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Wären einander gern nah,
Daß Jeder erkennen es mocht': Zwei Liebende ruhten allda."
Noch schöner ist dieser Sinn in einem litthauischen Volksliede ausgedrückt, das Koberstein im Weimar 'schen Jahrbuch mittheilt. Das Mädchen bricht eine Rose von dem Grab des verstorbenen Geliebten und bringt sie der Mutter, welche ausruft:
,, Das ist ja die Rose nicht, Ist des Jünglings Seele!"
Ein leider vergessenes und noch nirgends von mir wieder aufgefundenes Volkslied hörte ich in meiner Jugend im Nezethale, das ganz denselben Gedanken aus dem Volksleben zur Geltung brachte. Die altnordische Tristansage endet nach Eilhart damit, daß König Marke auf Isoldens Grab einen Rosenstrauch setzen ließ, während Tristan's Grab eine Weinrebe zierte. Beide wuchsen so dicht zusammen, daß es unmöglich war, sie von einander zu trennen.
Ueberall sehen wir hier die Rose in das Liebesleben eingreifen, und wir fönnen uns nicht wundern, wenn der deutsche Aberglaube sie zu einem Liebeszauber macht wie dies auch in Griechenland uns schon begegnet. Eine alte, von Dr. May mitgetheilte Vorschrift lautet: ,, Trage drei Rosen, eine dunkelrothe, eine blaßrothe und eine weiße drei Tage, drei Nächte und drei Stunden hindurch in einer Flasche Wein und gib diesen Wein dem Gegenstande deiner Liebe zu trinken, ohne daß er wisse, was darin war, und er wird dich lieben mit ganzer Seele und dir treu bleiben dein ganzes Leben lang!" Auch ,, die Bedeutung der Blumen" kennt diese Zauberfraft der Liebe: Wer nie etwas andres begehrt als die besondere Ehre und Würde seiner Liebsten, wer sie liebt wie sich selbst und dadurch Muth und Freubigkeit gewinnt, sie überall zu schützen, der soll Rosen tragen mit ihren Dornen.
Aber nicht blos ein Symbol der Liebe sind die Rosen sie drücken Alles aus, was die Menschen von Schönheit und Anmuth zu singen und zu sagen wissen. Wir reden von Rosenlippen und Rosenwangen, und um uns die Schönheit der Ingeborg vorzuführen, vergleicht der Sänger der Frithjofssage sie mit einer Rose:
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.Es blüht die Rose süß und linde,
In Ingeborg, dem Königskinde."
Um die Schönheit der Geliebten auszudrücken, gebrauchen unsre Dichter bis auf unsre Zeit mit Vorliebe den Vergleich mit einer Rose, wie ihn schon der Sänger des Hohenliedes kannte. Chr. Tenner's kleines Liedchen:
Wer aber etwas Liebes hat, das ihm
in allen Dingen gefällt, von dem er aber nicht erzählen darf, der
soll Hagedorn die Heckenrose
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tragen, denn der hat die Art, daß er, wie freundlich er auch aussehen mag sich wegen seiner Dornen doch nicht anrühren läßt." Gott sei Dank, alles unschuldige Mittel, die Jeder, der daran glaubt, wohl ohne Schaden es wäre denn, daß er sich lächerlich machte anwenden mag. Wenn im Licht Rosen brennen, wird das Glück aus der Ehe nicht weichen eine gewiß richtige Auffassung, wenn nämlich die Liebe eine wahre und tief innige Herzensneigung ist, die nicht mit dem Rausche der Flitterwochen verduftet. Darum erscheint auch jener Volksglaube so innig, der eine glückliche Ehe prophezeit, wenn zwei von Liebenden in einen Bach geworfene Rosenblätter stets beisammen bleiben und mit einander fortschwimmen, ohne sich zu trennen.
Grüneberger
,, Eine Rose nenn' ich mein, Eine Rose schön und rein: Himmelswonne meine Lippen Von der Rose nippen Eine Rose nenn' ich mein, Eine Rose schön und rein!" mag dafür Beweis sein, da es ja unnöthig ist, auf weitere Beispiele hinzuweisen, die jedem der freundlichen Leser, der einigermaßen unsre Liederbücher angesehen, genugsam bekannt sind. Auch in einem sehr
sinnigen bretonischen Volksliede wird die Geliebte mit dem Maienröslein verglichen, während der Sänger für sich die Nachtigall in Anspruch nimmt, die im Weißdornzweig ausruhen und schlafen will, aber von dem Dorn verwundet wird und sich auf den höchsten Gipfel schwingt, um ihr seelenvolles Lied anzustimmen; so treibt auch ihn der Schmerz unglücklicher Liebe zum Gesang.
Ganz besonders ist noch hervorzuheben, daß rothe Rosen Wunden bedeuten. Die mittelalterliche Dichtung nennt das Schlachtfeld einen Rosengarten; auch der Schlachtensänger Theodor Körner zieht dies Gleichniß herbei, wenn er in seinem ,, Schwertlieb" die blinkende Waffe bitten läßt:
,, Laß mich nicht lange warten!
O schöner Liebesgarten, Boll Röslein blutig roth Und aufgeblühtem Tod."
In der Walhalla liegt der Rosengarten auf der Ebene Ida und gilt gleichzeitig als Schlachtfeld. Auf dem Kampfgefilde wachsen Blumen empor. So beispielsweise nach der Schlacht bei Noncevaux ( Ronceval), als Karl der Große den Tod des eblen Roland rächte und den Sarazenen eine volle Niederlage bereitete. Als man die gefallenen Christen begraben wollte, sie aber nicht unter der Menge herausfinden konnte, betete Karl mit seinem ganzen Heere und flehte um des Himmels Beistand. Und siehe! Am Morgen war durch jeden Sarazenen ein Dornbusch gewachsen, bei jeder Christenleiche aber blühten zwei weiße Blumen. Deshalb redet auch Wolfram von Eschenbach von den„ thauigen