Nachdem er wie gewöhnlich und mit gutem Appetit zu Mittag gespeist hatte, ward er gegen 12 Uhr zum letztenmale vor die Richter geführt, um von ihnen dem Henker überantwortet zu Sehr aufmerksam, doch ohne Zeichen irgendwelcher Ge­müthsbewegung, hörte er die feierliche Verlesung des Urtheils an. Darauf erhob er sich von dem ihm angewiesenen Schemel und erklärte: ,, Ich nehme das Urtheil, welches ihren Excellenzen über mich auszusprechen gefallen hat, mit Ehrfurcht entgegen. Ich unterwerfe mich demselben wie einem Befehle Gottes und bin bereit, zum Ruhme meines Schöpfers den Tod zu erleiden." Darauf setzte sich der Zug von dem Schlosse aus nach der entfernten Richtstätte in Bewegung.

Seine Freunde, die Prediger Bionnens und Bergier, beglei­teten Davel, der sich mit ihnen in heiterer Ruhe unterhielt. Eine

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ungeheure Volksmenge umdrängte den Zug. Der Staub, den dieselbe außerhalb der Stadt aufregte, belästigte Davel und seine Begleiter. Wir würden besser thun, uns ein wenig links zu wenden und auf dem Rasen zu marschiren," sagte er. Und als die Menge zuweilen die Bewegung des Zuges aufhielt, ermahnte er die Wachen, Niemand etwas zuleide zu thun.

Am Fuße des Schaffots angekommen, forderte ihn der Vogt -Lieutenant von Loys noch einmal auf und beschwor ihn bei Gott, seine Mitschuldigen anzugeben. Vor Gott  ," versicherte er zum letztenmale, ich habe keine, mein Gewissen ist in dieser Beziehung rein!" Worauf ihm der Beamte sein Mitgefühl mit seinem Schicksal ausdrückte. Mein Loos ist ein sehr glückliches," entgegnete ihm Davel ,,, und ich genieße in meinem Innern eine große Genugthuung." ( Schluß folgt.)

Profit mein Lieb! Nach Burns von J. D. Prosit mein Lieb, Adieu mein Schaz, Gute Nacht, leb' wohl und heiter. Von meinem Herz und seinem Schmerz Erzähl' ich dir nichts weiter. Und dent' nur nicht so zimperlich, Ich ließ mich von dir quälen.

Ich geb' nichts drum, wie lang herum Du suchen gehst und wählen.

Dein loser Mund thut keck mir kund, Ich soll kein' Heirath träumen; Nun hör mein Kind von mir geschwind, Kein' Zeit hab' ich, zu säumen: Ich weiß, die Deinen suchen dich Vom Eh'stand zu bekehren.

Sie hoffen mehr und dünken sich, Die Zeit mag sie belehren.

Sie seh'n mit Spott auf meinen Stand, Doch soll mich das nicht grämen. Ich hab' nicht viel, ich brauch' nicht viel, Darf mich vor Niemand schämen. Gesundes Blut, mein bestes Gut, So lang' du mir wirst bleiben,

Fürcht' ich kein' Noth, find' ich mein Brot, Will ich mein Handwerk treiben.

Von Vögeln fremd, mit Federn bunt, Sich schon ein Sprüchwort findet;

Nur habe Acht, daß ihre Pracht Nicht mit der Maus'*) entschwindet. Ich komm' um Eins, bei Mondenschein, Dann sollst, mein Kind, du büßen;

Denn wer den Schaz von Herzen liebt, Läßt sich kein' Gang verdrießen.

*) Mause gleich Mauserzeit.

Gerhard Rohlfs  ( i. Seite 312), der Afrikareisende", wurde am 14. April 1832 zu Vegesack   geboren; er bezog 1849 die Universität, um Medizin zu studiren, entschloß sich jedoch sehr früh, die Medizin nicht als Brotstudium" zu treiben, sondern als Mittel zum Zweck der Erforschung Afrika's  . Das große Räthsel zu lösen, das schon so vielen Heiden der Wissenschaft den Tod gebracht, wurde sein Ideal, an dessen Berwirklichung er seit einem Vierteljahrhundert ununterbrochen arbeitet. Im Jahre 1862 durchwanderte er in Muhamedanertracht die marokkanische Sahara  , uachdem er sich vorher als Fremdenlegionär in Algerien   die nöthige praktische Kenntniß des muhamedanischen Lebens erworben und an Strapazen jeglicher Art gewöhnt hatte. Dieser Reise folgten verschiedene andere, von denen er ebenso fesselnde wie lehrreiche Beschreibungen geliefert hat; 1868 begleitete er die englische Armee auf der abessinischen Expedition. Seine geistige Energie, seine ungeschwächte Körperfraft, sein wissenschaftlicher Geist, sein Wissensdurst lassen uns noch weitere bahnbrechende Leistungen erwarten. Ehre ihm! Und Ehre seinen Mitstreitern auf den Kampffeldern des menschlichen Fortschritts, die für die Afrikareisenden" ja mit seltenen Ausnahmen Todesfelder sind!

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Wir gratuliren! Das prächtige Bildchen( Seite 313) ist von C. Lasch in Düsseldorf  , das kleine Mädchen mit dem großen Blumen­

strauß, das uns so treuherzig anblickt, heißt Lisbeth und wohnt irgend wo in Oberhessen( den Ort dürfen wir nicht verrathen); mit seinem Bruder, dem Hannes, ist es gekommen, um der Nachbarstochter Grethe zur Hochzeit zu gratuliren. Unter den Hochzeitsgästen befindet sich auch der gestrenge Herr Schulmeister, und das weiß der Hannes. Darum drückt er sich so scheu hinter das Schwesterchen. Sonst ist der Bursche sehr keck, aber er hat kein ganz reines Gewissen, wie alle ordentlichen Jungen, wenn sie vor dem Schulmeister stehen. Nun diesmal läuft die Sache sehr glücklich ab: es gibt Kuchen und Brezeln und Kaffee die Hülle und Fülle. Möge Lisbeth zehn Jahre nach ihrer Hochzeit so heiteren Sinnes sein, wie heute, und Hannes sich nie Schlimmeres vorzuwerfen haben, als den Hanswurst, den er gestern an Schulmeisters Thür gemalt!

Nach zweitausendjährigem Todesschlaf. Ueber eine sehr inter­essante Wahrnehmung, die Professor Hendreich in Athen   gemacht haben soll, wird Folgendes gemeldet: In den Silberminen von Laurium, die so lange die Diplomatie beschäftigten, verarbeitet man bekanntlich eigent­lich nur die von den alten Griechen übrig gelassenen Schlacken, um nach den vervollkommten Methoden den vernachlässigten Silbergehalt zu ge winnen. Unter diesen, erwiesenermaßen vielleicht zwei Jahrtausende alten Schlacken befand sich nun der Same einer Glauciumart, einer Papaveracee oder mohnartigen Pflanze, verstreut, der zwei Jahrtausende auf dieser unfruchtbaren Erzschlacke in der Nacht des Silberstollens ver­schlafen hatte; diese Schlacken wurden zu Tage gebracht, bei den Schmelz­öfen aufgeschüttet und allmählich verarbeitet. Auf der ganzen Boden­fläche, die sie bedeckt hatten, begann nun im fruchtbaren Boden, durch Wärme, Licht und Feuchtigkeit geweckt, eine Schaar von Glaucium­pflanzen zu sprossen, die mit schön gelber Blumenkrone blühten. Diese gelb blühende Glauciumart war bisher der modernen Botanit unbekannt, findet sich aber ganz genau im Plinius und Conidorias beschrieben als eine häufige Blume des alten Griechenlands  , welche zwanzig Jahr­hunderte verschwunden blieb, um jezt aus einem alten Silberschachte wieder aufzuerstehen.

Sprüche aus dem Munde der Völker. Gesammelt von F. I.

( Französisch.)

Ce n'est honneur en mauvais chemin aller devant. Vorwärts, vorwärts sei die Fahn',

Aber nur auf rechter Bahn.

Belles veulent être priées; les laides prient. Gebeten will die Schöne sein;

Die Garst'ge bittet selber sein.

Les femmes ne mentent jamais plus finement que lorsqu'elles disent la vérité à ceux qui ne les croient pas.

Jeder Lüge Meisterin,

Lüget stets die Frau,

Wirft, wie Perlen, Lügen hin, Und bestrickt der Männer Sinn, Lügend schön und schlau.

Lügt noch, wo sie Wahrheit spricht, Ist's nicht wunderbar?

Denn sie weiß, man glaubt ihr nicht Selbst die Wahrheit klar und schlicht, Darum spricht sie wahr!

Verantwortlicher Redakteur: W. Liebknecht in Leipzig  . Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .