Die Aristokraten! Geben Sie Acht, nächstens gibt es noch eine Verordnung des Kultusministers, daß nur das Bürgerpack vom Herrgott aus Lehm gemacht sei und die Adligen sich göttlichen Ursprungs zu erfreuen hätten."
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, Es ist leider nur zu wahr," bestätigte Blumenthal;„ unbegreiflich aber bleibt es mir, daß der Bürgerstand..."
,, Still, still davon, lieber Freund," unterbrach ihn der Doktor eifrig ,,, lassen Sie den Bürgerstand ruhig auf seiner Ofenbank weiter schnarchen, wacht er einmal von selbst auf, nun, dann friegt er es möglicherweise fertig, die Adligen aus ihren weichen Betten zu werfen und sich selbst hineinzulegen, was der Menschheit gleichgiltig sein kann. Lassen Sie ihn weiter schnarchen bis das Donnerwetter der Hungrigen ihn aufschreckt, das so sicher kommen wird, wie der Morgen der Nacht folgt."
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Der Doktor hatte in seiner lebhaften Weise gesprochen und
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mehrmals heftig mit dem Fuße gestampft und mehrmals bas Zimmer rasch durchmessen.
,, Ich werde Ihnen in die Hände arbeiten," sagte er, plötzlich stehen bleibend. Hat der Landrath um seine Stellung Angst ,. dann gelangen Sie vielleicht, ohne Widerstand zu finden, zum Ziele."
,, Jedenfalls ist mir Ihre Mitwirkung sehr erwünscht. Täuscht mich meine Hoffnung nicht, dann muß sich uns die Gesellschaft auf Gnade oder Ungnade ergeben."
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,, Wollen es hoffen, aber loben wir den Tag nicht vor dem Abend. Gleichviel aber frisch an's Wert, es wird schon gelingen." Guten Muths schied Blumenthal vom Doktor, der ihm noch über Büttner ein Päckchen Papiere gab, und begab sich zum Justizkommissar, bei dem er rasch abgefertigt wurde. schon hoher Nachmittag, als er den Heimweg antrat. ( Fortseßung folgt.)
Es war
VI.
( Fortsetzung.)
Der Mensch.
Von J. Most.
,, Nun ist offenbar die Stellung der verschiedenen Individuen in diesem Kampfe ums Dasein ganz ungleich. Ausgehend wieder von der thatsächlichen Ungleichheit der Individuen, müssen wir überall nothwendig annehmen, daß nicht alle Individuen einer und derselben Art gleich günstige Aussichten haben. Schon von vornherein sind dieselben durch ihre verschiedenen Kräfte und Fähigkeiten verschieden im Wettkampf gestellt, abgesehen davon, daß die Existenzbedingungen an jedem Punkte der Erdoberfläche verschieden sind und verschieden einwirken. Offenbar waltet hier ein unendlich verwickeltes Getriebe von Einwirkungen, die im Verein mit der ursprünglichen Ungleichheit der Individuen während des bestehenden Wettkampfes um die Erlangung der Existenzbedingungen einzelne Individuen bevorzugen, andere benachtheiligen. Die bevorzugten Individuen werden über die anderen den Sieg erlangen, und während die legteren in früherer oder späterer Zeit zu Grunde gehen, ohne Nachkommen zu hinterlassen, werden die ersteren allein jene überleben können und schließlich zur Fortpflanzung gelangen. Indem also voraussichtlich oder doch vorwiegend die im Kampfe um das Dasein begünstigten Einzelwesen zur Fortpflanzung gelangen, werden wir( schon allein infolge dieses Verhältnisses) in der nächsten Generation, die von dieser erzeugt wird, Unterschiede von der vorhergehenden wahrnehmen. Es werden schon die Individuen dieser zweiten Generation, wenn auch nicht alle, doch zum Theile, durch Vererbung den individuellen Vortheil überkommen haben, durch welchen ihre Eltern über deren Nebenbuhler- den Sieg davontrugen...."
... Im Großen und Ganzen genommen, bleibt die Zahl der lebenden Thiere und Pflanzen auf unserer Erde durchschnitt lich immer dieselbe..... Der Wechsel, der überall stattfindet, besteht darin, daß in einem Jahre diese und im andern Jahre jene Reihe von Thieren und Pflanzen überwiegt, und daß in jedem Jahre der Kampf um's Dasein dieses Verhältniß wieder etwas anders gestaltet.
,, Jede einzelne Art von Thieren und Pflanzen würde in kurzer Zeit die ganze Erdoberfläche dicht bevölkert haben, wenn sie nicht mit einer Menge von Feinden und feindlichen Einflüssen zu kämpfen hätte.... Jedes Thier, jede Pflanze kämpft direkt mit einer Anzahl von Feinden, welche denselben nachstellen, mit Raubthieren, parasitischen Thieren u. s. w. Die zusammenstehenden Pflanzen kämpfen mit einander um den Bodenraum, dessen ihre Wurzeln bedürfen, um die nothwendige Menge von Licht, Luft, Feuchtigkeit u. s. w. Ebenso ringen die Thiere eines jeden Bezirks mit einander um ihre Nahrung, Wohnung u. s. w. Es wird in diesem äußerst lebhaften und verwickelten Kampfe jeder noch so kleine persönliche Vorzug, jeder individuelle Vortheil
möglicherweise den Ausschlag geben können zu Gunsten seines Besitzers. Dieses bevorzugte einzelne Individuum bleibt im Kampfe Sieger und pflanzt sich fort, während seine Mitbewerber zu Grunde gehen, ehe sie zur Fortpflanzung gelangen. Der persönliche Vortheil, welcher ihm den Sieg verlieh, wird auf seine Nachkommen vererbt, und kann durch weitere Ausbildung die Ursache zur Bildung einer neuen Art werden...."
In letzter Instanz sind die Triebfedern, welche den Kampf bedingen, und welche den Kampf an allen verschiedenen Stellen verschieden gestalten und modifiziren, die Triebfedern der Selbsterhaltung, und zwar sowohl der Erhaltungstrieb der Individuen( Ernährungstrieb), als der Erhaltungstrieb der Arten ( Fortpflanzungstrieb). Diese beiden Grundtriebe der organischen Selbsterhaltung sind es, von denen sogar Schiller sagt: Einstweilen, bis den Bau der Welt Philosophie zusammenhält, Erhält sich ihr Getriebe
Durch Hunger und durch Liebe.
,, Der Kampf um's Dasein wirkt bei der natürlichen Züchtung ebenso züchtend oder auslesend, wie der Wille des Menschen bei der künstlichen Züchtung. Aber dieser wirkt planmäßig und bewußt, jener planlos und unbewußt. Dieser wichtige Unterschied zwischen der künstlichen und natürlichen Züchtung verdient besondere Beachtung. Denn wir lernen hierdurch verstehen, warum zweckmäßige Einrichtungen ebenso durch zwecklos wirkende mechanische Ursachen, wie durch zweckmäßig thätige Endursachen erzeugt werden können...."
,, Lassen Sie uns zunächst die von Darwin hervorgehobene gleichfarbige Zuchtwahl oder die sympathische Farbenwahl der Thiere betrachten. Schon früh haben Naturforscher es sonderbar gefunden, daß zahlreiche Thiere im Großen und Ganzen dieselbe Färbung zeigen, wie der Wohnort oder die Umgebung, in der sie sich beständig aufhalten. So sind z. B. die Blattläuse und viele andere auf Blättern lebende Insekten grün gefärbt. Die Wüstenbewohner: Springmäuse, Wüstenfüchse, Gazellen, Löwen 2c. sind meist gelb oder gelblichbraun gefärbt, wie der Sand der Wüste. Die Polarthiere, welche auf Eis und Schnee leben, sind weiß oder grau, wie Eis und Schnee. Viele von diesen ändern ihre Färbung im Sommer und Winter. Im Sommer, wenn der Schnee theilweis vergeht, wird das Fell dieser Polarthiere graubraun oder schwärzlich, wie der nackte Erdboden, wäh rend es im Winter wieder weiß wird. Schmetterlinge und Kolibris, welche die bunten, glänzenden Blüthen umschweben, gleichen diesen in der Färbung. Darwin erklärt nun diese auffallende Thatsache ganz einfach dadurch, daß eine solche Färbung, die mit der des Wohnorts übereinstimmt, den betreffenden Thieren von großem Nutzen ist. Wenn diese Thiere Raubthiere sind, so werden sie