ihn nur, als er Miene zum Gehen machte, in den nächsten Tagen wieder bei ihm vorzusprechen. Als der Pfarrer Abschied nahm, hielt ihn der Graf noch einmal zurück. Die Heirath muß unter allen Umständen in diesen Tagen
V.
( Schluß.)
Rabenberg, Sie hätten von mehreren glänzenden Partien gehört, die mir in Vorschlag gebracht worden seien. Treiben Sie die Sache zur Entscheidung."
Herr von Rabenberg greift ja mit beiden Händen zu. Aber die Tochter, Erlaucht die Tochter!"
,, Er muß entschieden väterliche Gewalt handhaben. Verbindung wie diese wird ihm nicht alle Tage geboten."
,, Alle Welt zerbricht sich über diese Verbindung den Kopf, Erlaucht, und wie Erlaucht wissen, ist sie auch mir ein Räthsel." ,, Wird sich bald lösen, Pfarrer," sagte der Graf. Heirath bringt uns große Vortheile. Aber gegen besten Freund selbst gegen Sohn muß ich Geheimniß hüten."
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,, Ich werde in alter Weise Alles nach Erlaucht Wünschen erledigen," sagte der Pfarrer, auf weitere Fragen verzichtend. ,, Baue auf Sie, Pfarrer," sagte der Graf, ihm die Hand reichend. Wird Ihr Schade nicht sein."
Der Pfarrer ging, sichtlich vom Erfolge seines Ganges befriedigt. ( Fortsetzung folgt.)
Der Mensch.
Von J. Most.
Andererseits haben die Vivisektionen( Zergliederungen von lebenden Thieren, anatomische Versuche mit lebenden Thieren) unwiderlegbar dargethan, daß„ Geist" und Gehirneigenschaften eins und dasselbe sind. So hat z. B. Flourens bei Hühnern die Gehirntheile schichtweise entfernt und dabei beobachtet, wie die geistigen" Fähigkeiten mehr und mehr abnahmen; zuletzt trat völliger Stumpfsinn ein, die Thiere wurden unempfindlich, blieben regungslos auf einer Stelle sißen und wären sicherlich bald abgestorben, wenn man sie nicht fünstlich gefüttert hätte. Vermittelst dieser letzteren Manipulation erhielt man sie monate- und jahre lang am Leben, ohne daß sie irgendwie ein Bewußtsein an den Tag gelegt hätten. Tauben und Frösche werden durch ganz einfache Gehirnoperationen blödsinnig gemacht; bei anderen Thieren nahm man gewisse Gehirntheilchen fort und fand darnach, daß irgend ein Glied seinen Dienst versagte, das mitunter vom Kopfe sehr weit entfernt war, während sonst nichts Krankhaftes zu Tage trat. Und so ist hundertfältig nachgewiesen worden, daß die so genannte„ Seele" mit dem Gehirn steht und fällt. Welchen stärkeren Beweis für den nothwendigen Zusammenhang von Seele und Gehirn will man verlangen," fragt Büchner, als denjenigen, den das Messer des Anatomen liefert, indem es stückweise die Seele herunterschneidet?"
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Schließlich ist noch der Zusammenhang des Gehirns mit dem ganzen Nervensystem, dessen Eigenthümlichkeiten, wie man nun weiß, durch den Strom der Elektrizität, welcher es beständig durchfluthet, vornehmlich zu erklären sind, in Betracht zu ziehen. Im Hinblick auf diesen Punkt nennt Hurley das Gehirn ein telegraphisches Centralbureau, dem durch die Nervenstränge alle Eindrücke mitgetheilt werden, welche Augen, Ohren, Nase, Zunge und Haut, also alle Empfindungsorgane, empfangen, und das auf dem gleichen Wege die entsprechenden Muskelbewegungen anordnet. Ohne äußere Eindrücke gibt es keine Gehirnthätigkeit, kein Denken und wollen. Jemand, der von Geburt aus blind ist, kann sich keinen Begriff von einer Farbe machen, vermag in dieser Richtung nicht zu denken; wer taub ist, dessen„ Geist" hat keine Vorstellung von Schall ; und wem alle Sinne fehlen, der denkt gar nicht, denn sein Gehirn empfängt keine Eindrücke. Selbst im träumenden Zustande arbeitet das Gehirn nur empfangenen Eindrücken gemäß. Es handelt sich dabei um Empfindungen, welche sozusagen wachend unverarbeitet geblieben sind, und die im Schlafe allerdings gewöhnlich in wirrem Durcheinander reagiren und so mitunter Bilder erzeugen, die man sich, wenn man nachträglich darüber nachdenkt, nicht zusammenzureimen weiß.
Es ist also das, was man Seele nennt, nur eine Eigenschaft des Stoffes, mit dem sie kommt und geht. Wie wäre es sonst auch denkbar, daß sogenannte geistige Eigenschaften oft vererbt werden? Auch müßte ja das Seelenleben von der Wiege bis zum Grabe ein unveränderliches sein, wenn vor oder bei der Geburt auf übernatürliche Weise eine Seele in den Leib praktizirt würde, was doch keineswegs der Fall ist. Kinder denken zunächst jedenfalls äußerst wenig; und das spätere Denken hängt nicht allein von der Anlage der einschlägigen Organe ab, sondern auch von den darauf ausgeübten äußeren Einflüssen. Wie sehr es auf die letzteren ankommt, beweist die Thatsache, daß Menschen, die man von der Welt absperrt und sozusagen gar nicht erzieht, niemals verständig werden können. Die meisten Verbrechen sind auf mangelhafte Erziehung oder sonstige üble Einflüsse zurückzuführen; eingepflanzte Vorurtheile sind so stark und so zahlreich vertreten, daß es verhältnißmäßig nur wenige Menschen gibt, welche selbstständig denken. Andrerseits werden alte Leute oft kindisch, so scharfe Denker sie zuvor vielleicht gewesen sein mögen, wie z. B. Newton, einer der scharfsinnigsten Gelehrten, beweist, welcher sich in seinem Alter mit den größten Albernheiten be= faßte. Außerdem kommt es sogar darauf an, wie man sich nährt Ein Vegetarianer ist nicht zu Leidenund wie man sonst lebt. schaften geneigt, ein Fleischesser ist es dagegen in hohem Grade. Bei kümmerlicher Lebensweise, beim Mangel an Umgang mit Anderen u. s. w. kann das Gehirn so wenig Bedeutenderes leisten, wie die sonstigen Leibesorgane; wenn auch einzelne Ausnahmen in dieser Hinsicht vorkommen, so bestätigen sie doch nur die Regel. Umgekehrt wirken Ausschweifungen, wie Trunksucht, Völlerei 2c., ja selbst ein übertriebenes geistiges Genießen, namentlich wenn dasselbe einseitiger Natur ist, oftmals sehr übel auf das Gehirn, resp. auf manche Sinne ein, weshalb bei Leuten, die sich in sorglosen Verhältnissen befinden, so häufig Blafirtheit zu Hauſe iſt.
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Genug der Geist" des Menschen ist die im Gehirn zuſammengefaßte Sinnestraft, die bei ihm stärker entwickelt ist, als bei den übrigen Thieren. Diesem Umstande verdankt der Mensch seine jetzige Stellung auf der Erde. Bis er in den Besitz dieser vorzüglichen Eigenschaft gelangte, hatte er einen mühseligen RingKampf mit den übrigen lebenden Wesen zu bestehen, denen er schließlich den Rang abgelaufen hat, obgleich er, wie sie alle, vom gleichen Punkte ausging. Wie dies zuging, darüber gedenke ich, soweit es der mir gesteckte Naum erlaubt, in den folgenden Artikeln insofern Auskunft zu geben, als ich den Lesern das Wesentlichste mittheile, was bis jetzt die moderne Naturforschung durch ihre bedeutendsten Vertreter zu Tage gefördert hat.